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Verkehrsunfall bei Wendemanöver – Haftung

Das Amtsgericht Braunschweig hat in einem Verkehrsunfall-Fall zugunsten der Klägerin entschieden und dem Beklagten die volle Haftung zugesprochen. Das Urteil basiert auf der glaubhaften Zeugenaussage, die bestätigte, dass der Fahrer einer Sattelzugmaschine beim Wendemanöver gegen die Straßenverkehrsordnung verstieß und das parkende Fahrzeug der Klägerin beschädigte. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung detaillierter Beweiserhebung und die Verpflichtung der Versicherer, im Schadensfall umfassend zu haften.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 117 C 507/21

✔ Kurz und knapp


  • Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Zeuge den Unfall verursacht hat, indem er beim Wenden gegen das geparkte Fahrzeug der Klägerin stieß.
  • Der Zeuge hat den Unfallhergang glaubhaft, detailliert und widerspruchsfrei geschildert.
  • Die Angaben des LKW-Fahrers waren dagegen unglaubhaft und von Erinnerungslücken und Verteidigungstendenzen geprägt.
  • Die GPS-Daten des LKW stehen den Zeugenaussagen nicht entgegen, da der genaue Unfallzeitpunkt unklar ist.
  • Die Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 100% wurde festgestellt.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
  • Der Anspruch der Klägerin auf vollständige Schadensregulierung wurde bestätigt.

Wendemanöver gone wrong: Beklagter haftet zu 100%

Verkehrsunfälle gehören leider zum Alltag auf unseren Straßen. Oft stehen dabei komplexe Haftungsfragen im Mittelpunkt, die für den Laien nicht immer einfach zu beurteilen sind. Ein häufiger Auslöser für Kollisionen ist das Wenden von Fahrzeugen, bei dem es zu Zusammenstößen mit anderen Verkehrsteilnehmern kommen kann. In solchen Fällen ist es entscheidend, wer die Schuld trägt und somit für den entstandenen Schaden aufkommen muss.

Die Rechtslage sieht hier eindeutig vor, dass der Wendende die besondere Sorgfaltspflicht hat, um Unfälle zu vermeiden. Kommt es dennoch zu einem Unfall, muss er die Verantwortung dafür übernehmen und den entstandenen Schaden ersetzen. Allerdings gibt es im Einzelfall Umstände, die eine abweichende Beurteilung der Haftungsfrage rechtfertigen können.

Im Folgenden wird ein Urteil vorgestellt, das sich mit einem konkreten Fall eines Verkehrsunfalls beim Wendemanöver und der daraus resultierenden Schadensersatzpflicht befasst.

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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Braunschweig


Verkehrsunfall bei Wendemanöver – Haftung zu 100% zugesprochen

Der vorliegende Fall dreht sich um einen Verkehrsunfall, der sich am 16. Juli 2020 auf der H.-K.-Allee in Braunschweig ereignete. Die Klägerin, Eigentümerin eines VW Polo, parkte ihr Fahrzeug ordnungsgemäß am Straßenrand. Ein Fahrer einer Sattelzugmaschine mit polnischem Kennzeichen, der Zeuge Herr …, führte ein Wendemanöver durch und beschädigte dabei den linken Außenspiegel und die Tür des VW Polo. Die Klägerin forderte daraufhin Schadensersatz vom Beklagten, der als Regulierungsbeauftragter für die Haftpflichtversicherung des polnischen Fahrzeugs fungierte.

Der Unfall wurde durch die Polizei aufgenommen, die ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort einleitete. Die Klägerin behauptete, dass der Fahrer der Sattelzugmaschine nach der Kollision den Unfallort unerlaubt verlassen habe. Die Schadenssumme belief sich auf 3.107,65 EUR brutto. Aufgrund der strittigen Unfallursache und der unerfüllten Schadensersatzansprüche durch den Beklagten, brachte die Klägerin den Fall vor das Amtsgericht Braunschweig.

Gerichtliche Feststellung der vollen Haftung des Beklagten

Das Amtsgericht Braunschweig entschied zugunsten der Klägerin und stellte fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, den gesamten Schaden zu ersetzen. Die Entscheidung basierte auf einer umfassenden Beweisaufnahme, einschließlich der Vernehmung mehrerer Zeugen. Besonders ausschlaggebend war die glaubhafte und detaillierte Aussage des Zeugen …, der den Unfallhergang genau schilderte und bestätigte, dass der Fahrer der Sattelzugmaschine beim Wenden das parkende Fahrzeug beschädigte.

Das Gericht betonte, dass der Zeuge … keine Tendenzen zur Belastung zeigte und seine Schilderung des Unfallhergangs glaubwürdig war. Die Aussage des Zeugen …, der behauptete, keine Kollision bemerkt zu haben, wurde als unglaubhaft eingestuft, da sie keine konkreten Details zum Unfallgeschehen enthielt und von Erinnerungslücken geprägt war. Die Feststellung der vollen Haftung des Beklagten basiert auf der Überzeugung, dass der Zeuge … den Unfall korrekt beschrieben hat und der Fahrer der Sattelzugmaschine durch das Wendemanöver gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen hat.

Rechtliche Überlegungen und Folgen der Entscheidung

Das Gericht stellte klar, dass die Klägerin gemäß §§ 7, 17 StVG, 6 Abs. 1 PflVG und 115 VVG einen Anspruch auf vollen Schadensersatz hat. Das rechtliche Interesse der Klägerin an einer Feststellungsklage ergab sich aus dem Umstand, dass weitere Schäden, wie der Nutzungsausfallschaden während der Reparatur, noch entstehen könnten.

Das Urteil sah auch die Kostenübernahme durch den Beklagten vor, der die gesamten Prozesskosten zu tragen hat. Des Weiteren wurde festgelegt, dass das Urteil vorläufig vollstreckbar ist, wobei der Beklagtenseite die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.

Bedeutung des Urteils für die Klägerin

Für die Klägerin bedeutet das Urteil eine vollständige Erstattung der Reparaturkosten ihres Fahrzeugs sowie die Sicherstellung, dass zukünftige Schäden im Zusammenhang mit dem Unfall ebenfalls ersetzt werden. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung detaillierter Beweiserhebung und glaubwürdiger Zeugenaussagen bei der gerichtlichen Klärung von Verkehrsunfällen. Die Entscheidung verdeutlicht auch die Verpflichtung der Versicherer und ihrer Regulierungsbeauftragten, im Schadensfall umfassend zu haften und betroffene Parteien vollständig zu entschädigen.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil zeigt, dass bei Verkehrsunfällen die Glaubwürdigkeit und Detailgenauigkeit von Zeugenaussagen entscheidend für die Feststellung der Haftung sind. Es unterstreicht die Pflicht des Schädigers bzw. dessen Versicherung, den entstandenen Schaden vollumfänglich zu ersetzen, wenn ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung vorliegt. Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer sorgfältigen Beweisaufnahme und die Notwendigkeit, alle relevanten Aspekte des Unfallhergangs zu berücksichtigen, um eine gerechte Entschädigung der geschädigten Partei zu gewährleisten.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Verkehrsunfall beim Wenden


Wer haftet bei einem Verkehrsunfall, der durch ein Wendemanöver verursacht wurde?

Bei einem Verkehrsunfall, der durch ein Wendemanöver verursacht wurde, hängt die Haftungsfrage maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich trifft den Wendenden eine erhöhte Sorgfaltspflicht, da das Wenden als besonders gefährliches Fahrmanöver gilt.

Nach § 9 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss sich derjenige, der wendet, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kommt es während des Wendevorgangs zu einem Unfall, spricht der Anscheinsbeweis zunächst für ein Verschulden des Wendenden. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Unfall beim Anfahren ereignet, da dieses Manöver für andere oft schwer erkennbar ist.

Um eine Haftung zu vermeiden, muss der Wendende darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft, er also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Gelingt ihm das nicht, haftet er in der Regel alleine. Eine Mithaftung des Unfallgegners kommt nur in Betracht, wenn dieser ebenfalls gegen Verkehrsregeln verstoßen hat, z.B. durch überhöhte Geschwindigkeit.

Für die Bewertung der Haftungsfrage sind Zeugenaussagen oft von entscheidender Bedeutung. Sie können Aufschluss darüber geben, wie sich der Unfall abgespielt hat und ob der Wendende die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen. Allerdings sind Zeugenaussagen nicht immer zuverlässig, da sich Erinnerungen im Nachhinein verfälschen können. Daher sind auch objektive Beweise wie Fotos oder Gutachten wichtig.

Beispiel Peter fährt auf einer Vorfahrtsstraße und will wenden. Er ordnet sich dazu links ein, betätigt den Blinker und vergewissert sich, dass kein Gegenverkehr kommt. Als er gerade anfahren will, wird er von hinten von Pauls Auto gerammt. Paul sagt aus, er habe nicht damit gerechnet, dass Peter wendet. Außerdem sei er ortsüblich gefahren. Peters Blinker habe er nicht gesehen. Hier dürfte eine Haftung von Peter anzunehmen sein, da ihn der Anscheinsbeweis belastet und er sich möglicherweise nicht ausreichend vergewissert hat, dass die Gegenfahrbahn frei ist.

Welche Beweise sind entscheidend, um die Haftung bei einem Verkehrsunfall durch Wenden zu klären?

Bei der Klärung der Haftung nach einem Verkehrsunfall durch Wenden spielen verschiedene Beweise eine entscheidende Rolle. Zeugenaussagen von Unfallbeteiligten und unbeteiligten Dritten können wertvolle Hinweise zum Unfallhergang, zur Fahrweise der Beteiligten und zu möglichen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung liefern. Gerade bei widersprüchlichen Schilderungen oder fehlenden objektiven Beweisen kommt den Zeugenaussagen eine große Bedeutung zu.

Ein weiterer wichtiger Beweis sind die Unfallspuren am Unfallort wie Bremsspuren, Reifenabrieb, Glassplitter, Lackspuren oder Fahrzeugteile. Diese geben Aufschluss über den genauen Unfallort, die Bewegungsrichtung der Fahrzeuge und die Kollisionspunkte. Sachverständige können anhand der Spuren oft den Unfallhergang rekonstruieren und beurteilen, ob das Wendemanöver ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Sachverständigengutachten spielen generell eine zentrale Rolle bei der Haftungsklärung. Experten beurteilen anhand der Unfallspuren, Fahrzeugschäden und technischen Daten, ob der Unfall bei regelkonformem Verhalten vermeidbar gewesen wäre. Ihre Einschätzung hat vor Gericht meist ein hohes Gewicht.

Auch die Ergebnisse polizeilicher Ermittlungen fließen in die Haftungsprüfung ein. Dazu zählen die Unfallaufnahme vor Ort, Zeugenbefragungen, die Sicherung von Spuren sowie gegebenenfalls die Rekonstruktion des Unfallhergangs. Die Feststellungen der Polizei zum Unfallgeschehen und zu möglichen Verstößen gegen Verkehrsregeln bilden häufig die Grundlage für die juristische Aufarbeitung.

Zunehmend werden auch Aufnahmen von Dashcams oder Überwachungskameras als Beweismittel herangezogen. Sie ermöglichen eine objektive Dokumentation des Unfallhergangs. Allerdings ist die Verwertbarkeit solcher Aufnahmen im Zivilprozess rechtlich noch nicht abschließend geklärt und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Während Dashcam-Videos oft als zulässig erachtet werden, hat das Amtsgericht Geilenkirchen die Verwertung von Aufnahmen einer Überwachungskamera, die permanent den Straßenbereich filmt, als unzulässig eingestuft.

Letztlich müssen zur Haftungsklärung alle verfügbaren Beweise in einer Gesamtschau gewürdigt werden. Nur wenn sich aus den objektiven Beweisen und subjektiven Schilderungen ein schlüssiges Gesamtbild ergibt, lässt sich verlässlich beurteilen, ob der Unfallverursacher die erforderliche Sorgfalt beim Wenden außer Acht gelassen hat und daher haftet.

Welche Schadensersatzansprüche haben Geschädigte bei einem Verkehrsunfall durch ein Wendemanöver?

Bei einem Verkehrsunfall durch ein Wendemanöver haben Geschädigte Anspruch auf umfassenden Schadensersatz. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung muss alle unfallbedingten Schäden ersetzen. Dazu zählen insbesondere die Reparaturkosten für das beschädigte Fahrzeug. Der Geschädigte kann wählen, ob er eine Reparatur durchführen lässt und die tatsächlichen Kosten ersetzt verlangt oder ob er den Schaden fiktiv auf Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnet. Bei einem Totalschaden ist der Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert zu erstatten.

Weitere erstattungsfähige Schadenspositionen sind Sachverständigenkosten, Abschleppkosten, Wertminderung, Mietwagenkosten oder alternativ eine Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer der Reparatur bzw. Wiederbeschaffung. Die Nutzungsausfallentschädigung kann je nach Fahrzeugtyp 25 bis 170 Euro pro Tag betragen. Auch eine Unkostenpauschale für Telefonate, Porto etc. in Höhe von 25 bis 30 Euro wird üblicherweise erstattet.

Bei Personenschäden umfasst der Schadensersatz Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Schmerzensgeld und weitere unfallbedingte Aufwendungen. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von Art und Schwere der Verletzungen ab.

Reguliert die gegnerische Versicherung den Schaden nicht oder nicht vollständig, kann der Geschädigte seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen. Hierbei ist anwaltliche Unterstützung zu empfehlen. Die Kosten muss letztlich der Schädiger tragen.

Für die Haftungsverteilung ist entscheidend, wer den Unfall verursacht hat. Bei einem Wendemanöver trifft den Wendenden eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Er haftet häufig zu 100 Prozent. Eine Mithaftung des Geschädigten kommt aber in Betracht, wenn dieser z.B. mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Die genaue Haftungsverteilung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wann kann bei einem Wendeunfall eine Mithaftung des Geschädigten in Betracht kommen?

Bei einem Wendeunfall kann eine Mithaftung des Geschädigten in Betracht kommen, wenn dieser selbst gegen Verkehrsregeln verstoßen oder sich rücksichtslos verhalten hat. Grundsätzlich trägt zwar der Wendende die Hauptschuld, da er den nachfolgenden Verkehr durch sein Fahrmanöver gefährdet. Allerdings sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend für die Haftungsverteilung.

Ein Mitverschulden des Geschädigten kann beispielsweise vorliegen, wenn er mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat oder seinerseits ein riskantes Überholmanöver durchgeführt hat. In solchen Fällen wird dem Geschädigten eine Mitverantwortung für den Unfall zugerechnet, was zu einer Kürzung seines Schadensersatzanspruchs führt.

Das Maß der jeweiligen Mithaftung richtet sich nach den Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen der Unfallbeteiligten. Dabei erfolgt eine wertende Abwägung, bei der insbesondere die Schwere der Verstöße und deren Bedeutung für den Unfalleintritt berücksichtigt werden. Das Ergebnis wird in einer prozentualen Haftungsquote ausgedrückt.

Beispielsweise könnte bei einem Wendeunfall eine Haftungsverteilung von 70 % zu Lasten des Wendenden und 30 % zu Lasten des Geschädigten angemessen sein, wenn der Geschädigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit deutlich überschritten hat. Durch sein Mitverschulden mindert sich dann auch sein Anspruch auf Schadensersatz um 30 %.

Ob und in welchem Umfang ein Mitverschulden des Geschädigten besteht, hängt jedoch stets von den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Pauschale Aussagen verbieten sich. Es ist immer eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Faktoren erforderlich, um zu einer gerechten Schadensverteilung zu gelangen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 9 Abs. 5 StVO: Regelt die Sorgfaltspflicht beim Wenden und besagt, dass der Wendende darauf achten muss, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet wird. Im konkreten Fall wurde durch den LKW-Fahrer gegen diese Vorschrift verstoßen, da beim Wenden das parkende Fahrzeug beschädigt wurde.
  • §§ 7, 17 StVO: Bestimmen die Haftung für Schäden, die durch den Betrieb eines Fahrzeugs verursacht werden. Im vorliegenden Fall haftet der Fahrer der Sattelzugmaschine für den Schaden am VW Polo, da er durch sein Fehlverhalten beim Wenden den Unfall verursacht hat.
  • § 6 Abs. 1 PflVG: Regelt die Verpflichtung des Halters eines Kraftfahrzeugs, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Dadurch wird sichergestellt, dass Geschädigte auch bei Unfällen mit ausländischen Fahrzeugen, wie im vorliegenden Fall, ihren Schadenersatzanspruch geltend machen können.
  • § 115 VVG: Bestimmt, dass der Versicherer dem Geschädigten den Schaden ersetzt, der dem Versicherungsnehmer durch ein Ereignis entstanden ist, für das der Versicherer einstehen muss. Im konkreten Fall ist der Beklagte als Regulierungsbeauftragter verpflichtet, den Schaden am Fahrzeug der Klägerin zu ersetzen.
  • § 256 Abs. 1 ZPO: Regelt das Feststellungsinteresse, welches Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ist. Im konkreten Fall ist die Feststellungsklage der Klägerin zulässig, da sie ein rechtliches Interesse an der Klärung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hat.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Braunschweig

AG Braunschweig – Az.: 117 C 507/21 – Urteil vom 16.05.2023

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu 100 % zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund des Unfallereignisses vom 16.7.2020 auf der H.-K.-Allee, Höhe Hausnummer …, in … B. entstanden ist bzw. noch entstehen wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der beklagten Partei bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der klagenden Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die klagende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Gebührenstreitwert wird im Beschlusswege festgesetzt auf die Wertstufe bis 4.000,00 EUR.

Tatbestand

Die Klägerin machte gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Der Beklagte übernimmt die Schadensregulierung für ein ausländisches Fahrzeug, das in Deutschland in einen Verkehrsunfall verwickelt ist. Der Beklagte übernimmt insoweit die Pflichten eines Haftpflichtversicherers.

Der VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen … steht im Eigentum der Klägerin.

Die Klägerin parkte ihr Fahrzeug am 16.7.2020 in der H.-K.-Allee in Höhe der Hausnummer ….

Der Fahrzeugführer der Sattelzugmaschine, mit dem amtlichen Kennzeichen … (Polen), der Zeuge Herr …, befuhr zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt am 16.07.2020 die H.-K.-Allee befahren. Die Sattelzugmaschine und der Auflieger sind bei dem polnischen Versicherer … haftpflichtversichert. Der Beklagte ist der Regulierungsbeauftragte.

Der Pkw der Klägerin wurde im Bereich des linken Außenspiegels und der Tür beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 2679,01 EUR netto, 3.107,65 EUR brutto. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kostenvorschlag der … Anlage K 3, Bl. 12 – 13 d. A., Bezug genommen. Die Ursache für die Beschädigung ist zwischen den Parteien streitig.

Die zum Unfallort gerufene Polizei B. leitete ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernen vom Unfallort ein. Unter dem Aktenzeichen … erließ die das Amtsgericht Braunschweig am 11.02.2021 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig einen Strafbefehl gegen den Zeugen … wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Dieser ist rechtskräftig. Wegen der Einzelheiten zu dem Ergebnis der Ermittlungen wird auf den Anlagenband … Bezug genommen.

Die Klägerin beauftragte ihre Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Verkehrsunfall.

Die Prozessbevollmächtigten meldeten die Ansprüche erstmals mit Schreiben vom 26.01.2021 gegenüber der … an.

Mit weiterem Schreiben vom 24.2.2021 setzte Prozessbevollmächtigten eine Frist zur Regulierung bis zum 17.3.2021.

Die Klägerin behauptet, die Sattelzugmaschine habe beim Wenden das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug der Klägerin beschädigt. Die Schäden seien auf eine Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen zurückzuführen. Nach der Kollision habe sich der Fahrer unerlaubt vom Unfallort entfernt.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu 100 % zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund des Unfallereignisses vom 16.7.2020 auf der H.-K.-Allee, Höhe Hausnummer 9, in 38122 Braunschweig entstanden ist bzw. noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2021, Bl. 55 – 57 d. A., sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2022 des Amtsgericht Pila (Sad Rejonowy w Pile), Polen, Bl. 113 – 114 d. A.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Das Amtsgericht Braunschweig ist sachlich (§§ 23, 71 GVG) und örtlich (§ 32 ZPO) zuständig. Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

Das rechtliche Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich daraus, dass sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zur Zeit der Klageerhebung noch in der Entwicklung befand. Bei Klageerhebung war erst ein Teil des Schadens entstanden. Die Entstehung weiteren Schadens – nämlich des Nutzungsausfallschadens bei Reparatur des Fahrzeuges – ist nach dem Vorbringen der Klägerin noch zu erwarten. In einer derartigen Fallgestaltung ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig. Die Klägerin ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2003 – VI ZR 304/02, VersR 2003, 1256; vom 28. September 1999 – VI ZR 195/98, VersR 1999, 1555, 1556; BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 – III ZR 204/89, VersR 1991, 788, 789).“

Im Übrigen ist die Feststellungsklage an Stelle der an sich möglichen Leistungsklage zulässig, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf. Dies gilt insbesondere, wenn es sich – wie vorliegend – bei der beklagten Partei um ein großes Versicherungsunternehmen handelt (vgl. Urteil des BGH vom 15.03.2006 – IV ZR 4/05).

II.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf volle Erstattung des ihr entstandenen Schadens aus §§ 7, 17 StVG, 6 Abs. 1 PfltVersG, 115 VVG zu.

Der Zeuge … hat gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen.

Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Zeuge … die H.-K.-Allee befuhr und beim Wenden gegen das Fahrzeug der Klägerin stieß und dieses beschädigte.

Dies folgt aus den Angaben des Zeugen …. Dieser gab an, dass ein Lkw an dem Wendehammer rangiert habe. Er sei ein halbes U gefahren. Als er den Anhänger habe gerade ziehen wollen, sei eine Art es gefahren. Dabei sei er mit dem Anhänger zu nah an das parkende Auto gekommen. Es sei zum Zusammenstoß gekommen. Der Zeuge … hat den Unfallhergang glaubhaft und detailliert und widerspruchsfrei geschildert, ohne dass seine Angaben einstudiert gewirkt hätten. Der Zeuge konnte wesentliche Umstände benennen, die auf die Unfallverursachung durch den polnischen LKW schließen lassen. Der Zeuge gab an ein Namensschild mit dem Buchstaben M erkannt zu haben. Ebenso habe er den Fahrer des LKW sehen können, den er später an der Ladestelle wiedergesehen habe. Diesen konnte er dem Aussehen nach beschreiben und erkannte diesen im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage durch die Polizei wieder. Der Zeuge war auch in der Lage die Farben des LKW und des Anhängers anzugeben. Erinnerungslücken hat der Zeuge freimütig eingeräumt. Dass der Zeuge nach so langer Zeit nicht mehr genau wusste, ob nun der LKW oder der Anhänger rot waren, spricht nicht gegen, sondern für seine Glaubwürdigkeit. Der Zeuge hat sich zwar bei den zeitlichen Abläufen im Vergleich zu seinen Angaben vor der Polizei widersprochen. Allerdings hat der Zeuge auf entsprechenden Vorhalt glaubhaft erklärt, welchen Weg der LKW bis zur Ladestelle gefahren sein muss und seine zeitliche Angabe korrigiert und klargestellt, dass er sich bei den zeitlichen Abläufen unsicher sei. Schließlich sind bei dem Zeugen als unbeteiligtem Dritten auch keinerlei Belastungstendenzen zu erkennen.

Die gewonnene Überzeugung wird nicht durch die Angaben des Zeugen … erschüttert. Dieser gab an, nichts von einer Kollision gemerkt zu haben. Anzeichen einer Kollision habe es nicht gegeben. Die Angaben des Zeugen sind unglaubhaft. Sie sind oberflächig und schweigen zu dem eigentlichen Unfallhergang. Der Zeuge konnte insbesondere keine Angaben zu dem behaupteten Wendemanöver und dem Gespräch mit dem Zeugen … machen. Vielmehr war die Aussage von auffällig vielen Erinnerungslücken geprägt und lassen Verteidigungstendenzen erkennen.

Die Tatsache, dass der polnische LKW um 12:06 Uhr im Bereich der Gewerbeparks Z. unterwegs war, steht der glaubhaften Aussage des Zeugen … ebenfalls nicht entgegen. Der genaue Unfallzeitpunkt steht nicht fest. Daher ist es gut möglich, dass sich der LKW, der sich laut GPS auch im Bereich der Unfallstelle aufgehalten hatte, sich beim Eintreffen der Polizei bereits entsprechend entfernt hatte.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

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