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Unterhaltsschuldner – Leistungsfähigkeit bei Ehegattenunterhalt/Kindesunterhalt

Bundesgerichtshof

Az: XII ZR 161/08

Urteil vom 24.06.2009


Leitsätze:

a) Auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für den Ehegattenunterhalt ist der Kindesunterhalt mit dem um das (anteilige) Kindergeld geminderten Zahlbetrag (nicht Tabellenbetrag) abzuziehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

b) Zu den Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung.


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis zum 8. Juni 2009 eingegangenen Schriftsätze für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. September 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin der Unterhalt ab dem 15. Juni 2008 auf unter 150 EUR herabgesetzt worden ist. Im Übrigen (Zeitraum von September 2007 bis Dezember 2007) wird die Revision verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt.

Die Parteien heirateten am 25. Oktober 2002. Am 22. Mai 2003 wurde ihre Tochter L. geboren. Die Parteien trennten sich im Februar 2004. Die Tochter wird seitdem von der Beklagten betreut. Die Ehe ist seit dem 7. November 2005 rechtskräftig geschieden.

Mit dem vor dem Amtsgericht geschlossenen Vergleich vom 7. November 2005 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 219 EUR. Der Kindesunterhalt war ursprünglich auf 192 EUR, für die Zeit ab März 2008 ist er auf 100 % des Mindestunterhalts (abzüglich des hälftigen Kindergelds für ein erstes Kind) tituliert.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers, der ohne Berufsausbildung ist und zuletzt als Lagerarbeiter tätig war, wurde nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht zum 31. August 2007 beendet. Seitdem ist der Beklagte arbeitslos. Er nahm an einer von der Arbeitsagentur geförderten Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Lager/Logistik teil, die Abschlussprüfung stand bei Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch aus.

Die Beklagte ist von Beruf Arzthelferin. Im August 2008 hat sie die Stelle gewechselt und ist nun Rezeptionsmitarbeiterin in einer psychiatrischen Praxis. Sie übt die Tätigkeit mit einem vertraglichen Umfang von durchschnittlich 25 Stunden pro Woche und einem Stundenlohn von 10,50 EUR aus.

Wegen des aufgrund seiner Arbeitslosigkeit gesunkenen Einkommens hat der Kläger die Abänderung des Unterhaltsvergleichs vom 7. November 2005 beantragt. Das Amtsgericht hat den Unterhalt für die Zeit von September 2007 bis Dezember 2007 auf monatlich 145 EUR herabgesetzt und ab Januar 2008 eine Unterhaltspflicht gänzlich verneint. Auf die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, dass der Kläger von Januar 2008 bis zum 14. Juni 2008 nicht zum Unterhalt verpflichtet sei und ab 15. Juni 2008 (nur) in Höhe von 73 EUR.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer – zugelassenen – Revision, mit der sie sich gegen die Herabsetzung des Unterhalts auf unter 219 EUR von September 2007 bis Dezember 2007 und auf unter 150 EUR ab dem 15. Juni 2008 zur Wehr setzt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat zum Teil Erfolg.

A.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2009, 338 veröffentlicht ist, hat es nicht als Obliegenheitsverletzung angesehen, dass der Kläger zunächst die Qualifizierungsmaßnahme durchlaufen habe, welche für ihn im Alter von rund 27 Jahren (richtig: 37 Jahre) eine Erstausbildung darstelle. Ab Januar 2008 komme es entscheidend darauf an, ob vom Einkommen des Klägers für den Kindesunterhalt der Tabellen- oder Zahlbetrag abzuziehen sei.

Das Berufungsgericht hält den Tabellenbetrag für abzugsfähig. Zwar sei nach § 1612 b BGB das Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen. Das zwinge aber nicht zum Abzug der Zahlbeträge. Bis zum Kindschaftsrechtsreformgesetz sei das Kindergeld ebenfalls auf den Bedarf angerechnet worden. Damals habe Einigkeit darüber bestanden, dass bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts nicht die Zahlbeträge, sondern die Tabellenbeträge abzuziehen seien (Senatsurteil vom 16. April 1997 – XII ZR 233/95 – FamRZ 1997, 806, 807). Nunmehr werde allerdings – dem Regierungsentwurf des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 entsprechend – die Auffassung vertreten, dass die Zahlbeträge abzuziehen seien. Dieser Auslegung des § 1612 b BGB vermöge sich das Berufungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht anzuschließen. Denn darin liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG, weil insoweit der barunterhaltspflichtige Elternteil gegenüber dem Elternteil, der den Betreuungsunterhalt leiste, benachteiligt werde, so dass die Gleichwertigkeit gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht mehr gewahrt sei.

Das Bundesverfassungsgericht habe zwar die frühere Regelung nach § 1612 b Abs. 5 BGB gebilligt. Es habe den Vorrang der familienrechtlichen Zweckbestimmung aber nur dann vorgesehen, wenn das Existenzminimum durch den Barunterhalt nicht sichergestellt werde. Daraus folge, dass jede andere Bewertung (als der Abzug der Tabellenbeträge) einen Verstoß gegen Art. 3 GG darstelle. Bei Abzug der Zahlbeträge werde der hälftige Ausgleich des Kindergelds gemäß der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Zweckbestimmung über den Ehegattenunterhalt zu Lasten des Barunterhaltspflichtigen verändert, so dass der den Betreuungsunterhalt leistende bedürftige Ehegatte 3/7 des hälftigen Kindergelds für sich abzweige. Dagegen sei die dem betreuenden Elternteil zustehende Kindergeldhälfte nicht in Ansatz zu bringen, weil der Betreuungsunterhalt nicht zu monetarisieren sei, was die Lage des Barunterhaltspflichtigen sogar noch gegenüber der früher praktizierten bedarfsdeckenden Anrechnung des gesamten Kindergelds verschlechtere. Durch den Abzug der Zahlbeträge werde der steuerliche Ausgleich des Kindergelds verfälscht.

Die Ungleichbehandlung werde noch offensichtlicher, wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen für die Zahlung des Ehegattenunterhalts in Frage stehe. In diesen Fällen verbleibe ihm das Kindergeld unter Umständen nicht einmal teilweise, obwohl er das Existenzminimum des Kindes sicherstelle. Noch krasser wirke sich der Abzug der Zahlbeträge aus, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte auch noch den Betreuungsunterhalt leiste. Dies bedeute, dass die Mutter, „obwohl sie nichts, aber auch rein gar nichts zum Unterhalt der Kinder beiträgt“, über den Ehegattenunterhalt das halbe Kindergeld für sich beanspruchen könne. Dieses Ergebnis dürfte nach Meinung des Berufungsgerichts „krass“ gegen die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstoßen. Ebenso unangemessen sei das Ergebnis bei nicht gemeinsamen Kindern. Der Unterhaltspflichtige müsste dann das für die nicht gemeinsamen Kinder bezogene Kindergeld zur Hälfte an den geschiedenen Ehegatten weiterleiten, der mit den Kindern überhaupt nichts zu tun habe.

Eine Verpflichtung zur Durchführung des konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 GG bestehe nicht, weil die Verfassungswidrigkeit durch eine verfassungskonforme Auslegung verhindert werden könne. Nicht die Kindergeldanrechnung auf den Bedarf sei verfassungswidrig, sondern lediglich die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts die Zahl- und nicht die Tabellenbeträge abzuziehen seien.

Ab Mitte Juni 2008 sei der Kläger nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme wieder teilweise leistungsfähig im Umfang des 2006 erzielten Einkommens von netto bereinigt 1.352 EUR. Ausreichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle habe der Kläger nicht dargelegt. Das von der Beklagten erzielbare Einkommen beeinflusse schließlich das Ergebnis nicht, denn sie müsse als Arzthelferin schon netto bereinigt über 900 EUR verdienen, damit sich ihr Bedarf verringere. Die Tochter sei erst fünf Jahre alt. Angesichts dieses Alters sei die Beklagte nicht darauf zu verweisen, sie könne mehr als halbschichtig tätig sein.

B.

I.

Die Revision ist unzulässig, soweit die Beklagte sich weiterhin gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Unterhaltsherabsetzung betreffend das Jahr 2007 zur Wehr setzt. Denn insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auch bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung aus dessen Entscheidungsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 – XII ZB 78/07 – FamRZ 2008, 1339, 1340; Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 – XII ZR 109/01 – FamRZ 2004, 612 ). Eine solche Beschränkung setzt allerdings voraus, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 – XII ZR 159/98 – NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier der Fall.

Den Gründen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Revision nur zur Höhe des Unterhalts nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht zulassen wollte. Denn die bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts zu behandelnde Vorfrage, mit welchem Betrag der Kindesunterhalt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen ist, betrifft die erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene Neuregelung des § 1612 b BGB. Die grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wirkt sich deswegen nur auf den Unterhaltsanspruch ab dem Jahr 2008 aus, der nach teilweiser Berufungsrücknahme durch die Beklagte nur noch ab dem 15. Juni 2008 im Streit steht. Bezieht sich in einem Unterhaltsrechtsstreit die Zulassungsfrage – wie hier – nur auf einen Teil des streitigen Zeitraums, liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Berufungsgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulassungsfrage betroffenen Teils zulassen wollen (Senatsurteile vom 6. Mai 2009 – XII ZR 114/08 – zur Veröffentlichung bestimmt; vom 18. März 2009 – XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 771 Tz. 9 und vom 29. Januar 2003 – XII ZR 289/01 – FamRZ 2003, 445, 446) .

II.

Soweit die Revision zulässig ist, hält das Berufungsurteil einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es wegen eines den titulierten Unterhalt durchweg übersteigenden ungedeckten Unterhaltsbedarfs der Beklagten für die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB allein auf die Leistungsfähigkeit des Klägers ankomme. Es hat die Leistungsfähigkeit aufgrund seiner nicht angegriffenen Feststellungen zum – erzielbaren -Einkommen des Klägers beurteilt und – soweit für die im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche Zeit ab dem 15. Juni 2008 erheblich – einen Ehegattenselbstbehalt von 1.000 EUR zugrunde gelegt.

Der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Selbstbehalt entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit Senatsurteil BGHZ 166, 351, 358 = FamRZ 2006, 683, 685 ; vgl. auch Senatsurteil vom 19. November 2008 – XII ZR 51/08 – FamRZ 2009, 311, 313). Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht den aufgrund der seit 1. Januar 2008 bestehenden Rechtslage gemäß § 1609 Nr. 1 BGB vorrangigen Unterhalt der minderjährigen Tochter vorweg abgezogen.

2.

Dass das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht den nach bedarfsdeckender Berücksichtigung des hälftigen Kindergelds sich ergebenden Zahlbetrag, sondern den sog. Tabellenbetrag abgezogen hat, hält den Angriffen der Revision hingegen nicht stand.

a)

Der Senat hat – nach Erlass der angefochtenen Entscheidung – die Streitfrage, ob der das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mindernde Unterhalt für ein minderjähriges Kind mit dem Zahl- oder Tabellenbetrag abzuziehen ist, für die Bedarfsermittlung gemäß § 1578 Abs. 1 BGB im erstgenannten Sinne entschieden (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Für die nach § 1581 BGB zu prüfende Leistungsfähigkeit gilt nichts anderes. Auch hier ist der Unterhalt des Kindes einkommensmindernd zu berücksichtigen. Aufgrund seines Vorrangs ist er vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen, weil das Einkommen insoweit für den Ehegattenunterhalt nicht verfügbar ist (zur vorgelagerten Frage der Bedarfsermittlung beim Kindesunterhalt s. Senatsurteil BGHZ 178, 79 = FamRZ 2008, 2189, 2190). Aus § 1612 b BGB ergibt sich, in welcher Weise sich das Kindergeld auf den Kindesunterhalt auswirkt. Nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UÄndG) vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) geänderten Gesetzesfassung ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden, und zwar nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB zur Hälfte, wenn – wie hier – ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes (§ 1612 b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die bedarfsmindernde Wirkung stellt das (anteilige) Kindergeld damit im Gegensatz zur vorausgegangenen Rechtslage, nach der das Kindergeld „anzurechnen“ war (§ 1612 b Abs. 1 BGB a.F.), eigenem Einkommen des Kindes gleich (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 -zur Veröffentlichung bestimmt; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 510).

Dass auch bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB der Zahlbetrag abzuziehen ist, entspricht der mit dem UÄndG verfolgten Absicht. Die Begründung des Gesetzentwurfs weist ausdrücklich darauf hin, dass durch den bedarfsmindernden Vorwegabzug des Kindergelds nach § 1612 b Abs. 1 BGB n.F. von der zur Verteilung anstehenden Masse ein geringerer Anteil für den Kindesunterhalt erforderlich ist und ein entsprechend höherer Anteil für die nachrangigen Unterhaltsberechtigten, etwa für den betreuenden Elternteil zur Verfügung steht (BT-Drucks. 16/1830 S. 29). Damit ist genau die vorliegende Fallgestaltung angesprochen.

Gegenüber der früheren Rechtslage (dazu Senatsurteile vom 16. April 1997 – XII ZR 233/95 – FamRZ 1997, 806, 807; vom 19. Juli 2000 – XII ZR 161/98 – FamRZ 2000, 1492, 1494 und vom 23. April 1986 – IVb ZR 34/85 -FamRZ 1986, 783, 786) hat sich demnach die Art und Weise der Kindergeldanrechnung grundlegend verändert.

Da der Abzug des Zahlbetrages statt des Tabellenbetrages danach sowohl vom Wortlaut des Gesetzes als auch von der ausdrücklichen Absicht des Gesetzgebers gefordert wird, sind die Gerichte daran gebunden. Die Gerichte sind also auch nicht befugt, an die Stelle des verbindlichen Gesetzesrechts ihre eigenen Vorstellungen von einer gerechten Aufteilung des Kindergelds zu setzen (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

b)

Die vom Berufungsgericht vertretene verfassungskonforme Auslegung ist nicht zulässig.

Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Norm mehrere Auslegungen zulässt, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen (BVerfG NJW 2001, 2160, 2161 ; BFHE 207, 471 Tz. 86). Sie findet ihre Grenze dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG NJW 2007, 2977, 2980; NJW 1999, 1853, 1855 jeweils m.w.N.).

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung steht zum Willen des Gesetzgebers im offenen Widerspruch. Wie die Gesetzesbegründung zeigt, ist es gerade eine gewollte Folge der bedarfsmindernden Verwendung des auf den Barunterhaltspflichtigen entfallenden hälftigen Kindergelds, dass sich dadurch die Verteilungsmasse für nachrangige Unterhaltsberechtigte vergrößert. Das kommt auch im Wortlaut des § 1612 b Abs. 1 BGB unmissverständlich zum Ausdruck. Die Minderung des Barbedarfs durch das Kindergeld ist eine ausdrückliche und bewusste Anordnung des Gesetzes. Aus ihr ergibt sich zwangsläufig, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes nur in Höhe des Zahlbetrags entsteht. Dadurch wurde die frühere Rechtslage abgelöst, nach der der Unterhaltsanspruch zunächst in unverminderter Höhe entstand und erst anschließend mit dem Kindergeld verrechnet wurde. Auch die vom Berufungsgericht angeführte frühere Praxis ist durch die neue gesetzliche Regelung und das mit ihr ausdrücklich verfolgte Ziel jedenfalls überholt.

Die Vorgehensweise des Berufungsgerichts führt demnach in der Sache zu einer Korrektur des parlamentarischen Gesetzgebers, die allein dem Bundesverfassungsgericht möglich wäre. Der vom Berufungsgericht eingeschlagene Weg war demnach schon methodisch verfehlt. Es hätte auf der Grundlage der von ihm vertretenen Auffassung statt dessen nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen müssen.

c)

Die gesetzliche Regelung ist im Übrigen auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt). Bereits nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Regelung in § 1612 b Abs. 5 BGB (a.F.) wurde der Kindergeldanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils zur Deckung des Existenzminimums des Kindes herangezogen, während der Anteil des betreuenden Elternteils davon verschont blieb. Das Bundesverfassungsgericht hat diese ungleiche Heranziehung der Kindergeldanteile in seinem Beschluss vom 9. April 2003 (FamRZ 2003, 1370, 1375 f.) als sachlich gerechtfertigt gebilligt und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint. Auch die Anwendung des § 1612 b Abs. 5 BGB (a.F.) konnte schon zu dem Ergebnis führen, dass durch die Heranziehung des dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zustehenden Kindergeldanteils das Existenzminimum des Kindes gesichert war, während dem betreuenden Elternteil sein ungekürzter Kindergeldanteil verblieb. Demnach stand es dem Gesetzgeber nach der Verfassung aber ebenfalls frei, das zu berücksichtigende Kindergeld generell als Einkommen des Kindes anzusehen und es zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Kindes heranzuziehen. Dass damit der nunmehr nachrangige Ehegattenunterhalt – als teilweise Kompensation des Nachrangs (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 29) – erhöht worden ist, ist nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der bewussten gesetzgeberischen Entscheidung kann überdies schon nicht als Regelfall unterstellt werden, dass der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil etwa vollständig für eigene Zwecke verbraucht (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt). Für die Beurteilung, ob die gesetzliche Differenzierung sachgemäß ist, kann demnach jedenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass regelmäßig auch der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil ganz oder teilweise zugunsten seines Kindes verwendet.

Unterschiedliche Regelungen im Sozialrecht wie auch steuerrechtliche Zwecksetzungen ergeben nichts anderes (näher dazu Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – zur Veröffentlichung bestimmt). Dass das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen nicht zu Lasten des Kindesunterhalts angegriffen werden muss, wird durch den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt gewährleistet, der gegenüber dem Ehegatten – wie ausgeführt – höher zu veranschlagen ist als gegenüber minderjährigen Kindern. Dass dem barunterhaltspflichtigen Elternteil infolge des teilweisen Verbrauchs des Kindergelds schließlich weniger Spielraum für sonstige Ausgaben, z.B. für Umgangskosten, verbleibt, ist anderweitig zu berücksichtigen, etwa durch einen – teilweisen – Abzug der Umgangskosten vom Einkommen oder eine Erhöhung des (Ehegatten-)Selbstbehalts (vgl. Senatsurteile vom 17. Juni 2009 – XII ZR 102/08 -, vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08 – jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vom 23. Februar 2005 – XII ZR 56/02 – FamRZ 2005, 706, 708 und vom 9. Januar 2008 – XII ZR 170/05 -FamRZ 2008, 594, 599 sowie Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 169).

III.

Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

Allerdings ergeben die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen einen Anspruch der Beklagten aus § 1570 BGB jedenfalls nicht ohne weiteres in einer ihren Antrag erreichenden Höhe, so dass die Abänderungsklage auch deswegen zu einer Herabsetzung auf den vom Berufungsgericht ausgeurteilten Betrag führen könnte. Dafür, dass die Beklagte aus kind- oder elternbezogenen Gründen an einer mehr als halbschichtigen Tätigkeit gehindert ist, reichen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus.

Dass das Berufungsgericht hier ausschließlich auf das Alter der Tochter und daraus resultierende Kindesinteressen als Hinderungsgrund für eine weitergehende Erwerbstätigkeit abgestellt hat, widerspricht der Rechtsprechung des Senats zum Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung. Danach ist im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein auf das Alter der Kinder abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (Senatsurteile vom 18. März 2009 – XII ZR 74/08 -FamRZ 2009, 770, 772 f.; vom 6. Mai 2009 – XII ZR 114/08 – FamRZ 2009, 1124, 1126 f. und vom 17. Juni 2009 – XII ZR 102/08 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Damit ist das Berufungsurteil nicht zu vereinbaren, weil es ausschließlich auf das Alter des Kindes abstellt, ohne festzustellen, dass die Beklagte aus kind- oder elternbezogenen Gründen im Sinne von § 1570 BGB an einer weitergehenden Erwerbstätigkeit gehindert ist.

Aufgrund des Klägervorbringens in der Berufungsinstanz, dessen Richtigkeit abgesehen von der die Beklagte treffenden Darlegungs- und Beweislast in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, steht der Beklagten eine tägliche Zeitspanne von 7 1/2 Stunden für ihre Berufstätigkeit zur Verfügung. Bei einem daraus unter Berücksichtigung von Pausen möglichen Tagespensum von maximal 7 Stunden und dem von der Klägerin derzeit erzielten Stundenlohn von 10,50 EUR errechnet sich ein erzielbares Monatsbruttoeinkommen von rund 1.600 EUR. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben liegt bei einem bereinigten Nettoeinkommen von rund 1.000 EUR der restliche Unterhaltsbedarf nach Abzug des Kindesunterhalts (Zahlbetrag) unterhalb des von der Beklagten mit der Revision verteidigten Unterhalts von 150 EUR.

Ob von dem – in der Revisionsinstanz zu unterstellenden – Einkommen aus einer erweiterten Tätigkeit im oben beschriebenen Umfang wegen einer durch die Erwerbstätigkeit neben der Kindesbetreuung eintretenden überobligatorischen Belastung Abstriche zu machen sind (Senatsurteile vom 18. März 2009 – XII ZR 74/08 – FamRZ 2009, 770, 772 f.; vom 6. Mai 2009 – XII ZR 114/08 – FamRZ 2009, 1124, 1127 und vom 17. Juni 2009 – XII ZR 102/08 – zur Veröffentlichung bestimmt), lässt sich mangels tatrichterlicher Feststellungen ebenfalls nicht verlässlich beurteilen.

IV.

Dem Senat ist eine eigene Entscheidung in der Sache verwehrt, weil es zum Umfang der die Beklagte treffenden Erwerbsobliegenheit weiterer Feststellungen bedarf. Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner erneuten Entscheidung – unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (vgl. BGHZ 159, 122, 124 f. ; Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 557 Rdn. 16) – zudem die seit 1. Januar 2009 geänderten Beträge für Mindestunterhalt (1. Altersstufe) und Kindergeld sowie den zwischenzeitlichen Altersstufenwechsel der Tochter zu berücksichtigen.

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