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Umfang Verkehrssicherungspflicht Baulastpflichtiger für Straßen innerhalb geschlossener Ortslage

LG Mönchengladbach – Az.: 3 O 175/10 – Urteil vom 13.12.2011

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.948,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 71 % und die Klägerin zu 29 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer Amts- und Verkehrssicherungspflichtverletzung aus übergegangenem Recht aufgrund eines behaupteten Sturzes ihrer Versicherungsnehmerin in Anspruch.

Die Straße xxx in xxx ist mit Verbundsteinpflaster gepflastert. Auf ihr stehen einige Bäume. Es befinden sich dort ebenfalls Geschäfte.

Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer der Zeugin xxx xxx. Diese wurde aufgrund eines Sturzes am 24.10.2007 im Kreiskrankenhaus xxx wegen Schürfwunden am linken Knie und der linken Hand sowie schwerer Handprellungen behandelt. Es erfolgten in der Folgezeit weitere im einzelnen zwischen den Parteien streitige Behandlungen und Zahlungen von Krankengeld.

Mit Schreiben vom 12.12.2007 (Anlage K3, Bl. 9 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte zur Anerkennung der Haftung dem Grunde nach auf. Dies lehnte der Versicherer der Beklagten mit Schreiben vom 21.01.2008 (Anlage K4, Bl. 10 d.A.) ab.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Ersatz der für die Zeugin xxx aufgewendeten Versicherungsleistungen zu 70 %. Sie behauptet, die Zeugin xxx sei am 24.10.2007 gegen 18:30 Uhr auf Höhe der Hausnummer xxx der Straße xxx über einen ca. 3,5 cm hervorstehenden Pflasterstein gestolpert und habe sich dadurch Schürfwunden am linken Knie, an der linken Hand und schwere Handprellungen zugezogen. Bei der Straße xxx handele es sich um eine Fußgängerzone, die stark durch Fußgänger frequentiert sei. Die Unebenheit sei für die Zeugin xxx aufgrund der Dunkelheit nicht erkennbar gewesen. Überdies sei es an gleicher Stelle bereits zu einem Sturz der Zeugin xxx gekommen. Infolge des Unfalls seien der Klägerin Gesamtkosten i.H.v. 5.896,03 € entstanden, nämlich 100,72 € für die Krankenhausbehandlung vom 12. – 13.11.2007; 122,50 € als Fallpauschale für die ambulante Behandlung; 2.644,50 € als Krankengeld vom 07.12.2007 – 25.01.2008; 1.490,50 € als Beitrag aus Lohnersatzleistung; 68,42 € für eine Physiotherapie vom 22.11.2007 bis 05.12.2007; 40,10 € für eine Handgelenkbandage am 26.11.2007; 68,42 € für eine Physiotherapie vom 11. – 28.12.2007; 63,00 € für eine Handgelenkbandage am 19.12.2007; 68,84 € für eine Physiotherapie vom 07. – 23.01.2008; weitere 68,84 € für eine Physiotherapie vom 28.01. – 14.02.2008; 581,79 € Krankengeld vom 26.01. – 06.02.2008; 325,16 € als Beitrag aus Lohnersatzleistung; 68,84 € für eine Physiotherapie vom 18.02. – 05.03.2008; 121,40 € für eine Physiotherapie vom 10.03. – 09.04.2008 und 63,00 € für eine Handgelenkbandage am 28.03.2008. All diese Kosten seien kausal durch den Unfall am 24.10.2007 verursacht worden. Ein zeitlicher Abstand zwischen Unfallereignis und Abrechnungsdaten der erbrachten Leistungen folge daraus, dass ein Pauschalbetrag bereits die Kosten für eine ambulante Behandlung, abgerechnet nach der Allgemeinen Gebührenordnung der Ärzte, abdecke. Die Zeugin xxx sei bereits ab dem 24.10.2007 in ärztlicher Behandlung gewesen. Krankenhausbehandlungen, die nach dem für Krankenhäuser geltenden Vergütungssystem abgerechnet werden und daher nicht dem Pauschalbetrag zuzuordnen sind, seien aber vom 12.11. bis 13.11.2007 erfolgt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.127,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Umfang Verkehrssicherungspflicht Baulastpflichtiger für Straßen innerhalb geschlossener Ortslage
Symbolfoto: Von RAW4/Shutterstock.com

Die Beklagte behauptet, bei der Straße xxx handele es sich nicht um eine Fußgängerzone, sondern um den Markt der Stadt. Die Unfallstelle liege in der Nähe eines Baumes. Es sei erkennbar gewesen, dass es durch den Baum zu Unebenheiten im Gehweg gekommen sei. Sie ist der Ansicht, die Zeugin xxx treffe ein Mitverschulden, da sie die wurzelbedingten Unebenheiten nicht beachtet und keine Veranlassung gehabt habe, so nah an dem Baum vorbeizugehen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beweisbeschlüsse vom 11.01.2011, 03.05.2011 und 30.08.2011 durch Vernehmung der Zeugen xxx, xxx, xxx sowie schriftliche Vernehmung der Zeugen xxx und xxx. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2011 (Bl. 46 ff. d.A.) und 11.10.2011 (Bl. 206 f. d.A.) sowie für den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussagen auf die in den Akten enthaltenen Kopien (Bl. 201, 203 d.A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 2.948,02 € aufgrund einer Amtspflichtverletzung der Beklagten.

I.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 2.948,02 € aus übergegangenem Recht als Schadensersatz aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu.

1. Da die Klägerin vorliegend Sozialleistungen erbracht hat, die der Behebung eines Schadens dienten, ist der entsprechende Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin, der Zeugin xxx, auf die Klägerin als Versicherer gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangen.

2. Die Beklagte hat eine ihr obliegende Amtspflicht in Form der aus §§ 9, 9 a StrWG NRW folgenden Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt.

a. Sie ist als Trägerin der Straßenverkehrssicherungspflicht gemäß §§ 9, 9 a StrWG NRW als Baulastpflichtiger für Straßen innerhalb geschlossener Ortslage verpflichtet, diese in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Sie muss dafür Sorge tragen, dass sich solche öffentlichen Verkehrsflächen in einem Zustand befinden, der den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen entspricht und eine möglichst gefahrlose Nutzung der Verkehrsflächen ermöglicht. Dabei müssen Straßen und Wege allerdings nicht völlig frei von Gefahren gehalten werden, da ein solcher Zustand sich mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln nicht erreichen lässt. Allerdings sind solche Gefahrenquellen zu beseitigen bzw. ist vor ihnen zu warnen, von denen typischerweise besondere Gefahren drohen oder die auch ein sorgfältiger Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkennen kann oder auf die er sich nicht mit zumutbarer Sorgfalt einstellen kann (OLG Düsseldorf, Urt. vom 19.01.1995, 18 U 135/94, zit. nach juris, OLG Hamm, VersR 1988, 467 m.w.N.).

Zu der so verstandenen Verkehrssicherungspflicht zählt es auch, Straßen und Wege in einem Zustand zu erhalten, dass durch Schadstellen keine Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Dem trägt die beklagte Stadt grundsätzlich Rechnung, indem sie die Straßen und Wege regelmäßigen Kontrollgängen unterzieht und Schadstellen ausbessert. Die Beantwortung der Frage, ob ein Verkehrsweg sich in einem ausreichend sicheren Zustand befindet, richtet sich nach der Art und der Häufigkeit der Benutzung sowie der Bedeutung des Verkehrswegs (BGH NJW 1989, 2808 f.; 1991, 2824 f.; VersR 1979, 1055). Kleinere Mängel des Pflasters in Form von Unebenheiten muss ein Fußgänger hinnehmen, weil er sich durch eine entsprechende Gehweise darauf einrichten kann. Sind die Unebenheiten vom Fußgänger nicht mehr zu beherrschen, muss der Verkehrssicherungspflichtige sie beseitigen (OLG Jena NJW 1998, 247). Eine Erhebung von lediglich 1,2 cm hat der BGH nicht als Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht angesehen (BGH VersR 1957, 371). Unter Berücksichtigung des Gesamtbilds wurde bei einem Gehweg eine Unebenheit von 2 cm als hinnehmbar angesehen (OLG Hamm VersR 1991, 1415). Allgemein kann einem Fußgänger, wenn keine besonderen Umstände hinzukommen, eine Unebenheit von 2 cm zugemutet werden (OLG Celle MDR 1998, 1031). Ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht liegt aber vor, wenn ein Pflasterstein auf von Fußgängern benutzten Verkehrsräumen mehr als 4 cm über das sonstige Niveau hinausragt (OLG Karlsruhe MDR 1990, 722 und OLG Köln VersR 1994, Paul H.21). Bei scharfkantigen Unebenheiten können bereits Höhenunterschiede von mehr als 2 cm vom Verkehrssicherungspflichtigen die Beseitigung dieses Zustands verlangen (OLG Hamm VersR 1988, 467 f.; 1993, 1030; ebenso OLG Köln, VersR 1992, 355, 356 für eine 2,5 cm hohe Aufkantung am Ende einer muldenförmigen Vertiefung). Auf einem Bürgersteig in einer Hauptgeschäftsstraße mit Ablenkung durch Schaufenster kann bereits eine Vertiefung von 1,5 cm für den Fußgänger unzumutbar sein (BGH, Urt. v. 27.10.1966, Az. III ZR 132/65, zit. nach juris).

b. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Beklagten zu erkennen.

aa. So steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine Unebenheit von mindestens 2 cm vorlag. Die Zeugin xxx teilte glaubhaft mit, über eine entsprechende Erhebung am Unfallort gestürzt zu sein. Sie schilderte stringent und widerspruchsfrei, mit dem Fuß an der Unfallstelle hängen geblieben zu sein und daraufhin den Verbundstein als einziges Hindernis ausgemacht zu haben. Auch der Zeuge xxx bekundete glaubhaft, eine entsprechende Erhebung der Pflastersteine beobachtet zu haben. Zwar teilte er mit, den Stein nicht nachgemessen zu haben, so dass es sich bei seiner Angabe von „mindestens 2 cm“ um eine Schätzung handelt, gleichwohl scheint diese gerade deswegen besonders glaubhaft, weil es, hätte er die Erhebung als besonders stark darstellen wollen, ihm ein leichtes gewesen wäre, die ebenfalls im Raum stehende Angabe von ca. 3,5 cm einfach zu bestätigen. Dem steht auch nicht entgegen, dass er außergerichtlich gegenüber der Klägerin durch Schreiben vom 8.3.2008 eine Erhebung von 3,5 cm angab. Im Rahmen seiner Vernehmung stellte er klar, dass es sich lediglich um eine Einschätzung handelt sowie dass die gemachte Angabe von 2 cm eine Mindesthöhe darstellt.

bb. Diese Unebenheit stellt unter den hiesigen Gesamtumständen eine Verkehrssicherungsverletzung dar. Nach den oben genannten Grundsätzen der Rechtsprechung kann eine Erhebung von mindestens 2 cm eine solche Verletzung darstellen. Hier handelte es sich auch um eine scharfkantig hervorstehende Erhebung, an der ein Hängenbleiben des Fußes besonders leicht möglich erscheint. Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, dass sie sich in einer durch Fußgänger stark frequentierten Stelle, dem Marktplatz der Stadt xxx, findet. Unabhängig davon, wann einzelne Geschäfte eröffnet haben, befanden sich in diesem Bereich, wie sich auch aus dem durch die Beklagte vorgelegten Lichtbild in Anlage B1 (Bl. 18 d.A.) ergibt, mehrere Geschäfte. Ein Fußgänger wird in diesem Bereich daher abgelenkt und hat sein Augenmerk nicht dauerhaft auf seinen Weg gerichtet. Ebenso ist der Gehweg dort mit Verbundsteinpflaster durchgehend gepflastert. Bei einer solchen Örtlichkeit braucht ein Fußgänger grundsätzlich nicht mit einzelnen hervorstehenden Steinen mit einem Höhenunterschied von mindestens 2 cm zu rechnen. Ein Fußgänger ist, wenn er eine augenscheinlich ebenen Bodenbelag passiert nicht verpflichtet, sein Augenmerk dauerhaft auf den unmittelbar vor ihm liegenden Boden zu richten (vgl. BGH Urt. v. 10.05.2007, Az. III ZR 115/06, Rn. 9, zit. nach juris).

Eine solche Verpflichtung ergibt sich vorliegend auch nicht dadurch, dass auf dem Marktplatz Bäume gepflanzt sind. Zwar hat das OLG Düsseldorf (Urt. v. 23.12.1996, Az. 18 U 139/96, zit. nach NRWE) ausgeführt, dass Plattenerhebungen im Bereich von Bäumen typisch seien und dass Fußgänger mit ihnen rechnen müssten. Straßenbäume seien Teil der Begrünung der Innenstädte, es sei von den Kommunen nicht zu erwarten, dass diese jegliche dadurch entstehende Schäden an Wegen beseitigen müssten. Vorliegend greift dieser Umstand jedoch nicht durch. Denn ausweislich des Lichtbilds in Anlage B1 (Bl. 18 d.A.) war der Baum im Bereich der Unfallstelle von einem Bereich mit Erde umgeben und dieser Bereich durch Kantsteine eingefasst. Es bestand somit eine gewisse räumliche Trennung zwischen Gehweg und Baumbereich. Überdies war es – wie aus dem Lichtbild in Anlage B2 (Bl. 20 d.A.) zu entnehmen ist – im Bereich des Gehwegs nur zu leichten Unebenheiten aufgrund des Baumwuchses gekommen. Es erscheint zweifelhaft, inwieweit dieser vor dem Hintergrund der Einfassung des Baumes und der damit einhergehenden räumlichen Trennung notwendigerweise durch Fußgänger als Gefährdung wahrgenommen werden musste.

cc. Die Beklagte handelte auch schulhaft. Ein Verschulden ist bei vorsätzlichem oder fahrlässigen Handeln gegeben; gemäß § 276 Abs. 1 S. 2 BGB handelt dabei fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Der Zeuge xxx bekundete glaubhaft, dass bereits seit Jahren einzelne Pflastersteine durch die Wurzeln der anliegenden Bäume hervorgehoben wurden. Auch die Anhebung des streitgegenständlichen Steins erfolgte unstreitig aufgrund des Wurzelwachstums und trat daher nicht plötzlich, sondern sich stetig verstärkend auf. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte zumindest die Plattenerhebungen in regelmäßigen Abständen kontrollieren und bei nicht mehr tolerierbaren Erhebungen für eine Beseitigung sorgen müssen. Indem sie dies nicht tat, verletzte sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt.

3. Die Amtspflichtverletzung der Beklagten war auch kausal für den Eintritt des eingetretenen Schadens.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zeugin xxx aufgrund des hervorstehenden Steins stürzte. So schilderte diese glaubhaft, gerade an der durch die Klägerin beschriebenen Unfallstelle wegen des erhobenen Steins zu Fall gekommen zu sein. Nach dem Sturzereignis habe sie die Unfallstelle auf eine mögliche Ursache des Falls überprüft und habe hierbei gerade den hervorstehenden Pflasterstein als einzige Stolperquelle identifizieren können. Auch der Zeuge xxx konnte glaubhaft bestätigen, dass sich der Unfall gerade an der von der Klägerin angegebenen Stelle zutrug, an der sich eine entsprechende Erhebung eines Pflastersteins befand.

4. In der Rechtsfolge kann die Klägerin grundsätzlich den ihr kausal entstandenen Schaden in Form der durch sie erbrachten Sozialleistungen in Höhe von 5.896,03 € ersetzt verlangen, allerdings gekürzt um den ihre Versicherungsnehmerin treffenden Mitverschuldensanteil.

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a. Der Klägerin ist insgesamt ein kausaler Schaden i.H.v. 5.896,03 € entstanden.

aa. Aufgrund der durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen steht hinreichend zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihr die jeweiligen Positionen in der jeweils angegebenen Höhe angefallen sind.

(1) Die Kosten der Krankenhausbehandlung vom 12. – 13.11.2007 gehen hervor aus der vorgelegten Kopie des Kostenübernahmeantrags des Kreiskrankenhauses xxx – xxx – (Bl. 75 d.A.) und einer Leistungsübersicht (Bl. 76 d.A.).

(2) Die Zahlung des Krankengeldes vom 07.12.2007 – 25.01.2008 sowie der Beitrag aus Lohnersatzleistung werden dargelegt durch die schriftliche Bescheinigung des Arbeitgebers bei Beendigung der Krankengeldzahlung, ausgestellt durch die Stadt Bergheim (Bl. 77 d.A.), sowie die schriftliche Bestätigung der Stadt xxx über den Bruttolohn der Zeugin xxx (Bl. 78 d.A.).

(3) Das Anfallen der Kosten der Physiotherapie vom 22.11.2007 bis 05.12.2007 wurde nachgewiesen durch die Rechnung der xxx (Bl. 80 d.A.); die Kosten der Handgelenkbandage vom 26.11.2007 durch Rechnung der xxx (Bl. 81 d.A.), den Zahlungsbeleg der Klägerin (Bl. 123 d.A.) und die ärztliche Verordnung (Bl. 124 d.A.); die Kosten der Physiotherapie vom 11. – 28.12.2007 durch die Rechnung der xxx (Bl. 82 d.A.); die Kosten der Handgelenkbandage vom 19.12.2007 durch die Rechnung der xxx (Bl. 83 d.A.), den Zahlungsbeleg der Klägerin (Bl. 126 d.A.) sowie die ärztliche Verordnung (Bl. 127 d.A.); die Kosten der Physiotherapie vom 07. – 23.01.2008 durch die Rechnung der xxx (Bl. 84 d.A.) und die Kosten der Physiotherapie vom 28.01. – 14.02.2008 durch die Rechnung der xxx (Bl. 85 d.A.).

(4) Die Zahlungen von Krankengeld vom 26.01. – 06.02.2008 sowie der Beitrag aus Lohnersatzleistung werden nachgewiesen durch die vorgelegte schriftliche Bestätigung der Stadt xxx (Bl. 78 d.A.).

(5) Die Kosten der Physiotherapie vom 18.02. – 05.03.2008 werden nachgewiesen durch Rechnung der xxx (Bl. 86 d.A.); die Kosten der Physiotherapie vom 10.03. – 09.04.2008 durch die Rechnung der xxx (Bl. 87 d.A.); die Kosten der Handgelenkbandage vom 28.03.2008 durch den vorgelegten Systemausdruck der Klägerin (Bl. 88), den Zahlungsbeleg der Klägerin (Bl. 129 d.A.) sowie die ärztliche Verordnung (Bl. 130 d.A.).

(6) Aus den entsprechenden Unterlagen ergibt sich jeweils in Zusammenschau, dass die dargelegten Kosten hinsichtlich der Zeugin xxx angefallen sind.

bb. Die Kosten der Fallpauschale der ambulanten Behandlung folgen aus § 116 Abs. 8 SGB X. Danach sind, soweit der Versicherungsträger nicht höhere Leistungen nachweist, je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Versorgungsmitteln 5 von Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen. Dies gilt u.a. vorbehaltlich Abs. 3, wonach, wenn der Anspruch auf Schadensersatz durch ein mitwirkendes Verschulden begrenzt ist, auf den Versicherungsträger nur Teil des Anspruches übergeht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Gemäß § 18 SGB IV ist Bezugsgröße das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Versicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet durch den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Das Durchschnittsentgelt des vorvergangenen Jahres zum Unfallzeitpunkt betrug 29.400,00 €, woraus sich eine Fallpauschale i.H.v. 122,50 € ergibt. Gleichzeitig schließen die einzelnen Posten wie die abgerechnete Physiotherapie und die Handbandagen die Geltendmachung einer Fallpauschale nicht aus, da dies nur bei dem § 31 SGB V zugeordneten Leistungen der Fall sein kann. Maßnahmen der physikalischen Therapie sind dagegen zu den Heilmitteln gemäß § 32 SGB V zu zählen.

b. Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass die jeweiligen Kosten als Folge des Unfallereignisses vom 24.10.2007 angefallen sind.

aa. Allein wegen der fehlenden zeitlichen unmittelbaren Nähe kann ein kausales Beruhen der Behandlungen auf dem Unfallereignis nicht ausgeschlossen werden. Der große zeitliche Abstand zwischen Unfallereignis und den geltend gemachten Abrechnungszeiträumen lässt sich entsprechend dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Klägerin damit erläutern, dass vorherige Behandlungen zwar stattfanden, diese aber von einem Pauschbetrag erfasst waren, so dass sie nicht einzeln abgerechnet und erfasst wurden.

bb. Desweiteren schilderte die Zeugin xxx glaubhaft, sich gerade aufgrund des Sturzes am 24.10.2007 in ärztliche Behandlung begeben zu haben. Die von der Klägerin vorgetragenen Behandlungen, nämlich die Krankenhausbehandlungen, die Physiotherapien sowie die Handbandagen seien allein aufgrund dieses Unfalls erforderlich geworden, da es weitere Unfallereignisse in der Zwischenzeit nicht gegeben habe.

Auch nach der schriftlichen Aussage des Zeugen xxx wurde die Zeugin xxx bereits am 25.10.2007 aufgrund einer Prellung am Handgelenk bei ihm behandelt. Aufgrund dieser Verletzungen sei sie daher für den Zeitraum vom 26.10. bis 19.11.2007 von ihm infolge Arbeitsunfähigkeit krankgeschrieben worden. Gleichzeitig sei ihm durch das Krankenhaus xxx mitgeteilt worden, dass die Patientin am 12.11.2007 in vorstationärer Behandlung mit der Diagnose einer Radiushalsfraktur links gewesen sei.

Der Zeuge Schütz gibt im Rahmen seines Schreibens an, die Zeugin xxx sei durch ihn aufgrund des Unfallereignisses am 24.10.2007 ab dem 19.11.2007 behandelt worden; auch die Arbeitsunfähigkeit habe unfallbedingt bestanden, die Physiotherapie und die Handbandagen seien aufgrund des Unfalls verordnet worden.

Hinsichtlich der Krankengeld- und Lohnersatzleistungen tritt die Klägerin zudem durch Vorlage der Bescheinigung des Arbeitgebers über die Beendigung der Krankengeldzahlung Beweis dafür an, dass die Zeugin xxx infolge des Unfalls nicht gearbeitet habe (Bl. 70 d.A.). Im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigte die Zeugin xxx auch glaubhaft, allein wegen des Unfallereignisses vom 24.10.2007 arbeitsunfähig gewesen zu sein.

Hinsichtlich der Verordnung der Bandagen führt die Klägerin ferner den Beweis für den Kausalzusammenhang zum Unfallereignis durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der Praxis xxx und Kollegen vom 13.05.2011 (Bl. 111 d.A.) sowie durch die glaubhafte Aussage der Zeugin xxx. Im Rahmen ihrer Vernehmung bekundete sie gerade auch hinsichtlich der Handgelenksbandagen glaubhaft, diese allein wegen des Unfallereignisses vom 24.10.2007 benötigt zu haben, da die Schmerzen in ihrem Handgelenk auf dem streitgegenständlichen Sturz beruhten. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass die Verschreibungen der Handbandagen jeweils als kausale Folge des streitgegenständlichen Sturzes anzusehen sind.

c. Hinsichtlich der geltend gemachten Forderung ist jedoch infolge eines anzurechnenden Mitverschuldens der Zeugin xxx gemäß § 254 BGB ein – weiterer – Abschlag von 20 % zu machen.

Den Geschädigten trifft ein Mitverschulden, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (BGH NJW 1972, 36; NJW 2001, 149).

Die Klägerin selbst geht von einem Mitverschuldensanteil von 30 % aus und macht entsprechend lediglich einen Betrag i.H.v. 4.127,22 € geltend. Stattdessen ist aber insgesamt ein 50 %iges Mitverschulden zu erkennen. Der Zeugin xxx war bereits im Vorfeld des Unfalls bekannt, dass sich im Bereich der Unfallstelle Erhebungen aufgrund Wurzelwerks des unmittelbar angrenzenden Baums befinden. Im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung bekundete sie glaubhaft, dass ihr die Erhebungen bereits früher aufgefallen sind. Mit der Begründung, dass sie den Marktplatz bereits seit Jahren zum Besuch der Krankengymnastik aufsuchte, ist es auch naheliegend, dass sie mit den Örtlichkeiten vertraut ist. Vor diesem Hintergrund war von ihr als ordentlicher und verständiger Mensch zu erwarten, dass sie bei Begehung der ihr bekannt unebenen Bereiche des Gehwegs besondere Sorgfalt walten lässt, um einen Sturz zu verhindern. Unabhängig davon, ob es zum Unfallzeitpunkt bereits dunkel war oder erst die Dämmerung eingetreten ist, wäre zur Vermeidung eines Sturzes zu erwarten gewesen, den bekannt unebenen Bereich besonders langsam und umsichtig zu durchlaufen bzw. zu umqueren. Aufgrund ihrer Vorkenntnis von den Unebenheiten ändert auch der Umstand, dass Blätter über die Unfallstelle verteilt gewesen sein mögen und Unebenheiten daher nicht auf den ersten Blick erkennbar gewesen wären, nichts an dieser Bewertung. Im Gegenteil wäre es von einer umsichtigen Person zu erwarten gewesen, dass diese bei Kenntnis von Unebenheiten, wenn niedergefallene Blätter einen klaren Überblick verbieten, besonders behutsam vorgeht.

II.

Der Zinsanspruch hinsichtlich eines Betrages von 2.948,02 € ab dem 21.01.2008 folgt aus §§ 280 Abs. 1, 286, 288 Abs. 1 BGB. In der Ablehnung der Leistungspflicht durch die Versicherung der Beklagten liegt eine endgültige Leistungsverweigerung, die gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB den Verzug begründet. Die Beklagte hat sich die Handlung der Versicherung gemäß § 278 BGB zurechnen zu lassen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.

Der Gebührenstreitwert wird auf 4.127,22 € festgesetzt.

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