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Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers auf Betriebsgelände

OLG Koblenz: Arbeitgeber haftbar für Glätte vor Betriebstor – Verkehrssicherungspflicht

Das vorliegende Urteil des OLG Koblenz befasst sich mit der Klage einer Mitarbeiterin gegen ihren Arbeitgeber wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, nachdem sie auf dem glatten, vereisten Weg zum Betriebstor gestürzt und dabei schwer verletzt worden ist. Der Arbeitgeber wurde zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet, da er seiner Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen ist, obwohl mit dem frühzeitigen Arbeitsbeginn der Mitarbeiter gerechnet werden musste.

Übersicht:

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Arbeitgeber wurde für den Sturz einer Mitarbeiterin auf dem vereisten Weg zum Betriebstor haftbar gemacht, weil er die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.
  • Trotz der üblichen Regelung, dass Schnee und Eis erst ab 7 Uhr morgens zu beseitigen sind, bestand aufgrund des festgelegten Arbeitsbeginns um 5 Uhr eine Sonderpflicht zur früheren Streuung.
  • Das Gericht erkannte ein Schmerzensgeld zugunsten der Klägerin an und bejahte deren Ansprüche aufgrund der erlittenen dauerhaften Beeinträchtigungen.
  • Es wurde kein Mitverschulden der Klägerin festgestellt, da sie den üblichen und von der Arbeitgeberin vorgegebenen Weg benutzt hatte.
  • Die Verkehrssicherungspflicht lag bei der Beklagten auch für den Bereich der öffentlichen Zuwegung zum Betrieb, da die Gemeinde diese Pflicht auf die Anlieger übertragen hatte.
  • Die Beklagte konnte sich nicht auf das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 SGB VII berufen, da der Sturz außerhalb des Betriebsgeländes stattfand.
  • Eine Exkulpation der Beklagten für das Handeln ihres beauftragten Streudienstmitarbeiters scheiterte mangels ausreichender Organisation und Überwachung.

Unfallgefahr auf Betriebsgelände

Als Arbeitnehmer ist man auf dem Weg zur Arbeitsstelle und auf dem Betriebsgelände selbst nicht vor Unfällen gefeit. Gerade bei Eis und Schnee im Winter bergen rutschige Wege und Flächen erhöhte Sturzrisiken. Für Arbeitgeber besteht daher eine spezielle Verkehrssicherungspflicht, um Gefahrenstellen zu beseitigen und Unfälle zu vermeiden.

Die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers erstreckt sich nicht nur auf das unmittelbare Werksgelände, sondern kann sich auch auf angrenzende Zuwegungen und Flächen beziehen. Dabei sind Faktoren wie Arbeitsbeginnzeiten und zu erwartender Publikumsverkehr von Bedeutung. Eine sorgfältige Räum- und Streupflicht ist essenziell, um Haftungsrisiken zu minimieren und Bußgelder zu vermeiden.

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➜ Der Fall im Detail


Der Sturz vor dem Betriebstor

In den frühen Morgenstunden des 24. Dezember 2010 machte sich eine Fleischereifachverkäuferin auf den Weg zu ihrer Arbeit im Metzgerbetrieb.

Glatteisunfall auf Betriebsgelände
Winterdienst auf Betriebsgelände: Urteil stärkt Verkehrssicherungspflicht (Symbolfoto: Kinek00 /Shutterstock.com)

Doch vor dem Betriebstor rutschte sie auf dem glatten, vereisten Untergrund aus und erlitt eine schwere Verletzung: eine Oberarmschaftfraktur links, die mit Knochenersatzmaterial aus dem rechten Unterschenkel behandelt und mehrfach nachoperiert werden musste. Die Mitarbeiterin sah sich in ihrer Beweglichkeit und Belastbarkeit dauerhaft eingeschränkt und machte ihren Arbeitgeber für den Unfall verantwortlich. Ihrer Ansicht nach hatte dieser die Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt, indem er keine Maßnahmen gegen die bekannte Glätte ergriffen hatte. Sie forderte ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 Euro und die Feststellung der weitergehenden Haftung des Arbeitgebers.

Der Rechtsstreit und das Urteil des Landgerichts

Der Fall landete zunächst vor dem Arbeitsgericht, wurde aber wegen fehlenden Bezugs zum Arbeitsverhältnis an das Landgericht Koblenz verwiesen. Dort wurde die Schadensverantwortlichkeit des Arbeitgebers dem Grunde nach bejaht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt und keine ausreichenden Maßnahmen zur Verkehrssicherung unternommen hatte. Ein Mitverschulden der Klägerin wurde ausgeschlossen, ebenso wie ein Haftungsausschluss unter sozialgesetzlichen Gesichtspunkten.

Die Berufung und das Urteil des OLG Koblenz

Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Arbeitgeber Berufung ein. Er argumentierte, dass zur Unfallzeit keine allgemeine Verpflichtung bestanden hätte, Maßnahmen gegen die Glätte zu ergreifen. Die Pflichtverletzungen seien zudem mangels Vorsatzes nicht haftungsbegründend. Die Klägerin trage ein Mitverschulden an ihrem Sturz. Das OLG Koblenz wies die Berufung jedoch zurück. Es bestätigte die Ansicht des Landgerichts, dass der Arbeitgeber eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hatte, was die deliktrechtliche Ersatzhaftung auslöste.

Die Verkehrssicherungspflicht und die Entscheidungsgründe

Das Gericht erläuterte, dass die Verkehrssicherungspflicht im vorliegenden Fall beim Arbeitgeber lag, auch für den Bereich der öffentlichen Zuwegung zum Betrieb. Durch die Straßenreinigungssatzung war diese Pflicht an den Arbeitgeber delegiert worden. Der Arbeitgeber musste daher notwendige und zumutbare Vorkehrungen treffen, um die Benutzer der Verkehrsfläche vor Schädigungen zu schützen. Dies umfasste Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für erforderlich halten würde, um andere vor Beeinträchtigungen zu bewahren.

Die Bedeutung des Urteils

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Verkehrssicherungspflicht von Arbeitgebern, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit ihrer Mitarbeiter auf dem Weg zur Arbeit. Es zeigt auf, dass die Verantwortung für die Sicherheit auf Betriebsgeländen und angrenzenden öffentlichen Wegen weitreichend ist und bereits vor dem Betreten des eigentlichen Arbeitsplatzes beginnt. Das Gericht macht deutlich, dass Arbeitgeber aktiv Maßnahmen ergreifen müssen, um Gefahrenquellen, wie etwa winterliche Glätte, die zu Verletzungen führen können, zu beseitigen oder zumindest zu minimieren. Die Entscheidung betont zudem, dass ein Mitverschulden sorgfältig geprüft werden muss und nicht vorschnell angenommen werden darf.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was umfasst die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers auf dem Betriebsgelände?

Die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers auf dem Betriebsgelände umfasst eine Reihe von Maßnahmen und Vorkehrungen, die darauf abzielen, die Sicherheit der Mitarbeiter sowie aller Personen, die sich auf dem Gelände aufhalten, zu gewährleisten. Diese Pflicht basiert auf dem Grundsatz, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen muss, um Schäden für andere zu vermeiden. Dies bezieht sich sowohl auf die körperliche Unversehrtheit und Gesundheit als auch auf das Eigentum anderer Personen.

Erkennung und Minimierung von Gefahrenquellen

Arbeitgeber sind verpflichtet, mögliche Gefahrenquellen auf dem Betriebsgelände zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um damit verbundene Risiken zu minimieren. Dies kann beispielsweise die Sicherung von Baustellen, die Wartung von Maschinen und Anlagen oder die Gewährleistung sicherer Verkehrswege umfassen.

Verantwortlichkeit und Haftung

Die Verantwortung für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht liegt bei der Geschäftsleitung oder den jeweils beauftragten Personen im Unternehmen. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht haftet der Verantwortliche für entstandene Schäden. Dies kann sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Maßnahmen zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht

Um der Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden, sollten Unternehmen unter anderem folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Gefährdungsbeurteilung durchführen: Eine systematische Analyse und Bewertung aller potenziellen Gefahrenquellen auf dem Betriebsgelände ist essenziell, um geeignete Sicherheitsmaßnahmen ableiten zu können.
  • Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen: Bei besonderen Anlässen, wie Betriebsfeiern, müssen zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die unter anderem Erste-Hilfe- und Brandschutzmaßnahmen umfassen.
  • Sicherheit auf Verkehrswegen: Die Sicherheit auf innerbetrieblichen Verkehrswegen muss durch geeignete Maßnahmen, wie die Kennzeichnung von Wegen und die Schulung der Mitarbeiter, gewährleistet werden.
  • Verkehrssicherheit bei beruflichen Fahrten: Eine Gefährdungsbeurteilung für berufliche Fahrten kann dazu beitragen, das Unfallrisiko zu senken und die Sicherheit der Mitarbeiter zu erhöhen.
  • Winterdienst: Im Winter müssen Unternehmen Vorkehrungen treffen, um Schnee- und Eisglätte zu bekämpfen und so die Sicherheit auf dem Betriebsgelände zu gewährleisten.

Absicherung durch Betriebshaftpflichtversicherung

Zur Minimierung finanzieller Risiken, die aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht resultieren können, ist der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung ratsam. Dabei sollten die genauen Bedingungen der Versicherung beachtet werden. Zusammenfassend ist die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers ein umfassendes Konzept, das darauf abzielt, die Sicherheit auf dem Betriebsgelände zu gewährleisten. Durch die Identifizierung von Gefahrenquellen, die Implementierung geeigneter Sicherheitsmaßnahmen und die Absicherung durch eine Betriebshaftpflichtversicherung können Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen und das Risiko von Unfällen und Schäden minimieren.

Wer haftet bei Verletzungen aufgrund von Verkehrssicherungspflichtverletzungen auf dem Betriebsgelände?

Bei Verletzungen aufgrund von Verkehrssicherungspflichtverletzungen auf dem Betriebsgelände haftet in der Regel der Arbeitgeber, sofern ihm eine Fahrlässigkeit oder ein Organisationsverschulden nachgewiesen werden kann. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der besagt, dass derjenige, der fahrlässig oder vorsätzlich das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Fahrlässigkeit und Organisationsverschulden

Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn auf dem Betriebsgelände bekannte Gefahrenquellen nicht beseitigt oder abgesichert werden. Organisationsverschulden bezieht sich auf die Verletzung von Organisationspflichten, die dem Arbeitgeber obliegen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, ausreichende Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zu implementieren, um Gefahrenquellen zu identifizieren und zu beseitigen.

Haftung im Innen- und Außenverhältnis

Im Innenverhältnis, also innerhalb des Unternehmens, kann der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern haften, wenn diese durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schaden erleiden. Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, haftet der Arbeitgeber ebenfalls, wenn durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schaden entsteht.

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Übertragung der Verkehrssicherungspflicht

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die Verkehrssicherungspflicht auf Dritte zu übertragen, beispielsweise auf externe Dienstleister. Allerdings muss er in diesem Fall sicherstellen, dass diese die Pflichten auch ordnungsgemäß wahrnehmen. Eine regelmäßige Kontrolle durch den Arbeitgeber ist erforderlich, um seiner Überwachungspflicht nachzukommen.

Haftungsbeschränkung und Versicherung

Unter bestimmten Umständen kann die Haftung des Arbeitgebers beschränkt sein, etwa wenn der Geschädigte selbst zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Zudem ist es für Arbeitgeber ratsam, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, um sich gegen finanzielle Risiken abzusichern, die aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht resultieren können. Zusammengefasst haftet der Arbeitgeber bei Verletzungen aufgrund von Verkehrssicherungspflichtverletzungen auf dem Betriebsgelände, wenn ihm Fahrlässigkeit oder Organisationsverschulden nachgewiesen werden kann. Die Haftung erstreckt sich sowohl auf Schäden von Mitarbeitern als auch von Dritten. Durch die Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen und regelmäßigen Kontrollen kann der Arbeitgeber das Risiko von Verkehrssicherungspflichtverletzungen minimieren.

Welche Rolle spielt das Wetter bei der Verkehrssicherungspflicht?

Das Wetter spielt bei der Verkehrssicherungspflicht eine wesentliche Rolle, da es die Sicherheitsbedingungen auf dem Betriebsgelände direkt beeinflussen kann. Arbeitgeber müssen auf wechselnde Wetterverhältnisse angemessen reagieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit der Mitarbeiter und anderer Personen auf dem Betriebsgelände zu gewährleisten.

Wetterbedingte Gefahren und Maßnahmen

  • Winterliche Bedingungen: Bei Schnee und Eis müssen Arbeitgeber für eine ausreichende Räumung und Streuung auf Gehwegen und Parkplätzen sorgen, um Rutschgefahr zu vermeiden.
  • Hitze: Bei hohen Temperaturen sind Maßnahmen wie das Bereitstellen von Getränken, das Anpassen der Arbeitszeiten oder das Schaffen von Schattenplätzen erforderlich, um Hitzestress zu vermeiden.
  • Sturm und Unwetter: Bei Sturm oder anderen Unwettern müssen Vorkehrungen getroffen werden, um herabfallende Gegenstände oder umstürzende Bäume zu verhindern und die Sicherheit bei Veranstaltungen im Freien zu gewährleisten.

Rechtliche Grundlagen und Verantwortung

Die Verkehrssicherungspflicht ergibt sich aus § 823 BGB, der besagt, dass notwendige und zumutbare Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen sind. Dies beinhaltet auch die Anpassung an Wetterbedingungen. Bei Verletzung dieser Pflicht kann der Arbeitgeber haftbar gemacht werden.

Spezifische Regelungen

  • Winterdienst: Die Pflichten im Winter sind klar definiert und umfassen das Räumen von Schnee sowie das Streuen bei Glätte.
  • Hitze am Arbeitsplatz: Bei hohen Temperaturen müssen Arbeitgeber für Abkühlung sorgen und können dazu verpflichtet sein, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen.
  • Schutzmaßnahmen im Freien: Bei Arbeiten im Freien müssen zusätzliche Schutzmaßnahmen gegen Kälte, Hitze und andere Witterungseinflüsse getroffen werden.

Fazit

Arbeitgeber müssen auf Wettereinflüsse reagieren und präventive Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit auf dem Betriebsgelände zu gewährleisten. Die konkreten Anforderungen können je nach Wetterlage und den spezifischen Gegebenheiten des Betriebsgeländes variieren. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber die Wettervorhersagen im Blick behalten und ihre Sicherheitsvorkehrungen entsprechend anpassen.

Wie wird ein Mitverschulden bei Unfällen auf dem Betriebsgelände bewertet?

Bei Unfällen auf dem Betriebsgelände wird ein Mitverschulden im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 254 BGB bewertet. Dieser Paragraf regelt, dass, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, dessen Anspruch auf Schadensersatz entsprechend der Quote des Mitverschuldens gemindert werden kann.

Bewertung des Mitverschuldens

  • Eigenverantwortung des Mitarbeiters: Mitarbeiter sind ebenfalls verpflichtet, für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu sorgen und den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, soweit es sich nicht um sicherheitswidrige Weisungen handelt.
  • Meldung von Sicherheitsmängeln: Mitarbeiter müssen festgestellte Sicherheitsmängel beseitigen, soweit dies zu ihren Aufgaben gehört und sie über die notwendige Befähigung verfügen. Andernfalls haben sie den Mangel dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden.
  • Bestimmungsgemäße Nutzung von Einrichtungen: Mitarbeiter sind verpflichtet, Einrichtungen, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe bestimmungsgemäß zu benutzen.

Rechtliche Konsequenzen

  • Haftungsverteilung: Bei einem Unfall kann die Haftungsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Verschulden aufgeteilt werden. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer einen Teil des Schadens selbst tragen muss, wenn ihm ein Mitverschulden nachgewiesen wird.
  • Beweislast: Die Beweislast für die Umstände, die ein Mitverschulden und dessen Auswirkung auf den konkreten Schaden bestimmen, trägt in der Regel der Schädiger, also derjenige, der den Schaden verursacht hat.

Praktische Beispiele

  • Unzureichende Nutzung von Schutzmaßnahmen: Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise die zur Verfügung gestellten Schutzmaßnahmen nicht nutzt und es dadurch zu einem Unfall kommt, kann dies als Mitverschulden gewertet werden.
  • Nichtbeachtung von Sicherheitshinweisen: Ignoriert ein Mitarbeiter klar erkennbare Sicherheitshinweise und es kommt zu einem Unfall, kann dies ebenfalls ein Mitverschulden darstellen.

Die Bewertung eines Mitverschuldens bei Unfällen auf dem Betriebsgelände erfolgt individuell und berücksichtigt das Verhalten des Mitarbeiters im Kontext des Unfallgeschehens. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen jeweils Verantwortung für die Sicherheit am Arbeitsplatz. Bei der Feststellung eines Mitverschuldens wird der Schadensersatzanspruch des Geschädigten entsprechend der Mitverursachung gemindert.

Inwiefern sind öffentliche Wege in die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers einbezogen?

Die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers umfasst auch Bereiche außerhalb des direkten Betriebsgeländes, insbesondere den Zugang zum Arbeitsplatz. Diese Pflicht bezieht sich grundsätzlich auf alle allgemein zugänglichen Bereiche eines Grundstücks bzw. einer Wohnanlage und schließt somit auch Zugangswege und Eingangsbereiche mit ein. Die Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Straßen obliegt jedoch dem Träger der Straßenbaulast, der für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften verantwortlich ist. Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, öffentliche Straßen und Wege in einem 100%-ig sicheren Zustand zu erhalten, aber er muss innerhalb seines Einflussbereiches, wie beispielsweise den Zugangswegen zum Betriebsgelände, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.

Die Verkehrssicherungspflicht bezieht sich auf die Abwehr von Gefahrenquellen, die durch das Unternehmen selbst geschaffen oder unterhalten werden. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen muss, um Schäden für andere zu vermeiden, die sowohl auf dem Betriebsgelände als auch in dessen unmittelbarer Umgebung auftreten können. Beispielsweise kann dies die Sicherung von Baustellenbereichen umfassen, die sich auf dem Betriebsgelände befinden, aber auch Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit auf den Zugangswegen zum Betrieb.

In Fällen, in denen der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen Firmenparkplatz zur Verfügung stellt, hat er ebenfalls für dessen Verkehrssicherheit zu sorgen und die durch die Benutzung des Parkplatzes drohenden Gefahren für die Mitarbeiter zu minimieren. Dies unterstreicht, dass die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers auch Bereiche außerhalb des direkten Betriebsgeländes umfassen kann, sofern diese Bereiche in direktem Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit stehen und vom Arbeitgeber beeinflusst werden können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verkehrssicherungspflicht des Arbeitgebers nicht auf das Betriebsgelände beschränkt ist, sondern auch Zugangswege und andere Bereiche umfasst, die in direktem Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit stehen und auf die der Arbeitgeber Einfluss nehmen kann. Die konkreten Anforderungen können je nach Situation variieren, und es ist die Aufgabe des Arbeitgebers, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die Sicherheit zu gewährleisten.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 823 Abs. 1 BGB (Deliktshaftung): Dieser Paragraph regelt die Schadensersatzpflicht bei der Verletzung eines Rechtsgutes einer Person, wie Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder ein sonstiges Recht. Im Kontext des Textes ist er relevant, da die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu einer Körperverletzung geführt hat.
  • § 831 Abs. 1 BGB (Haftung für den Verrichtungsgehilfen): Hier geht es um die Haftung des Arbeitgebers für das Handeln seiner Mitarbeiter. Wenn der Arbeitgeber seinen Streupflichten durch Beauftragung eines Mitarbeiters nachkommt, ist dieser Paragraph für die Haftungsfrage zentral.
  • § 254 BGB (Mitverschulden): Dieser Paragraph behandelt die Kürzung der Schadensersatzleistung bei einem Mitverschulden des Geschädigten. Im beschriebenen Fall wurde ein Mitverschulden der Klägerin diskutiert, jedoch vom Gericht nicht angenommen.
  • § 17 Straßen- und Wegegesetz (LStrG) und die Straßenreinigungssatzung: Diese Rechtsvorschriften weisen die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde zu, die sie unter bestimmten Umständen auf Anlieger übertragen kann. Für den Fall ist relevant, dass die Verkehrssicherungspflicht auf den Arbeitgeber als Anlieger übergegangen ist.
  • § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (Wegeunfälle): Definiert Unfälle, die sich auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit ereignen, als Arbeitsunfälle. Die Einordnung des Sturzes als Wegeunfall war für die rechtliche Bewertung und die Frage des Haftungsausschlusses nach § 104 SGB VII wesentlich.
  • § 104 Abs. 1 SGB VII (Haftungsausschluss bei Arbeitsunfällen): Schließt unter bestimmten Bedingungen die Haftung des Arbeitgebers und die der Mitarbeiter untereinander bei Arbeitsunfällen aus. Da der Sturz als Wegeunfall eingestuft wurde, war zu prüfen, ob dieser Haftungsausschluss greift. Das Gericht entschied jedoch, dass dem Arbeitgeber kein Haftungsprivileg nach SGB VII zukommt, da die Verletzung außerhalb des Betriebsgeländes erfolgte.


Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 5 U 1479/14 – Beschluss vom 29.04.2015

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24.11.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Dieses Urteil und der hiesige Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht von der Gegenseite Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags gestellt wird.

Gründe

A. Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 522 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ihre sachlichen Grundlagen ergeben sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils und dem Senatsbeschluss vom 25.03.2015. Dort hat der Senat mitgeteilt:

„1. Die Klägerin ist im Metzgerbetrieb der Beklagten als Fleischereifachverkäuferin tätig. Als sie sich am 24.12.2010 morgens gegen 5 Uhr zu ihrer Arbeitsstelle begab, rutschte sie vor dem Betriebstor aus und kam zu Fall. Ihrem Vorbringen nach zog sie sich dabei eine linksseitige Oberarmschaftfraktur zu, die unter Verwendung von Knochenersatzmaterial aus dem rechten Unterschenkel versorgt und mehrfach nachoperiert werden musste. Sie sieht sich in ihrer Beweglichkeit und Belastbarkeit dauerhaft behindert.

Für das Geschehen hat sie die Beklagte verantwortlich gemacht, weil diese ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht genügt habe. Die Unfallstelle sei entsprechend der allgemein bekannten Wetterlage glatt und vereist gewesen, ohne dass dagegen Vorkehrungen getroffen worden seien. Daher sei die Beklagte zur Zahlung eines mit mindestens 40.000 € zu beziffernden Schmerzensgeldes zu verurteilen und ihre weitergehende Haftung festzustellen.

Die Beklagte hat eine erhebliche Rutschgefahr bestritten und darauf verwiesen, dass sie einen – regelmäßig früher als die Klägerin vor Ort anwesenden – Mitarbeiter mit dem Streudienst beauftragt habe. Unabhängig davon hat sie einen Mitverschuldenseinwand erhoben, weil die Klägerin nicht den gegenüberliegenden Betriebseingang benutzt habe, vor dem das Gelände weniger abschüssig gewesen sei. Darauf hat die Klägerin repliziert, dieser Eingang sei durchweg erst später am Tage geöffnet worden; außerdem habe die Beklagte Anweisung erteilt, das streitige Betriebstor zu wählen, und auch den Arbeitsbeginn festgelegt.

Der Prozess ist zunächst vor dem Arbeitsgericht geführt worden. Dieses hat ihn mit der Begründung, der Unfall habe keinen hinreichenden Bezug zum Arbeitsverhältnis der Klägerin, da er sich auf der öffentlichen Straße ereignet habe, an das Landgericht verwiesen. Dort ist – nach der Vernehmung mehrerer Zeugen – die Schadensverantwortlichkeit der Beklagten dem Grunde nach bejaht worden. Aus der Sicht des Landgerichts hat die Beklagte ihre Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Sie habe für die Unfallzeit keine hinreichenden Maßnahmen zur Verkehrssicherung vor dem streitigen Betriebstor durchgeführt, obwohl sie die Gefahrenlage habe voraussehen können. Ein Mitverschulden sei der Klägerin nicht anzulasten und es gebe auch keinen Haftungsausschluss unter sozialgesetzlichen Gesichtspunkten.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und erstrebt die Abweisung der Klage.

Ihrer Auffassung nach bestand zur frühmorgendlichen Unfallzeit noch keine allgemeine Verpflichtung, Vorkehrungen gegen Glätte zu treffen. Allenfalls die dienstvertragliche Beziehung zur Klägerin habe dazu Anlass geben können. Pflichtverletzungen in diesem Zusammenhang seien indessen mangels Vorsatzes nicht haftungsbegründend. Unabhängig davon treffe die Klägerin ein Mitverschulden an ihrem Sturz. Diese sieht die Dinge anders und verteidigt das erstinstanzliche Entscheidungsergebnis.

2. Die Rechtsmittelangriffe vermögen nicht durchzudringen. Das Landgericht hat das Schmerzensgeldverlangen zutreffend als dem Grunde nach gerechtfertigt erachtet und demgemäß wegen der noch nicht abschließend überschaubaren Schadenslage auch den darüber hinausreichenden Feststellungsantrag für begründet erklärt.

Der streitige Sturz der Klägerin hat seine Ursache in einer schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten und deshalb deren allgemeine deliktrechtliche Ersatzhaftung (§§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1 BGB) ausgelöst. Welche Schadensfolgen sich im Einzelnen ergeben haben und noch ergeben werden, ist für das hiesige Verfahren ohne Belang, da lediglich die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten zur Entscheidung ansteht. Dass die Klägerin spürbare körperliche Beeinträchtigungen erlitt, kann angesichts der dokumentierten ärztlichen Befundlage nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

Der Ort, an dem die Klägerin zu Fall kam, lag außerhalb des Betriebsgeländes der Beklagten im Bereich der öffentlichen Zuwegung. Das hat die Klägerin im Einzelnen – auch grafisch – dargelegt, ohne dass dem von Seiten der Beklagten Substantielles entgegen gesetzt worden wäre. Vor diesem Hintergrund ist der Rechtsstreit von vornherein mit der Begründung, es handele sich um einen Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, als zivilrechtliche Auseinandersetzung eingestuft worden und vom Arbeitsgericht an das Landgericht gelangt. Damit kommt der Beklagten das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 SGB VII nicht zugute.

Im Bereich der – innerhalb einer geschlossenen Ortslage befindlichen – Unfallstelle war die Verkehrssicherungspflicht im Ausgangspunkt der Gemeinde zugewiesen; diese durfte sie indessen auf die Anlieger delegieren (§ 17 LStrG). Das ist vorliegend durch die Straßenreinigungssatzung vom 17.06.2009 zu Lasten der Beklagten geschehen (§ 1 Abs. 2 der Satzung), ohne dass Restverantwortlichkeiten bei der Gemeinde belassen worden wären. Für eine Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3 der Satzung, der bestimmte örtliche Bereiche von der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht ausnimmt, ist weder etwas vorgetragen noch sonst etwas zu erkennen.

Damit oblag es der Beklagten, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung der Benutzer der an ihr Grundstück angrenzenden Verkehrsfläche möglichst verhindern (BGH VersR 1990, 498; BGH VersR 2002, 247; BGH VersR 2003, 1319; BGH VersR 2005, 279; BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683). Das verpflichtete sie zu den Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für erforderlich erachten musste, um andere vor Beeinträchtigungen zu bewahren. Zwar brauchte nicht jeder denkbaren Gefahr vorbeugend begegnet zu werden. Haftungsbegründend wurde eine Gefahr aber dann, wenn es aus sachkundiger Sicht nahe lag, dass Rechtsgüter anderer beeinträchtigt werden würden (BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683). Dabei war der Sicherheitsstandard zu wahren, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für angemessen erachtete (BGH VersR 1972, 559; BGH VersR 2006, 233; BGH NJW 2007, 1683).

Vor diesem Hintergrund ist konkret zu sehen:

Wie den erstinstanzlichen Zeugenaussagen zu entnehmen ist und von der Beklagten auch nicht ernsthaft geleugnet wird, war am Unfallort Glätte vorhanden. Das stellte sich nicht überraschend ein, sondern war jahreszeitgemäß und im Hinblick auf die allgemeine Wetterlage absehbar gewesen. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass sich ein Mitarbeiter bereit hielt, um zu streuen. Diese – angesichts des Sicherungsbedürfnisses der Klägerin und der anderen Betriebsangehörigen erforderliche – Arbeit war dann allerdings bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin eintraf, nicht ausgeführt worden. Allerdings trug sich das Schadensereignis frühmorgens gegen 5 Uhr und damit zu einer Stunde zu, die in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 der Gemeindesatzung nicht als verkehrssicherungsrelevant herausgestellt ist. Dort wird darauf abgehoben, dass nächtlich gefallener Schnee und entstandene Glätte an Werktagen bis 7 Uhr zu beseitigen sind. Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass die Beklagte vor dem Schadenszeitpunkt noch nicht tätig zu werden brauchte. Die Vorgabe in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 der Gemeindesatzung beinhaltete keine zeitliche Freistellung von der der Beklagten in § 1 Abs. 2 der Satzung umfassend zugewiesenen Verkehrssicherungspflicht. Diese Pflicht richtete sich – unabhängig davon, was gemeindlicherseits unter öffentlichen Gesichtspunkten für opportun erachtet wurde – nach den allgemein anerkannten Regeln.

Zwar hat im Rahmen dieser Regeln auch der Grundsatz Bedeutung, dass lediglich ab 7 Uhr morgens für sichere Verhältnisse zu sorgen ist (OLGR Düsseldorf 2001, 263), weil es üblicherweise erst dann auf Straßen und Gehwegen zu einer Verkehrsverdichtung kommt (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 312; OLG Hamm NVwZ-RR 2001, 798). Aber die Dinge liegen anders, falls sich abzeichnet, dass ein relevanter Verkehr schon vorher stattfindet und dieser Verkehr zudem von dem allgemein Sicherungspflichtigen veranlasst ist; dann hat er diesem Verkehr gefahrvorbeugend Rechnung zu tragen (OLGR Celle 2004, 125; Senat MDR 2008, 625; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2014 – 2 U 113/13). So war es auch im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Arbeitsbeginn für den 24.12.2010 betriebsseitig auf 5 Uhr angesetzt worden war. Insofern war mit dem Eintreffen der Angestellten ab kurz vor diesem Zeitpunkt zu rechnen.

Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht und dem Sturz der Klägerin ist nicht in Abrede gestellt worden. Unabhängig davon streitet dafür der Beweis des ersten Anscheins.

Die Rechtsverteidigung der Beklagten hat allerdings auf ein Mitverschulden der Klägerin abgehoben. Das erschließt sich jedoch für den Senat ebenso wenig wie für das Landgericht. Die Benutzung des Zugangs, den die Klägerin zum Betrieb wählte, war üblich. Außerdem waren das an anderer Stelle vorhandene zweite Tor und die Ladentür verschlossen. Der neuerliche Einwand der Beklagten, die Klägerin sei sich der Glätte bewusst gewesen, vermittelt keinen Beleg dafür, dass sie sich unvorsichtig fortbewegt und den Sturz bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte vermeiden können.“

B. Mit Blick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29.04.2015 ist anzufügen:

1. Wie bereits aufgezeigt, beinhaltete die öffentlich-rechtliche Vorgabe in §§ 6 Abs. 3, 7 Abs. 4 der Gemeindesatzung keine zeitliche Freistellung von der der Beklagten in § 1 Abs. 2 der Satzung umfassend zugewiesenen Verkehrssicherungspflicht, deren Ausgestaltung sich nach den allgemeinen Regeln richtet. Danach musste unter den hier erfüllten Voraussetzungen gegebenenfalls auch schon frühmorgens für sichere Verhältnisse gesorgt werden.

2. Im Hinblick auf den für 5 Uhr angesetzten Arbeitsbeginn erschien die Klägerin nicht verfrüht. Sie war erst kurz zuvor an Ort und Stelle. Die Frage, ob schon langfristig vor 5 Uhr hätte gestreut werden müssen, stellt sich nicht.

3. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte den Arbeitsbeginn auf 5 Uhr festgelegt hatte (Klageschrift Seite 6 und Schriftsatz vom 12.08.2014 Seite 2). Dem hat die Beklagte nicht widersprochen.

Das neuerliche Bestreiten ist präkludiert (§ 531 Abs. 2 ZPO). Selbst wenn es zutrifft, dass es keine Anordnung der Beklagten, sondern nur eine Absprache auf Seiten der Mitarbeiter gab, erschließt sich nicht, dass die Beklagte, deren betriebliche Sphäre die Absprache betraf, nicht wusste und auch nicht wissen musste, wann mit der Arbeit begonnen wurde. Die Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Zeugin L. . Diese hat erklärt, es sei an den Tagen vor Weihnachten üblich gewesen, um 5 Uhr anzufangen.

4. Eine hinlängliche Exkulpation gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB fehlt. Das Vorbringen in diesem Punkt ist ohne Substanz. Es ist nicht erkennbar geworden, nach welchen Kriterien der Verrichtungsgehilfe ausgewählt worden war und inwieweit man sich kontinuierlich auf ihn verlassen konnte.

5. Die Darlegungs- und Beweislast im Bereich des § 254 BGB liegt nicht bei der Klägerin, sondern bei der Beklagten.

Rechtsmittelstreitwert: 50.000 €

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