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Skikollision und Schmerzensgeld: Haftungsquote und Schadensersatz

Ein Skifahrerunfall mit komplizierten gesundheitlichen Folgen steht im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits. Der Kläger und der Beklagte kollidierten beim Skifahren, was zu erheblichen Verletzungen auf beiden Seiten führte. Der Knackpunkt des Falls liegt in der Frage der Haftungsquote und der Zulässigkeit einer Teilklage für Schmerzensgeld. Der Beklagte argumentiert, dass bei Unklarheit des Unfallhergangs eine Haftungsquote von 50:50 gelten sollte und dass die Forderung nach zusätzlichem Schmerzensgeld unzulässig sei.

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Haftungsquote und Unfallhergang

Skikollision und Schmerzensgeld: Haftungsquote und Schadensersatz
Skikollision führt zu rechtlichem Streit: Hauptverantwortung beim Beklagten, zusätzliches Schmerzensgeld für den Kläger. (Symbolfoto: Alena Kuzmina /Shutterstock.com)

Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass bei Unklarheit des Unfallhergangs eine Haftungsquote von 50:50 angemessen wäre. Er argumentiert, dass beide Parteien gleichermaßen für den Unfall verantwortlich seien. Das Gericht jedoch stützt sich auf die Regeln des internationalen Skiverbands und Zeugenaussagen, um festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger von hinten genähert hat. Dies impliziert, dass der Beklagte die Hauptverantwortung für den Unfall trägt.

Schmerzensgeld und anstehende Operation

Der Beklagte argumentiert weiter, dass die Teilklage hinsichtlich des Schmerzensgeldes unzulässig sei. Er meint, dass die anstehende Operation des Klägers und mögliche Spätfolgen bereits im ursprünglich gezahlten Schmerzensgeld von 6.000 € enthalten sein sollten. Das Gericht jedoch sieht das anders. Es betont, dass der Kläger aufgrund der Schwere seiner Verletzungen und der Wahrscheinlichkeit von Spätfolgen einen Anspruch auf zusätzliches Schmerzensgeld hat.

Eigenbeteiligung und Vorteilsausgleich

Der Beklagte stellt auch die Forderung des Klägers nach Erstattung einer Eigenbeteiligung von 59,05 € in Frage. Er argumentiert, dass diese Kosten durch Einsparungen bei den häuslichen Verpflegungskosten ausgeglichen werden sollten. Das Gericht geht auf diesen Punkt jedoch nicht explizit ein, was darauf hindeuten könnte, dass es diese Argumentation als weniger relevant erachtet.

Schlussbetrachtung: Wer trägt die Verantwortung?

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass der Beklagte die Hauptverantwortung für den Unfall trägt. Es stützt sich dabei auf Zeugenaussagen und die Regeln des internationalen Skiverbands. Der Kläger hat daher Anspruch auf zusätzliches Schmerzensgeld. Die Argumente des Beklagten bezüglich der Haftungsquote und der Unzulässigkeit der Teilklage für Schmerzensgeld werden abgewiesen.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Köln – Az.: 30 O 53/17 – Urteil vom 15.08.2017

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Teil-Schmerzensgeld in Höhe von (weiteren) 6.000,00 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.02.2017.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.030,49 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.10.2016 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger aus dem Skiunfall vom 00.00.00 in 6384 Waidring/Österreich noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 344,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.02.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 19 % und der Beklagte zu 81 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

T a t b e s t a n d

Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem Skiunfall geltend, der sich am 00.00.00 im Skigebiet Steinplatte-Waidring in Österreich ereignete.

Am Unfalltag fuhr der Kläger gemeinsam mit seinem Sohn, dem Zeugen G, im Gebiet Steinplatte-Waidring Ski. Gegen ca. 15:00 Uhr fuhren die beiden mit dem Sessellift auf die oberste Bergstation der Steinplatte. Von dort aus fuhren sie zunächst auf der Steinbergabfahrt, Pisten-Nr. 9, in Richtung Tal. Bei der Kreuzung zur Nordhangabfahrt, Pisten-Nr. 8, hielten sie kurz an und fuhren sodann in die Piste der Nordhangabfahrt ein. Wegen der Unfallörtlichkeit wird ergänzend auf den Pistenplan des Skigebiets in Anlage B5 Bezug genommen. Vor Einfahrt in die Piste Nr. 8 vergewisserten der Kläger und sein Sohn sich, dass durch die Einfahrt keine anderen Skifahrer gefährdet werden. Dabei stellten sie fest, dass die Piste, soweit einsehbar, sowohl oben als auch unten „leer“ war. Der Kläger fuhr vor dem Zeugen in die Piste ein und der Zeuge folgte ihm im Abstand von 20-25 Meter; sie befuhren die rechte Pistenhälfte. Auf der Piste Nr. 8 kam es zu einem starken Zusammenstoß zwischen dem Kläger und dem Beklagten, wobei der konkrete Unfallhergang streitig ist. Jedenfalls kamen beide zu Fall, wurden jeweils körperlich verletzt und es entstand beiden Beteiligten Sachschaden an ihrer Skiausrüstung. Nach dem Unfall entschuldigte der Beklagte sich bei dem Kläger und sagte, er habe nur einen Rechtsschwung machen wollen.

Der Kläger wurde nach dem Zusammenstoß von der Bergwacht mit dem Helikopter in das Bezirkskrankenhaus St. Johann Tirol verbracht. Er erlitt durch den Unfall eine offene Fraktur des Schien- und Wadenbeins am linken Unterschenkel und wurde noch am Unfalltag operiert. Der Unterschenkel wurde mittels eines Marknagel T2 Stryker Systems fixiert. Der Kläger befand sich vom 00.00.00 bis zum 26.03.2016 in stationärer Behandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Entlassungsberichts in Anlage K1 Bezug genommen. Der beruflich als Koch tätige Kläger war vom 00.00.00 bis zum 26.09.2016 zu 100% arbeitsunfähig. Ab dem 15.08.2016 erfolgte eine Wiedereingliederungsmaßnahme für den Kläger an seinem Arbeitsplatz – bis zu diesem Zeitpunkt konnte er nur mit Krücken gehen. Gemäß Bescheinigung vom 02.11.2016 erlitt der Kläger eine voraussichtlich dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% und eine auf Dauer verbleibende Belastungseinschränkung am linken Unterschenkel (vgl. Anlage K2). Bei längerem Stehen verspürt der Kläger noch heute Schmerzen und ein Ziehen. Der Kläger wird sich noch einer Operation zur Entfernung des Materials unterziehen müssen. Es ist mit Spätfolgen, wie z.B. Arthrose und LWS-Beschwerden, zu rechnen, wie auch dem ärztlichen Attest vom 03.05.2017 (Anlage K25) zu entnehmen ist.

Der Beklagte begab sich nach dem Unfall ins Krankenhaus nach Traunstein, wo die Fraktur von drei Rippen auf der linken Seite festgestellt wurde, in der zweiten Nacht der linke Lungenflügel kollabierte und der Beklagte insgesamt elf Tage verbrachte, bevor er mit einem Krankentransport nach Köln verlegt werden konnte. Dort befand er sich anschließend noch in ambulanter Therapie.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte gegen beide Parteien ein Ermittlungsverfahren wegen des Unfalls und stellte dieses gegen beide Beteiligten ein. Insofern wird auf die Aktenkopie in Anlage B1 Bezug genommen.

Es kam zu zahlreicher außergerichtlicher Korrespondenz zwischen den Parteien. Mit Schreiben vom 08.07.2016 teilte die Haftpflichtversicherung des Beklagten mit, dass sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht auf Basis einer Haftungsverteilung von 50:50 reguliere; es wurde ein Vorschuss von 2.000,00 € zur freien Verrechnung freigegeben (vgl. Anlage K11). Gemäß Schreiben der Versicherung vom 16.09.2016 zahlte diese an den Kläger weitere 519,96 € für Fahrtkosten (50% von 385,00 €), die Skiausrüstung (50% von 249,85 €) und Zuzahlungen (50% von 405,06 €) sowie einen weiteren Vorschuss zur beliebigen Verrechnung von 2.000,00 € (vgl. Anlage K13). Gemäß Schreiben vom 17.10.2016 und 18.10.2016 zahlte die Versicherung an den Kläger weitere 1.405,58 € auf Haushaltsführungsschaden (50% von 700,00 €), Verdienstausfall (50% von 1.933,96 €), Fahrtkosten (50% von 69,50 €), Attestgebühren (50% von 21,00 €) und weitere Zuzahlungen (50% von 86,70 €). Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass der Vorschuss von 4.000,00 € auf das Schmerzensgeld angerechnet werde (vgl. Anlagen K15 und K16). Gemäß Schreiben vom 02.12.2016 wurde auf das Schmerzensgeld ein weiterer Betrag von 2.000,00 € gezahlt, insgesamt damit 6.000,00 € (vgl. Anlage K18).

Dem Kläger entstanden unstreitig folgende materielle Schäden in Höhe von insgesamt 3.811,12 €:

– Fahrtkosten in Höhe von 454,90 €,

– Zuzahlungen für Medikamente, Reha etc. in Höhe von 491,76 €,

– Verdienstausfall in Höhe von 1.933,96 €,

– Haushaltsführungsschaden in Höhe von 900,00 €,

– Attestgebühr in Höhe von 21,00 €,

– Bearbeitungsgebühr Krankenhaus St. Johann Tirol in Höhe von 9,50 €.

Der Kläger leistete Zuzahlungen für seinen stationären Krankenhausaufenthalt in Höhe von insgesamt 59,05 € (vgl. Anlage K3) – insofern erfolgte keine Zahlung der gegnerischen Versicherung. Auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers zahlte die Versicherung des Beklagten am 20.01.2016 einen Betrag von 928,80 € brutto.

Mit der Klage verfolgt der Kläger u.a. eine weiteres (Teil-) Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 9.000,00 € und den Ersatz weiteren materiellen Schadens, der sich aus der Hälfte der o.g. unstreitigen Schadenspositionen bzw. der bereits zu 50 % regulierten Positionen (insgesamt 50% von 4.060,97 €) sowie der vollen Zuzahlungen zum stationären Krankenhausaufenthalt in Höhe von 59,05 € zusammensetzt.

Der Kläger behauptet, während er in gleichmäßigen Kurz- und Parallelschwüngen auf der rechten Hälfte der Piste Nr. 8 gefahren sei, habe sich nach ca. 100 Metern der Beklagte mit sehr hoher Geschwindigkeit von hinten links genähert und zunächst den Zeugen G überholt. Dann sei der Beklagte mit weiterhin hoher Geschwindigkeit auf den voranfahrenden Kläger zugefahren und mit diesem kollidiert, wobei der erste Anstoßpunkt die linke Körperhälfte des Klägers gewesen sei. Der Kläger selbst habe den von hinten links „heranschießenden“ Beklagten erst Bruchteile von Sekunden vor dem Aufprall aus dem Augenwinkel erkennen können.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Unfall für ihn nicht zu vermeiden gewesen sei; der Beklagte hafte für den Unfall zu 100 %.

Der Kläger behauptet, seine bei dem Unfall beschädigte Skiausrüstung habe einen Zeitwert von 249,85 €. So sei ausweislich der Bewertung in Anlage K24 von einem Verkaufspreis von 499,70 € auszugehen und davon sei ein Zeitwert von 50% anzusetzen. Er ist der Ansicht, dass der Beklagte auch die seinerseits geleisteten Zuzahlungen zum stationären Krankenhausaufenthalt tragen müsse.

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Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass ein Teil-Schmerzensgeld zur Abgeltung der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Beeinträchtigungen in Höhe von 15.000,00 € angemessen sei. Eine abschließende Bezifferung des Schmerzensgeldes sei nicht möglich, da voraussichtliche, aus der anstehenden Operation resultierende weitere Beeinträchtigungen nicht absehbar seien. Aufgrund der ausstehenden Operation seien sowohl weitere materielle als auch immaterielle Schäden möglich. Der Kläger habe mit zukünftigen Belastungseinschränkungen zu rechnen, deren Ausmaß derzeit ungewiss sei.

Der Kläger beantragt gemäß am 22.02.2017 zugestellter Klageschrift,

1.         den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Teilschmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag in Höhe von 15.000,00 € jedoch nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage, abzüglich gezahlter 6.000,00 € zu zahlen;

2.         den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.093,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.10.2016 zu zahlen;

3.         festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger aus dem Skiunfall vom 00.00.00 in 6384 Waidring/Österreich noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist;

4.         den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 346,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat zunächst gemäß am 30.03.2017 zugestelltem Schriftsatz vom 24.03.2017 in Aussicht gestellt, widerklagend zu beantragen, den Kläger zur Zahlung von 3.248,34 nebst Zinsen sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 218,72 € nebst Prozesszinsen zu verurteilen. Gemäß Schriftsatz vom 07.06.2017 hat der Beklagte die Widerklage teilweise zurückgenommen und beantragt nunmehr,

1.         den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 2.981,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2016 zu zahlen;

2.         den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 218,72 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Antrages vom 24.03.2017 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er sei vor dem Kläger von der Piste Nr. 9 auf die Piste Nr. 8 gewechselt und habe diese auf der linken Seite in angemessener Geschwindigkeit in Kurzschwingen befahren. Er habe beabsichtigt, links an dem Waldstück auf der Piste vorbeizufahren, sei vorher aber noch einen rechten Bogen etwa bis zur Mitte der Piste gelaufen, wo es zu dem Unfall gekommen sei. Der Beklagte habe den Kläger vor dem Zusammenstoß nicht gesehen. Er habe mit dem etwas weiter ausgeholten Schwung nach rechts Fahrt rausgenommen, dann ein Geschimpfe gehört und direkt danach sei es zu dem Zusammenstoß gekommen. Dabei sei der Kläger dem Beklagten praktisch direkt frontal mit einem Linksschwung entgegen gekommen. Aus den Angaben der Parteien gegenüber der Staatsanwaltschaft Salzburg, die Piste in Parallel- und Kurzschwüngen heruntergefahren zu sein, ergebe sich, dass die Parteien eher gleichzeitig den Pistenabschnitt befahren hätten. Damit spreche nichts dafür, dass einer den anderen überholt habe. Auch das Schadensbild des Helms und der Skibrille des Klägers spreche für einen Frontalzusammenstoß.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass bei einer Unaufklärbarkeit des Unfallherganges von einer Haftungsquote von 50:50 auszugehen sei.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Teilklage hinsichtlich des Schmerzensgeldes sei unzulässig, da die noch anstehende Operation typischerweise und absehbar mit der Verletzung verbunden sei und damit mit einem einheitlichen Schmerzensgeld mit abzugelten sei. Er ist weiter der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 € bei einer hundertprozentigen Haftung angemessen sei, so dass der gezahlte Betrag von 6.000,00 € unter Zugrundlegung einer Haftungsquote von 50% angemessen sei.

Der Beklagte ist ferner der Ansicht, dass ein Anspruch auf Erstattung der Eigenbeteiligung von 59,05 € nicht bestehe, da diese Aufwendungen im Rahmen des Vorteilsausgleichs mit der Einsparung häuslicher Verpflegungskosten zu verrechnen seien.

Mit der Widerklage verfolgt der Beklagte fünfzigprozentigen Ersatz von Krankenhauskosten in Höhe von 105,00 €, Reiserücktrittskosten für eine anschließend geplante Reise nach Sizilien in Höhe von 100,00 €, Unterbringungs- und Verpflegungszusatzkosten für sich und seine Ehefrau in Höhe von 698,40 € und Ersatz für beschädigte Skistöcke in Höhe von 59,25 €. Zudem begehrt er ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 €.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11.07.2017 durch Vernehmung des Zeugen G. Zudem ist der Beklagte persönlich angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11.07.2017 Bezug genommen (Bl. 60 ff. d.A.).

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet Die zulässige Widerklage ist unbegründet.

A.

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Geltendmachung eines Teil-Schmerzensgeldes (Antrag zu 1.) zur Abgeltung der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Beeinträchtigungen zulässig, sog. offene Teilklage. Da die Schmerzensgeldforderung auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist sie grundsätzlich teilbar. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es nicht, dass der Verletzte in jedem Fall auch alle zukünftigen und objektiv vorhersehbaren Beeinträchtigungen mit einem Leistungsantrag erfasst. Ein Geschädigter hat vielmehr grundsätzlich auch die Möglichkeit, ein Schmerzensgeld zunächst im Wege einer Teilklage geltend zu machen. Dabei ist lediglich erforderlich, die Teilklage so abzugrenzen, dass erkennbar wird, um welchen Teil eines Gesamtanspruchs es sich handelt (vgl. BGH, Urt. v. 20.01.2004, VI ZR 70/03). Es ist insbesondere zulässig, die Teilklage so zu begrenzen, dass nur solche Verletzungsfolgen erfasst werden, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten sind (vgl. BGH a.a.O.) – wie vorliegend bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2017.

Das für den Antrag zu 3. gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, für dessen Annahme vorliegend die Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreicht, die nur verneint werden darf, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urt. v. 16.01.2001, VI ZR 381/99), liegt vor. Denn unstreitig erlitt der Kläger vorfallbedingt eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie auf Dauer verbleibende Belastungseinschränkungen, ebenfalls unstreitig steht noch eine weitere Operation des Klägers an und es ist mit Spätfolgen zu rechnen.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf (weiteren) Schadensersatz und Schmerzensgeld aus § 823 Abs. 1 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) ist deutsches Recht anzuwenden, da beide Parteien ihren Wohnsitz in Deutschland haben.

a)

Der Kläger ist bei dem Zusammenstoß mit dem Beklagten unstreitig verletzt worden. Ausweislich des Entlassungsberichts des Bezirkskrankenhaus St. Johann in Tirol (Anlage K1) hat sich der Kläger kollisionsbedingt einen erstgradigen offenen Unterschenkelbruch und einen nicht verschobenen Bruch der hinteren Schienenbeinkante zugezogen und wurde durch einen operativen Eingriff versorgt.

b)

Diese körperliche Schädigung des Klägers wurde von dem Beklagten verschuldet. Denn der von dem Beklagten nicht entkräftete Beweis des ersten Anscheins spricht dafür, dass der Beklagte fahrlässig gegen Nr. 3 der Regeln des internationalen Skiverbands verstoßen hat. Die FIS-Regel Nr. 3 lautet (abgekürzt) wie folgt: „Der von hinten kommende Ski-Fahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.“ Ungeachtet der Geltung des deutschen Schadensersatzrechts sind für die Beurteilung des Verschuldens die konkreten Verhaltensregeln des Rechts am Unfallort zu berücksichtigen, so dass für die konkreten Verhaltensregeln auf das Recht der Republik Österreich abzustellen ist, in der sich das Skigebiet im Streitfall befindet. Nach österreichischem Recht ist bezüglich des geforderten Verhaltens von Skifahrern insoweit auf die Regeln des internationalen Skiverbandes (FIS) abzustellen (OLG München, Urt. v. 30.11.2016, 3 U 2750/16 m.w.N.; OLG Dresden, Endurt. v. 30.01.2013, 13 U 956/12 m.w.N.; OLG Hamm, Urt. v. 17.05.2001, 27 U 209/00).

Der Beklagte hatte vor dem Zusammenstoß die FIS-Regel Nr. 3 einzuhalten, da er sich hinter dem Kläger befunden hat. Dass der Beklagte sich vor der Kollision hinter dem Kläger befunden und sich diesem von hinten genähert hat, steht zur Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest (§ 286 ZPO). Für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung, dass der Beklagte sich ihm von hinten genähert hat, spricht ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass vernünftigerweise in Betracht kommende Zweifel ausgeschlossen sind. Dabei stützt das Gericht seine Überzeugung auf die Aussage des Zeugen G, der seinem Vater, dem Kläger, unstreitig auf der Skipiste Nr. 8 talabwärts in einem Abstand von ca. 20-25 Meter hinterherfuhr. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass der Beklagte ihn – den Zeugen – links überholt hat und sodann von hinten auf den Kläger aufgefahren ist. Von seiner – unstreitigen – Position hinter dem Kläger aus hatte der Zeuge einen direkten Blick auf seinen Vater und hatte damit eine optimale visuelle Wahrnehmungsmöglichkeit hinsichtlich der Kollision. Auch konnte er aus seiner Position den an ihm talabwärts vorbeifahrenden Beklagten ohne Zweifel wahrnehmen. Wenn der Beklagte den hinter dem Kläger herfahrenden Zeugen von oben überholt hat, hat er – der Beklagte – sich dem Kläger denklogisch von hinten genähert, ohne dass es auf den konkreten Kollisionswinkel streitentscheidend ankommt. Hinsichtlich der Tatsache, dass der Beklagte den Zeugen überholt hat und es sodann zu der Kollision zwischen dem Beklagten und dem vor dem Zeugen fahrenden Kläger gekommen ist, hat der Zeuge in seiner Aussage keine Zweifel gelassen. So hat er den Ablauf der Geschehnisse aus dieser Perspektive geschildet – wie er es auch bereits in vorherigen Aussagen gegenüber der Versicherung getan hat (vgl. Anlage B9). Auch auf Nachfragen zu weiteren Beobachtungen und im Rahmen weitergehender Bekundungen ist der Zeuge von dieser Ausgangsposition nicht abgerückt und hat insofern keine widersprüchlichen oder unplausiblen Angaben gemacht. Auch bei der Erstellung einer Unfallskizze in der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge die Ereignisse gleichartig wiedergegeben. Soweit der Zeuge in seiner in der mündlichen Verhandlung angefertigten Skizze des Unfallhergangs seinen Fahrweg im räumlichen Verhältnis zu dem Sessellift anders eingezeichnet hat, als dies auf einer gegenüber der Versicherung eingereichten Unfallskizze des Zeugen der Fall gewesen ist (Anlage B9), konnte der Zeuge die Abweichung plausibel damit erklären, dass der Sessellift auf der einen Skizze nicht zutreffend eingezeichnet worden sei. Zudem ist nachvollziehbar, dass sich das räumliche Verhältnis zu dem Lift bei einer Abfahrt in Schwüngen während der Fahrt ändern kann. Schließlich handelt es sich dabei auch nicht um ein Detail, das in der Erinnerung vordergründig gespeichert wird – zumal es für den Unfallhergang von nachgeordneter Relevanz ist. Bei der Demonstration des Unfallhergangs in der mündlichen Verhandlung anhand von – seitens des Beklagtenvertreters zur Verfügung gestellten – Playmobilmännchen mit Skiern hat der Zeuge eingeräumt, dass er nicht genau beobachtet hat, welche Körperteile der Parteien inwiefern miteinander kollidiert sind. Dies ist in Anbetracht seines Blickwinkels, der Auffahrgeschwindigkeit und der zeitlichen Abläufe nachvollziehbar. Insofern wäre es eher unglaubhaft, wenn der Zeuge einen konkreten Kollisionswinkel mit den genauen Berührungspunkten angegeben hätte.

Schließlich verkennt das Gericht nicht, dass der Zeuge mit dem Kläger familiär verbunden ist. An der Glaubhaftigkeit seiner Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen ändert dies vorliegend jedoch nichts. Denn der Zeuge hat keine einseitigen Be- oder Entlastungstendenzen erkennen lassen und offen eingeräumt, dass er nach dem Unfall mehrfach über das Ereignis mit seinem Vater gesprochen hat – was natürlich und nachvollziehbar ist, zumal die beiden in einem gemeinsamen Haushalt leben. Insofern ist es auch nur naheliegend, dass die Bekundungen des Zeugen mit dem klägerischen Vortrag übereinstimmen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich um eine abgesprochene, präparierte Zeugenaussage gehandelt hat. Vielmehr ist es üblich, dass der unter Zeugenbeweis gestellte Sachvortrag einer Partei vorher (auch) bei dem benannten Zeugen ermittelt wurde – insbesondere wenn es sich um Tatsachen handelt, die nur der Zeuge wahrnehmen konnte, wie vorliegend das Überholen des Zeugen durch den Beklagten. Ansonsten würde es sich um unzulässige Behauptungen ins Blaue hinein handeln.

Die Aussage des Beklagten in seiner informatorischen Anhörung ist – ebenso wie der weitere Inhalt der Verhandlung – nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Bekundung des Zeugen G zu wecken, da sie in entscheidenden Punkten nicht nachvollziehbar und widersprüchlich ist. So hat der Beklagte betont, bis unmittelbar vor der Kollision weder den Kläger noch den Zeugen G gesehen zu haben. Gleichzeitig hat er aber gesagt, dass er sich hätte umdrehen müssen, um den Kläger zu sehen, und schriftsätzlich hat der Beklagte vorgetragen, dass er vor dem Kläger in die Piste eingefahren sei. Wenn der Beklagte den Kläger aber bis kurz vor der Kollision nicht wahrgenommen haben will, kann er gleichzeitig unmöglich wissen, in welche Richtung er sich hätte wenden müssen, um ihn zu sehen, und in welcher Reihenfolge die beiden in die Piste eingefahren sind. Soweit er dies aus dem seinerseits empfundenen „frontalen Zusammenstoß im stumpfen Winkel“ schließt, handelt es sich um bloße Mutmaßungen und keine tatsächliche Wahrnehmung durch den Beklagten. Da es vielfältige Möglichkeiten gibt, einen Skihang abzufahren, kann zudem von einem Kollisionswinkel nicht zwangsläufig auf die vorherigen Position und Fahrrichtung der Unfallbeteiligten geschlossen werden. Gleiches gilt für das Verletzungs- bzw. Beschädigungsbild. Darüber hinaus hat der Beklagte schriftsätzlich vorgetragen, dass er davon ausgehe, dass die Parteien den Pistenabschnitt gleichzeitig befahren hätten und keiner den anderen überholt habe. Diese Darstellung der Geschehnisse ist nicht vereinbar mit dem Vortrag des Beklagten, den Kläger nicht gesehen zu haben und dass dieser bei der Kollision von hinten gekommen sei. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er die Rechtskurve, während derer es zu der Kollision gekommen ist, gezogen hatte, um Geschwindigkeit aus seiner Fahrt zu nehmen, da die Piste in dem Bereich etwas steil war und dort schnell Geschwindigkeit aufkomme. Die Kollision sei dann auch noch bei „recht hoher Geschwindigkeit“ erfolgt. Im Gegensatz dazu hat der Beklagte in der Klageerwiderung aber vorgetragen, dass er in „angemessener Geschwindigkeit“ auf der Piste gefahren sei und sodann mit einem Rechtsschwung „noch mehr Fahrt herausgenommen“ habe (Bl. 16 d.A.). Von der hohen Geschwindigkeit, die der Beklagte in der Verhandlung eingeräumt hat, war damit in seinem schriftsätzlichen Vortrag noch keine Rede. Schließlich schließt die Aussage des Beklagten die Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen auch nicht zwangsläufig aus, da der Beklagte die beiden anderen Skifahrer während seiner schnellen Abfahrt auch schlicht hätte übersehen können. Darüber hinaus ist unbestritten geblieben (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass der Kläger und der Zeuge sich vor Einfahrt in die Piste Nr. 8 vergewissert haben, dass sie niemanden gefährden und dass die Piste – soweit einsehbar – nach oben und unten frei war. Wären die beiden aber unmittelbar nach dem Beklagten in die Piste Nr. 8 eingefahren – so wie der Beklagte es in seinem Vortrag nahelegt – hätten der Kläger und sein Sohn diesen bei der Sichtprüfung vor Einfahrt sehen müssen. Der Beklagtenvortrag ist insofern nicht mit den unstreitigen Tatsachen in Einklang zu bringen.

Nach diesen tatsächlichen Feststellungen hatte der Beklagte die FIS-Regel Nr. 3 einzuhalten, wonach der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen muss, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Hiernach genießt der vorausfahrende Skifahrer uneingeschränkten Vorrang, wogegen der nachfolgende Skifahrer genügend Abstand einhalten muss, um den Vorausfahrenden für alle seine Bewegungen genügend Raum zu lassen. Der von oben kommende Skifahrer hat in vorausschauender Weise mit allen Bewegungen des unten Fahrenden zu rechnen, und zwar auch mit weiten Schwüngen, Schrägfahrten und Bögen mit großen Radien sowie jederzeitigen Richtungswechseln und sein Verhalten darauf einzustellen. Er darf nicht darauf vertrauen, dass der vorausfahrende Skifahrer seine kontrollierte Fahrweise in einem bestimmten Pistenbereich beibehalten werde (OLG München, Urt. v. 30.11.2016, 3 U 2750/16 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallkonstellation einer Kollision eines nachfolgenden Skifahrers mit einem vorausfahrenden Skifahrer streitet der Beweis des ersten Anscheins für ein sorgfaltswidriges Verhalten des von hinten kommenden Beklagten, da er als der hinten fahrende Skifahrer sicherstellen hätte können und müssen, dass dem vorausfahrenden Kläger der ihm zustehende Vorrang gewährt wird, während letzterer sich während der Fahrt nicht nach hinten vergewissern musste. Diese Pflichtenstellung im Skisport führt dazu, dass ein Zusammenprall zwischen voranfahrendem und hinterherfahrendem Skifahrer typischerweise auf einem Fehlverhalten des hinterherfahrenden beruht (vgl. BGH NJW-RR 2002, 612 f.), woraus folgt, dass dann der erste Anschein ein Verschulden des hinterherfahrenden Skifahrers annehmen lässt (OLG München, Urt. v. 30.11.2016, 3 U 2750/16).

Den zu seinen Lasten gehenden Anschein konnte der Beklagte nicht entkräften. Insofern fehlt es nach dem oben Gesagten an jeglichen Anhaltpunkten. Ein Mitverschulden des Klägers an dem Zusammenstoß kann nach dem oben Gesagten ebenfalls nicht festgestellt werden. Den vorausfahrenden Skifahrer trifft nach der FIS-Regel Nr. 2 nur die Pflicht zur Beachtung der in seinem Gesichtsfeld liegenden Vorgänge (OLG München, Urt. v. 30.11.2016, 3 U 2750/16 m.w.N.), so dass er den von hinten herannahenden Beklagten weder wahrnehmen konnte noch musste. Vor dem Einfahren in die Piste Nr. 8 hat der Kläger unstreitig durch Sichtkontrolle sichergestellt, dass er durch seine Einfahrt keinen anderen Skifahrer gefährdet.

c)

Der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB umfasst vorliegend der Höhe nach den Ersatz eines (weiteren) materiellen Schadens gemäß § 249 BGB in Höhe von 2.030,49 € und gemäß § 253 Abs. 2 BGB eines (weiteren) immateriellen Schadensersatzes in Höhe von 6.000,00 €.

aa)

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung eines (weiteren) Teil-Schmerzensgeldes in Höhe von 6.000,00 € gemäß § 253 Abs. 2 BGB.

Durch das Schmerzensgeld soll der Verletzte einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten und in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen jedenfalls teilweise ausgleichen (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 253 Rn. 4). Dabei hat sich das Gericht an der Genugtuungs- und Ausgleichfunktion des Schmerzensgeldes zu orientieren. Maßgebend für die Bemessung des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH NJW 1998, 2741). Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigen Umständen an der Spitze. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bilden das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden (BGH NJW 2004, 1243). Zudem kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 253 Rn. 15 m.w.N.).

Das Gericht erachtet ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 € für angemessen (§ 287 ZPO). Maßgeblich waren bei der Bemessung die infolge der Unterschenkelfraktur erlittenen Beeinträchtigungen des Klägers in Form von bis heute anhaltenden Schmerzen, der ca. halbjährigen Arbeitsunfähigkeit mit erforderlichen Wiedereingliederungsmaßnahmen und der bis dahin erforderlichen Fortbewegung mit Krücken und der noch heute verbleibenden Minderung der Erwerbsfähigkeit. Zudem sind die psychischen Belastungen zu berücksichtigen, die naturgemäß mit der bereits heute bestehenden Gewissheit einhergehen, dass eine weitere Operation erforderlich sein wird und auch mit Spätfolgen zu rechnen ist. Deren konkrete Ausgestaltung hingegen ist vorliegend nicht maßgeblich, da es sich nur um ein Teil-Schmerzensgeld für die bis zur mündlichen Verhandlung erlittenen Beeinträchtigungen handelt. Insgesamt bleibt der Betrag unter den (indexierten) Beträgen, die in den klägerseits herangezogenen Vergleichsentscheidungen zugrunde gelegt wurden (vgl. Bl. 4 d.A.), zurück, da die in den zitierten Entscheidungen erlittenen Beeinträchtigungen entweder schwerwiegender als im vorliegenden Fall waren und/oder der Verschuldensgrad des Schädigers höher war als im vorliegenden Fall. So musste sich die Geschädigten in der Sache OLG Köln, Urteil vom 15. Juni 1998 – 19 U 6/98, 6 Operationen und 8 stationäre Klinikaufenthalte unterziehen, was mit dem vorliegenden Heilungsprozess nicht vergleichbar ist. In der Sache OLG Köln, Urteil vom 18. Februar 2000 – 19 U 87/99, wurden in die Schmerzensgeldbemessung Dauerfolgen in Form von fünf entstellenden Narben einbezogen, wohingegen bei dem vorliegend geltend gemachten Teil-Schmerzensgeld Dauerfolgen außer Betracht bleiben. In der Sache OLG Stuttgart, Urteil vom 09. März 2000 – 7 U 166/99, wurde bei der Schmerzensgeldbemessung „grob unsportliches Verhalten“ des Schädigers berücksichtigt, während vorliegend von einfacher Fahrlässigkeit auszugehen ist. Das von dem LG Münster in der Sache 12 O 111/90, Urteil vom 16. Juni 1993, zuerkannte Schmerzensgeld basierte auf mehreren Primärverletzungen (Schädelprellung, offene Unterschenkeltrümmerfraktur links (Schienbein- und Wadenbein), Fraktur des linken Knöchels), einem Heilbehandlungsverlauf mit fünf stationäre Aufenthalte von insgesamt 98 Tagen und schließlich handelte es sich um eine junge Schülerin, so dass eine Vergleichbarkeit mit dem Streitfall nicht gegeben ist. Eher vergleichbar im Hinblick auf die erlittenen Beeinträchtigungen – trotz vielfältigerer Primärverletzungen – erscheint hingegen der Fall vor dem LG Paderborn, Urteil vom 21. Februar 2007 – 4 O 550/06, und auch die den Entscheidungen des LG Memmingen vom 01. September 2011 (23 O 680/11) und des LG Kiel vom 20. August 2008 (17 O 171/07) zugrundeliegenden Sachverhalte können als Vergleichsfälle herangezogen werden.

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände hält das Gericht ein Teil-Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 12.000,00 € für angemessen, aber auch erforderlich, um der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes gerecht zu werden. Von diesem Betrag ist die geleistete Zahlung in Höhe von 6.000,00 € in Abzug zu bringen, so dass der tenorierte Betrag in Höhe von 6.000,00 € verbleibt.

bb)

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz eines (weiteren) materiellen Schadens gemäß § 249 BGB in Höhe von 2.030,49 €.

Dem Kläger sind unstreitig materielle Schäden in Höhe von insgesamt 3.811,12 € entstanden (wie konkret im Tatbestand aufgeführt), von denen der Kläger den Ersatz (weiterer) 50 % geltend macht, mithin 1.905,56 €. Auf Ersatz dieses Schadens hat der Kläger aufgrund der hundertprozentigen Haftung des Beklagten nach dem oben Gesagten einen Anspruch.

Zudem hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung weiterer 124,93 € für seine bei dem Unfall beschädigte Skiausrüstung. Dabei legt das Gericht den klägerseits dargelegten Zeitwert in Höhe von 249,85 € zugrunde (§ 287 ZPO). Denn dazu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13.04.2017 unter Vorlage eines „Gutachtens“ vom 18.07.2016 mit Lichtbildern (Anlage K24) substantiiert vorgetragen, dass sich der Einkaufspreis der beschädigten Ausrüstung seinerzeit auf insgesamt 499,70 € belief und ein Zeitwert von 50% zugrunde gelegt wird. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hat diesen Betrag der Höhe nach außergerichtlich nicht in Abrede gestellt und den Posten auf der Grundlage einer Quote von 50% reguliert. Vor diesem Hintergrund ist das einfache Bestreiten des Beklagten unbeachtlich (§ 138 Abs. 2 ZPO).

Die Zuzahlungen des Klägers zu seinem stationären Krankenhausaufenthalt in Höhe von insgesamt 59,05 € gemäß § 41a Tiroler Krankenanstaltengesetz (TirKAG) sind unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung nicht erstattungsfähig. Denn der Kläger muss sich auf die angefallenen Kosten für seine Verpflegung im Krankenhaus die Kosten anrechnen lassen, die ihm ohne den Unfall ohnehin als Verpflegungskosten erwachsen wären (vgl. KG Berlin, Urt. v. 12.03.2009, 22 U 39/06; OLG Celle, Urt. v. 04.07.1985, 5 U 244/84). Dass diese Kosten niedriger gewesen wären als die Zuzahlungen von 11,81 € pro Tag ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht dargelegt. Soweit der Kläger auf das o.g. Urteil des KG Berlin Bezug nimmt und daraus schließt, dass lediglich ein Betrag von 4,00 € in Ansatz zu bringen sei, verkennt er, dass dieser Betrag aufgrund eines Vortrages der dortigen Klägerin zu ihrem (geringen) Nettoeinkommen geschätzt worden ist. Im Gegensatz dazu fehlt es im Streitfall an vergleichbarem Vortrag und das Gericht schätzt die Kosten, die der Kläger normalerweise täglich für seine Verpflegung aufbringt, auf mindestens 11,81 € (§ 287 ZPO).

2.

Die Zinsforderungen beruhen einerseits – hinsichtlich der Schmerzensgeldforderung –  auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB und andererseits – hinsichtlich des materiellen Schadens – auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

3.

Der Feststellungsantrag zu 3) ist begründet, da für den Eintritt eines weiteren materiellen und immateriellen Schadens eine ausreichende Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BGH, Urt. v. 23.04.1991, Az. X ZR 77/89 m.w.N.). So steht bereits fest, dass der Kläger sich einer weiteren Operation unterziehen muss und es ist – unabhängig von der anstehenden Operation – aufgrund der vorfallbedingten Verletzungen mit der ernsthaften Möglichkeit von Spätfolgen und Dauerschäden zu rechnen.

4.

Der Schadensersatzanspruch umfasst auch die zur Rechtsverfolgung erforderlichen und zweckmäßigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.273,72 €. Bei einem (vorgerichtlich begründeten) Streitwert von bis zu 19.000,00 € und einer Geschäftsgebühr von 1,5, die aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache gerechtfertigt ist, ergibt sich zuzüglich der Auslagenpauschale und der anfallenden Mehrwertsteuer ein Betrag von 1.266,16 €. Hinzuzurechnen ist die ausweislich Anlage K19 angefallene Akteneinsichtsgebühr bei der Staatsanwaltschaft Salzburg in Höhe von 7,56 €, da die Akteneinsicht für das hiesige Verfahren erforderlich war. Abzüglich des bereits gezahlten Betrags von 928,80 € verbleibt ein restlicher Anspruch in Höhe von 344,92 €.

Der diesbezügliche Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

B.

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Widerklage ist zulässig. Die gemäß § 33 ZPO erforderliche Konnexität ist gegeben, da Klage und Widerklage aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt resultieren und damit in einem tatsächlichen Zusammenhang stehen. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts für die Widerklage bleibt gegeben, auch wenn mit ihr Ansprüche mit einem Streitwert von bis zu 5.000,00 € geltend gemacht werden (Umkehrschluss aus § 506 Abs. 1 ZPO).

Die Widerklage ist unbegründet. Der Beklagte hat keinen Anspruch gegen den Kläger auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus § 823 Abs. 1 BGB, da eine solche Haftung des Klägers bereits dem Grunde nach ausscheidet. Denn nach dem oben Gesagten trifft den Beklagten die ausschließliche Verantwortlichkeit an dem Unfall und ein Verschulden des Klägers kann nicht festgestellt werden.

C.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und Satz 2, 711 ZPO.

Streitwert:              bis zu 19.000,00 € (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

Klage:                                                                      13.093,90 €,

Widerklage bis zum 08.06.2017:                3.248,34 €,

Widerklage seit dem 09.06.2017:                2.981,34 €.

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