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Verkehrssicherungspflicht in Schulgebäude – Schmerzensgeldanspruch

Wegen einer scharfkantigen Verblendung unter einer Schultreppe in Kaiserslautern hat eine 13-jährige Schülerin schwere Gesichtsverletzungen erlitten. Das Landgericht sprach ihr 7.000 Euro Schmerzensgeld zu, da die Stadt als Schulträger ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte. Der offene Bereich unter dem Treppenpodest hätte abgesichert werden müssen, um Unfälle zu vermeiden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Kaiserslautern
  • Datum: 19.06.2020
  • Aktenzeichen: 3 O 639/19
  • Verfahrensart: Zivilprozess
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Verkehrssicherungspflicht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine Minderjährige, die durch einen Unfall im Schulgebäude verletzt wurde. Sie verlangt Schmerzensgeld und sieht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht seitens des Schulträgers.
  • Beklagte: Der Schulträger der Gesamtschule in K., verantwortlich für die Verkehrssicherungspflichten im Schulgebäude. Er bestreitet sowohl den Unfallhergang als auch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Am 28. Mai 2019 stieß die Klägerin im Schulgebäude mit dem Kopf gegen eine scharfe Kante unter einem offenen Treppenpodest und erlitt schwere Kopfverletzungen, die zu einem Krankenhausaufenthalt führten. Der Bereich war nicht ausreichend abgesichert. Die Klägerin fordert Schmerzensgeld vom Schulträger.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob der Schulträger seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem er den offenen Bereich unter der Treppe nicht ausreichend abgesichert hat, und ob eine Mitverantwortung der Klägerin aufgrund ihres Verhaltens besteht.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte wurde zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000,00 € nebst Zinsen verurteilt. Zudem muss sie die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, da der offene Treppenbereich eine vorhersehbare Gefahrenquelle darstellte. Trotz einer Mitverschuldensquote der Klägerin von 30 % wurde die Beklagte überwiegend verantwortlich gemacht.
  • Folgen: Die Beklagte haftet finanziell für die Verletzungen der Klägerin. Das Urteil unterstreicht die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht in öffentlichen Gebäuden, insbesondere Schulen.

Verkehrssicherungspflicht in Schulen: Haftung und Entschädigung bei Schülerunfällen

Die Verkehrssicherungspflicht stellt eine wesentliche Verantwortung für Schulträger und Schulleitungen dar, um die Sicherheit ihrer Schüler zu gewährleisten. Sie verpflichtet dazu, potenzielle Gefahren in Schulgebäuden und auf dem Schulgelände zu identifizieren und zu beseitigen. Bei Nichteinhaltung dieser Pflicht können im Falle eines Schulunfalls Haftungsansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend gemacht werden. Für viele Eltern ist es wichtig zu wissen, wie solche rechtlichen Ansprüche durchzusetzen sind und welche Rolle die Unfallversicherung dabei spielt.

In der praktischen Anwendung führen Verstöße gegen die Sicherheitspflicht oftmals zu Streitigkeiten über die Haftung und die finanziellen Forderungen von Betroffenen. Präventionsmaßnahmen und eine frühzeitige Schadensmeldung sind entscheidend, um das Risiko von Schülerunfällen zu minimieren. Anhand eines konkreten Falles wird im Folgenden beleuchtet, wie letztlich das Gericht über die Entschädigung von Verletzten entschieden hat.

Der Fall vor Gericht


Gefährliche Kanten unter Schultreppe führen zu Verletzung einer Schülerin

Hausmeister untersucht scharfkantige Metallkanten unter Schultreppe
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Schulbereich (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Eine 13-jährige Schülerin hat sich im Mai 2019 in einer Gesamtschule in Kaiserslautern schwer im Gesicht verletzt, als sie unter einem Treppenpodest hindurchlaufen wollte. Das Landgericht Kaiserslautern verurteilte die Stadt Kaiserslautern als Schulträger zur Zahlung von 7.000 Euro Schmerzensgeld, da sie ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatte.

Schwere Gesichtsverletzungen durch scharfkantige Verblendungen

Die 158 cm große Schülerin wollte während des Sportunterrichts auf dem schnellsten Weg zu den Mädchentoiletten gelangen. Dafür durchquerte sie in gebückter Haltung einen offenen Bereich unter einer Treppe. Als sie sich unter dem Treppenpodest wieder aufrichten wollte, stieß sie mit dem Kopf gegen die scharfe Kante einer Verblendung. Durch den Schreck fiel sie zu Boden und verletzte sich beim Aufstehen ein zweites Mal an der Verblendung. Die Schülerin erlitt zwei massive Schnittwunden im Gesicht – eine im oberen Stirnbereich mit Skalpierung und eine große Risswunde von der Nase über die Nasolabialfalte. Die Verletzungen erforderten einen viertägigen Krankenhausaufenthalt mit täglicher HNO-ärztlicher Behandlung.

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch fehlende Absicherung

Das Gericht sah in der mangelnden Absicherung des Treppenbereichs eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Schulträger. Die Unfallverhütungsvorschrift für Schulen schreibt explizit vor, dass offene Bereiche unter Podesten mit weniger als 2 Meter Durchgangshöhe so zu sichern sind, dass Verletzungen durch unbeabsichtigtes Unterlaufen vermieden werden. Im konkreten Fall betrug die lichte Höhe nur 1,50 Meter. Weder Warnschilder noch Markierungen wiesen auf die Gefahr hin.

Nach Auffassung des Gerichts war es vorhersehbar, dass gerade Kinder und Jugendliche den offenen Bereich als Abkürzung oder beim Spielen nutzen könnten. Der Schulträger hätte daher durch bauliche Maßnahmen oder zumindest Warnhinweise für mehr Sicherheit sorgen müssen. Dies wäre ohne größeren Aufwand möglich gewesen, wie die spätere Verschließung des Durchgangs zeigte.

Mitverschulden reduziert Schmerzensgeldhöhe

Das Gericht sprach der Schülerin ein Schmerzensgeld von ursprünglich 10.000 Euro zu, reduzierte dieses aber wegen eines 30-prozentigen Mitverschuldens auf 7.000 Euro. Zwar war für die 13-Jährige erkennbar, dass der Durchgang nicht als normaler Verkehrsweg gedacht war. Die konkrete Gefährlichkeit und das erhebliche Verletzungspotential der scharfen Kanten konnte sie jedoch nicht einschätzen. Zudem befand sie sich in einer emotionalen Ausnahmesituation mit dringendem Toilettenbedürfnis.

Die bleibenden Narben im Gesicht der Schülerin, die starken Schmerzen und der erlittene Schock rechtfertigten nach Ansicht des Gerichts die Höhe des Schmerzensgeldes. Besonders die hellere Narbe im Nasenbereich wird möglicherweise lebenslang sichtbar bleiben und stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des Soziallebens dar.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass Schulträger für die Sicherheit auch bei nicht offensichtlichen Gefahrenstellen verantwortlich sind und diese absichern müssen – selbst wenn sie nicht für den normalen Verkehrsweg gedacht sind. Besonders bei Kindern und Jugendlichen muss mit unvorhersehbarem Verhalten gerechnet werden. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich dabei auch auf Bereiche, die bestimmungswidrig genutzt werden könnten, sofern diese Nutzung naheliegend ist. Ein Mitverschulden der Schüler reduziert zwar mögliche Schmerzensgeldzahlungen, entbindet die Schule aber nicht von ihrer grundsätzlichen Sicherungspflicht.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihr Kind in der Schule einen Unfall erleidet, können Sie als Eltern Ansprüche geltend machen – auch wenn Ihr Kind durch eigenes Verhalten zum Unfall beigetragen hat. Die Schule muss nachweisen, dass sie alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Besonders bei dauerhaften Verletzungsfolgen wie Narben können erhebliche Schmerzensgelder zugesprochen werden. Das Alter und die emotionale Situation Ihres Kindes werden dabei berücksichtigt. Dokumentieren Sie nach einem Unfall genau den Hergang und die Verletzungen und scheuen Sie sich nicht, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.


Benötigen Sie Hilfe?

Nach einem Schulunfall Ihres Kindes stehen Sie vor vielen rechtlichen Fragen und emotionalen Herausforderungen. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren mit Ihnen die konkreten Umstände des Unfalls und prüfen die Verantwortlichkeit der Schule. Lassen Sie uns in einem persönlichen Gespräch gemeinsam herausfinden, welche rechtlichen Möglichkeiten sich in Ihrer individuellen Situation bieten. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Pflichten haben Schulen zur Sicherung von Gefahrenstellen im Gebäude?

Die Schulbehörde trägt im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB die Verantwortung, Schulgebäude und -anlagen in einem sicheren Zustand zu halten. Vor Ort ist die Schulleiterin oder der Schulleiter für die Einhaltung dieser Pflicht verantwortlich.

Grundlegende Sicherungspflichten

Die Schulleitung muss unverzüglich alle auftretenden Mängel oder Gefahren an die zuständige Schulbehörde melden und entsprechende Sicherungsmaßnahmen einleiten. Bei unmittelbarer Gefahr für die Gesundheit sind sofortige Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.

Konkrete Sicherungsmaßnahmen

Schulen müssen insbesondere folgende Sicherungsmaßnahmen umsetzen:

  • Rutschige Stellen sind deutlich zu kennzeichnen
  • Hindernisse müssen beseitigt werden
  • Fluchtwege sind dauerhaft freizuhalten

Besondere Gefahrenbereiche

In Fachräumen wie Laboratorien, Werkräumen und Turnhallen gelten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Gefährliche Stoffe müssen gekennzeichnet und gesondert gelagert werden. Die Sicherheitseinrichtungen in diesen Räumen müssen den Vorgaben der DGUV Vorschrift 81 entsprechen.

Bauliche Anforderungen

Die baulichen Anlagen müssen schülergerecht gestaltet sein. Für Aufenthaltsbereiche, die mehr als einen Meter über einer anderen Fläche liegen, sind entsprechende Absturzsicherungen anzubringen. Bei Baumaßnahmen während des laufenden Schulbetriebs muss eine sichtbare, sichere und unmissverständliche Trennung von Baustellen- und Schulbereichen gewährleistet sein.

Die Schulleitung muss regelmäßige Kontrollen durchführen und die Verkehrssicherungspflicht aktiv wahrnehmen. Flure, Treppenhäuser und Klassenräume dürfen nicht durch Gegenstände versperrt werden. Eine professionelle Erste-Hilfe-Ausstattung muss jederzeit verfügbar sein.


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Wer haftet bei Unfällen durch bauliche Mängel in der Schule?

Bei Unfällen durch bauliche Mängel in der Schule haftet primär der Schulträger als Eigentümer und Betreiber des Schulgebäudes. Als Schulträger fungieren in der Regel die Kommunen, Länder oder der Bund, die für die Verkehrssicherheit der Schulgebäude verantwortlich sind.

Verkehrssicherungspflicht des Schulträgers

Der Schulträger muss alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schädigungen von Schülern zu verhindern. Diese Pflicht umfasst die regelmäßige Wartung und Instandhaltung des Schulgebäudes sowie die unverzügliche Beseitigung von Gefahrenquellen.

Haftung bei Personenschäden

Wenn Sie als Schüler durch einen baulichen Mangel verletzt werden, greift zunächst die gesetzliche Unfallversicherung. Diese übernimmt die Heilbehandlungskosten und eventuelle Folgekosten. Ein Schmerzensgeldanspruch gegen den Schulträger besteht nur dann, wenn diesem eine schuldhafte Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht nachgewiesen werden kann.

Verantwortlichkeiten der Schulleitung

Die Schulleitung trägt eine Mitverantwortung für die Sicherheit im Schulgebäude. Sie muss erkannte Mängel unverzüglich dem Schulträger melden und bei akuten Gefahren sofortige Sicherungsmaßnahmen ergreifen, wie etwa die Absperrung gefährlicher Bereiche.

Sachschäden

Bei Sachschäden, die durch bauliche Mängel entstehen, haftet ebenfalls der Schulträger, sofern ihm eine Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht nachgewiesen werden kann. Dies betrifft beispielsweise Schäden an Kleidung oder Schultaschen.


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Wie hoch sind typische Schmerzensgelder bei Schulunfällen?

Bei Schulunfällen ist die Höhe des Schmerzensgeldes stark von den konkreten Umständen abhängig. Grundsätzlich besteht nur in Ausnahmefällen überhaupt ein Anspruch auf Schmerzensgeld, da die gesetzliche Unfallversicherung vorrangig für die Absicherung zuständig ist.

Voraussetzungen für Schmerzensgeldansprüche

Ein Schmerzensgeldanspruch kommt in folgenden Konstellationen in Betracht:

  • Bei vorsätzlicher Schädigung durch einen Mitschüler
  • Bei Verletzung der Aufsichtspflicht durch Lehrkräfte
  • Bei Unfällen mit Beteiligung Dritter, etwa durch einen Verkehrsunfall

Konkrete Schmerzensgeldhöhen

Bei nachgewiesener vorsätzlicher Schädigung durch einen Mitschüler sprach das OLG Hamm 1.000 Euro Schmerzensgeld für ein verletztes Auge und eine Gehirnerschütterung zu. Das Gericht berücksichtigte dabei auch die wirtschaftliche Situation des minderjährigen Schädigers.

Besonderheiten bei der Bemessung

Die Gerichte berücksichtigen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes mehrere Faktoren:

  • Bei unbeabsichtigten Verletzungen durch Mitschüler besteht kein Anspruch, selbst bei schweren Folgen wie dauerhaftem Sehverlust.
  • Bei typischen Schulraufereien ist der Anspruch ausgeschlossen, da diese zum normalen Schulalltag gehören und durch die Unfallversicherung abgedeckt sind.
  • Nur nachweislich vorsätzlich herbeigeführte Verletzungsfolgen werden bei der Schmerzensgeldbemessung berücksichtigt.

Die Rechtsprechung ist dabei sehr restriktiv: Selbst bei einem geworfenen Knallkörper mit Gehörschädigung oder einem gelösten Sägeblatt mit dauerhaftem Sehverlust wurden Schmerzensgeldansprüche abgelehnt.


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Was müssen Eltern nach einem Schulunfall unternehmen?

Bei einem Schulunfall während der Unterrichtszeit leitet das Schulsekretariat automatisch alle erforderlichen Schritte ein. Dennoch müssen Eltern in bestimmten Situationen selbst aktiv werden, besonders wenn sich der Unfall auf dem Schulweg ereignet oder die ärztliche Behandlung erst am Nachmittag erfolgt.

Unmittelbare Maßnahmen

Bei einem Unfall auf dem Schulweg oder einer späteren ärztlichen Behandlung muss umgehend das Schulsekretariat informiert werden. Die Unfallkasse übernimmt dann im Versicherungsfall die Kosten – nicht die reguläre Krankenkasse.

Dokumentation sicherstellen

Bei kleineren Verletzungen ohne ärztliche Behandlung sollten Eltern sich vergewissern, dass der Vorfall im schulischen Meldeblock dokumentiert wurde. Diese Dokumentation ist besonders wichtig, falls später doch noch gesundheitliche Folgen auftreten.

Ärztliche Behandlung

Bei notwendiger ärztlicher Behandlung gilt:

  • Die Schule muss innerhalb von drei Tagen eine Unfallanzeige an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln
  • Die Dokumentation muss folgende Angaben enthalten: Namen des Verletzten, Datum und Uhrzeit des Unfalls, Unfallort, Unfallhergang sowie Art und Umfang der Verletzung

Besondere Fallkonstellationen

Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht nur in speziellen Fällen:

  • Bei Vorsatz eines Mitschülers
  • Bei nachweisbaren Mängeln an Spielgeräten
  • Bei grober Verletzung der Aufsichtspflicht durch Lehrkräfte

Die Unfallkasse übernimmt grundsätzlich die Behandlungskosten, zahlt jedoch kein Schmerzensgeld. Die Dokumentation muss fünf Jahre aufbewahrt werden.


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Wie wirkt sich ein Mitverschulden auf Schmerzensgeldforderungen aus?

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wird das Mitverschulden als eigenständiger Bemessungsfaktor berücksichtigt. Anders als bei normalen Schadensersatzansprüchen erfolgt keine prozentuale Kürzung eines zunächst ermittelten Gesamtbetrags.

Bewertung des Mitverschuldens

Das Mitverschulden fließt als eines von mehreren Elementen in die Gesamtbewertung ein. Die Gerichte prüfen dabei, ob der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die nach der Situation erforderlich gewesen wäre, um sich selbst vor Schaden zu bewahren.

Besonderheiten der Berechnung

Bei mehrfachem Mitverschulden wird zwischen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität unterschieden. Wenn beispielsweise ein Unfallopfer mit 50% zum Unfallgeschehen beigetragen hat und zusätzlich durch eigenes Verhalten die Verletzungsfolgen verschlimmert hat, können beide Aspekte die Schmerzensgeldhöhe beeinflussen.

Praktische Beispiele

Ein typischer Fall ist das Nichtanlegen von Schutzausrüstung. Wenn ein Motorradfahrer keinen Helm trägt, kann dies die Höhe des Schmerzensgeldes reduzieren, da er bewusst ein erhöhtes Verletzungsrisiko eingegangen ist. Bei Fahrradfahrern wird ein fehlendes Tragen eines Helms allerdings nur dann als Mitverschulden gewertet, wenn das Tragen nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar ist.

Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes kann in bestimmten Fällen dazu führen, dass trotz eines erheblichen Mitverschuldens ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen wird. Dies zeigt, dass die Bewertung stets einzelfallbezogen erfolgt und verschiedene Faktoren gegeneinander abgewogen werden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verkehrssicherungspflicht

Eine rechtliche Verpflichtung, die jeden trifft, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält. Der Verantwortliche muss alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden von anderen abzuwenden. Diese Pflicht ergibt sich aus § 823 BGB. Bei Schulen bedeutet dies konkret, dass der Schulträger für die Sicherheit im Gebäude und auf dem Gelände sorgen muss – etwa durch Beseitigung von Gefahrenstellen oder Anbringen von Warnhinweisen. Ein typisches Beispiel ist die Pflicht, Treppen mit Geländern zu sichern oder im Winter Schnee und Eis zu beseitigen.


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Schmerzensgeld

Eine finanzielle Entschädigung für erlittene immaterielle Schäden wie körperliche und seelische Schmerzen oder Beeinträchtigungen. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 253 Abs. 2 BGB. Die Höhe richtet sich nach Art, Schwere und Dauer der Verletzungen sowie nach vergleichbaren Fällen. Bei der Bemessung spielen auch Faktoren wie bleibende Schäden oder das Alter des Verletzten eine Rolle. Beispiel: Bei einer bleibenden Gesichtsnarbe wird meist ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen als bei einer vorübergehenden Verletzung.


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Mitverschulden

Wenn der Geschädigte selbst durch sein Verhalten zur Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens beigetragen hat. Geregelt in § 254 BGB führt ein Mitverschulden meist zu einer anteiligen Kürzung des Schadensersatzes oder Schmerzensgeldes. Die Höhe der Kürzung hängt davon ab, wie schwer das Verschulden im Vergleich zum Verursacher wiegt. Beispiel: Wenn jemand trotz erkennbarer Gefahr einen gesperrten Bereich betritt und sich verletzt, kann sein Anspruch entsprechend gekürzt werden.


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Schulträger

Die juristische Person des öffentlichen Rechts, die für die äußeren Schulangelegenheiten verantwortlich ist. Dies sind meist Kommunen oder Landkreise. Der Schulträger ist nach den Schulgesetzen der Länder für die Bereitstellung und Unterhaltung der Schulgebäude sowie deren Ausstattung zuständig. Dazu gehört auch die Gewährleistung der Sicherheit. Er haftet bei Verletzung seiner Pflichten, etwa wenn Sicherheitsmängel zu Unfällen führen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die deliktische Haftung. Er sieht vor, dass derjenige, der einem anderen vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden zufügt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Schulträger verpflichtet, für die Verletzungen der Klägerin aufgrund unzureichender Sicherheitsvorkehrungen in der Schule zu haften, da sie ihre Verkehrssicherungspflicht nicht angemessen erfüllt hat.
  • § 836 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Haftung von Inhabern öffentlicher Einrichtungen für Schäden, die aus der unsicheren Gestaltung von Sachen resultieren. Die Schule ist als öffentliche Einrichtung verpflichtet, die Sicherheit ihrer Räumlichkeiten zu gewährleisten. Die Klägerin erlitt massive Verletzungen durch ein ungesichertes Treppenpodest, was einen direkten Zusammenhang zur Haftungshypothese dieses Paragraphen aufzeigt.
  • § 1 Abs. 1 SGB VII (Sozialgesetzbuch VII): Dieser Paragraph definiert den Begriff des Arbeitsunfalls und die damit verbundenen Rechte auf Leistungen wie Schmerzensgeld oder Rehabilitation. Im Kontext des Falls könnte dieser Paragraph relevant sein, wenn die Klägerin eine Verletzung im Rahmen einer schulischen Tätigkeit erlitten hat, auch wenn dies in der konkreten Auslegung nicht der Fall ist. Somit ist der Schutz von Schülern bei Unfällen in Schulen hier impliziert.
  • § 6 SchulG (Gesetz über die Schulverwaltung): Gemäß diesem Paragraphen haben Schulträger die Pflicht, für die Sicherheit der schulischen Einrichtungen zu sorgen. Die unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen in der Schule, wie das offene Treppenpodest, stellen einen klaren Verstoß gegen diese gesetzliche Norm dar und begründen die Haftung der Beklagten, da keine Warnungen oder geeigneten Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit getroffen wurden.
  • § 254 BGB (Mitverschulden): Dieser Paragraph behandelt die Möglichkeit des Mitverschuldens, wenn der Geschädigte selbst zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Im vorliegenden Fall wird über die genaue Unfallursache gestritten, was möglicherweise zu einer Abwägung der Schuldanteile führen könnte. Diese Vorschrift ist relevant, um zu klären, ob das Verhalten der Klägerin ebenfalls eine Rolle bei dem Unfall gespielt hat, was Einfluss auf die Höhe der Schadensersatzforderungen haben könnte.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Schulunfall – Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
    Ein Schüler verletzte sich an einem Metallanker auf dem Schulgelände während einer privaten Feier. Das Gericht entschied, dass die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und sprach dem Kläger Schmerzensgeld zu. → → Stadt haftet bei Schulunfällen
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    Ein Fußgänger stürzte über eine unebene Gehwegplatte mit einem Höhenunterschied von 2,5 cm. Das Gericht entschied, dass solche kleinen Unebenheiten hinzunehmen sind und keine Haftung der Stadt besteht. → → Gehwegschäden und Haftungsfragen
  • Verkehrssicherungspflicht: Gemeindehaftung auf Waldwegen begrenzt
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  • Verkehrssicherungspflicht – Unebenheiten auf Gehweg
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  • Verkehrssicherungspflicht: Haftung bei Schlagloch – 9 cm Tiefe
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Das vorliegende Urteil

LG Kaiserslautern – Az.: 3 O 639/19 – Urteil vom 19.06.2020


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