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Schmerzensgeld bei fehlender Haftpflichtversicherung und geringer finanzieller Leistungsfähigkeit des Schädigers

LG Dresden, Az.: 7 O 1942/09, Urteil vom 17.12.2009

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.889,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit 11.06.2009 zu zahlen.

II. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, den Kläger von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 229,55 € inklusive Auslagenpauschale in Höhe von 20,– € und Mehrwertsteuer in Höhe von 36,65 € freizuhalten.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstrecken.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.863,46 € festgesetzt.

Tatbestand

Schmerzensgeld bei fehlender Haftpflichtversicherung und geringer finanzieller Leistungsfähigkeit des Schädigers
Symbolfoto: LuMaxArt/ Bigstock

Der Kläger nimmt die Beklagte in Anspruch, weil er diese für einen Fahrradsturz am 27.06.2008 verantwortlich macht.

Der Kläger war am 27.06.2008 gegen 7.05 Uhr mit seinem Fahrrad auf der … in … in westlicher Richtung unterwegs. Einige Meter vor der Kreuzung zur … kam er infolge einer Vollbremsung zu Fall und verletzte sich.

Der Kläger behauptet, Grund für die Vollbremsung sei die Beklagte gewesen, die mit ihrem Fahrrad vom Gehweg rechts unvermittelt auf seine Fahrbahn gefahren sei, sodass es ohne Bremsung zum Zusammenstoß gekommen wäre.

Der Kläger hat sich durch den Sturz verletzt. Der Mittelfinger der linken Hand war ausgerenkt, was starke und lang anhaltende Schmerzen verursachte. Der Kläger war nahezu ein Jahr lang in ambulanter Behandlung. Außerdem erlitt der Kläger eine Schultergelenksprengung rechts sowie eine Knieprellung rechts.

Der Kläger behauptet, dass am Finger dauerhaft Bewegungseinschränkungen bestünden und eine Arthrose möglich und wahrscheinlich ist.

Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.700,– €, eine Unkostenpauschale in Höhe von 30,– € sowie Erstattung der Kosten für einen Arztbericht in Höhe von 59,57 €.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.789,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 11.06.2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Forderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 535,60 € (1,3 Geschäftsgebühr gemäß § 13, 14 Nr. 2300 VVRVG) inklusive Auslagenpauschale in Höhe von 20,– € und Mehrwertsteuer in Höhe von 105,56 € freizuhalten.

Die Beklagte beantragt Klagabweisung.

Die Beklagte behauptet, mit ihrem Fahrrad auf dem Gehweg an der Bordsteinkante angehalten zu haben und die Fahrbahn noch nicht befahren zu haben. Grund des Unfalles müsse eine Fehlreaktion des Klägers und eine zu schnell Fahrweise gewesen sein.

Dauerhafte Bewegungseinschränkungen sowie die Gefahr einer Arthrose wird von der Beklagten bestritten. Ebenso werden von der Beklagten die in der Verhandlung festgestellten Auffälligkeiten am Finger des Klägers als Unfallfolge bestritten.

Die Beklagte verfügt unstreitig über keine Haftpflichtversicherung, sie hat einen Monatsverdienst von 800,– € netto.

In der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2009 wurden die Parteien angehört, die Akte 706 JS 36430/08 der Staatsanwaltschaft … war beigezogen, außerdem wurde die Zeugin vernommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat dem Grunde nach in vollem Umfang Erfolg, der Kläger muss bei der Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldes jedoch erhebliche Abstriche hinnehmen.

Die Beklagte ist für die Folgen des Sturzes des Klägers nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB dem Grunde nach in vollem Umfang verantwortlich, da sie entgegen § 10 StVO den Vorrang des fließenden Verkehrs missachtet hat.

Der erkennende Einzelrichter ist aufgrund der Angaben der unbeteiligten Zeugin davon überzeugt, dass sich der Unfall genauso zugetragen hat, wie vom Kläger geschildert.

Auch wenn die Zeugin den Unfall nicht gesehen hat, so hatte sie doch gesehen, dass die Beklagte unmittelbar nach dem Unfall mit gekipptem Fahrrad zwischen den Beinen auf der Fahrbahn stand, was die Unfallschilderung des Klägers bestätigt und nach der Schilderung der Beklagten nicht hätte der Fall sein können. Die widersprüchliche Schilderung des Geschehens durch die Beklagte bestätigt das von der Zeugenvernehmung ausgehende Beweisergebnis. Die Beklagte hatte zwar gewisse Verständigungsschwierigkeiten, die sich aber in Grenzen hielten. Die Beklagte konnte der Verhandlung folgen und sich ausdrücken. Der Unterzeichner hat sich mehrmals davon vergewissert, dass der Beklagten der Inhalt ihrer Angaben klar war. Wenn sie sich auf entsprechende Vorhalte in der Sache gleichwohl korrigieren musste, war dies nicht auf Verständigungsschwierigkeiten zurückzuführen, sondern auf unzuverlässige Schilderung des Geschehens.

Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht festzustellen. Auch wenn der Kläger schneller als von ihm angegeben 10 km/h gefahren wäre, würde dies nicht zu seinen Lasten gehen. Die gemutmaßte Fehlreaktion oder ein falsches Bremsen ist nicht bewiesen.

Die vom Kläger geltend gemachten erlittenen unmittelbaren Unfallfolgen sind als solche unstreitig. Der Unterzeichner ist im Rahmen des § 287 ZPO auch davon überzeugt, dass die in der mündlichen Verhandlung durch Augenscheinseinnahme festgestellten leichten Auffälligkeiten auf den Unfall zurückzuführen sind. Ausgehend von den Lichtbildern Nr. 11 und 12 der Polizeiakte sowie dem Arztbericht gibt es für den Unterzeichner hieran keinen vernünftigen Zweifel.

Ob als Dauerfolgen gewisse leichte Bewegungseinschränkungen verblieben sind und die Gefahr und Möglichkeit einer Arthrose besteht, was zwischen den Parteien allein streitig ist, kann offen bleiben, weil dieser Gesichtspunkt in Anbetracht der sonstigen Verletzungen und weiteren Bemessungsgesichtspunkten nicht erheblich ins Gewicht fällt.

Die Verletzungen und Beeinträchtigungen des Klägers nach dem Unfall waren beträchtlich. Andererseits fällt aber ganz erheblich ins Gewicht, dass die Beklagte keine Haftpflichtversicherung hat und ihre finanzielle Leistungsfähigkeit mit 800,– € im Monat netto im Monat äußerst gering ist. Jede Auferlegung von Zahlungen belastet sie in hohem Maße, was sich in erheblichem Maße auf die Höhe des Schmerzensgeldanspruches auswirkt.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hält der erkennende Einzelrichter ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.800,– € für angemessen, wozu die 59,57 € für das Arztattest sowie 30,– € Auslagenpauschale kommen.

Die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten, die sich nur aus dem Streitwert der Hauptsacheentscheidung ergeben, reduziert sich dementsprechend.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 2, 709 ZPO.

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