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Supermarktbetreiberhaftung für Einkaufswagen mit Bremsvorrichtung

Oberlandesgericht Köln: Sicherheitspflicht bei Einkaufswagen ohne Bremsen verletzt

In einem wegweisenden Urteil des OLG Köln wurde entschieden, dass ein Supermarktbetreiber für die Folgen eines Unfalls haftet, bei dem eine Kundin von einem Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung auf einem Rollband getroffen wurde. Der Vorfall ereignete sich in einer Filiale, in der neben den üblichen mit Bremsen ausgestatteten Einkaufswagen auch einige größere, bremsenlose Modelle vorhanden waren. Das Gericht stellte fest, dass der Supermarktbetreiber eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem er nicht dafür sorgte, dass ausschließlich sichere Einkaufswagen zur Verfügung stehen und gefährliche Wagen aus dem Verkehr gezogen werden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-19 U 190/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Ein Supermarktbetreiber haftet für Unfälle mit bremsenlosen Einkaufswagen, wenn diese im Geschäft verwendet werden.
  2. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt, dass gefährliche Gegenstände, wie bremsenlose Einkaufswagen, aus dem Kundenbereich entfernt werden.
  3. Das Gericht sah eine Verletzung dieser Pflicht, da bremsenlose Wagen Teil des Wagenbestands waren und nicht aktiv entfernt wurden.
  4. Es wurde festgestellt, dass der Unfall durch das Fehlen einer Bremsvorrichtung am Einkaufswagen verursacht wurde.
  5. Die Beklagten müssen Schadenersatz und Schmerzensgeld zahlen, da sie die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen nicht getroffen haben.
  6. Kunden müssen darauf vertrauen dürfen, dass im Supermarkt bereitgestellte Einkaufswagen sicher sind.
  7. Das Urteil betont die Bedeutung der regelmäßigen Kontrolle und Wartung des Einkaufswagenbestands durch den Supermarktbetreiber.
  8. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit für Supermarktbetreiber, effektive Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um Unfälle zu vermeiden.

Verkehrssicherungspflicht in Supermärkten

Die Verkehrssicherungspflicht ist für Supermarktbetreiber von großer Bedeutung. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass sich Kunden in ihren Räumlichkeiten sicher bewegen können. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Bereitstellung sicherer Einkaufswagen. Fehlen bei diesen wichtige Sicherheitsmerkmale wie Bremsen, kann dies zu schweren Unfällen führen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich ein aufsehenerregendes Urteil des Oberlandesgerichts Köln mit der Frage auseinander, welche Sorgfaltspflichten ein Supermarktbetreiber im Hinblick auf seinen Einkaufswagenbestand hat. Für Kunden, aber auch für Betreiber selbst, sind die rechtlichen Vorgaben von großer Relevanz.

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Sicherheitsmängel bei Einkaufswagen: OLG Köln sieht Unfallgefahr durch Einkaufswagen ohne Bremse

Haftung Supermarkt für Einkaufswagen
(Symbolfoto: Dean Drobot /Shutterstock.com)

Am 27. August 2012 ereignete sich in einem Supermarkt ein Unfall, der die Frage nach der Verantwortlichkeit und den Sicherheitsmaßnahmen in Einzelhandelsgeschäften aufwirft. Eine Kundin wurde auf einem abschüssigen Rollband von einem hinter ihr rollenden Einkaufswagen getroffen. Der Vorfall führte zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, in deren Kern es um die Verkehrssicherungspflicht des Supermarktbetreibers ging. Der betroffene Einkaufswagen verfügte über keine Bremsvorrichtung, was das Rollen und damit den Unfall begünstigte.

Der rechtliche Hintergrund des Unfalls

Die Klägerin forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld von den Betreibern des Supermarkts, die für die Sicherheit in ihrem Geschäft verantwortlich sind. Das Landgericht Köln gab der Klägerin dem Grunde nach Recht und stellte eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht fest. Die Betreiber des Supermarktes wurden beschuldigt, nicht ausreichende Maßnahmen ergriffen zu haben, um das Risiko durch wegrollende Einkaufswagen ohne Bremsen zu minimieren. Der Fall wurde schließlich vor dem Oberlandesgericht Köln verhandelt, das die Entscheidung des Landgerichts bestätigte.

Sicherheitsmaßnahmen und die Rolle des Supermarktbetreibers

Das Gericht stellte fest, dass der Supermarktbetreiber eine objektive Gefahrenquelle geschaffen hatte, indem Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung zur Verfügung gestellt wurden. Es wurde betont, dass geeignete Vorkehrungen hätten getroffen werden müssen, um das Risiko für Kunden zu minimieren. Insbesondere auf abschüssigen Flächen, wie dem Rollband, müssen Einkaufswagen mit Feststellbremsen ausgestattet sein, um Unfälle zu verhindern.

Fazit: Verantwortung und Prävention

Der Fall unterstreicht die Bedeutung der Verkehrssicherungspflicht und der Verantwortung von Supermarktbetreibern, für die Sicherheit ihrer Kunden zu sorgen. Es zeigt, dass die Bereitstellung von Einkaufswagen, die speziell für die Nutzung in einem Geschäft geeignet sind, einschließlich der Ausstattung mit Bremsvorrichtungen, essenziell ist, um Unfälle zu vermeiden und die Sicherheit der Kunden zu gewährleisten. Der Vorfall dient als Mahnung an alle Einzelhändler, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und sicherzustellen, dass alle zur Verfügung gestellten Geräte den Sicherheitsanforderungen entsprechen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter Supermarktbetreiberhaftung?

Unter Supermarktbetreiberhaftung versteht man die rechtliche Verantwortung, die ein Supermarktbetreiber für die Sicherheit auf seinem Gelände, einschließlich des Parkplatzes und des Innenbereichs des Marktes, trägt. Diese Haftung ergibt sich aus der sogenannten Verkehrssicherungspflicht, die besagt, dass der Betreiber Maßnahmen ergreifen muss, um zu verhindern, dass Kunden oder Besucher zu Schaden kommen.

Die Verkehrssicherungspflicht umfasst beispielsweise die Pflicht, bei winterlichen Verhältnissen den Parkplatz zu räumen und zu streuen, um die Rutschgefahr zu minimieren. Im Innenbereich des Supermarktes muss der Betreiber dafür sorgen, dass keine Rutschgefahren durch nasse Böden entstehen, beispielsweise durch das Aufstellen von Warnschildern oder das Verschieben von Reinigungsarbeiten auf Zeiten außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten.

Verletzt der Supermarktbetreiber diese Pflichten und kommt es dadurch zu einem Unfall, kann er zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dies kann sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche umfassen, je nachdem, ob bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis durch das Betreten des Geschäftes begründet wurde. Die Haftung ist jedoch nicht unbegrenzt; sie bezieht sich auf erkennbare und aus der bestimmungsgemäßen Nutzung des Supermarkts ergebende Gefahren.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Supermarktbetreiber nicht für jeden Schaden haftet, der in seinem Geschäft entsteht. So gibt es beispielsweise keine generelle Gefährdungshaftung für jeglichen Schaden, den ein Kunde erleidet. Auch bei der Haftung für Schäden an Kundenfahrzeugen durch beispielsweise Begrenzungssteine auf dem Parkplatz gibt es spezifische Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Betreiber haftet.

Zusammengefasst bedeutet Supermarktbetreiberhaftung, dass der Betreiber eines Supermarktes rechtlich dafür verantwortlich ist, dass sein Geschäft und das dazugehörige Gelände sicher für Kunden und Besucher sind. Kommt es durch Vernachlässigung dieser Pflicht zu einem Schaden, kann der Betreiber zur Verantwortung gezogen werden.

Wie wird die Haftung bei Unfällen mit Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung begründet?

Die Haftung bei Unfällen mit Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung wird in der Regel auf der Grundlage der Verkehrssicherungspflicht des Ladenbetreibers begründet. Diese Pflicht verlangt vom Ladenbetreiber, dass er angemessene Vorkehrungen trifft, um zu verhindern, dass von seinem Geschäftsbetrieb, einschließlich der von ihm bereitgestellten Einkaufswagen, Gefahren für Dritte ausgehen. Wenn ein Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung zu einem Unfall führt, kann argumentiert werden, dass der Ladenbetreiber nicht ausreichend Maßnahmen ergriffen hat, um solche Gefahren zu verhindern.

In einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Juni 2015 (19 U 190/14) wurde festgestellt, dass keine hinreichenden Vorkehrungen gegen von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehende Gefahren getroffen worden sind. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht von dem Grundsatz ausgeht, dass Ladenbetreiber Maßnahmen ergreifen müssen, um die Risiken, die von Einkaufswagen ausgehen, zu minimieren. Das Landgericht Bielefeld bestätigte in einem Urteil vom 23. Oktober 2014 (2 O 44/14), dass die Einkaufswagen nicht mit einer automatischen Bremsvorrichtung versehen waren, was impliziert, dass die Ausstattung der Wagen Teil der zu betrachtenden Sicherheitsmaßnahmen ist.

Die Haftung des Ladenbetreibers für Schäden, die durch wegrollende Einkaufswagen verursacht werden, wird auch durch die Einführung von Systemen wie dem Pfandmarkensystem beeinflusst, das dazu dient, Kunden dazu zu bewegen, Einkaufswagen nach Gebrauch zurückzubringen und ordnungsgemäß abzustellen. Dies kann als Teil der Bemühungen des Ladenbetreibers angesehen werden, die Risiken zu minimieren, die von herrenlosen Einkaufswagen ausgehen.

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Haftung bei Unfällen mit Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in der Regel auf der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Ladenbetreibers basiert. Dies bedeutet, dass der Ladenbetreiber verpflichtet ist, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass von den Einkaufswagen Gefahren ausgehen. Die spezifischen Umstände des Einzelfalls, einschließlich der Frage, ob und welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, spielen bei der Beurteilung der Haftung eine entscheidende Rolle.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 823 Abs. 1 BGB: Regelt die Haftung für die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, des Eigentums oder eines sonstigen Rechts. Im vorliegenden Fall relevant für die Haftung des Supermarktbetreibers aufgrund der Verletzungen der Klägerin durch einen Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung.
  • § 823 Abs. 2 BGB: Stellt eine Haftungsgrundlage dar, wenn ein Schutzgesetz verletzt wurde. In Verbindung mit § 229 StGB (fahrlässige Körperverletzung) könnte dies für die Haftung des Supermarktbetreibers wegen fahrlässiger Verletzung der Klägerin relevant sein.
  • § 522 Abs. 2 ZPO: Ermöglicht es einem Berufungsgericht, die Berufung gegen ein Urteil ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Wurde angewandt, um die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
  • Verkehrssicherungspflicht: Ein nicht gesetzlich definierter, aber rechtlich anerkannter Grundsatz, der besagt, dass der Inhaber eines Verkehrsbereichs (z.B. eines Supermarkts) dafür Sorge tragen muss, dass von diesem Bereich keine Gefahr für Dritte ausgeht. Die Verletzung dieser Pflicht durch das Zurverfügungstellen unsicherer Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung war ein zentraler Punkt des Falls.
  • § 128 S. 1 HGB: Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter einer OHG für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Relevant für die Haftung der Gesellschafter der Supermarktbetreibergesellschaft zusammen mit der Gesellschaft selbst.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-19 U 190/14 – Beschluss vom 29.06.2015

Die Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3 gegen das am 13.11.2014 verkündete Grundurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 2 O 66/14 – wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 1, 2 und 3 als Gesamtschuldner.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten aufgrund eines Unfalls vom 27.8.2012, bei welchem sie auf einem Rollband durch einen Einkaufswagen getroffen wurde, wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.

Die Beklagte zu 1 betreibt die Filiale des Supermarkts „S“ am F in L. Die Beklagten zu 2 und 3 sind Gesellschafter der Beklagten zu 1. In der Filiale führt ein Rollband vom Erdgeschoss in das Untergeschoss, welches auch zur Nutzung durch Kunden, die einen Einkaufswagen bei sich führen, bestimmt ist und genutzt wird.

Die Klägerin suchte am 27.8.2012 die Filiale am F als Kundin auf. Als sie auf dem in das Untergeschoss führenden, abschüssigen Rollband stand, rollte plötzlich der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen von hinten auf die Klägerin zu, als der Zeuge Q den Wagen kurz losgelassen hatte. Die Klägerin wurde dabei von dem Einkaufswagen getroffen. Der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen aus rostfreiem Stahl (vgl. Bl. 147 GA, unteres Lichtbild) mit einem langen roten S-Logo am Haltegriff besaß keine Bremsvorrichtung.

Die Klägerin begab sich noch am 27.8.2012 in das Medizinische Versorgungszentrum St. N. Mit Arztbrief des Medizinischen Versorgungszentrums vom 27.8.2012 (Anlage K19, Bl. 124 GA) wurden eine „Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Fußes“ sowie eine „Schwellung mit Blaufärbung“ unter dem Außenknöchel des linkes Fußes sowie Druck- und Bewegungsschmerzen diagnostiziert.

Am 5.9.2012 wurden mittels MRT bei der Klägerin eine Kalkaneusfraktur (Fersenbeinfraktur) links, eine Würfelbeinfraktur links und eine Kahnbeinfraktur am linken Fuß festgestellt. Am 7.9.2012 erfolgte zur weiteren Abklärung ein CT, wobei sich eine erhebliche Dislokation des Fragmentes am Fersenbein zeigte, so dass ein operativer Eingriff bei dem Fußchirurgen Dr. N2 empfohlen wurde. Der operative Eingriff erfolgte am 11.9.2012 im Rahmen eines stationären Klinikaufenthalts vom 11.9.2012 bis zum 13.9.2012. Am 26.9.2012 erfolgte die Wiedervorstellung bei dem Arzt Dr. N2 zum Fadenzug. Im Rahmen der postoperativen Therapie wurden eine zweiwöchige Teilbelastung in Unterschenkelliegegipsschalen und Unterarmgehstützen sowie Thromboembolieprophylaxe verordnet. Nach dem Fadenzug am 26.9.2012 erfolgte der Wechsel auf einen sog. Pneumatic-Walker. In der Zeit vom 18.9.2012 bis zum 19.12.2012 nahm die Klägerin 30 Behandlungstermine zwecks verordneter Lymphdrainage wahr. Am 23.1.2013 fand die Abschlusskontrolle bei Herrn Dr. T statt.

Die Klägerin hat behauptet, der von dem Zeugen Q geführte Einkaufswagen habe sich im Verkaufsraum der Beklagten zu 1 im Bereich der Kasse 1 befunden. Der Zeuge Q habe diesen Einkaufswagen genommen, weil er größer als die anderen verfügbaren Wagen gewesen sei und er insgesamt sechs Leergutkisten im Markt zurückgeben wollte. Die Klägerin hat gemeint, der Umstand, dass sich dieser Wagen, – der unstreitig nicht mit Bremsen ausgestattet und damit für den Transport auf dem Laufband nicht geeignet war – in dem Markt befunden habe, stelle eine objektive Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, da sich derartige Gefahrenquellen in stark frequentierten Geschäftsräumen nicht befinden dürften. Die Einkaufswagen müssten häufig auf Fremdbestand kontrolliert werden. Insoweit obliege dem Marktbetreiber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich konkret ausreichender Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen. Ein Kunde müsse nicht damit rechnen, dass der im Supermarkt vorgefundene Einkaufswagen für die dortigen Verhältnisse nicht geeignet und gefährlich sei.

Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe die Kalkaneusfraktur, die Würfelbeinfraktur und die Kahnbeinfraktur sowie multiple Prellungen und Abschürfungen im Bereich des linken Unterschenkels durch den Unfall erlitten.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, wobei mit dem Klageantrag zu 1) in erster Linie angeblich selbst beglichene Heilbehandlungskosten geltend gemacht werden. Im Einzelnen setzt sich der Betrag in Höhe von 10.649,62 Euro wie folgt zusammen: Krankentransportkosten 279,00 Euro, Kosten für Arznei-/Heilmittel 1.323,35 Euro, Kosten der ambulanten Heilbehandlung 2.558,63 Euro, Kosten der stationären Behandlung 6.197,24 Euro, Fahrtkosten 266,40 Euro, Kostenpauschale 25,00 Euro.

Vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz hat die Klägerin die Klage gegen die ursprünglich mitverklagte Beklagte zu 4 zurückgenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 10.649,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2012 zu zahlen;

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, sie von der Honorarforderung der Rechtsanwälte H, I & Partner vom 31.07.2013 in Höhe von 961,28 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 6.500 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.000 Euro seit dem 14.12.2012 und aus 1.500 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr den entstandenen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 2.991,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht gewesen, die Beklagte zu 1 habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Hierzu haben sie behauptet, bei dem unfallverursachenden Einkaufswagen habe es sich um einen marktfremden Wagen gehandelt, den der Zeuge Q nicht in dem streitgegenständlichen Markt vorgefunden, sondern selbst in den Markt mitgebracht habe. Die in dem von der Beklagten zu 1 betriebenen Markt vorgehaltenen Einkaufswagen seien schwarz, der von dem Zeugen Q mitgebrachte Wagen sei hingegen rot gewesen. Um ein Fehlverhalten wie dasjenige des Zeugen Q effektiv zu verhindern, müsse permanent ein Mitarbeiter am Eingang des Marktes postiert sein, um Kunden mit selbst mitgebrachten Einkaufswagen abzuweisen. Ein derartiger Personalaufwand sei unangemessen und nicht zumutbar.

Die Beklagten haben erstinstanzlich dem Zeugen Q den Streit verkündet. Dieser hat sich zu einem Beitritt nicht erklärt.

Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen Q und E (Sitzungsprotokoll vom 16.10.2014, Bl. 148 GA) der Klage dem Grunde nach stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1. bis 3. dem Grunde nach sowohl ein Schadensersatz- als auch ein Schmerzensgeldanspruch gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB zustehe. Die Beklagte zu 1 habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt, die kausal für das Unfallereignis geworden sei. Ein Supermarktbetreiber habe zur Gefahrenabwendung von seinen Kunden alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen. Befindet sich in einem Supermarkt ein Rollband, welches zum Befahren mit Einkaufswagen bestimmt ist, so verletze der Betreiber des Supermarktes seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er keine Maßnahmen gegen sich selbstständig machende Einkaufswagen trifft, insbesondere die Einkaufswagen nicht mit Bremsen ausstattet. Die Verkehrssicherungspflicht des Supermarktbetreibers erschöpfe sich – so das Landgericht weiter – nicht in der Auswahl geeigneter eigener Einkaufswagen, sondern erstrecke sich auch auf die regelmäßige Kontrolle und Überwachung, dass nicht marktfremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in dem eigenen Markt benutzt werden oder gar dem dortigen Bestand an Einkaufswagen einverleibt werden. Die für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darlegungs- und beweisbelastete Klägerin müsse dartun und beweisen, dass der streitgegenständliche Einkaufswagen entweder als eigener dem konkreten S-Markt zugeordnet war, als marktfremder Wagen in den dortigen Bestand dauerhaft aufgenommen worden ist oder als marktfremder Wagen dort deshalb auffindbar war, weil die Beklagte zu 1 ihren regelmäßigen Kontroll- und Überwachungspflichten hinsichtlich eines Fremdbestandes nicht oder nur unzureichend nachgekommen sei, wobei den Supermarktbetreiber hinsichtlich der Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen eine sekundäre Darlegungslast treffe, weil sich deren Durchführung der Sphäre des Kunden regelmäßig entziehe.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bereits vor dem Unfalltag jedenfalls ca. vier Einkaufswagen des streitgegenständlichen Typs ohne Bremsvorrichtung dauerhaft im Markt befindlich gewesen seien und sich jedenfalls in den dortigen Bestand als „Fremdkörper“ eingegliedert hatten, wobei das Landgericht ausdrücklich offen gelassen hat, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Einkaufswagen tatsächlich um einen marktfremden Wagen handelte. Dabei ist das Landgericht im Wesentlichen der Aussage des Zeugen Q gefolgt, die es als zuverlässig und glaubhaft sowie schlüssig und widerspruchsfrei angesehen hat. Dem – so das Landgericht weiter – stehe nicht die Aussage des Zeugen E entgegen. Dieser habe die Behauptung der Beklagten, dass der Zeuge Q den Einkaufswagen in den Markt mitgebracht habe, nicht bestätigt, sondern demgegenüber bekundet, eine Dame türkischer Herkunft sei an der Kasse mit dem Wagen auf der Videoaufzeichnung zu sehen gewesen. Zudem habe der Zeuge E eingeräumt, dass es in der Vergangenheit vielleicht vorgekommen sein könne, dass ein Kunde den hier streitgegenständlichen Wagen im Markt benutzt habe. Ferner ist das Landgericht aufgrund der Aussage des Zeugen E davon ausgegangen, dass keinem konkreten Mitarbeiter der Beklagten die Aufgabe der Aussonderung solcher Wagen zugewiesen gewesen sei, sondern dies allen Mitarbeitern allgemein oblegen habe, so dass es leicht zu einem dauerhaften Verbleib der Wagen im Markt kommen könne, weil sich kein Mitarbeiter für die Aussonderung als verantwortlich betrachte. Das Landgericht hat im Hinblick auf die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zumindest Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten zu 1 angenommen. Durch den Unfall habe die Klägerin zumindest die unmittelbar danach diagnostizierte Verstauchung, Zerrung und Schwellung mit Blaufärbung des linken Fußes erlitten. Die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 folge aus § 128 S. 1 HGB.

Mit Beschluss vom 2.3.2015 hat das Landgericht das Passivrubrum seines vorgenannten Grundurteils dahin berichtigt, dass unter Ziff. 3 nicht die „R+V Allgemeine Versicherung AG“ im Rubrum ausgewiesen ist, sondern die „S West Beteiligungs GmbH … „.

Gegen das Grundurteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3.

Sie meinen, ein Anspruch der Klägerin gegen sie sei nicht gegeben. Die erstinstanzliche Verurteilung beruhe auf einer unvollständigen, tendenziösen und in wesentlichen Teilen falschen Beweiswürdigung. Die Aussage des von ihnen benannten Zeugen E sei nur unvollständig gewürdigt worden. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Zeuge hinsichtlich Flaschensuchern, die den Markt mit fremden Wagen betreten hätten, auf das mittlerweile gegen diese ergangene Betretungsverbot hingewiesen habe sowie darauf, dass Flaschensucher die mitgebrachten Einkaufswagen stets wieder mitgenommen hätten. Der Zeuge E habe auch nicht ausgesagt, es könne in der Vergangenheit vielleicht vorgekommen sein, dass ein Kunde die hier streitgegenständlichen Einkaufswagen im Markt benutzt habe. Soweit dem Protokoll des Landgerichts hierzu etwas anderes zu entnehmen ist, beruhe dies – so die Behauptung der Beklagten – auf einem Missverständnis, dem durch die anschließende Protokollierung der verneinenden Antwort des Zeugen Rechnung getragen worden sei. Die Beklagten sind der Auffassung, dass Teile der Aussage des Zeugen E gar nicht durch das Landgericht gewürdigt worden seien. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, dass den Angaben des Zeugen E zufolge Einkaufswagen wie der streitgegenständliche niemals zum Bestand des Supermarkts gehört hätten, entgegen der Aussage des Zeugen Q. Zudem habe der Zeuge E bekundet, an alle Mitarbeiter sei die Anweisung ergangen, stets darauf zu achten, ob fremde Einkaufswagen im Markt sind und solche aus dem Verkehr zu ziehen. Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, dass jedenfalls keine Eingliederung des fremden Einkaufswagens in ihren Bestand erfolgt sei, da der Aussage des Zeugen E zufolge der Wagen erst 2 Minuten vor der durch den Zeugen Q erfolgten Benutzung im Kassenbereich abgestellt worden sei. Zudem behaupten die Beklagten, ein Einkaufswagen ohne Blockiermechanismus könne auf dem Rollband von unten nach oben gar nicht benutzt worden sein, auch nicht durch den Zeugen Q.

Weiter sind die Beklagten der Meinung, die Klägerin habe zu beweisen, dass der schadenstiftende Einkaufswagen von ihr – der Beklagten zu 1 – in ihrem Einkaufsmarkt bereitgestellt oder zumindest schuldhaft einen längeren Zeitraum in den Markt eingegliedert war. Dieser Beweis sei der Klägerin nicht gelungen. Die Aussage des Zeugen Q sei nicht glaubhaft. Nach Ansicht der Beklagten spreche gegen die Glaubhaftigkeit bereits ein erhebliches Eigeninteresse des Zeugen Q daran, dass die alleinige Verantwortlichkeit der Beklagten festgestellt wird. Ferner stimme die Aussage des Zeugen Q nicht mit derjenigen des Zeugen E überein, u.a. hinsichtlich der Frage, welche Einkaufswagen in dem Markt vor Einführung der aktuellen schwarzen Wagen verwendet wurden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge Q früher nie Schwierigkeiten mit Einkaufswagen wie dem hier verwendeten gehabt haben will. Dabei unterstellen die Beklagten, dass der Zeuge auch in der Vergangenheit Wasserkästen mit einem solchen Einkaufswagen befördert haben müsse. Da die entgegenstehende Aussage des Zeugen E keinen Bedenken begegne, wie auch das Landgericht festgestellt habe, müsse jedenfalls von einem „non liquet“ ausgegangen werden, was zulasten der Klägerin gehe. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Maßnahmen die Kassiererin im Markt der Beklagten zu 1 hätte ergreifen können, als – der Aussage des Zeugen E entsprechend – die türkische Dame mit dem streitgegenständlichen Einkaufswagen ihre Kasse passierte, bevor 2 Minuten später der Zeuge Q den Wagen übernommen hat. Eine Haftung der Beklagten aufgrund Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht bestehe auch dann nicht, wenn keine konkrete Zuweisung der Überprüfung des Bestandes an Einkaufswagen an einen bestimmten Mitarbeiter der Beklagten zu 1 erfolgt sei, zumal sich dieser Umstand – so die Behauptung der Beklagten – nicht unfallkausal ausgewirkt habe.

Die Beklagten zu 1, 2 und 3 beantragen, das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2014, Az. 2 O 66/14, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die Tatsachenfeststellung erster Instanz für rechtsfehlerfrei. Das Landgericht habe die Aussage des Zeugen Q zutreffend berücksichtigt und auch die Aussage des Zeugen E vollständig gewürdigt. Das von dem Zeugen E bekundete und von den Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung aufgegriffene Betretungsverbot gegen Flaschensammler sei hier unerheblich und die angebliche Mitnahme der Einkaufswagen durch Flaschensammler sei fernliegend. Die Aussage des Zeugen E hinsichtlich der möglichen Benutzung fremder Wagen sei von dem Landgericht auch keineswegs missverstanden worden. Sie sei so protokolliert worden, wie tatsächlich erfolgt.

II.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten zu 1, 2 und 3 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Die Beklagten zu 1, 2 und 3 sind auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss des Senats vom 23.4.2015 hingewiesen worden.

A.

Der Senat hat in dem vorgenannten Beschluss Folgendes ausgeführt:

„Zu Recht hat das Landgericht der Klage in Ausübung seines gemäß § 304 ZPO bestehenden Ermessens und in prozessual nicht zu beanstandender Weise dem Grunde nach stattgegeben.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 128 S. 1 HGB einen Schadensersatzanspruch aus dem Unfall vom 27.8.2012 in dem S-Supermarkt der Beklagten zu 1 am F in L, über dessen Höhe noch zu erkennen sein wird.

Zutreffend ist das Landgericht bei seinem Grundurteil von einer schuldhaften und rechtswidrigen Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des vorgenannten Supermarktes ausgegangen, die letztlich zu dem Unfall vom 27.8.2012 geführt hat, bei dem die Klägerin verletzt worden ist.

1. Der Hergang des Unfalls ist zwischen den Parteien unstreitig: Die Klägerin befand sich als Kundin auf dem Rollband zwischen dem Erdgeschoss und dem Untergeschoss des Supermarktes. Hinter ihr stand der Zeuge Q, ebenfalls Kunde der Beklagten zu 1, mit einem Einkaufswagen auf dem abschüssigen Rollband. Als der Zeuge Q den Wagen, der keine Bremsvorrichtung hatte, kurz losließ, rollte dieser gegen die Klägerin, die hierdurch Verletzungen erlitt, über deren Ausmaß gestritten wird.

2. Unabhängig von einem etwaigen Fehlverhalten des Zeugen Q war das Fehlen einer Brems- bzw. Feststellvorrichtung an dem benutzten Einkaufswagen ursächlich für den Unfall. Denn andernfalls wäre der Wagen auf dem abschüssigen Rollband nicht ins Rollen geraten. Hierfür hat die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Supermarktes im Rahmen der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht einzustehen.

a) Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht trifft jeden, der eine objektive Gefahrenquelle gleich welcher Art für Dritte schafft oder sie in dem von ihm beherrschten Bereich andauern lässt; er hat die allgemeine Rechtspflicht, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vergleiche BGH, NJW 2007, 762; Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage 2015, § 823 Rn. 46). Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind nur diejenigen Vorkehrungen zu ergreifen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten möglichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (vergleiche Palandt-Sprau, aaO, § 823 Rn. 46, 47).

Für den Einkaufsmarktbetreiber bedeutet dies, dass er durch das Zurverfügungstellen von Einkaufswagen für Kunden eine zusätzliche Unfallgefahr im Hinblick auf Wegrollen der Einkaufswagen hervorbringt (vergleiche Grüneberg, NZV 1992, 304 ff., zitiert nach beck-online; Piepenbrock, VersR 1989, 122 ff., zitiert nach juris). Daher ist der Betreiber eines Einkaufsmarktes verpflichtet, die ihm wirtschaftlich zumutbaren Vorkehrungen gegen ein plötzliches Wegrollen der Einkaufswagen und eine dadurch verursachte Schädigung Rechtsgüter Dritter zu treffen (vergleiche Grüneberg, aaO; Staudinger-Hager, BGB, § 823 Rn. E 252, zitiert nach juris). Auf stark abschüssigen Flächen wird aus diesem Grunde verlangt, Einkaufswagen mit Feststellbremse zu verwenden (vergleiche LG Augsburg, Urteil vom 14.6.1989, 7 S 5139/88; LG Amberg, Urteil vom 30.4.1992, 13 S 1399/91; Staudinger-Hager, aaO).

Hier hatte die Beklagte zu 1 als Betreiberin des S-Supermarktes gerade aufgrund des abschüssigen Rollbands zwischen dem Erdgeschoss und dem Untergeschoss dafür zu sorgen, dass dort Einkaufswagen nicht von selbst hinunterrollen können, zumal mit Fehlverhalten von Kunden – wie hier das kurzzeitige Loslassen des Wagens durch den Zeugen Q – gerechnet werden muss. Eine geeignete Möglichkeit, dieser Gefahrenlage zu begegnen, ist es, die Einkaufswagen mit automatischen Feststellbremsen zu versehen.

Dem hat die Beklagte zu 1 durch Einführung der schwarzen Einkaufswagen mit Bremsvorrichtung offenbar Rechnung getragen, jedoch nicht hinreichend. Es waren nämlich auch zumindest einige wenige größere Einkaufswagen ohne Feststellbremse vorhanden, die von Kunden wie dem Zeugen Q benutzt wurden.

b) Soweit das Landgericht in seinem erstinstanzlichen Grundurteil zu der Feststellung gelangt ist, dass sich zum Unfallzeitpunkt jedenfalls vier Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung dauerhaft im Markt der Beklagten zu 1 befanden und zumindest als marktfremde Wagen in dem dortigen Bestand eingegliedert waren, sieht der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO keinen Anlass zu einer abweichenden Tatsachenerfassung oder -bewertung.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Solche Zweifel können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem erstinstanzlichen Gericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Dazu zählt neben einem Übergehen von Tatsachenvortrag und/oder Beweisangeboten (vgl. BGH, Urteil vom 16.9.2004, III ZR 283/03; Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 529 Rn. 17 f., zitiert nach beck-online) sowie erkennbaren Widersprüchlichkeiten zwischen Protokoll und Beweiswürdigung in den Urteilsgründen (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 30. Auflage, § 529 Rn. 7) vor allem eine inhaltlich unzureichende Beweiswürdigung, d.h. eine solche, die den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO nicht gerecht wird. Typische Fälle sind insofern Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit der Beweiswürdigung sowie Verstöße gegen allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2004, V ZR 257/03; Urteil vom 14.7.2004, VIII ZR 164/03; jeweils zitiert nach juris).

Hinreichende Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich zudem bereits aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.6.2003, 1 BvR 2285/02; Kammerbeschluss vom 22.11.2004, 1 BvR 1935/03; jeweils zitiert nach juris). Für einen Wegfall der Bindungswirkung reichen insofern bereits „vernünftige“ Zweifel (vgl. BGH, Urteil vom 9.3.2005, VIII ZR 266/03, zitiert nach juris); es genügt also eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine (erneute) Beweiserhebung die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ergeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2005, VI ZR 270/04: ggf. bei unvollständigem Sachverständigengutachten).

Letzteres bedeutet aber nicht, dass in allen Fällen eine Pflicht zur vollständigen Rekonstruktion des Sachverhalts besteht (vgl. Zöller-Heßler, aaO; Rimmelspacher in Münchener Kommentar, ZPO, aaO, Rn 24); vielmehr müssen nach dem Gesetz „konkrete“ Anhaltspunkte für Zweifel bestehen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare (objektivierbare) Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2005, VI ZR 270/04). Erforderlich sind objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen.

Solche liegen indes hier nicht vor.

Das Landgericht ist der Frage nach der Herkunft des streitgegenständlichen Einkaufswagens ohne Feststellbremse umfassend durch Vernehmung des von Seiten der Klägerin benannten Zeugen Q sowie des beklagtenseits benannten Zeugen E nachgegangen. Beide haben vor dem Landgericht ausgesagt (vergleiche Protokoll vom 16.10.2014, Bl. 148 ff. GA).

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind hinsichtlich der von dem Landgericht in seinem Grundurteil vorgenommenen Beweiswürdigung keine nach Maßgabe der oben ausgeführten Grundsätze relevanten Fehler ersichtlich. Dem erstinstanzlichen Protokoll über die Vernehmung der Zeugen Q und E, das von dem Berufungsgericht grundsätzlich heranzuziehen ist (vergleiche Zöller-Heßler, aaO, § 529 Rn. 7) und gegen dessen Richtigkeit von den Beklagten auch gegenüber dem Landgericht keine Einwendungen erhoben worden sind, kann nicht entnommen werden, dass das Landgericht die Beweisaufnahme nicht erschöpfend gewürdigt hätte oder die Aussagen im Widerspruch zu dem Urteil stünden (vergleiche Zöller-Heßler, aaO). Entgegen der Ansicht der Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung sind auch keine Anhaltspunkte für eine unvollständige oder tendenziöse Beweiswürdigung ersichtlich.

Das Landgericht hat seine Feststellungen im Wesentlichen auf die Aussage des Zeugen Q gestützt. Dieser hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass er den streitgegenständlichen Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung im Kassenbereich des Supermarktes der Beklagten zu 1 entdeckt und sodann zum Transport seines Leerguts benutzt habe, bevor er mit dem leeren Wagen unter Benutzung des Rollbands zum Einkaufen ins Untergeschoss gefahren sei. Der von ihm benutzte Einkaufswagen sei aus silberfarbenem, rostfreiem Stahl gewesen und habe unten eine Ablagefläche gehabt. Er sei auch größer als die in dem dortigen S-Markt üblichen neuen Einkaufswagen gewesen. Von diesen größeren, silbernen Einkaufswagen, die der Zeuge als „alte Wagen“ bezeichnet hat, seien vor dem Unfalltag ca. vier Stück in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 vorhanden gewesen und hätten immer irgendwo oben oder unten gestanden.

Soweit das Landgericht die Aussage des Zeugen Q, der nach seinen Bekundungen als „Stammkunde“ mit den Verhältnissen im Supermarkt der Beklagten vor und nach dem Unfall der Klägerin vertraut war, als zuverlässig und glaubhaft eingestuft hat, begegnet dies aus Sicht des Senats keinen Bedenken. Dass der Zeuge Q sein besonderes Interesse an dem größeren, silbernen Einkaufswagen mit der besonderen Eignung zum Transport von Getränkekästen begründet hat, lässt seine Angaben durchaus plausibel erscheinen. In diesem Kontext ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge Q eigenen Bekundungen zufolge ca. zwei- bis dreimal pro Woche in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 eingekauft hat, sich offenbar dort gut auskannte. Genauso wie das Landgericht vermag auch der Senat keine Widersprüche in den Bekundungen des Zeugen Q zu erkennen. Gerade seine Konstanz hinsichtlich der Aussage, auch bereits vor dem Unfall von den silbernen Einkaufswagen vier oder fünf immer irgendwo herumstehen gesehen und diese auch früher schon mal benutzt zu haben, spricht für die Richtigkeit seiner Angaben. Dass der Zeuge Q bei seiner Aussage hinsichtlich der Einordnung des Wochentags, an dem der Unfall geschah, unsicher war, spricht nicht gegen seine Glaubwürdigkeit, zumal er eigenen Angaben zufolge mehrmals pro Woche, mithin an unterschiedlichen Wochentagen, in den S-Supermarkt zum Einkaufen gegangen ist. Entsprechendes gilt auch für den auf Nachfrage von dem Zeugen Q eingeräumten Umstand, dass er nach dem Unfall in telefonischem Kontakt mit der Klägerin gestanden habe. Dass er sich aufgrund der Verletzungen der Klägerin besorgt gezeigt hat, erscheint durchaus verständlich, zumal der Zeuge Q an dem Unfall nicht ganz unbeteiligt war. Hierzu passt auch die Mitwirkung des Zeugen Q an der Erstellung der Fotos von Einkaufswagen (Bl. 147 GA) im Vorfeld des Verhandlungstermins vor dem Landgericht. Wie bereits das Landgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung bemerkt hat, ist auch aus Sicht des Senats der Aussage des Zeugen Q nicht zu entnehmen, dass er aus Sorge um seine eigene mögliche Haftung sich selbst entlasten wollte. Immerhin hat der Zeuge den Hergang des Unfalls geschildert und dabei auch sein mögliches eigenes Fehlverhalten eingeräumt. Schließlich sind auch etwaige Unstimmigkeiten der Angaben des Zeugen Q zur Art der vor und nach dem Unfall der Klägerin in dem Supermarkt der Beklagten verwendeten Einkaufswagen und/oder den Umständen, unter denen es ihm bei früheren Gelegenheiten gelungen ist, Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung „unfallfrei“ über das Rollband zu befördern, entgegen den Einwänden der Beklagten nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen zu den Geschehnissen am Unfalltag in Frage zu stellen, zumal er diesen höhere Aufmerksamkeit geschenkt haben dürfte als den (unauffälligen) Ereignissen zuvor.

Soweit das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung den Beweiswert der Aussage des Zeugen Q nicht durch die Aussage des Zeugen E beeinträchtigt gesehen hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Zeuge E, als stellvertretende Marktleiter bei der Beklagten zu 1 beschäftigt, hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht den Sachvortrag der Beklagten, der streitgegenständliche Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung sei von dem Zeugen Q in den Markt mitgebracht worden, nicht bestätigt. Seinen auf die Ansicht der Videoaufzeichnung des Marktes gestützten Angaben zufolge sei eine „türkische Dame mittleren Alters“ mit dem silbernen Einkaufswagen an der Kasse vorbeigegangen, wo sie bezahlt habe. Einige Minuten später habe der Zeuge Q den Wagen im Kassenbereich genommen. Dies entspricht hinsichtlich der Übernahme des streitgegenständlichen Einkaufswagens durch den Zeugen Q dessen Angaben. Soweit der Zeuge E weiter angegeben hat, dass die Dame türkischer Herkunft mit dem Wagen in den Markt hineingekommen sei, vermochte er für diese Vermutung keine Grundlage zu nennen, zumal – wie er eingeräumt hat – Entsprechendes nicht auf einer Videoaufzeichnung zu sehen sei. Die konkrete Herkunft des Einkaufswagens ohne Bremsvorrichtung ist von dem Zeugen E – abgesehen von Vermutungen – ebenso offen gelassen worden, wie die fragliche Dauer des Verbleibs in dem Markt vor dem Unfall. Soweit der Zeuge E in diesem Zusammenhang ausgesagt hat, dass Flaschensammler, die früher mit fremden Wagen den Markt betreten hätten, dies inzwischen nicht mehr dürfen und die Wagen wieder mitnehmen, kommt es hierauf letztlich nicht an. Denn der von dem Zeugen Q benutzte silberne Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung hatte sich zuvor im Supermarkt der Beklagten zu 1 befunden; wie er dorthin gelangte, ist nach Ansicht des Senats ohne Belang. Offen bleiben kann auch die von dem Zeugen E im Rahmen seiner Vernehmung aufgeworfene und durch die Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung aufgegriffene Frage, ob Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung überhaupt zur Benutzung des Rollbands geeignet sind, insbesondere im beladenen Zustand vom Untergeschoss zum Erdgeschoss. Denn dass der Zeuge Q damit volle Getränkekästen über das Rollband vom Untergeschoss nach oben befördert hätte, entspricht – anders als die Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung meinen – nicht seiner Aussage. Der Zeuge Q hat lediglich bekundet, den silbernen Wagen auch früher bereits im Supermarkt der Beklagten zu 1 benutzt zu haben, ob zum Transport von Wasser, hat er offen gelassen. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob es nach Ansicht des Zeugen E sein kann, dass Kunden den streitgegenständlichen Einkaufswagen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 benutzt haben, insbesondere ob der Zeuge E dies bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht zunächst bejaht und dann verneint hat, wie gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO protokolliert, oder ob er auf diese Frage sofort mit „Nein“ geantwortet hat. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Wagen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 vor dem Unfall zumindest von der beschriebenen Dame türkischer Herkunft und auch danach von dem Zeugen Q benutzt worden ist.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1 früher vor der Einführung der kleinen, schwarzen Einkaufswagen mit Feststellbremse silberne Wagen ohne Bremsvorrichtung in ihrem Bestand hatte. Denn der Betreiber eines Supermarktes hat im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht (siehe oben) auch dafür zu sorgen, dass gegebenenfalls fremde Wagen, die – wie hier mangels Feststellbremse – ein besonders hohes Gefahrenpotenzial aufweisen, nicht in den eigenen Bestand eingegliedert, sondern rechtzeitig aussortiert werden, da im Hinblick auf die naheliegenden erheblichen Gefahren, die mit der Nutzung solcher Einkaufswagen auf einem Rollband verbunden sind, hohe Anforderungen an notwendige Sicherheitsvorkehrungen zu stellen sind. Dass Kunden einen Supermarkt mit fremden Einkaufswagen betreten und diesen nach Erledigung ihrer Einkäufe dort zurücklassen, kommt erfahrungsgemäß insbesondere dort vor, wo mehrere Verbrauchermärkte eng beieinander liegen. Auch gegen Gefahren, die sich aus solcher nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung ergeben, sind Vorkehrungen zu treffen (siehe oben). Weder aus dem Vortrag der Beklagten, die insoweit zumindest eine erhöhte Darlegungslast über ihre interne Organisation trifft, noch aus der Aussage des Zeugen E kann geschlossen werden, dass vor dem Unfall den von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehenden Gefahren durch hinreichende Maßnahmen entgegengewirkt worden ist. Beklagtenseits ist erstinstanzlich hierzu lediglich in den Raum gestellt worden, dass eine Kontrolle des Bestands an den vorgesehenen Sammelstellen, in welchen Intervallen auch immer, einfach und ohne weiteres realisierbar sei (vergleiche Schriftsatz vom 14.4.2014, Bl. 108 GA). Konkrete Darlegungen dazu, wann und durch wen in dem Supermarkt der Beklagten zu 1 solche Kontrollen vor dem Unfall durchgeführt worden sind, fehlen. Auch die Angaben des Zeugen E bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung sind hierzu vage. Zutreffend weisen die Beklagten im Rahmen ihrer Berufungsbegründung zwar darauf hin, dass der Zeuge E ausgesagt hat, solche Wagen müssten „nach hinten“ gebracht werden, wenn sie irgendwo herumstehen. Er hat jedoch eingeräumt, dass keiner der Mitarbeiter besonders damit beauftragt gewesen sei, nach solchen Wagen Ausschau zu halten. Vor diesem Hintergrund ist der daraus gezogene Rückschluss des Landgerichts in dem angefochtenen Grundurteil, dass es mangels konkreter Zuweisung der Verantwortlichkeit durchaus zum längeren Verbleib eines fremden Wagens im Markt kommen konnte, nicht fernliegend. Ob dies hinsichtlich des streitgegenständlichen Einkaufswagens, durch den die Klägerin verletzt worden ist, so gewesen ist, kann offen bleiben. Denn den Bekundungen des Zeugen E bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht zufolge, die sich die Beklagten offenbar im Rahmen ihrer Berufungsbegründung zu eigen machen, hatte die Dame türkischer Herkunft mit dem silbernen Einkaufswagen die Kasse des Supermarktes passiert, bevor der Zeuge Q ihn übernommen hat. Offenbar hat die bei der Beklagten zu 1 beschäftigte Kassierkraft nicht dafür gesorgt, dass der streitgegenständliche Wagen aus dem Bestand entfernt wird, obwohl er sich durch seine Farbe und Größe deutlich von den anderen Einkaufswagen unterschied. Dies spricht deutlich dafür, dass auf Seiten der Beklagten zu 1 als Betreiberin des Supermarktes keine hinreichenden Vorkehrungen gegen von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehende Gefahren getroffen worden sind. Beklagtenseits ist nicht ansatzweise vorgetragen worden, dass es sich dabei um ein einmaliges Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt habe.

d) Dass es der Beklagten zu 1 durchaus möglich und zumutbar war, hinreichende Vorsorge dagegen zu treffen, dass in ihrem Markt fremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung zugänglich sind, ist bereits deshalb anzunehmen, weil – worauf der Zeuge Q hingewiesen hat – nach dem Unfall vom 27.8.2012 kein großer, silberner Einkaufswagen mehr in dem Markt zu sehen war.

3. Das Landgericht ist in seinem Grundurteil mithin zu Recht von einer objektiven Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Supermarktes ausgegangen.

Diese war auch rechtswidrig und schuldhaft. Auf Seiten der Beklagten war die von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung gerade auf dem abschüssigen Rollband ausgehende Gefahr bekannt. Dies ist bereits aus der Einführung der schwarzen Wagen mit Feststellbremse zu schließen. Allerdings musste auf Seiten der Beklagten zu 1 auch erkannt werden, dass Kunden fremde Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in den Markt mitbringen und dort stehen lassen. Hinsichtlich Flaschensammler war ein solches Verhalten der Aussage des Zeugen E zufolge auch tatsächlich bei der Beklagten zu 1 bekannt. Dass man danach bis auf ein an diese Personen gerichtetes Betretungsverbot keine hinreichenden Vorkehrungen gegen sich durch fremde Wagen ergebende Gefahren ergriffen hat, beruht mithin zumindest auf fahrlässigem Verhalten.

4. Im Ergebnis haftet die Beklagte zu 1 als Betreiberin des S-Supermarktes jedenfalls aus unerlaubter Handlung dem Grunde nach für die Folgen des Unfalls vom 27.8.2012.

Die Beklagten zu 2 und 3 haften daneben gesamtschuldnerisch als Gesellschafter, § 128 S. 1 HGB.

Ob daneben eine (quasi-) vertragliche Haftung für die Unfallfolgen in Betracht kommt, kann nach dem Vorstehenden offenbleiben.“

B.

An diesen Erwägungen hält der Senat fest. Die ergänzende Stellungnahme der Beklagten zu 1, 2 und 3 mit Schriftsatz vom 5.6.2015 veranlasst den Senat nicht, von seiner Auffassung abzurücken. Lediglich zur Klarstellung sei hierzu Folgendes ausgeführt:

Der Senat hat mit seinen wie vorstehend dargestellten Erwägungen keineswegs – wie die Beklagten mit Schriftsatz vom 5.6.2015 meinen – die Regeln der Darlegungs- und Beweislast verkannt.

Richtig ist, dass die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich von dem Geschädigten bewiesen werden muss (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 823 Rn. 54). Steht jedoch der objektive Pflichtverstoß, d.h. die Verletzung der äußeren Sorgfaltspflicht, fest, ist die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht indiziert oder es spricht ein Anscheinsbeweis dafür (vergleiche BGH, Urteil vom 11.3.1986, VI ZR 22/85, zitiert nach juris).

Hier ist aufgrund der von dem Landgericht in seinem erstinstanzlichen Grundurteil festgestellten Tatsachen davon auszugehen, dass sich zum Unfallzeitpunkt jedenfalls vier Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung dauerhaft in dem Markt der Beklagten zu 1 befanden und zumindest als marktfremde Wagen in den dortigen Bestand eingegliedert waren. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, worauf der Senat – wie vorstehend dargestellt – bereits ausführlich hingewiesen hat. Hieran vermag auch der weitere Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 5.6.2015 nichts zu ändern.

Der Senat teilt die Bedenken der Beklagten gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Q nicht. Ein etwaiges Eigeninteresse des Zeugen an dem Ausgang des vorliegenden Schadensersatzprozesses, der möglicherweise auch für eine (Mit-) Haftung seinerseits von Bedeutung sein könnte, beeinträchtigt nicht zwingend die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung eine einseitige Entlastungstendenz des Zeugen nicht zu erkennen vermochte, begegnet dies keinen (greifbaren) Bedenken. Dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 16.10.2014 (Bl. 148 ff. GA) zufolge hat der Zeuge Q den Hergang des Unfalls geschildert, ohne sein mögliches eigenes Fehlverhalten in Abrede zu stellen. Der Zeuge ist auch nicht auf die beklagtenseits erfolgte Streitverkündung hin der einen oder anderen Partei beigetreten, was für seine Neutralität im vorliegenden Rechtsstreit spricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Q nicht darauf an, ob er sich möglicherweise hinsichtlich der vor Einführung der kleinen schwarzen Einkaufswagen verwendeten Wagen geirrt hat. Es kann in diesem Zusammenhang die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten unterstellt werden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen großen silbernen Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung um einen fremden und nicht einen früher im Markt verwendeten Einkaufswagen gehandelt hat. Der Umstand, dass sich der Zeuge Q nicht genau an die frühere Art und Weise der Verwendung eines der großen silbernen Einkaufswagen erinnern konnte, spricht ebenfalls nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, da man sich die konkrete Benutzung eines Einkaufswagens – ohne besondere Vorkommnisse wie den Unfall vom 27.8.2012 – üblicherweise nicht merkt. Soweit die Beklagten unterstellen, dass der Zeuge Q auch in der Vergangenheit mit einem derartigen Einkaufswagen in das Untergeschoss gefahren sein wollte, entspricht dies ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 16.10.2014 nicht der Aussage des Zeugen. Im Übrigen spricht der von dem Zeugen Q geschilderte Vorfall nach dem streitgegenständlichen Unfall, als er einen Mann ebenfalls mit einem Einkaufswagen der schadenstiftenden Art in das Untergeschoss fahren sah, für die Richtigkeit seiner Bekundung, dass zum Unfallzeitpunkt mehrere Wagen ohne Bremsvorrichtung in dem Einkaufsmarkt der Beklagten zu 1 verwendet worden seien.

Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Aussage des Zeugen Q nicht durch die Bekundungen des Zeugen E als widerlegt angesehen hat, begegnet dies keinen Bedenken. Die Angabe des Zeugen E bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht, es könne nicht sein, dass der Zeuge Q einen Einkaufswagen der streitgegenständlichen Art bereits früher in dem Markt der Beklagten zu 1 benutzt hat, mag seiner persönlichen Einschätzung entsprechen. Er hat diese jedoch genauso wenig plausibel gemacht wie die Beklagten. Von besonderen – ggf. regelmäßigen – Kontrollen des Bestands auf marktfremde Wagen hin hat der Zeuge E nichts bekundet. Auch von Seiten der Beklagten ist hierzu nichts Konkretes vorgetragen worden. Den Angaben des Zeugen E zufolge war nicht einmal ein (konkreter) Mitarbeiter mit dem Aufspüren und Aussondern marktfremder Wagen beauftragt. Dass sich der Zeuge dennoch sicher gewesen ist, eine frühere Benutzung eines Einkaufswagens dieser Art sei ausgeschlossen, erscheint daher objektiv nicht nachvollziehbar.

Soweit das Landgericht vor diesem Hintergrund im Ergebnis davon überzeugt war, dass zum Unfallzeitpunkt Einkaufswagen der streitgegenständlichen Art ohne Bremsvorrichtung im Markt der Beklagten zu 1 eingegliedert waren, und mithin nicht zu einem „non liquet“ gelangt ist, sind Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen nicht veranlasst.

Da demnach feststeht, dass die Beklagte zu 1 als Betreiberin des Marktes bezüglich der Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung in ihren Bestand objektiv einen Pflichtverstoß begangen und damit die „äußere“ Sorgfalt verletzt hat, kommen der Klägerin Beweiserleichterungen in Bezug auf die Verletzung der „inneren“ Sorgfalt zugute (vergleiche BGH, Urteil vom 11.3.1986, VI ZR 22/85, zitiert nach juris). In derartigen Fällen muss der Geschäftsinhaber darlegen und beweisen, dass von ihm und seinem Personal alle Sorgfalt aufgewendet wurde, um den verkehrswidrigen Zustand in seinem Markt zu vermeiden (vergleiche BGH, aaO; OLG Köln, Urteil vom 25.6.1998, 12 U 271/97, zitiert nach juris). Dem sind die Beklagten hier – wie der Senat bereits in seinem oben zitierten Hinweis ausgeführt hat – nicht nachgekommen. Weder dem Vortrag der Beklagten noch der Aussage des Zeugen E ist zu entnehmen, dass vor dem Unfall den von fremden Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung ausgehenden Gefahren durch hinreichende Maßnahmen entgegengewirkt worden wäre. Wie bereits erwähnt fehlen konkrete Darlegungen zu etwaigen (regelmäßigen) Kontrollen des Bestands an Einkaufswagen. Der Aussage des Zeugen E zufolge ist nicht einmal ein Mitarbeiter mit dieser Aufgabe konkret betraut gewesen. Soweit der Zeuge E bekundet hat, das Personal müsse Wagen wie den streitgegenständlichen „nach hinten bringen“, wenn dieser irgendwo herumständen, hat die Beklagte zu 1 mit dieser Anweisung ihrer Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung nicht genügt. Denn eine solche schlichte Anweisung ist – wie der vorliegende Fall gerade zeigt – nicht ausreichend, um der möglichen Eingliederung marktfremder Wagen und den von diesen ausgehenden Gefahren nachhaltig zu begegnen. Zum einen befanden sich nämlich zum Unfallzeitpunkt – wie vorstehend festgestellt – mehrere Wagen der schadenstiftenden Art im Bestand der Beklagten zu 1. Zum anderen hat der Aussage des Zeugen E zufolge die Kassierkraft der Beklagten zu 1 diese Anweisung gerade nicht befolgt, als sie eine Dame türkischer Herkunft mit dem streitgegenständlichen Einkaufswagen die Kasse passieren ließ, bevor der Zeuge Q ein paar Minuten später denselben Wagen in Gebrauch nehmen konnte. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist bei lebensnaher Betrachtung durchaus von der Möglichkeit auf Seiten der Kassierkraft auszugehen, den Wagen zumindest zu separieren, bis er ggf. von einem herbeizurufenden Kollegen aus dem Verkaufsraum entfernt würde. Dass sie in dieser Richtung irgendwie aktiv geworden wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagten haben auch nicht vorgetragen, dass es sich dabei um ein einmaliges Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters gehandelt hätte.

Soweit die Beklagtenseite schließlich meint, die Klägerin habe nicht dargelegt und bewiesen, dass sich eine längere Eingliederung des Einkaufswagens ohne Bremsvorrichtung „unfallkausal“ ausgewirkt habe, verkennt sie, dass der Klägerin auch insoweit Beweiserleichterungen zugutekommen. Die Anwendung des Anscheinsbeweises ist nämlich bei Verkehrssicherungspflichten auch in Bezug auf die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden geboten, wenn sich in dem Schadensereignis gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der durch die Auferlegung der konkreten Verhaltenspflichten begegnet werden sollte (vergleiche BGH, Urteil vom 14.12.1993, VI ZR 271/92, zitiert nach juris). Das ist hier der Fall, denn die der Beklagten zu 1 obliegende Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die Eingliederung von Einkaufswagen ohne Bremsvorrichtung sollte gerade Unfälle wie denjenigen der Klägerin vom 27.8.2012, bei dem ein solcher Wagen auf dem abschüssigen Rollband unkontrolliert ins Rollen geraten war, verhindern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.141,46 EUR

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