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Solaranlage – störende Lichtreflexionen sind hinzunehmen

OLG Braunschweig – Az.: 8 U 166/21 – Urteil vom 14.07.2022

In dem Rechtsstreit hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 16.06.2022 für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 21.04.2021- Az.: 5 O 236/15 – wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf die Wertstufe bis 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Hausdach der Beklagten sind in Richtung des Wohnhauses der Klägerin Paneele einer Photovoltaikanlage montiert. Ferner befinden sich auf dieser Dachfläche mehrere Dachfenster, wobei im Jahr 2015 ein weiteres – streitgegenständliches – Dachfenster eingebaut wurde. Über Umfang und Intensität von Reflexionen durch Sonneneinstrahlung auf die Paneele und das neu eingebaute Dachfenster besteht zwischen den Parteien Streit.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz, wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU, Seiten 2 ff., Bl. 6 f. Bd. III d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Der Klägerin stehe gegen die Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung von Sonnenblendwirkungen gem. § 1004 Abs.1 BGB zu, da es sich lediglich um unwesentliche Beeinträchtigungen i.S.v. § 906 Abs.1, S.1 BGB handele.

Verbindliche Richtwerte in Gesetzen oder Verordnungen bzw. DIN-Vorschriften deren Überschreitung eine wesentliche Beeinträchtigung indiziere seien nicht ersichtlich. Daher sei auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen.

Solaranlage - störende Lichtreflexionen sind hinzunehmen
(Symbolfoto: Kitreel/Shutterstock.com)

Von der Klägerin herangezogene Regelwerke beträfen andere Situationen und seien deshalb nur eingeschränkt bzw. in Teilen übertragbar. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass lediglich unwesentliche Beeinträchtigungen bestünden. Dies folge aus der durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. L. vorgenommenen Begutachtung, die in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie überzeugend sei, und zwar auch in Ansehung der seitens der Klägerin erhobenen Einwendungen. Für die konkrete Situation gebe es keine gesetzlichen Vorgaben oder DIN-Vorschriften, auch die von der Klägerin herangezogenen Regelwerke würden sich auf andere Situationen beziehen und seien deshalb nur eingeschränkt bzw. in Teilen übertragbar. Im Übrigen wären alle von der Klägerin als Maßstab herangezogenen Werte unterschritten. Denn wesentlich sei, dass es nur in vier Monaten im Jahr überhaupt zu Lichteinwirkungen kommen könne. Diese würden nach den Feststellungen des Sachverständigen im Mittel weniger als 20 Stunden in der Summe im Jahr erreichen und zudem nur zu bestimmten Tageszeiten auftreten. Von der Intensität her würden sie maximal 20 % der Leuchtdichte für die Absolutblendung erreichen. Ferner sei nach den Beschreibungen des Sachverständigen die Nutzbarkeit der betroffenen Räume (Küche, Kaminzimmer und Wohnzimmer sowie Balkon) in der betroffenen Zeit nur eingeschränkt beeinträchtigt. Bei dieser Sachlage sei nur von einer unwesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugeben, sodass eine Unterlassung nicht verlangt werden könne.

Nach den Angaben des Sachverständigen gebe es nach Auswertung der Wetterdaten der Jahre 2017-2019 innerhalb von drei Jahren im Mittel weniger als 20 Stunden pro Jahr, in denen kurzfristig Blendungen auftreten würden. So hätten sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Jahr 2017 an 12,6 Stunden, im Jahr 2018 an 23,9 Stunden und im Jahr 2019 an 21,9 Stunden Spiegelungen durch die Module und Fenster ergeben. Jede einzelne Spiegelung habe eine Dauer von ca. 10-15 Minuten. Die Reflexionen könnten dabei nur an 30 Tagen im April/Mai und ca. 30 Tagen im August/September auftreten. Insoweit sei durch den Sachverständigen auch ein Abgleich mit der Fotosammlung der Klägerin erfolgt.

Die im Rahmen des Ortstermins am 23.04.2020 festgestellten Reflexionen habe der Sachverständige für zumutbar gehalten. Diese habe er wie folgt beschrieben: So habe er um 16 Uhr eine stärkere Reflexion am linken Dachfenster aus der Küche beobachtet, die nur wenige Minuten (weniger als 10 Minuten) angedauert habe und aus den anderen Zimmern nicht erkennbar gewesen sei. Dabei habe es sich, da die Strahlung kurz ein Abbild im Auge hinterlassen habe, um eine stärkere Intensität gehandelt. Soweit im weiteren Verlauf des Ortstermins bei einem Blick aus dem Wohnzimmer alle Module aufgehellt gewesen seien, sei eine Blendung nicht vorhanden gewesen. Die von dem Sachverständigen vorgenommene Lichtmessung habe einen Wert von 10.000 cd/m², mithin nur ca. 10% der Leuchtdichte für die Absolutblendung ergeben. Auf weiteren Bildern sei eine Leuchtdichte von ca. 20.000 cd/m² und somit 20% der Leuchtdichte für die Absolutblendung von ihm gemessen worden. Bei dem Ortstermin habe der Sachverständige auch ca. 30 Minuten ohne Anstrengung und ohne das Auftreten von Nachbildern in die Module sehen können. Aus dem Kaminzimmer – nicht hingegen aus anderen Räumen – habe zwischen 17:15 Uhr und 17:45 Uhr eine Reflexion an der rechten Modulreihe mit einer Leuchtdichte von 20% der Absolutblendung wahrgenommen werden können, wobei sich das Auge – da aus der gleichen Richtung die Sonne geschienen habe – auf diese Leuchtdichte eingestellt habe und die Sonne bereits niedrig gestanden habe, sodass ein Sonnenschutz notwendig gewesen sei. Bei kurzfristiger Senkung des Rollos – so der Sachverständige – seien Sonne und Reflexionen aus dem Gesichtsfeld verschwunden. Die Reflexion habe um 17:25 Uhr deutlich abgenommen, sodass um 17:45 Uhr diese zwar als erhellte Fläche erkennbar, aber nicht mehr messbar gewesen sei. Um 17:50 Uhr sei der Vorgang beendet gewesen. Es hätten sich insgesamt lediglich zwei Reflexionen ereignet, die auf den Lichtbildern 4 (Küche) und 14 (Kaminzimmer) dokumentiert seien und keine Wiederholung der Reflexion, die aus den anderen Zimmern zu sehen gewesen sei.

Die einzelnen Modulflächen würden nach den Angaben des Sachverständigen nur über wenige Minuten störend wirken. Die Aufhellung aller Module würde dabei gleichmäßig wirken, da sie im Helligkeits-Verhältnis zum Dach stehen würde.

Der Sachverständige habe an seiner Einschätzung auch in Ansehung der klägerischen Einwendungen in seiner mündlichen Anhörung festgehalten und näher erläutert, dass er bewusst zwischen Blendung und Aufhellung unterschieden habe. Die Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimissio-nen der Bund Länder Arbeitsgemeinschaft (LAI) seien nach den Erläuterungen des Sachverständigen nicht heranzuziehen, da sich diese nur auf große Photovoltaikanlagen beziehen würden und auch nur als Planungsgrundlage dienen würden. Dabei sei nach seinem Verständnis der LAI auch vom Standort der Au-ßenfassade eines Gebäudes auszugehen.

Mangels Bestehens des Anspruchs in der Hauptsache könne die Klägerin auch keinen Ersatz von Rechtsanwaltskosten verlangen.

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 27.04.2021 zugestellte (Bl. 17 Bd. III d.A.) Urteil mit Schriftsatz vom 05.05.2021, bei dem Oberlandesgericht Braunschweig eingegangen am 07.05.2021 (Bl. 34 Bd. III d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 28.06.2021, eingegangen am selben Tage (Bl. 40 Bd. III d.A), begründet.

Die Klägerin greift das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang an und begehrt – wie beantragt – die Verurteilung der Beklagten. Sie rügt Rechtsverletzungen des Landgerichts.

Im Kern hält sie das Gutachten für fehlerhaft und macht insoweit zahlreiche Mängel desselben geltend. Sie meint, dass das Landgericht verkannt habe, dass es technische Normen und Regelwerke gebe, die vorgeben würden, welche Grenzwerte bestünden und wie Lichtemissionen/Lichtimmissionen zu messen und zu beurteilen seien. Im konkreten Fall seien die LAI und die DIN EN 12665 einschlägig und hätten durch das Gericht und den Sachverständigen berücksichtigt werden müssen.

Ferner habe am Tag der Ortsbesichtigung eine Blendungszeit von mehr als 30 Minuten belegt werden können (S.22 und S.25 des Gutachtens). Blendungszeiten über 20 bis 30 Minuten pro Tag würden indes als erheblich angesehen. Nach der LAI werde als Obergrenze für eine zumutbare Blendung eine Einwirkung von 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Jahr angesehen (LAI S.24), womit die Schwelle zur erheblichen Beeinträchtigung überschritten sei. Zudem würden die durch den Sachverständigen festgestellten Messwerte (10.000 cd/m² und 20.000 cd/m²) das Vorliegen einer Absolutblendung bestätigen, die laut der Strahlenschutzkommission und des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung bereits ab einem Wert von 10.000 cd/m² eintrete (Fundstellen im Einzelnen vgl. Bl. 48 Bd. III d.A.). Der Sachverständige habe darüber hinaus für den Messzeitraum 17-18h MESZ (16-17 h MEZ) einen zu geringen Bezugswert der Leuchtdichte der Sonne angenommen, wodurch dieser die Leuchtdichte der Reflexion durch die Module zum Messzeitpunkt um ein Vielfaches zu niedrig angenommen und fälschlicherweise von 10% bzw. 20% der Absolutblendung ausgegangen sei. Tatsächlich werde die Grenze zur Absolutblendung um das 100-fache überschritten. Derzeit gebe es auch keine reflexionsfreien PV-Module. Diese würden selbst bei einem Reflexionsgrad von 1% immer zur Überschreitung der Grenze zur Absolutblendung führen. Der Sachverständige verkenne aufgrund fehlerhafter Berechnungen, dass die Schwelle zur erheblichen Beeinträchtigung überschritten sei und eine potentielle Gesundheitsgefährdung bestehe. Da die Obergrenzen im Sinne der Leitlinie und des BImSchG (Einwirkung mind. 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden im Jahr) überschritten sei, sei es ihr nicht zuzumuten, Schutzmaßnahmen gegen die Reflexion zu ergreifen. Der Sachverständige sei auch entgegen der DIN EN 12665 von einer unzutreffenden Definition einer Blendung ausgegangen.

Das Landgericht habe auch gegen das Verfahrensrecht verstoßen, da es das Gutachten des Sachverständigen für überzeugend erachtet habe, obgleich dieser einschlägige technische Normen nicht berücksichtigt habe und das Gutachten unzutreffend sei. Eine kritische Würdigung des Gutachtens sei nicht erfolgt, sodass mithin ein Verstoß gegen die §§ 411, 286 ZPO vorliege. Es hätte sich vielmehr die Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO angeboten. Wegen der Einzelheiten der gerügten weiteren Fehler des Gutachtens wird auf den Schriftsatz vom 28.06.2021 verwiesen (Bl. 50 ff. Bd. III d.A). Im Kern werden dort noch folgende weitere Punkte geltend gemacht: Bei der Berechnung der Blendzeiten sei fehlerhaft eine mögliche Wolkenbedeckung mit berücksichtigt worden. Nach der LAI sei demgegenüber von einem astronomisch maximal möglichen Immissionszeitraum auszugehen, mithin anzunehmen, dass die Sonne von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang scheine. Es fände sich im Gutachten kein Koordinatensystem mit Eintragung der Module und der Immissionsorte, von dem aus nach der LAI zu ermitteln sei, zu welchen Zeiten eine Blendung möglich sei. Auf der Skizze in dem Gutachten (S.11) würden die Eintragungen der PV-Module der linken Dachseite und des nachträglich eingebauten größeren Dachfensters fehlen. Die von dem Sachverständigen gefertigten Lichtbilder würden einen Blendungszeitraum von 31 Minuten belegen. Die Blendungen seien zudem auch noch vorhanden gewesen, als der Sachverständige das Haus verlassen habe. Der Sachverständige verkenne, dass die Sonne von schräg oben scheine und daher in der Wohnung keine direkte Blendung bestehe, anders hingegen durch horizontal in Augenhöhe befindliche Module. Der Sachverständige sei von einem unzutreffenden Höhenwinkel der Sonne zum Zeitpunkt der von ihm vorgenommenen Messungen ausgegangen. Daher sei die von diesem angesetzte Leuchtdichte falsch. Bei der topografischen Lage handele es sich um einen kritischen Immissionsort.

Die Klägerin beantragt, das am 21.04.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Göttingen – Az. 5 O 236/15 – wie folgt abzuändern und neu zu fassen:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von der Solaranlage und den Dachflächenfenstern auf dem Gebäude ihres Hausgrundstücks: S.-weg 65, 3 B. ausgehende unzumutbare Sonnenblendwirkung zu verhindern, soweit das Wohnhaus der Klägerin auf dem Hausgrundstück: S.-weg 38, 3 B betroffen ist;

2. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Kosten, die durch die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach einem Gegenstandswert von 10.000 Euro und dem Ansatz einer Geschäftsgebühr von 1,3 zuzüglich Auslagen und zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 887,03 Euro entstanden sind, freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil. Der Sachverständige und mit ihm das Landgericht würden zu der eindeutigen Einschätzung gelangen, dass die Lichteinwirkung nicht erheblich sei. Daran würden auch die mit der Berufungsbegründung vorgebrachten Argumente nichts ändern, zumal diese auch bereits erstinstanzlich vorgebracht worden seien. Abgesehen davon habe sich im Rahmen des Ortstermins gezeigt, dass die Lichteinwirkung in der Wohnung einen Zeitraum von weniger als 20 Minuten eingenommen habe, wobei diese – im Rahmen des Durchquerens der Sonne – in jedem Zimmer nicht länger als drei bis fünf Minuten betragen habe. Darüber hinaus habe die Klägerin gerade nicht nachgewiesen, dass eine Lichteinwirkung von deutlich mehr als 20 Stunden pro Jahr gegeben sei. Der Gutachter habe zudem die Annahmen in seinem Gutachten – auch im Rahmen der ergänzenden Befragung – erläutert. Er habe dabei die nach seiner Einschätzung relevanten Richtlinien angewandt und u.a. klar aus-geführt, wann eine Blendung vorliege. Unzutreffend sei, dass seitens der Klägerin eine Blendzeit von mehr als 30 Minuten für den Tag der Begutachtung habe belegt werden können. Die Blendung sei verteilt über vier Räume durch das Wandern des Sonnenlichts aufgetreten. Dabei sei bewusst ein Tag ohne Bewölkung gewählt worden. Die durchschnittliche Sonneneinstrahlung sei jedoch unter Berücksichtigung der Bewölkung, der Gut- und Schlechtwetterperioden und des Sonnenstandes zu errechnen, was der Gutachter auch zutreffend dargelegt habe. Es sei auch unzutreffend, dass die festgestellten Werte eine Absolutblendung darstellen würden, was der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung erläutert habe. Die LAI sei nicht zwingend heranzuziehen, dabei handele es sich im Übrigen nur um Leitlinien und keine zwingend zu beachtenden Vorgaben, was der Gutachter auch erläutert habe. Der weitere Vortrag in der Berufungsbegründung – insbesondere auf S. 6-8 – werde bestritten und als verspätet gerügt.

Die Parteien hatten erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung am 25.04.2016 einen widerruflichen Vergleich geschlossen (Bl. 76 Bd. I d.A.), wonach die Beklagten sich verpflichtet hatten, die Solarmodule – die sich zuvor flach auf dem Dach montiert befunden haben – nach Süden hin aufzuständern. Eine Aufständerung ist sodann erfolgt. Die Klägerin hat den Vergleich jedoch unter Hinweis darauf widerrufen, dass weiterhin ortsunübliche unzumutbare Blendwirkungen – zu anderen Uhrzeiten – bestünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. ergänzend Beweis erhoben.

B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

I.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Beseitigung der von der Photovoltaikanlage und dem streitgegenständlichen Dachfenster auf dem Haus der Beklagten ausgehenden Reflexionen aus § 1004 BGB i.V.m §§ 903, 906 Abs. 1 BGB zu.

1. Die Klägerin ist zur Geltendmachung des Beseitigungsanspruches aktivlegitimiert.

Sie kann als Miteigentümerin nach Bruchteilen gemäß § 1011 BGB den Anspruch in Ansehung der ganzen Sache alleine geltend machen und handelt insoweit als gesetzliche Prozessstandschafterin ihres Ehemannes als MiteigentÜmer (BGH, Urteil vom 14.09.2001 – V ZR 231/00, Tz. 7- BGHZ 149,1).

2. Die Beklagten sind für den Anspruch der Klägerin passiv legitimiert. Sie sind als diejenigen, die die Installation der Module und des neuen Fensters veranlasst haben sowie als Eigentümer derselben (mittelbare) Handlungs- sowie Zustands-störer i.S.v. § 1004 BGB.

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3. Das Eigentum der Klägerin wird durch die Reflexionen auch grds. i.S.v. § 1004 Abs.1 BGB beeinträchtigt. Eine Eigentumsbeeinträchtigung meint jeden dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand bzw. jede von außen kommende Einwirkung auf die Sache (vgl. Spohnheimer in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.05.2022, § 1004 Rn. 70). Lichtreflexe beeinträchtigen die Nutzung des Eigentums. Es handelt sich auch nicht um „Natureinwirkungen“, die keine Haftung des Zustandsstörers begründen können. Denn ursächlich für die Einwirkungen ist zwar auch das Sonnenlicht, aber nur im Zusammenhang mit den Reflexionswirkungen, die durch die Solaranlage und das streitgegenständliche Fenster auf dem Hausdach der Beklagten verursacht werden (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2013 – 9 U 184/11, Tz. 19 – MDR 2014, 711). Das Eigentum der Klägerin ist auch gegenwärtig noch beeinträchtigt.

4. Die Beeinträchtigung durch die Reflexionen ist jedoch nicht wesentlich i.S.v. § 906 Abs.1 S.1 BGB, mit der Folge, dass ein Beseitigungsanspruch gem. § 1004 BGB ausgeschlossen ist. Nach § 906 Abs.1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.

a. Die hier streitgegenständlichen Reflexionen sind als ähnliche von dem Grundstück der Beklagten ausgehende Einwirkungen vom Anwendungsbereich des § 906 Abs.1 BGB erfasst (vgl. Klimke in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.03.2022, § 906 BGB Rn. 40).

b. Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (stRspr seit BGH, Urteil vom 20.11.1992 – V ZR 82/91, NJW 1993, 925). Die Maßgeblichkeit des „Durchschnittsnachbarn“ bedeutet nicht, dass auf einen von den gegebenen örtlichen Verhältnissen losgelösten Durchschnittsmenschen schlechthin abzustellen wäre. Maßgeblich ist vielmehr ein Durchschnittsbenutzer des betroffenen Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit (sog. differenziertobjektiver Maßstab; vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 143/17, Rn. 10 ff. – NJW 2019, 773). Wann Immissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit überschreiten, unterliegt grds. tatrichterlicher Wertung. Dabei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Dauer der Blendungen, die Intensität der Lichtreflexe und die konkreten Auswirkungen auf die Nutzung des Nachbargrundstücks (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Dezember 2013 – 9 U 184/11, Tz. 25 – MDR 2014, 711). Nach § 906 Abs. 1 S. 2 und S. 3 BGB liegt eine unwesentliche Beeinträchtigung in der Regel bei Einhaltung von Grenz- und Richtwerten vor, die in Gesetzen, Rechtsverordnungen und bestimmten Verwaltungsvorschriften festgelegt sind. Diese 1994 geschaffene Regelung soll im Interesse der Einheit der Rechtsordnung eine gewisse Harmonisierung des öffentlichen und privaten Immissionsschutzrechts herbeiführen (BT-Drs. 12/7425, 86). Wie sich aus dem Zusatz „in der Regel“ ergibt, geht es aber nicht um einen strikten Gleichlauf. Vielmehr kommt der Einhaltung der einschlägigen Werte lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Dem Tatrichter steht daher ein Beurteilungsspielraum zu, der es ihm erlaubt, vom Regelfall abzuweichen, wenn dies besondere Umstände des Einzelfalls gebieten (vgl. BGH, Urteil vom 13. 2. 2004 – V ZR 217/03, Tz.13 – NJW 2004, 1317). Das rechtfertigt sich insbesondere damit, dass die einschlägigen öffentlichrechtlichen Vorschriften auf einer generalisierenden Interessenabwägung beruhen. Sie können daher die für das private Nachbarrecht entscheidende „Lästigkeit“ einer Immission im Einzelfall nicht vollständig erfassen.

c. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie der Feststellungen des Sachverständigen L. liegt keine wesentliche Beeinträchtigung vor.

aa.

(1.)In Gesetzen oder Verordnungen festgelegte verbindliche Richtwerte iSv § 906 Abs.1 S. 2 BGB, deren Überschreitung eine wesentliche Beeinträchtigung indizieren würde, bestehen für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung nicht. Das BImschG selbst enthält keine Regelungen zu derartigen Lichtimmissionen. Auch sind nach § 48 BImschG keine allgemeinen Verwaltungsvorschriften bezogen auf die Grenzwerte für die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen erlassen worden (vgl. hierzu: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: Lichtverschmutzung, Rechtliche Regelungen zur Beschränkung von Beleuchtung in Deutschland und ausgewählten europäischen Staaten, Stand: 25.01.2019, S. 5; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017- 9 U 35/17, Tz. 15 – MDR 2017, 1297; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2013 – 9 U 184/11, Tz. 25 – MDR 2014, 711; OLG Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2009 – 10 U 146/08, Tz. 32 – MDR 2009, 1099). Grenzwerte für Sonnenlichtreflexionen oder sonstige Tageslichtimmissionen gibt es auch nach den Ausführungen des Sachverständigen L. nicht. Derartige Werte sind auch nicht in der von der Klägerin in Bezug genommenen DIN EN 12665 „Licht und Beleuchtung – Grundlegende Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforderungen an die Beleuchtung“ aufgeführt.

(2.)Die von der Klägerin vorgelegten „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI)“ vom 13.9.2012 geben zwar Richtwerte an, bei deren Überschreitung es zu einer erheblichen Belästigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 22 Abs. 1 BImSchG kommt. Diese Hinweise beinhalten zudem Vorgaben zur einheitlichen Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen für den Vollzug des BImSchG. Die Hinweise beziehen sich indes nicht auf Blendwirkungen bei der Reflexion von Sonnenlicht, sondern durch künstliche Beleuchtung. Soweit sich die LAI im Anhang 2 mit der Minderung der Blendwirkung von Pho-tovoltaikanlagen befasst, betrifft dies Empfehlungen zur Ermittlung, Beurteilung und Minderung der Blendwirkung von großflächigen Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren. Dort wird – da Wirkungsuntersuchungen oder Beurteilungsvorschriften zu Immissionen durch Reflexion von Sonnenlicht durch Photovoltaikanlagen bisher nicht vorhanden sind – davon ausgegangen, dass eine Absolutblendung in ihrer Auswirkung auf die Nachbarschaft wie der periodische Schattenwurf von Windenergieanlagen betrachtet werden kann, und die Schwellenwerte für eine zulässige Einwirkdauer werden entsprechend der Hinweise des Länderausschusses für Immissions-schutz „Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen (WEA-Schattenwurf-Hinweise)“ – verabschiedet auf der 103. Sitzung, Mai 2002 – festgelegt (vgl. LAI S.21). In Anlehnung an diese WEA-Schattenwurf-Hinweise wird nach der LAI angenommen (vgl. S. 24), dass eine erhebliche Belästigung im Sinne des BImSchG durch die maximal mögliche astronomische Blenddauer unter Berücksichtigung aller umliegenden Photovoltaikanlagen vorliegen kann, wenn diese mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr beträgt. Die LAI- Hinweise haben aber weder normativen noch quasinormativen Charakter. Insbesondere enthalten sie keine Grenz- oder Richtwerte im Sinne von § 906 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB. Sie können aber als von Sachverständigen ausgearbeitete und von allen Ländern mitgetragene Hin-weise gleichwohl als Entscheidungshilfe herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.1990 – V ZR 58/89 – NJW 1990, 2465 zu: LAI- Hinweise „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“; OLG Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2009 – 10 U 146/08, Tz. 32 – MDR 2009, 1099). Die in der LAI enthaltenen Grenz- und Richtwerte binden indes im Streitfall nicht und können aus vorgenannten Gründen (nur) ein Anhalt bzw. eine Orientierung für unzumutbare Lichtimmission durch Reflexionen von Sonnenlicht sein.

bb. Zutreffend hat das Landgericht nach diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der festgestellten Lichtimmissionen eine nicht wesentliche Beeinträchtigung festgestellt. Denn nach den schriftlichen und mündlichen gutachterlichen Angaben des Sachverständigen im Verfahren ist davon auszugehen, dass Sonneneinwirkungen durch Reflexionen in den Wohnräumlichkeiten der Klägerin lediglich über ca. 30 Tage im April/Mai und ca. 30 Tage im August/September an unter 20 Stunden pro Jahr zu Tageszeiten zwischen 16 und 18 Uhr möglich sind. In dieser Zeit können kurzzeitig einige Reflexionen auftreten. Rein rechnerisch ist die jeweilige Reflexion innerhalb von Minuten (ca. 10- 15 Minuten) beendet (1.). Auch im Ortstermin ist nur eine kurzzeitige Reflexion auf dem Höhepunkt eines Aufhellungszeitraums der rechten Modulgruppe aufgetreten. Die Aufhellung war nur aus einem Zimmer wahrnehmbar. Über den Gesamtzeitraum der Aufhellung von ca. 30 Minuten bestand keine Blendung des Auges. Es war dem Sachverständigen ferner möglich, ohne Anstrengung und ohne Nachbilder auf die Module zu sehen. Die Aufhellung war in diesem Zeitraum auch nicht einheitlich stark, sondern zunächst ansteigend – bis zu der kurzen Reflexion – und dann absteigend (2.).

Im Einzelnen:

(1.)Der Sachverständige hat anhand überzeugender und detaillierter statistischer Ableitungen unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten (topografischer Lage, Neigungswinkeln der Anlage, Dächer, Sonnenstand und Wetterdaten sowie eingereichter Lichtbilder) die vorgenannten Zeiträume im Jahr ermittelt, in denen Reflexionen möglich sind sowie deren (abstrakt berechnete) Dauer. Die Datenbasis dieser Analyse ist für den Wohnort der Klägerin aussagekräftig. Für die Wetterdaten hat der Sachverständige – von den Parteien insoweit auch nicht beanstandet – als Referenzstation und Datenquelle eine Station des Deutschen Wetterdienstes ausgewählt, die ca. 8 km vom Wohnort der Klägerin entfernt ist und die zum Wohnort Sichtverbindung hat. Die dort vorgenommenen automatischen Messungen der Wolkendecke erfolgten stündlich. Ausgehend davon hat er tabellarisch und nachvollziehbar für verschiedene Bedeckungsgrade die Sonnenzeiten für einen Zeitraum von drei Jahren (2017 bis 2019) ermittelt und hieraus den Mittelwert zugrunde gelegt.

Seiner Annahme, dass hieraus ein repräsentatives Ergebnis abgeleitet werden kann – unter Berücksichtigung, dass das Jahr 2018 als ein sonnenreiches Jahr, 2017 ein Normaljahr und 2019 zur Trendklärung herangezogen worden ist – stimmt der Senat zu. Der Sachverständige hat weiter überzeugend ausgeführt, dass keine Tendenz erkennbar sei, dass die Anzahl der angenommenen Sonnenstunden zunehme. Ohne dass es hierauf noch ankommt, ist dies auch mit öffentlich einsehbaren Wetterdaten für den streitgegenständlichen Bereich vereinbar. Dass zu den anderen Jahreszeiten keine Reflexionen auftreten, entspricht nach den Angaben des Sachverständigen auch der eingereichten Fotosammlung. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige für die Berechnung der Sonnenzeiten nicht die astronomisch maximal möglichen Immissionszeiträume zugrunde gelegt hat. Dies wird zwar in der LAI als Empfehlung zur Ermittlung, Beurteilung und Minderung der Blendwirkung von großflächigen Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren so vorgeschlagen (dort Anhang 2, S. 24). Demgegenüber ist aber im Rahmen von § 906 Abs.1 S.1 BGB festzustellen, wie sich die tatsächliche Beeinträchtigung des Grundstücks im Rahmen der konkreten örtlichen Gegebenheiten darstellt (s.o. unter Ziffer B I. 4. b.), was erfordert, die wetterbedingte Bewölkung mit einzubeziehen (vgl. auch: LG München, Urteil vom 02.08.2016 – 1 O 2697/14 -zitiert nach beck-online; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Dezember 2013 – 9 U 184/11, Tz. 20 – MDR 2014,711). Die rein astrono-misch mögliche Blendung spiegelt nicht die konkreten Verhältnisse wieder und ist ein rein theoretischer Wert, der mit der tatsächlich vorhandenen Beeinträchtigung nicht übereinstimmt. Auch soweit die Klägerin rügt, dass der Sachverständige nicht – wie in der LAI im Anhang 2 auf S. 24 empfohlen – „die relevanten Photovoltaikmodule und Immissionsorte“ in einem „gemeinsamen Koordinatensystem“ modelliert hat, sieht der Senat keinen Anlass, die Feststellungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Denn der Sachverständige hat in seinem Gutachten die konkrete Lage der Module und des Hauses der Klägerin so-wie die sich hieraus ergebenden Winkel ermittelt und zugrunde gelegt. Er hat zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass die Empfehlung in der LAI darauf beruhe, dass diese noch nicht gebaute Anlagen betreffe. Da im vorliegenden Fall die Anlage bereits bestehe, sei ein derartiges Koordinatensystem – so der Sachverständige – nicht erforderlich.

(2.)Neben den abstrakt ermittelten Werten ergibt sich auch kein anderes Ergebnis unter Zugrundelegung der Feststellungen, die der Sachverständige im Rahmen des Ortstermins getroffen hat. Ausgehend von den in dem Gutachten des Sachverständigen enthaltenen Lichtbildern und dessen Schilderungen zu den Lichtimmissionen vor Ort, hat es bis 17:15 Uhr lediglich leichtere Aufhellungen der Module gegeben. Soweit auf Bild 4 des Gutachtens (dort S. 16) eine Blendung erkennbar ist, handelt es sich um ein nicht streitgegenständliches Fenster. Durch die anderen Dachfenstern, insbesondere dem verfahrensgegenständlichen größeren Fenster, sind keine Reflexionen aufgetreten. Dass die anderen Fenster auf Grund der Einbaulage zu einem früheren Zeitpunkt ebenfalls sehr kurzzeitig nacheinander reflektieren könnten, wie der Sachverständige angegeben hat, führt – bezogen auf eine nicht wesentliche Beeinträchtigung der Klägerin – zu keinem anderen Ergebnis. Denn den möglichen Reflexionszeitraum hat der Sachverständige als sehr kurzzeitig bezeichnet.

Ab 17:15 Uhr ist auf den Lichtbildern in dem Gutachten und nach den ergänzenden Angaben des Sachverständigen eine Aufhellung der rechten Modulgruppe erkennbar, die jedoch zu keinem Zeitpunkt die Intensität des auf dem Lichtbild Nr. 4 festgehaltenen Immissionsgeschehens erreicht. Unter Berücksichtigung der Lichtbilder Nr. 13 bis Nr. 16 (Gutachten S. 13 – 16) und in Abgrenzung zu dem Lichtbild Nr. 4 hat der Sachverständige die Aufhellung nachvollziehbar und überzeugend als Aufhellung und nicht als Blendung bezeichnet, also eine Überreizung bzw. Überlastung des Auges, im Extremfall verbunden mit Augenschmerzen. Er hat auch glaubhaft ausgeführt, dass es ihm über den gesamten Aufhellungszeitraum möglich gewesen sei – obgleich er grauen Star und daher empfindliche Augen habe – ohne Überreizung des Auges oder ein Tränen des Auges auf die Dachfläche zu sehen. Dabei habe sich die Lichtsituation so dargestellt, dass die Aufhellung in rötlichen Lichttönen erfolgt sei, sodass keine Überreizung des Auges eingetreten sei. Er habe auch – anders als beim Bild Nr. 4 – die Dachfläche und die Module sehen können. Auch diese Ausführungen stehen im Einklang mit den Lichtbildern in seinem Gutachten. Es kommt hinzu, dass der auf Bild 14 des Gutachtens erkennbare Zustand um 17:22 Uhr, der den Höhepunkt der Aufhellung zeigt, lediglich bis 17:27 Uhr angedauert hat und es sodann wieder zu einer deutlichen Abnahme der Helligkeit der rechten Modulgruppe gekommen ist. Die Einschätzung der Klägerin, dass gutachterlich Blendungszeiten von 30 Minuten festgestellt worden sind, trifft daher nicht zu. Es kommt angesichts der festgestellten und durch Lichtbilder dokumentierten Verhältnisse vor Ort auch im Ergebnis nicht darauf an, ob die von dem Sachverständigen vorgenommenen Messungen rechnerisch Werte erreicht haben, die nach der LAI bzw. den von der Strahlenschutzkommission angesetzten Grenzwerten (vgl. LAI Anhang 2 S. 24: >105 cd/m²; Strahlenschutzkommission, „Blendung durch natürliche und neue künstliche Lichtquellen und ihre Gefahren, Empfehlung der Strahlenschutzkommission“, 17.02.2006, Wissenschaftliche Begründung zur Empfehlung der Strahlenschutzkommission, S. 7: Bereich von 104 bis 1,6·105cd/m2; wie auch in diesem gleichen Bereich IFA – Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung – Blendung – Theoretischer Hintergrund (Mai 2010), S. 2) als Absolutblendungen bezeichnet werden. Tatsächlich hat eine Absolutblendung in diesem Zeitraum nicht vorgelegen. Als eine Absolutblendung wird nämlich ein Zustand bezeichnet, bei dem im Gesichtsfeld so hohe Leuchtdichten auftreten, dass eine Adaptation des Auges nicht mehr möglich ist. Da eine direkte Gefährdung des Auges eintreten kann, kommt es zu Schutzreflexen wie dem Schließen der Augen oder dem Abwenden des Kopfes (vgl. Strahlschutzkommission a.a.O. S. 8). Der Sachverständige hat hierzu auch ergänzend erläutert, dass bei den Werten zu berücksichtigen sei, dass die in Bezug genommenen Grenzwerte von Kunstlicht ausgingen, wo es gute wissenschaftliche Grundlagen gebe. Diese würden hingegen nicht speziell Sonnenreflexionen betreffen, insoweit lägen auch keine augenmedizinischen Untersuchungen vor. Es kommt hinzu, dass seitens des Sachverständigen eine Messung der Lichteinwirkung im Raum stehend am offenen Fenster durchgeführt worden ist, sodass sowohl die Einwirkung der Sonne als auch der Module erfasst worden ist. Der Sachverständige hat ergänzend nachvollziehbar ausgeführt, dass wegen der Fläche der Module und dem Erfordernis der Messung am Standort des Hauses der Klägerin lediglich eine Messung in Richtung der Module in Betracht gekommen sei. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass wegen der Lichtstreuung und sich daraus ergebender Beiwerte davon auszugehen sei, dass weniger als 1 % des Lichts reflektiert würden. Es kommt im Ergebnis auch nicht darauf an, welche Definition der Blendung unterhalb des Bereichs der absoluten Blendung zugrunde gelegt wird. Denn selbst wenn im Rahmen des maßgeblichen Betrachtungszeitraumes zeitweise eine relative Blendung, mithin ein Zustand vorgelegen haben sollte, im Rahmen dessen eine durch Adaption ausgleichbare Blendung gegeben war (vgl. zur Relativblendung etwa: Strahlschutzkommission a.a.O. S. 8), führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Unter Berücksichtigung der dargestellten Ausprägung der Reflexionen und deren Dauer in dem Aufhellungszeitraum liegt keine wesentliche Beeinträchtigung vor.

II.

Mangels Begründetheit der Klage in der Hauptsache stehen der Klägerin auch die von ihr geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nicht zu.

C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 und S. 2, 711, 713 ZPO.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.

IV.

Der Festsetzung des Berufungsstreitwertes liegen § 3 ZPO und §§ 47 Abs.1, 48 Abs.1 GKG zugrunde.

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