BGH
Az: XII ZB 656/10
Beschluss vom 17.08.2011
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats – Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Celle vom 15. November 2010 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000 €
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die namensrechtlichen Auswirkungen der Adoption der Betroffenen.
Die 1952 geborene Betroffene, eine geborene ., hatte im Jahre 1971 die Ehe geschlossen. Der Geburtsname Sch. des Ehemannes war Ehename geworden. Im Jahre 1979 hatte die Betroffene dem Ehenamen ihren Geburtsnamen als Begleitnamen vorangestellt; sie führte seitdem den Namen ….
Durch einen am 25. April 2009 wirksam gewordenen Beschluss wurde die Betroffene von dem 1945 geborenen Herrn. als Kind angenommen. Zugleich wurde ausgesprochen, dass sie als Geburtsnamen den Namen . erhält.
Die Beteiligten streiten darum, ob sich die Änderung des Geburtsnamens der Betroffenen auch auf den ihrem Ehenamen vorangestellten Beinamen auswirkt. Die Betroffene möchte nach der Adoption den Namen.., geborene . führen. Der mit der Führung des Familienbuches befasste Standesbeamte hat es für zweifelhaft gehalten, ob die gewünschte Namensführung zulässig ist und hat die Sache über den Beteiligten zu 2 dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat den Standesbeamten angewiesen, den Familiennamen der Betroffenen mit., geborene . zu führen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht mit seinem in FamRZ 2011, 909 f. veröffentlichten Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Betroffenen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Oberlandesgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 51 Abs. 1 PStG i.V.m. § 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Instanzgerichte haben den Standesbeamten im Vorlageverfahren nach § 49 Abs. 2 PStG zu Recht angewiesen, für die Betroffene den Namen., geborene. zu führen.
1.
Die Betroffene und ihr Ehemann haben bei ihrer Eheschließung im Jahre 1971 dessen Geburtsnamen Sch. zum Ehenamen bestimmt. Dieser Ehename der Betroffenen hat sich seitdem nicht geändert.
Der Geburtsname der Betroffenen, der ursprünglich Ha. lautete, hat sich durch ihre Adoption im Jahre 2009 gemäß §§ 1757 Abs. 1, 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB geändert. Die Betroffene hat mit ihrer Adoption als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden We. erhalten. Das stellt auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel.
Im Jahre 1979 hatte die Betroffene gemäß § 1355 Abs. 3 BGB aF (jetzt: § 1355 Abs. 4 BGB) dem Ehenamen ihren Geburtsnamen vorangestellt. Bis zu ihrer Adoption im Jahre 2009 führte sie deswegen den Namen., geborene. Welche Auswirkungen die spätere Adoption und die damit verbundene Änderung des Geburtsnamens auf den dem Ehenamen vorangestellten Namen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
2.
Das Oberlandesgericht weist zutreffend darauf hin, dass zu den Auswirkungen der adoptionsbedingten Änderung des Geburtsnamens auf den beigefügten Namen im Wesentlichen drei Auffassungen vertreten werden.
a)
Teilweise wird vertreten, dem Angenommenen stehe mit der Änderung des Geburtsnamens ein Wahlrecht hinsichtlich seines Begleitnamens zu. Er könne den früheren Geburtsnamen auch nach der Adoption als Begleitnamen beibehalten, weil nach § 1355 Abs. 6 BGB Geburtsname der Name sei, der in die Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem Standesbeamten einzutragen sei. Zudem lasse § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht nur die Beifügung des Geburtsnamens, sondern auch die Beifügung des zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namens zu. Der Angenommene könne den früheren Geburtsnamen aber auch gegen seinen neuen Geburtsnamen als Beinamen austauschen (BayObLG StAZ 2000, 107; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 907, 908; Soergel/Liermann BGB 13. Aufl. § 1757 Rn. 18; Bamberger/Roth/Enders BGB 2. Aufl. § 1757 Rn. 13 f.; MünchKommBGB/v. Sachsen Gessaphe 5. Aufl. § 1355 Rn. 30; Hepting/Gaaz PStR Bd. II Rn. V – 487; Eckebrecht FPR 2001, 357, 371).
b)
Nach einer anderen Auffassung soll mit der Änderung des Geburtsnamens als Folge der Adoption der dem Ehenamen beigefügte Begleitname entfallen. Dem Adoptierten stehe es aber frei, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den durch die Adoption erworbenen neuen Geburtsnamen dem Ehenamen beizufügen (KG StAZ 1988, 170 f.; LG Hanau StAZ 202, 171 mit Anm. Liermann StAZ 2002, 339; Staudinger/Frank BGB [2007] § 1757 Rn. 37 f.; Homeyer StAZ 2009, 82 f.).
c)
Schließlich wird die Auffassung vertreten, der durch die Adoption geänderte Geburtsname trete auch als Beiname zum Ehenamen zwingend an die Stelle des früher hinzugefügten Geburtsnamens. Ein Wahlrecht bestehe insoweit nicht; der Angenommene könne lediglich die Beifügung des Geburtsnamens nach § 1355 Abs. 4 Satz 4 BGB widerrufen (LG Berlin StAZ 1986, 290; MünchKommBGB/Maurer 5. Aufl. § 1757 Rn. 6; Erman/Saar BGB 12. Aufl. § 1757 Rn. 2; Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1757 Rn. 6; Henrich/ Wagenitz/Bornhofen Deutsches Namensrecht § 1757 BGB Rn. 19; Krause NotBZ 2006, 273, 276).
3.
Mit dem Beschwerdegericht schließt sich der Senat der zuletzt genannten Auffassung an.
a)
Die Betroffene hatte dem Ehenamen ihren seinerzeit geltenden Geburtsnamen beigefügt. Nach §§ 1767 Abs. 2 Satz 1, 1754, 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB hat sie mit der Annahme den Familiennamen des Annehmenden als Geburtsnamen erhalten. Durch diese gesetzliche Entscheidung, die auch in dem Annahmebeschluss ihren Niederschlag gefunden hat, ist der Beifügung des nicht mehr geltenden Geburtsnamens die Grundlage entzogen. Die Vorschrift des § 1355 Abs. 6 BGB will lediglich die Beifügung eines geänderten früheren Geburtsnamens verhindern, schließt die Berücksichtigung späterer Änderungen des Geburtsnamens, u.a. durch eine Adoption, aber nicht aus (MünchKommBGB/v. Sachsen Gessaphe 5. Aufl. § 1355 Rn. 8).
b)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann der vor der Adoption dem Ehenamen beigefügte Geburtsname auch nicht nach der zweiten Alternative des § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB fortbestehen. Danach kann ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename geworden ist, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten außer seinem Geburtsnamen auch den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Diese Vorschrift soll es dem Ehegatten ermöglichen, einen vom Geburtsnamen abweichenden Familiennamen dem Ehenamen beizufügen (BR-Drucks. 262/92 S. 39 f.). Die beiden Alternativen des § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB schließen sich mithin wechselseitig aus. Der Ehegatte kann entweder seinen Geburtsnamen oder einen anderen zur Zeit der Erklärung geführten Namen beifügen (Staudinger/Frank BGB [2007] § 1757 Rn. 38). Hier hatte die Betroffene im Zeitpunkt der Erklärung nach § 1355 Abs. 4 BGB (= § 1355 Abs. 3 BGB aF) keinen abweichenden Familiennamen und hat dem Ehenamen deswegen ihren Geburtsnamen vorangestellt.
c)
Der dem Ehenamen beigefügte Geburtsname entfällt durch die Änderung des Geburtsnamens in Folge der Adoption auch nicht automatisch. Zutreffend wird zwar darauf hingewiesen, dass nach dem Wechsel des Geburtsnamens namensästhetische Gründe zu einem schützenswerten Interesse führen können, den Begleitnamen abzulegen (KG StAZ 1988, 170, 171; Staudinger/ Frank BGB [2007] § 1757 Rn. 38). Solche berechtigte Interessen eines adoptierten Ehegatten sind allerdings durch das Gesetz hinreichend geschützt. Nach § 1355 Abs. 4 Satz 4 BGB, einer Vorschrift, die im Zeitpunkt der Entscheidung des Kammergerichts noch nicht galt und erst zum 1. April 1994 eingefügt wurde, kann der Ehegatte seine Erklärung gegenüber dem Standesamt widerrufen, was zum Wegfall des beigefügten Namens führt. Wenn der Betroffene seinen neuen Geburtsnamen als Begleitnamen neben dem Ehenamen nicht mehr aufrechterhalten möchte, trägt diese Vorschrift seinem Interesse hinreichend Rechnung.
Soweit § 1355 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 BGB vorsieht, dass nach dem Widerruf einer früheren Erklärung keine neue Erklärung nach § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB abgegeben werden darf, belastet auch dies den adoptierten Ehegatten nicht unangemessen. Nach §§ 1767 Abs. 2 Satz 1, 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB erhält der Angenommene zwingend den Geburtsnamen des Annehmenden (Müller/Sieghörtner/Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis 2. Aufl. Rn. 364 f.). Auch ein volljähriger Angenommener erhält mithin einen neuen Geburtsnamen, den er anstelle des früheren Geburtsnamen führen muss, wenn er nicht verheiratet ist. Mit der Annahme soll das Kind voll in seine neue Familie integriert werden. Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn das Kind seinen früheren Namen weiterführen könnte und so die Beziehungen zur bisherigen Familie aufrechterhalten blieben (BR-Drucks. 262/92 S. 48). Nur in besonderen Fällen kann das Gericht nach § 1757 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB mit dem Ausspruch der Annahme dem neuen Familiennamen des Kindes den bisherigen Familiennamen voranstellen oder anfügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Ist der Angenommene aber – wie hier – bereits verheiratet und führt er als Ehenamen den Namen des Ehegatten auch nach der Adoption fort, hat das Kontinuitätsinteresse deutlich weniger Gewicht. Auch die Vorschrift des § 1757 Abs. 3 BGB spricht für sehr weitgehende Folgen der Änderung des Geburtsnamens durch eine Adoption. Selbst wenn der Geburtsname in einer bestehenden Ehe zum Ehenamen bestimmt worden ist, bleibt der Ehename nur dann von der Adoption unberührt, wenn der Ehegatte der Namensänderung nicht zustimmt. Andernfalls ändert sich sogar der vom früheren Geburtsnamen abgeleitete Ehename.
d)
Gegen diese gesetzliche Regelung bestehen nach Auffassung des Senats auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar wird der Verzicht auf einen früher geführten Namen grundsätzlich als Identitätseinbuße erlebt. Der Name ist nicht nur seinem Träger, sondern auch dessen Berufs- und Lebenskreis vertraut; mit ihm verbindet sich ein Abschnitt des bisherigen Lebenswegs (BR-Drucks. 262/92 S. 23). Bei der Ausgestaltung des Namensrechts hat der Gesetzgeber den Schutz der von Ehegatten bis zur Ehe geführten Namen zu respektieren. Denn der Name eines Menschen ist Ausdruck seiner Identität und Individualität und begleitet die Lebensgeschichte seines Trägers, die unter dem Namen als zusammenhängend erkennbar wird (BVerfGE 84, 9, 22; 97, 391, 393). Wegen der sonstigen Funktionen, die der Gesetzgeber dem Namen beigemessen hat, hat der Einzelne jedoch kein uneingeschränktes Recht auf Beibehaltung seines bisher geführten Namens, sofern Eingriffe unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfGE 78, 38, 49; BVerfGE 123, 90 = FamRZ 2009, 939 Rn. 24).
Wenn ein Ehegatte nach seiner Adoption – wie hier – seinen zuvor geführten Ehenamen fortführt und ihm lediglich die Möglichkeit der Fortführung des durch die Adoption entfallenen Geburtsnamens als Begleitname genommen wird, ist der damit verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht unverhältnismäßig. Die mit der Adoption bezweckte Zuordnung zur Familie des Annehmenden kann nur durch den in §§ 1767 Abs. 2 Satz 1, 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordneten Wechsel des Geburtsnamens erfolgen. Für den verheirateten Angenommenen wird sein Kontinuitätsinteresse durch den fortbestehenden Ehenamen gewahrt. Die Kontinuität des Ehenamens ist stets sichergestellt, wenn der Geburtsname oder früher geführte Name des anderen Ehegatten zum Ehenamen bestimmt wurde. Dieser Ehename kann dem Adoptierten dann regelmäßig nicht gegen seinen Willen genommen werden (zu den Grenzen vgl. Senatsurteil BGHZ 175, 173 = FamRZ 2008, 859 Rn. 10 ff.). Für den Fall, dass der Geburtsname des angenommenen Ehegatten zum Ehenamen bestimmt wurde, bietet § 1757 Abs. 3 BGB hinreichenden Schutz.
4.
Die Instanzgerichte haben deswegen zu Recht entschieden, dass die Änderung des Geburtsnamens der Betroffenen durch die Adoption auch zu einer Änderung des dem Ehenamen beigefügten Geburtsnamens führt. Danach kann die Betroffene entweder den Namen We.-Sch., geborene We. führen oder ihre Erklärung über die Beifügung ihres Geburtsnamens nach § 1355 Abs. 4 Satz 4 BGB widerrufen. Erst dann wäre ihr Name als Sch., geborene We. zu führen. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat somit keinen Erfolg.