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Schuldenbereinigungsplan – wann liegt ein außergerichtliches Scheitern vor?

AG Hannover, Az.: 908 IK 820/17 – 8, Beschluss vom 30.10.2017

In dem Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des … werden dem Antragsteller die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, und zwar für das Verfahren

  • über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • das Insolvenzverfahren
  • das Restschuldbefreiungsverfahren

Die Entscheidung erfolgt gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Schuldenbereinigungsplan – wann liegt ein außergerichtliches Scheitern vor?
Symbolfoto: hozard/ Bigstock

I. Der Schuldner reichte am 26.07.2017 einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ein. Darin waren Forderungen von vier Gläubigern in Höhe von 508.738,07 EUR ausgewiesen. Mit einer Bescheinigung vom 24.07.2017 bescheinigte die Schuldnerberatungsstelle, dass der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan vom 26.01.2017, ein sogenannter Nullplan, am 30.01.2017 gescheitert sei. Auf gerichtlichen Hinweis teilte die Schuldnerberatungsstelle mit, dass bereits am 30.01.2017 die Gläubiger zu Nr. 1 und 2 ihre Ablehnung mitgeteilt hätten. Der Gläubigerin zu 1) stand dabei eine Forderung in Höhe von 26.588,09 EUR, der Gläubigerin zu 2) eine Forderung in Höhe von 444.595,80 EUR zu.

II. Dem Schuldner ist die begehrte Stundung zu erteilen, da der Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zulässig ist, der Schuldner die Restschuldbefreiung beantragt hat und der Schuldner nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten aufzubringen.

Der Schuldner hat mit dem Antrag auf Eröffnung eine zulässige Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgelegt. Danach ist es erforderlich, dass von einer geeigneten Person oder Stelle bestätigt wird, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist. Der Zulässigkeit der vorgelegten Bescheinigung steht nicht entgegen, dass hinsichtlich des Schuldenbereinigungsplans vom 26.01.2017 bereits am 30.01.2017 ein Scheitern bescheinigt wurde.

1) Das LG Hamburg hat mit Beschluss vom 02.01.2017 entschieden, dass keine wirksame Bescheinigung vorliegt, wenn bei einem außergerichtlichen Plan innerhalb von 6 Tagen das Scheitern bescheinigt wird (LG Hamburg, Beschl. v. 02.01.2017 – 326 T 149/16, ZInsO 2017, 239). Da in dem außergerichtlichen Plan eine Rückäußerungsfrist von zwei Wochen gesetzt sei und der Schuldner zu Nachverhandlungen mit den Gläubigern verpflichtet sei, könne nicht bereits nach 6 Tagen das Scheitern bescheinigt werden.

2) Entgegen der Ansicht des LG Hamburg war es vorliegend möglich, bereits am 30.01.2017, also vier Tage nach Erstellung des Schuldenbereinigungsplans, ein Scheitern zu bescheinigen.

Der Schuldner war entgegen der Ansicht des LG Hamburg nicht verpflichtet, zunächst die Rückmeldung sämtlicher Gläubiger abzuwarten. Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan kommt nur dann zustande, wenn sämtliche Gläubiger ihr Einverständnis erklären. Bereits mit der Ablehnung eines Gläubigers liegt ein Scheitern vor. Die Ersetzung kann nur im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren erfolgen. Aus § 305a InsO, wonach ein Scheitern bei einem Vollstreckungsversuch eines Gläubiger automatisch als gegeben gilt, ergibt sich, dass nicht bereits eine verweigerte Zustimmung eines Gläubigers zum endgültigen Scheitern des Plans führt. Vielmehr soll die Bescheinigung dem Gericht ermöglichen abzuwägen, ob ein gerichtliches Schuldenbereinigungsplanverfahren sinnvollerweise durchgeführt werden kann. Ist für die Schuldenberatungsstelle erkennbar, dass auch für ein solches Verfahren keine Mehrheit nach den Gläubigerrückmeldungen vorliegen wird, kann ein Scheitern bescheinigt werden (so auch AG Köln, Beschl. v. 21.03.2002 – 72 IK 16/02, ZVI 2002, 68). Dies war vorliegend der Fall, da bereits am 30.01.2017 zwei von vier Gläubigern den Plan abgelehnt hatten, die mehr als die Hälfte der Forderungen auf sich vereint haben. Es wäre ein reiner Formalismus gewesen, zunächst noch die Rückäußerungsfrist für die übrigen Gläubiger abzuwarten, da deren Verhalten für die Annahme auch im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren nicht mehr relevant war. Es war auch nicht zu erwarten, dass die beiden Gläubiger aufgrund möglicher Äußerungen der anderen beiden Gläubiger ihre Meinung ändern (darauf abstellend AG Nürnberg, Beschl. v. 05.11.2013 – 8002 IK 1177/03, ZVI 2004, 185).

Entgegen der Ansicht des LG Hamburg war der Schuldner auch nicht verpflichtet, nach Ablauf der Rückäußerungsfrist weitere Verhandlungen mit den Gläubigern zu führen, um doch noch eine Einigung zu erzielen. Ein ernstlicher Einigungsversuch setzt nicht voraus, dass noch Nachverhandlungen mit den Gläubigern geführt werden. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO stellt zunächst keine Anforderungen an den außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan. Es ist daher möglich, einen statischen Nullplan vorzulegen (vgl. BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZR 97/12, ZInsO 2013, 2333). Wenn ein solcher Nullplan vorgelegt wird, wie es vorliegend der Fall war, ist es nicht ersichtlich, welche Nachverhandlungen mit den Gläubigern noch geführt werden sollen. Wenn der Schuldner nicht verpflichtet ist, bereits im Plan eine Quote anzubieten oder zumindest einen flexiblen Nullplan anzubieten, kann sich eine darüberhinausgehende Pflicht zu Nachverhandlungen bei Ablehnung des Plans nicht ergeben.

III. Der Antragsteller hat einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt und erklärt, dass kein Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegt.

IV. Die Stundung bewirkt, dass die Landeskasse die rückständigen und die noch entstehenden Gerichtskosten nur nach den Bestimmungen, die das Insolvenzgericht trifft, gegen den Antragsteller geltend machen kann (§ 4a Abs. 3 S. 1 InsO).

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