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Verkehrssicherungspflichtverletzung – Sturzunfall über Asphaltkante bei Neubau eines Gehwegs

Sturz über Asphaltkante: Baufirma haftet für Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Gehwegbau

Im Fall eines Sturzunfalls über eine Asphaltkante bei einem Gehwegbau tritt eine Haftung für die Bauunternehmen ein, wenn sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die fehlenden Sicherheitsmaßnahmen temporär waren oder nicht.

Direkt zum Urteil Az.: 2 U 437/19 springen.

Verantwortung für Gefahrenlage

Derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich dazu verpflichtet, notwendige und zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um Schädigungen anderer Personen möglichst zu verhindern. In diesem Fall hat die beklagte Baufirma eine solche Gefahrenlage geschaffen, da sie den Fußgängerverkehr auf einem öffentlichen Gehweg eröffnet hat, obwohl durch die fehlende Deckschicht ein unterschiedliches Höhenniveau gegeben war.

Notwendige Sicherheitsvorkehrungen

Unabhängig davon, ab welchem Niveauunterschied eine Verkehrssicherungspflicht entsteht, muss das Bauunternehmen zunächst einmal sicherstellen, dass die Gefahrenstelle ausreichend abgesichert und für die Benutzer erkennbar ist. Dies kann beispielsweise durch Absperrungen, Warnleuchten oder zusätzliche Beleuchtung geschehen. Im konkreten Fall waren jedoch keine solchen Sicherungsmaßnahmen vorhanden, wodurch der Kläger in die noch unfertige Asphaltschicht trat und stürzte.

Verschulden der Baufirma und des Fußgängers

Bei der Feststellung der Haftung für den Unfall müssen sowohl das Verschulden der Bauunternehmen als auch ein eventuelles Mitverschulden des Fußgängers berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass die Beklagte sicherheitsrelevante Aspekte vernachlässigt hat. Allerdings hat auch der Fußgänger seine Sorgfaltspflicht verletzt, indem er nicht genügend auf seine Schritte und die Bodenbeschaffenheit geachtet hat. Daher wurde die Haftung für die entstandenen Schäden teilweise auf beide Parteien aufgeteilt.

Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche

Das Gericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 8.000,00 Euro sowie einen Ersatz des Haushaltsführungsschadens von 8.403,63 Euro zugesprochen. Darüber hinaus hat das Gericht entschieden, dass die beklagte Baufirma auch zur Zahlung des künftigen materiellen Schadens in Höhe von 50 % verpflichtet ist. Das Mitverschulden des Fußgängers hat dabei keine direkte Auswirkung auf die Schadensersatzansprüche.

Trotz der Komplexität dieses Falls dürfte die Entscheidung dazu beitragen, die Rechtsprechung im Bereich der Verkehrssicherungspflicht und der Haftung bei Sturzunfällen in ähnlich gelagerten Fällen weiter zu präzisieren. Dabei ist es essentiell, dass sowohl Bauunternehmen als auch Fußgänger ihrer jeweiligen Verantwortung in Bezug auf Sicherheit und Sorgfalt nachkommen, um solche Unfälle bestmöglich zu verhindern.

[…]


Das vorliegende Urteil

OLG Stuttgart – Az.: 2 U 437/19 – Urteil vom 26.11.2020

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 13.08.2019 – Az. 5 O 304/18 – wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 23.403,63 Euro

(Tenor Ziff. 1: 8.000,00 Euro; Tenor Ziff. 2: 8.403,63 Euro; Tenor Ziff. 3: 7.000,00 Euro)

Gründe

A

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem Sturz wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch.

Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen. Zusammenfassend und ergänzend:

Die Beklagte führte in M.-N. Tiefbauarbeiten an einem Fußweg entlang der G. Straße durch.

Am 07.12.2015 nutzte die Klägerin gegen 17:30 Uhr nach dem Besuch einer Veranstaltung im „…“ diesen Gehweg, um zum Fahrzeug im Bereich des Friedhofs zu gelangen. Auf der rechten Seite des Fußweges war der Gehwegbelag auf einer Breite von 65 cm entfernt worden. Im Bereich vor dem Gebäude „…“, einem Veranstaltungszentrum, hatte die Beklagte die Tragschicht und die Deckschicht des Teerbelages wieder eben aufgebracht. Nach rund 20 m auf dem zu einem Parkplatz führenden Gehweg hatte die Beklagte allerdings erst die Tragschicht aufgebracht, die Deckschicht des Asphalts fehlte noch. Absperrungen oder Beschilderungen waren nicht angebracht. Am Folgetag wurde die fehlende Deckschicht aufgetragen. Wegen der Situation wird auf das Lichtbild auf Bl. 80 d.A. verwiesen, das am Folgetag vor dem Aufbringen der Deckschicht aufgenommen wurde. Die damals 72jährige Klägerin kam zu Sturz und zog sich Verletzungen zu.

Die Klägerin behauptet:

Verkehrssicherungs-Pflichtverletzung: Sturz über Asphaltkante
Baufirma haftet bei Sturzunfall über Asphaltkante auf Gehweg durch Verletzung der Verkehrssicherungspflicht; Haftungsaufteilung bei Mitverschulden des Fußgängers. (Symbolfoto: riopatuca/Shutterstock.com)

Im Bereich der Sturzstelle habe es einen Absatz von 4-6 cm Höhenunterschied mit einer scharfen, senkrechten Kante in Längsrichtung und in Querrichtung des Gehwegs gegeben. Die Klägerin habe diesen Absatz wegen der schlechten Straßenbeleuchtung nicht sehen können und sei am Beginn der fehlenden Deckschicht ins Straucheln gekommen. Durch den unerwarteten Höhenunterschied habe ihr Fuß abrupt gestoppt, und die Klägerin habe das Gleichgewicht verloren. Sie habe sich zwar mit dem linken Arm an ihrem Ehemann festhalten können. Hierdurch sei allerdings eine Schwingbewegung entstanden, so dass die Klägerin auf den Boden mit der Hüfte und dem Oberschenkel auf der Längskante aufgeschlagen sei. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte gegen verkehrsrechtliche Anordnungen der Stadt M. verstoßen habe, da in diesen festgelegt worden sei, dass die angeordneten Sicherungsmaßnahmen zur Absperrung der Baustelle erst nach Fertigstellung der Arbeiten abgebaut werden dürften. Die rund 10 m weiter stehende Straßenlaterne habe bei der jahreszeitbedingten frühen Dunkelheit nicht für eine ausreichende Beleuchtung gesorgt.

Die Beklagte behauptet:

Die Deckschicht sei keilförmig abgeschrägt gewesen. Die Asphaltkante habe zwei bis drei Zentimeter betragen. Dies folge daraus, dass Asphaltdeckschichten entsprechend der DIN 18317 in einer mittleren Stärke von 2,5 cm einzubauen seien. Das Bauwerk sei auf diese Weise ausgeführt worden. Der Bereich sei übersichtlich und in der üblichen Form ausgeleuchtet gewesen. Es habe – wie auf einem Bild der Anlage B 1 zu erkennen – eine Straßenlaterne gegeben, deren Leuchtwirkung nicht durch den kahlen Baum eingeschränkt gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klägerin Ersatz des Haushaltsführungsschadens von 8.403,63 Euro und Schmerzensgeld von 8.000,00 Euro zugesprochen und ferner antragsgemäß ausgesprochen, dass die Beklagte zur Zahlung des künftigen materiellen Schadens in Höhe von 50 % verpflichtet ist.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten mit den Anträgen:

1. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 13.08.2019 – 5 O 304/18 – wird abgeändert.

2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin beantragt: Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

B

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin Schmerzensgeld (§ 823 Absatz 1 BGB i.V.m. § 253 Absatz 2 BGB) und Ersatz des Haushaltsführungsschadens (§§ 843, 844 BGB) zugesprochen.

I.

Die Beklagte hat Verkehrssicherungspflichten verletzt.

1.

Derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (BGH, Urteil vom 08. November 2005 – VI ZR 332/04, juris Rn. 9). Die Beklagte hat eine solche Gefahrenlage geschaffen, denn sie hat den Fußgängerverkehr auf einem öffentlichen Gehweg eröffnet, obwohl durch die fehlende Deckschicht ein unterschiedliches Höhenniveau gegeben war.

2.

Die Beklagte hatte diese Gefahrenstelle abzusichern.

a)

Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Absatz 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 – VI ZR 189/05, juris Rn. 6, 7; BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 – VI ZR 155/02, juris Rn. 6). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2005 – VI ZR 332/04). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2005 – VI ZR 332/04).

b)

Fußgänger haben die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich so anzunehmen, wie sie erkennbar sind und müssen mit typischen Gefahren rechnen. Eine besondere Verkehrspflicht setzt deshalb erst dann ein, wenn auch für einen aufmerksamen Gehwegbenutzer eine Gefahrenlage von einiger Erheblichkeit besteht, die entweder völlig überraschend eintritt, nicht ohne Weiteres erkennbar oder besonders groß ist (Staudinger/Hager, Kommentar zum BGB (2009), § 823 BGB Rn. E 163). Ein Fußgänger braucht auf dem Gehweg allerdings nicht ständig die Augen nach unten zu richten, sondern es genügt, wenn er beim Gehen seine Blicke nur gelegentlich und beiläufig auch auf die Straßenoberfläche lenkt (BGH, Urteil vom 06. Februar 1969 – III ZR 193/66, juris Rn. 24).

Ab welchem Niveauunterschied eine Verkehrssicherungspflicht entsteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Mit Niveauunterschieden von 1,5 bis 2 cm haben Fußgänger unter gewissen Umständen noch zu rechnen (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. September 1993 – 1 U 248/90, juris Rn. 5). Niveauunterschiede mit einer Höhendifferenz von mehr als 2 cm können demgegenüber im Einzelfall als gefährlich und nicht mehr hinnehmbar einzustufen sein, weil Fußgänger hier abgelenkt werden können und nicht auf jeden Schritt achten (OLG Hamm, Urteil vom 07. Mai 1993 – 9 U 227/92; bei einer Kante von 6 cm: OLG Celle, Urteil vom 25. November 1987 – 9 U 274/86). Mit in die Betrachtung einzubeziehen ist dabei auch die Ursache einer Höhendifferenz. Mit Bordsteinkanten hat der Fußgänger ebenso zu rechnen wie mit absackenden Pflastersteinen oder einer angehobenen Asphaltdecke im Bereich eines großen Baumes.

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b)

Im vorliegenden Fall ergab sich die Gefährlichkeit der Lage daraus, dass es eine Absatzkante gab, die in Laufrichtung inmitten des Gehweges verlief.

aa)

Diese in Laufrichtung verlaufende Kante war nach den eigenen Angaben der Beklagten zwischen zwei und drei Zentimetern hoch. Ob sie die von der Klägerin behaupteten vier bis sechs Zentimeter erreichte, muss nicht aufgeklärt werden. Bereits eine Kante von etwa drei Zentimetern löst eine Sturzgefahr aus. Wer mit dem rechten Fuß nicht den erwarteten Halt findet, kann bei entsprechender körperlicher Konstitution aus dem Tritt geraten und stürzen. Schon der Sturz als solches birgt ein Verletzungsrisiko, welches durch das Vorhandensein einer Kante im Sturzbereich noch erhöht wird.

bb)

Die mitten auf dem Gehweg verlaufende Absatzkante von rund drei Zentimetern war ungewöhnlich. Zurecht weist das Landgericht auch darauf hin, dass auf dem zuvor gelegenen Wegestück die Deckschicht bereits angebracht war, so dass jemand, der die Durchführung von Bauarbeiten bemerkt hat, bei schlechten Lichtverhältnissen möglicherweise schon davon ausgegangen sein könnte, die gesamte Baustelle sei fertiggestellt.

cc)

Schließlich war für die Klägerin die Gefahrenstelle wegen der Lichtverhältnisse nicht ohne weiteres erkennbar. Der Senat hat sich hiervon in einer persönlichen Anhörung der Klägerin überzeugt. Sie hat geschildert, dass sie die Verhältnisse nicht erkennen konnte. Dies stimmt mit den Feststellungen des Landgerichts überein, wonach der Bereich schlecht ausgeleuchtet war. Auch die erstinstanzlich vernommenen Zeugen haben dies bestätigt, wenngleich sie immerhin noch in der Lage waren, wenigstens zu erkennen, dass etwas am Gehweg gemacht worden war. Ein Bauunternehmer muss allerdings auch damit rechnen, dass Passanten den Fußweg benutzen, die abends nicht so gut sehen können wie der Durchschnitt der Bevölkerung.

c)

Mit überzeugender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass Sicherungsmaßnahmen zumutbar waren. Für die Beklagte war die Gefahrenlage erkennbar. Das Risiko war dadurch erhöht, dass der Weg von einem Veranstaltungszentrum, das in der dunklen Jahreszeit auch von Senioren besucht wurde, zu einem Parkplatz führte. Die Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen ergibt sich insbesondere auch daraus, dass die Vorsorge lediglich für eine kurze Zeit bis zur Fertigstellung der Baustelle zu treffen war. Den Risiken eines Sturzes hätte ohne große Mühe und Kostenaufwand durch eine geeignete Warnung (etwa eine Sicherheitsbake oder Warnleuchte), eine zusätzliche Beleuchtung oder eine Absperrung entgegengewirkt werden können. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen.

II.

Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht war kausal. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist die Klägerin in dem Bereich gestürzt, in dem der Höhenunterschied bestand. Hieran bestehen keine Zweifel. Der Senat hat sich hiervon durch die persönliche Anhörung der Klägerin überzeugt. Zwar konnte sie keine Details mehr zum Ort des Geschehens angeben, was wiederum nachvollziehbar ist, weil sie die Gefahrenstelle nicht erkannt hatte. Sie schilderte aber eindrücklich, dass sie in ein Loch getreten sei. Diese originelle Beschreibung passt dazu, dass sie wegen eines unvermittelten Tritts in den noch nicht fertig gestellten Bereich ihren Halt verloren hat.

III.

Gegen die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes wendet sich die Berufung nicht. Die zugesprochenen 8.000,00 Euro sind angemessen.

1.

Zu berücksichtigen sind zum einen die Verletzungsfolgen. Die Klägerin erlitt einen Trümmerbruch am Oberschenkel, der operativ versorgt werden musste. Sie war vom 07.12.2015 bis 30.12.2015 in der Klinik und anschließend bis zum 27. Januar 2016 in der Reha. Sie erhält weiterhin Schmerzmittel gegen die Schmerzen im Bereich der Hüfte und im Bein. Sie ist seither auf einen Rollator angewiesen. Es ist ein verkürzter Schenkelhals als Unfallfolge zurückgeblieben, wodurch sich das Bein verkürzt hat.

2.

Daneben ist das Mitverschulden ein wichtiger Bewertungsfaktor für das Schmerzensgeld, der allerdings nicht zu einer quotenmäßigen Begrenzung des Anspruchs führt. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt ein Mitverschulden vor, wenn ein sorgfältiger Mensch rechtzeitig hätte erkennen können, dass Anhaltspunkte für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehen, und er die Möglichkeit hatte, sich darauf einzustellen. Zurecht hat das Landgericht diesen Gesichtspunkt berücksichtigt.

IV.

Hinsichtlich der Ansprüche auf den Haushaltsführungsschaden hat das Landgericht den Mitverschuldensanteil zutreffend mit 50 % bewertet. Gegen die Höhe der Ansprüche wendet sich die Berufung nicht. Sie wurde unter Rückgriff auf anerkannte Tabellenwerke im Rahmen des § 287 Absatz 1 ZPO geschätzt.

V.

Folgerichtig hat das Landgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugesprochen.

C

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gibt es nicht.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB): Im vorliegenden Fall geht es um die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Baufirma. Die Baufirma hat während der Tiefbauarbeiten am Gehweg einen Absatz mit Höhenunterschied aufgrund einer fehlenden Deckschicht des Asphalts entstehen lassen, ohne die Gefahrenstelle abzusichern. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich jeden, der eine Gefahrenlage schafft, notwendige und zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um Schädigungen anderer möglichst zu verhindern.
  2. Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB): Die Klägerin hat aufgrund des Sturzes infolge der Verkehrssicherungspflichtverletzung Schmerzensgeld beansprucht. Das Schmerzensgeld soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für die immateriellen Beeinträchtigungen bieten, die durch die Verletzung entstanden sind. In diesem Fall hat das Landgericht der Klägerin Schmerzensgeld zugesprochen.
  3. Haushaltsführungsschaden und materieller Schadensersatz (§§ 843, 844 BGB): Neben dem Schmerzensgeld hat die Klägerin auch Ersatz für den Haushaltsführungsschaden verlangt, der durch die unfallbedingte Beeinträchtigung ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung entstanden ist. Das Landgericht hat der Klägerin den Ersatz des Haushaltsführungsschadens sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des künftigen materiellen Schadens in Höhe von 50 % zugesprochen.
  4. Berufungsverfahren: Die Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt mit dem Ziel, die Klage insgesamt abzuweisen. Das Berufungsgericht hat jedoch die Berufung zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil bestätigt, da es zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Baufirma Verkehrssicherungspflichten verletzt hat und diesen Verstoß kausal für den Sturz der Klägerin gewesen ist.
  5. Mitverschulden (§ 254 BGB): Im Rahmen der Haftungsaufteilung ist auch das Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin anerkannt, da sie als Fußgängerin nicht ausreichend aufmerksam gewesen sein könnte. Das Mitverschulden führt jedoch nicht zu einer quotenmäßigen Begrenzung des Schmerzensgeldanspruchs, sondern wird lediglich als wichtiger Bewertungsfaktor berücksichtigt.

 

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