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Verkehrsunfall – Erstattungsumfang Mietwagenkosten

LG Baden-Baden – Az.: 3 S 23/20 – Urteil vom 14.01.2021

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bühl vom 22.05.2020, Az. 2 C 41/20, im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von restlichen Mietwagenkosten aus der Rechnung der Firma X., Beleg-Nr. … vom 31.07.2019 in Höhe von weiteren 244,35 Euro freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 244,35 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit der Mietwagenkosten der Höhe nach.

Das Amtsgericht Bühl hat eine Freistellung von den Mietwagenkosten in Höhe von 594,44 Euro zugesprochen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Schätzung der Mietwagenkosten weder isoliert nach der „Schwackeliste“, noch isoliert nach der Fraunhofer-Liste durchzuführen sei, sondern hieraus ein arithmetisches Mittel zu bilden sei. Weiter sei ein Abzug vorzunehmen, weil es sich bei dem Mietwagen nicht um ein sog. Selbstfahrervermietfahrzeug handele.

Hiergegen wendet sich der Kläger und Berufungskläger (im Weiteren Kläger). Die richtige Schätzgrundlage sei die “ Schwackeliste „. Der Abzug wegen der Tatsache, dass es sich nicht um ein Selbstfahrervermietfahrzeug handele, sei nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt, Unter Abänderung des am 22.05.2020 verkündeten Urteils des Amtsgerichtes Bühl, Az. 2 C 41/20 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger von restlichen Mietwagenkosten aus der Rechnung der Firma X., Beleg-Nr. … vom 31.07.2019 in Höhe von weiteren 244,35 Euro freizustellen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte (im Weiteren Beklagte) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Schätzung sei zu Recht anhand des arithmetischen Mittels vorgenommen worden. Der Abzug sei zu Recht erfolgt.

Das Gericht nimmt Bezug auf den Vortrag der Parteien in den Schriftsätzen in der 1. und 2. Instanz sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Freistellung von den restlichen Mietwagenkosten in Höhe weiterer 244,35 Euro.

Die Kammer richtet ihre Schätzung nach der Schwacke-Liste. Die Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des Tatrichters. (vgl. BGH NJW 2013, 1870) Die Art der Schätzgrundlage ist durch § 287 ZPO nicht vorgegeben. Sofern entsprechende Listen existieren, steht es dem Richter frei, diese seiner Schätzung zu Grunde zu legen. Dabei steht es dem Tatrichter im Rahmen seines Ermessens frei von mehreren Listen eine auszuwählen. Das Zugrundelegen der “ Schwacke-Liste“ ist dabei keinesfalls fehlerhaft (BGH NJW 2008, 1519; OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.2013 – 13 U 159/12; OLG Karlsruhe NZV 2010, 472).

Nach den oben genannten Grundsätzen war der geltend gemachte Betrag in Höhe von 1408,79 Euro für die Mietwagenkosten erforderlich und damit ersatzfähig.

Unter Zugrundelegung der „Schwacke“-Liste ergibt sich unter Berücksichtigung des Postleitzahlengebietes „…“, der Mietdauer von 19 Tagen und der Fahrzeuggruppe 9 ein Betrag in Höhe von 3597,79.

Hiervon waren fünf Prozent ersparte Eigenaufwendungen in Abzug zu bringen. Demnach sind Mietwagenkosten in Höhe von 3417,90 Euro als erforderlich anzusehen.

Verkehrsunfall - Erstattungsumfang Mietwagenkosten
(Symbolfoto: alexfan32/Shutterstock.com)

Von diesem Betrag waren keine 50 Prozent in Abzug zu bringen, weil es sich bei dem angemieteten Fahrzeug um ein „Werkstattersatzwagen“ handelte. (vgl. im Ergebnis so auch OLG Dresden, Urteil vom 04. November 2020 – 1 U 995/20 –, juris) Gemäß § 249 Abs. 1 BGB sind die erforderlichen Kosten zu ersetzen. Erforderlich im Sinne des § 249 BGB sind nur solche Kosten, welche ein vernünftiger Dritter in der Situation des Geschädigten für erforderlich gehalten hätte. Insoweit ist anerkannt, dass Kosten aufgrund der Anmietung eines KFZ als ersatzfähiger Schaden gelten. Die „Schwacke“-Liste ist taugliche Schätzgrundlage für die Kosten der Anmietung eines KFZ von einem gewerblichen Autovermieter. Einen besonderen Markt nur für Werkstattersatzfahrzeuge gibt es nicht.

Es kann im Übrigen keine Rolle spielen, ob das KFZ über das Autohaus, die Werkstatt oder über eine reine gewerbliche Autovermietung angemietet wurde. Alle aufgezählten Vertragspartner haben gemeinsam, dass sie gewerblich am Markt agieren und ihren Kunden als Unternehmer gegenüberstehen. Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten durfte er unabhängig von dem konkreten, gewerblich agierenden Vertragspartner die Anmietung eines KFZ gegen den eingeklagten Betrag vornehmen. Anderes kann nur dann geltend, wenn das KFZ nicht von einem gewerblich agierenden Vertragspartner, sondern von einem privaten Vertragspartner zu hohen Preisen angemietet wird. (vgl. BGH NJW 1975, 255 OLG Hamm Urteil vom 24.02.1993, Az 13 U 182/92; OLG Dresden, aaO) Das ist hier aber nicht der Fall.

Dabei kann es ebenfalls nicht relevant sein, ob es sich bei dem angemieteten KFZ um ein sog. „Selbstfahrervermietfahrzeug“ nach § 13 Abs. 2 Satz 2 FZV handelt. Dies kann der Geschädigte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erkennen. Er ist nicht gehalten, vor der Anmietung zu überprüfen ob das KFZ korrekt versichert und angemeldet ist.

Abzuziehen waren jedoch bereits durch die Beklagte geleistete 570 Euro. Abzüglich der bereits zugesprochenen 594,44 Euro ergibt sich der weitere Anspruch in Höhe von 244,35 Euro.

Sowohl die Kostenentscheidung erster Instanz als auch die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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