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Verkehrsunfall Kleinkraftrad mit Pkw – Nichttragen von Motorradschutzkleidung – Mitverschulden

Gericht entscheidet: Keine Mitverschuldung bei Motorradunfall ohne Schutzkleidung

In einem Verkehrsunfall zwischen einem Kleinkraftrad und einem Pkw wurde der Kleinkraftradfahrer trotz seiner Vorfahrtsberechtigung von einem Pkw erfasst und verletzt, woraufhin das Gericht den Pkw-Fahrer und dessen Versicherung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Kleinkraftradfahrer verurteilte, ohne das Nichttragen von Motorradschutzkleidung als Mitverschulden zu werten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 C 364/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kläger, Fahrer eines Mopeds, erlitt durch den Unfall erhebliche Verletzungen und wurde vom Gericht ein Schmerzensgeld von 4.000 € zugesprochen, wobei bereits gezahlte 1.000 € angerechnet wurden.
  • Die Beklagten, Fahrer und Versicherung des Pkw, wurden trotz ursprünglich zugestandener voller Haftung in der Verhandlung zur Zahlung verurteilt, wobei ein Mitverschulden des Klägers durch Nichttragen von Schutzkleidung abgelehnt wurde.
  • Das Gericht erkannte auf eine 100%ige Haftungsquote der Beklagten, da der Kläger vorfahrtsberechtigt war und seine leichten Kleidungsstücke bei der Unfallart keine Rolle spielten.
  • Es wurde festgestellt, dass die Beklagten dem Kläger auch zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen haben.
  • Die Argumentation der Beklagten, der Kläger hätte den Unfall durch bessere Sichtbarkeit vermeiden können, wurde abgelehnt.
  • Die Verletzungen des Klägers wurden detailliert beschrieben, und es wurde hervorgehoben, dass diese zu langanhaltenden Schmerzen führten.
  • Die Entscheidung bezüglich des Schmerzensgeldes berücksichtigte den langwierigen Heilungsprozess und das erhebliche Schmerzempfinden des Klägers.
  • Es wurde kein Mitverschulden des Klägers wegen Nichttragens von Motorradschutzkleidung anerkannt, da der Unfall nicht auf eine hohe Geschwindigkeit oder unsachgemäße Kleidung zurückzuführen war.

Schmerzensgeldanspruch nach Verkehrsunfall

Bei einem Verkehrsunfall zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Kleinkraftrad können schwere Verletzungen die Folge sein. Der Geschädigte hat in solchen Fällen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld. Die Höhe richtet sich dabei insbesondere nach der Schwere der erlittenen Verletzungen und der Dauer des Heilungsprozesses.

Eine weitere zentrale Frage ist, inwieweit ein mögliches Mitverschulden des Geschädigten zu berücksichtigen ist. Hier sind beispielsweise Sorgfaltspflichten wie das Tragen von Schutzkleidung relevant. Die Gerichte prüfen im Einzelfall, ob das Nichttragen bestimmter Kleidung mit ursächlich für den Umfang der eingetretenen Verletzungen war.

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➜ Der Fall im Detail


Unfall zwischen Kleinkraftrad und Pkw führt zu Rechtsstreit um Schmerzensgeld

In Bad Muskau kam es zu einem schweren Verkehrsunfall zwischen einem Kleinkraftrad und einem Pkw, bei dem der Mopedfahrer erhebliche Verletzungen davontrug.

Unfall Motorrad
(Symbolfoto: Dmitry Surov /Shutterstock.com)

Der Fahrer des Kleinkraftrades, der bei dem Unfall Prellungen und großflächige schlecht heilende Wunden erlitt, forderte von den Beklagten – dem Pkw-Fahrer sowie dessen Haftpflichtversicherung – ein angemessenes Schmerzensgeld. Die zentrale Streitfrage drehte sich um das Nichttragen von Schutzkleidung durch den Kläger und ob dies ein Mitverschulden darstellt, das die Schadensersatzansprüche mindern könnte.

Gerichtliches Urteil zugunsten des Kleinkraftradfahrers

Das Amtsgericht Weißwasser entschied am 26. Juni 2014 (Az.: 6 C 364/13) zu Gunsten des Klägers. Die Beklagten wurden verurteilt, gesamtschuldnerisch ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zu zahlen, wovon 1.000 Euro bereits gezahlt waren. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Beklagten den zukünftigen immateriellen Schaden des Klägers vollständig zu ersetzen haben. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der vollen Haftung der Beklagten aufgrund des Verkehrsverstoßes der Pkw-Fahrerin, die den Vorfahrtsberechtigten Mopedfahrer übersah und erfasste.

Rechtliche Bewertung des Nichttragens von Schutzkleidung

Ein wesentliches rechtliches Problem in diesem Fall war die Frage, inwiefern das Nichttragen von Motorradschutzkleidung durch den Kläger sein Mitverschulden darstellt. Das Gericht wies die Argumentation der Beklagten zurück, wonach dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten sei. Es befand, dass der Unfallhergang und die Schwere der Verletzungen nicht durch das Tragen von Schutzkleidung wesentlich beeinflusst worden wären. Besonders hervorgehoben wurde, dass der Kläger durch das Mitgeschleiftwerden über eine Distanz von ca. 10 m Verletzungen erlitt, die durch Schutzkleidung nicht unbedingt verhindert worden wären.

Betrachtung der erlittenen Verletzungen und deren Folgen

Die Verletzungen des Klägers waren Gegenstand detaillierter Untersuchungen. Er musste aufgrund von Prellungen und offenen Wunden, die von der Wade bis zum Knie reichten, stationär und ambulant behandelt werden. Die Heilung gestaltete sich langwierig, was durch ärztliche Berichte belegt wurde. Diese Verletzungen führten zu einer vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit des Klägers, die das Gericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte.

Bedeutung des Urteils für ähnliche Fälle

Das Urteil unterstreicht, dass beim Nichttragen von Schutzkleidung ein Mitverschulden des Unfallopfers nicht automatisch angenommen werden kann, insbesondere wenn die Art des Unfalls und die dadurch entstandenen Verletzungen nicht zwingend durch Schutzkleidung verhindert worden wären. Dieses Urteil kann somit für ähnlich gelagerte Fälle richtungsweisend sein, in denen es um die Frage des Mitverschuldens beim Nichttragen von Schutzkleidung geht.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rolle spielt das Tragen von Schutzkleidung bei der Beurteilung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall?

Das Tragen von Schutzkleidung spielt bei der Beurteilung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall eine wichtige Rolle, auch wenn es in Deutschland keine gesetzliche Pflicht dafür gibt. Gerichte prüfen, ob dem Geschädigten ein Mitverschulden anzulasten ist, wenn er keine oder unzureichende Schutzkleidung trug und dadurch die Unfallfolgen verschlimmert wurden.

Nach § 254 BGB hängt die Ersatzpflicht und der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde. Grundsätzlich muss jeder Verkehrsteilnehmer eigenverantwortlich Vorsorge für seine Sicherheit treffen. Motorradfahrer müssen daher beim Fahren geeignete Schutzkleidung tragen, um Verletzungen bei Unfällen zu minimieren.

Kommt es zu einem Unfall, bei dem der Motorradfahrer keine oder unzureichende Schutzkleidung trug, kann ihm dies als Mitverschulden angelastet werden. Die Versicherung des Unfallverursachers kann dann die Leistungen kürzen oder im Extremfall sogar ganz verweigern. Auch ein zugesprochenes Schmerzensgeld kann niedriger ausfallen.

Allerdings muss das Mitverschulden im Einzelfall nachgewiesen werden. Es reicht nicht aus, pauschal auf fehlendes Schutzbekleidung zu verweisen. Vielmehr ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die konkreten Verletzungen durch das Tragen geeigneter Motorradkleidung hätten vermieden oder gemindert werden können. Die Darlegungs- und Beweislast liegt dabei bei demjenigen, der sich auf das Mitverschulden beruft, in der Regel also bei der gegnerischen Versicherung.

Insgesamt zeigt sich, dass Motorradfahrer auch zu ihrem eigenen Schutz stets geeignete Motorradbekleidung tragen sollten. Nur so können sie Gesundheitsschäden bei Unfällen minimieren und zugleich verhindern, dass ihnen später ein Mitverschulden vorgeworfen wird, das ihre Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche schmälert.

Welche Faktoren beeinflussen die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall?

Die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die wichtigsten Kriterien sind:

  1. Schwere und Dauer der Verletzungen: Je schwerwiegender die körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen sind und je länger sie andauern, desto höher fällt in der Regel das Schmerzensgeld aus. Dabei spielen Aspekte wie Schmerzen, notwendige Behandlungen, Arbeitsunfähigkeit und bleibende Schäden eine wichtige Rolle.
  2. Verschuldensgrad des Unfallverursachers: Hat der Schädiger den Unfall grob fahrlässig oder gar vorsätzlich herbeigeführt, wirkt sich das erhöhend auf das Schmerzensgeld aus. Bei nur leichtem Verschulden kann die Entschädigung dagegen niedriger ausfallen.
  3. Regulierungsverhalten der gegnerischen Versicherung: Verzögert die Versicherung des Unfallverursachers die Schadensregulierung unangemessen oder behandelt den Geschädigten respektlos, kann auch dies zu einem höheren Schmerzensgeld führen.
  4. Einbuße an Lebensqualität und Lebensfreude: Beeinträchtigt der Unfall die Lebensführung des Geschädigten erheblich, etwa durch den Verlust von Aktivitäten und Fähigkeiten, ist dies ebenfalls ein Grund für ein höheres Schmerzensgeld.
  5. Alter des Geschädigten: Bei jüngeren Unfallopfern, die Verletzungsfolgen länger ertragen müssen, fällt das Schmerzensgeld oft höher aus als bei älteren Menschen.

Gerichte orientieren sich bei der Bemessung häufig an Schmerzensgeldtabellen, in denen Urteile zu vergleichbaren Fällen gesammelt sind. Diese Tabellen dienen aber nur als Anhaltspunkt. Letztlich ist immer eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls unter Würdigung aller relevanten Umstände erforderlich.

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Wie wird zukünftiger immaterieller Schaden bei Verkehrsunfällen berücksichtigt?

Bei Verkehrsunfällen können neben den unmittelbar eintretenden Schäden auch zukünftige immaterielle Schäden eine wichtige Rolle spielen. Gerichte berücksichtigen solche potenziellen Zukunftsschäden wie folgt:

Grundsätzlich kann der Geschädigte neben einem bezifferten Schmerzensgeldantrag für bereits eingetretene Schäden auch einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige immaterielle Schäden stellen. Dieser Feststellungsantrag umfasst dann alle Schäden, die in Zukunft noch eintreten können, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Klage noch nicht absehbar sind.

Für die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrags ist es ausreichend, dass zukünftige Schäden zumindest möglich erscheinen. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist nicht erforderlich. Hintergrund ist der Gedanke des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG.

Bei der Bemessung des bezifferten Schmerzensgeldes finden dagegen nur die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen und erkennbaren Verletzungsfolgen Berücksichtigung. Reserveursachen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Erscheinung getreten sind, bleiben außer Betracht.

Stellt sich später heraus, dass die geltend gemachten Schäden nicht vollständig auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, kann der Schädiger bzw. dessen Versicherung im Wege des Bereicherungsausgleichs einen Teil des gezahlten Schmerzensgeldes zurückfordern.

Insgesamt zeigt sich, dass die Kombination aus einem bezifferten Schmerzensgeldantrag und einem Feststellungsantrag für zukünftige Schäden den Interessen des Geschädigten am besten gerecht wird. Er kann so eine angemessene Entschädigung für die bereits erlittenen Beeinträchtigungen erreichen und zugleich sicherstellen, dass er auch für später eintretende Unfallfolgen Ersatz verlangen kann.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt die Schadensersatzpflicht bei der Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder eines sonstigen Rechts. Im Kontext des Verkehrsunfalls zwischen Kleinkraftrad und Pkw ist dieser Paragraph zentral für die Begründung des Schmerzensgeldanspruchs des Klägers aufgrund der erlittenen körperlichen Verletzungen.
  • § 253 Abs. 2 BGB: Erweitert die Möglichkeiten des Schadensersatzes um den immateriellen Schaden, sprich Schmerzensgeld, das dem Verletzten für die erlittenen Schmerzen und Leiden zusteht. Dieser Paragraph ist relevant, da das Gericht dem Kläger ein Schmerzensgeld zuspricht.
  • § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 4 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Befasst sich mit der Haftung der Versicherung bei einem Verkehrsunfall. Dies ist wichtig für die Feststellung der Verpflichtung der Haftpflichtversicherung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz.
  • Verkehrsrecht: Allgemeiner Rechtsbereich, der die Regeln der Teilnahme am Straßenverkehr umfasst. Dieser Bereich ist essentiell, da der Fall einen Verkehrsunfall betrifft und Fragen der Vorfahrt und möglichen Verkehrsverstöße der Beteiligten behandelt.
  • Schmerzensgeldrecht: Ein spezialisierter Teil des Schadensersatzrechts, der sich mit der Zuerkennung von Schmerzensgeld bei körperlichen und seelischen Verletzungen befasst. Für den vorliegenden Fall ist dieser Rechtsbereich zentral, da der Kläger Schmerzensgeld für seine Verletzungen fordert und erhält.
  • Versicherungsrecht: Dieser Rechtsbereich ist relevant für die Beurteilung der Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers und spielt eine wichtige Rolle bei der Klärung der Deckung von Schadensersatzansprüchen.


Das vorliegende Urteil

AG Weißwasser – Az.: 6 C 364/13 – Urteil vom 26.06.2014

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,- € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.04.2013 abzüglich am 07.05.2013 gezahlter 1.000,- €.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger unter Zugrundelegung einer 100 %igen Haftungsquote den zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom 12.07.2013 in Bad M. noch entstehen wird.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten gesamtschuldnerisch zu tragen.

4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 3.500,- EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Schmerzensgeldanspruch geltend, resultierend aus einem Verkehrsunfallereignis, welches sich am … zugetragen hat. Hierbei war der Kläger Fahrer eines Mopeds S51 mit Kennzeichen … wobei am Unfall beteiligt waren die Beklagte zu 1) als Fahrer eines Pkw … mit amtlichen Kennzeichen … welches zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war. Hierbei fuhr vor dem Unfall der Kläger entlang der … Straße und wollte nach links in die …-Straße abbiegen. Von dort aus näherte sich die Beklagte zu 1) in der Absicht, den Kreuzungsbereich geradeaus in Richtung … zu überqueren. Der Kreuzungsbereich ist an der Unfallstelle gut einsehbar.

Der Kläger ist gegenüber der Beklagten zu 1) vorfahrtsberechtigt gewesen. Gleichwohl hatte die Beklagte zu 1) den Kläger übersehen, mit dem Pkw erfasst und über eine Distanz von ca. 10 m mitgeschleift.

Auf Grund des Unfallereignisses wurde gegen die Beklagte zu 1) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet …, welches jedoch gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von … zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung eingestellt wurde.

Infolge des Unfalls erlitt der Kläger nachfolgende Verletzungen:

– Prellung linke Wade und Kniegelenk

– Hämatom am Unterschenkel bis hin zum Gesäß

– großflächige schlecht heilende offene Wunden vom Knöchel bis zum Knie.

Im Zeitraum vom 12.07.-19.07.2012 erfolgte eine stationäre Behandlung des Klägers, wobei die ambulante Weiterbehandlung bis 17.01.2013 erfolgt ist. Ein täglicher Verbandswechsel war erforderlich gewesen. Hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigung und dessen Umfanges verweist der Kläger auf den ärztlichen Bericht des Krankenhauses … vom 14.02.2013 (Bl. 8-11 d.A), dem Arztbericht der Hausärztin … vom 11.11.2012 (Bl. 12-14 d.A.) sowie dem ärztlichen Bericht des behandelnden Chirurgen … vom 02.02.2013 (Bl. 15, 16 d.A.). Insbesondere im letzteren war eine Erwerbsunfähigkeit zu 50 % bis 09.10.2012 und weitergehend zu 30 % bis 14.01.2013 bescheinigt.

Die Beklagte zu 2) wurde mit Schreiben vom 19.04.2013 aufgefordert, bis spätestens 19.04.2013 ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 3.500,- € zu zahlen. Daraufhin erfolgte eine Zahlung in Höhe von 1.000,- € am 07.05.2013 unter Abweisung einer weitergehenden Forderung. Hierbei ist insbesondere ein Mithaftungsanteil von 1/3 eingewandt worden, da nach Darstellung der Beklagten der Kläger im Unfallzeitpunkt Motorradschutzbekleidung nicht getragen habe.

Der Kläger stellte sodann folgende Anträge:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesteift wird, den Betrag von 3.500,- € jedoch nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.04.2013, abzüglich am 07.05.2013 gezahlter 1.000,- €, zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger unter Zugrundelegung Haftungsquote von 100 % den zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom 12.07.2013 in Bad Muskau noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragten, kostenpflichtige Klageabweisung.

Die 100 %ige Einstandspflicht hat die beklagte Seite zunächst zugestanden, wobei lediglich die Höhe des Schmerzensgeldes streitig sei.

Da sich die Verletzungen insbesondere an den Beinen des Klägers zeigen, müsse dem Kläger Schmerzensgeld mindernd zugerechnet werden, dass er keine Schutzbekleidung getragen habe. Im Hinblick auf die Verletzungen sei ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 1.500,- € angemessen, so dass unter Abzug eines Betrages von 1/3 die Zahlung in Höhe von 1.000,- € ausreichend erscheint. Die vom Kläger geforderten 3.500,- € werden durch die Beklagten als überhöht bewertet.

Darüber hinaus bestehe auch kein Feststellungsinteresse, da der Arztbericht … auf den bis zum 11.11.2012 getroffenen Feststellungen beruht, wenn es dort heißt, dass spätere Folgen nicht ausgeschlossen werden können. Der von … erstellte Arztbericht vom 02.02.2013 sei aktueller und wurde auch nach Abschluss der Heilbehandlung gefertigt. Aus diesem sei zu entnehmen, dass Anzeichen für einen Dauerschaden nicht erkennbar seien. Vorsorglich wurde bestritten, dass ein neues Eröffnen der Wunde eingetreten sei und dies darüber hinaus auch nicht kausal unfallursächlich wäre.

Der Kläger hat hierauf erwidert, dass zum Unfallzeitpunkt durch ihn lange Jeans und ein T-Shirt getragen wurde und als weitere Oberbekleidung eine langärmlige Kapuzenjacke. Im Übrigen sei die Verletzung nicht etwa durch eine besonders hohe Eigengeschwindigkeit des Mopeds verursacht worden infolge eines etwaigen Sturzes, sondern durch den Mitschleifvorgang nach der Kollision.

Sofern es die Wunderöffnung anbelangt, ist diese auch erst nach Attestierung durch … eingetreten.

Beklagtenseits wurde sodann ergänzend eingewandt, dass hinsichtlich der Unfallentstehung die Kreuzung weit einsehbar gewesen sei, so dass der Kläger das sich nähernde Fahrzeug der Beklagten zu 1) hätte auch erkennen können und der Unfall so vermeidbar gewesen wäre. Der Unfall hat sich im Übrigen auf der rechten Seite der Kreuzung – in der Fahrspur der Beklagten zu 1) – zugetragen.

Die Klägerseite hat hierauf erwidert, dass die 100 %ige Einstandspflicht vorprozessual zugestanden wurde und auf dieser Grundlage bereits eine Abrechnung erfolgt ist, weshalb die nun erhobenen Einwendungen unbeachtlich wären zum Unfallhergang.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.06.2014 hat das Gericht sodann das informelle Anhören des Klägers durchgeführt – auf die von diesem abgegebenen Erklärungen im Protokoll wird verwiesen.

Des Weiteren sind die in der Unfallakte enthaltenen Fotos zu den Verletzungen in Augenschein genommen worden

Im Übrigen wird verwiesen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Prozess beteiligten bis einschließlich 06.06.2014 bei Gericht eingehend.

Entscheidungsgründe

Der auf §§ 823 (1), 253 (2) BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 4 VVG gestützte Klageantrag ist zulässig und begründet.

Beim Schmerzensgeldanspruch handelt es sich um keinen spezifischen deliktischen Anspruch. Ein solcher gilt sowohl für vertragliche Schadenersatzhaftung bei Verletzung eines der in § 253 (2) BGB genannten Rechtsgüter ebenso wie bei Verschuldens unabhängiger außervertraglicher Haftung. Hierbei besteht der Zweck des Schmerzensgeldes insbesondere darin, dem Verletzten die ihm entstandenen immateriellen Schäden angemessen auszugleichen. Der Verletzte (hier: Kläger) soll demnach einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten und damit in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, welche die erlittenen Beeinträchtigungen jeweils teilweise ausgleichen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten auch eine gewisse Genugtuung verschaffen, was ihm vom Schädiger angetan wurde.

Sofern es die vorgenannte „Genugtuungsfunktion“ anbelangt, handelt es sich hier um einen sogenannten „Unglücksschaden“, wobei in einem solchen Fall das sogenannte „Opfergenugtuungsbedürfnis“ relativ niedrig angesetzt wird oder auch gänzlich in Wegfall geraten kann. Der Genugtuungsfunktion kommt immer dann wachsende Bedeutung zu, wenn die Schädigung vorsätzlich oder in bewusster sonstiger Verletzungsabsicht mit gegebenenfalls heimtückischer Motivation erfolgt ist.

Im Hinblick auf das hier vorliegende und bestehende unstreitige Unfallereignis kann jedoch grundsätzlich von den vorgenannten Voraussetzungen der besonderen Berücksichtigung einer Genugtuungsfunktion nicht ausgegangen werden.

Gleichwohl sind die vom Kläger erlittenen Beeinträchtigungen nicht bedeutungslos bzw. so geringfügig, als dass es der Zubilligung eines Schmerzensgeldbetrages nicht bedarf.

Im konkreten Fall war wegen des Vorliegens eines Verkehrsverstoßes jedoch beachtlich gewesen, dass hier eine grobe fahrlässige Verletzung eines Vorfahrtsrechtes vorgelegen hat, da die Beklagte zu 1) gegenüber dem Kläger wartepflichtig gewesen ist.

Die grobe Unaufmerksamkeit wird bereits dadurch erkennbar, dass die Beklagte zu 1) den Kläger nach dem Unfallereignis mit dem Moped über eine Distanz von 10 m mitgeschleift hat und erst dann zum Stehen gekommen ist. Aufgrund des Zusammenstoßes auf der rechten Fahrbahn der Beklagten zu 1) ist auch die sichere Annahme gegeben, dass der Kläger zu dem Zeitpunkt gerade in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, als es zum Zusammenstoß gekommen ist.

Die Betriebsgefahr des klägerischen Mopeds tritt vollständig zurück im Hinblick auf die gravierende Vorfahrtspflichtverletzung der Beklagten zu 1), so dass das Gericht an einer 100 %igen Einstandspflicht nicht den geringsten Zweifel hat.

Folgerichtig sind die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet, dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.

Im Zusammenhang mit der Inaugenscheinnahme der Verletzungen am linken Knie ist zu erkennen, dass es dort zu großflächigen Ablederungen und Abtragung der Haut gekommen ist. Gerade in solchen Bereichen (Knickbereich des Knies) tritt eine verlangsamte Neubildung der Haut ein, da durch die Bewegung an dieser Stelle die Schorfbildung immer wieder aufgebrochen wird. Insofern ist es aus gerichtlicher Sicht vollständig erklärbar, dass im Zusammenhang mit dieser Verletzung – einhergehend mit mehrmonatigen täglichen Verbandswechsel – ein erhebliches Schmerzempfinden verbunden war.

Aber auch die Bescheinigung der verminderten Erwerbsfähigkeit bis 09.10.2012 um 50 % und dann folgend bis 14.01.2013 um 30 % durch den ärztlichen Bericht des … vom 02.02.2013 (Bl. 15, 16 d.A) belegt, dass sich die auf die Knieheilbehandlung erstreckende Dauer äußerst langfristig gestaltet hat.

Sofern – was nach Anhörung des Klägers als unstreitig angenommen werden kann – mit dem Unfall einhergehend auch eine Herzinfarktbehandlung eingesetzt hat, kann seitens des Gerichtes auch eingeschätzt werden, dass unter Ausblendung der Herzinfarktsymptome sich das Verletzungsbild am linken Bein äußerst umfangreich und besonders schmerzhaft dargestellt hat. Die andauernden Schmerzen über mehrere Monate sind durchaus nachvollziehbar. Derartige Hautablederungen sind von ihrem Heilungsprozess vergleichbar mit Brandwunden, die in aller Regel schon jeder irgendwann im Leben erfahren hat und deshalb auch der Unterzeichner aus eigenen Erfahrungen – ohne Sachverständiger sein zu müssen – mit Gewissheit sagen kann, dass sich das Schmerzbild als erheblich darstellt und der Heilungsprozess insofern äußerst langwierig und schmerzhaft ist.

Deshalb sieht es das Gericht als angemessen an, für diese gesundheitliche Beeinträchtigungen über den Zeitraum von mehr als einem halben Jahr dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 4.000,- € zuzubilligen, von welchem bereits am 07.05.2013 durch die Beklagte zu 1) eine Teilzahlung in Höhe von 1.000,- € erfolgt ist. Folglich sind noch 3.000,- € zu zahlen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich der Kläger auch kein – das Schmerzensgeld mindernde – Verhaften insofern anrechnen zu lassen, als dass dieser im Zeitpunkt des Unfalls keine Motorradschutzbekleidung getragen hat. Der Unfall ist mit einem S51 eingetreten – einem einspurigen Fahrzeug, welches einen Hubraum unter 50 cm3 hat und nicht als Motorrad zugelassen ist. Bauartentsprechend sind Geschwindigkeiten von über 60 km/h in aller Regel nicht zu erreichen.

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Unfall eingetreten ist zu einem Zeitpunkt, als eine sogenannte Kurvenfahrt Vorgelegen hat – demnach die Geschwindigkeit ohnehin minimiert war – und dies auch im innerörtlichen Bereich. Wenn unter dieser Voraussetzung der Kläger bei Benutzung des Mopeds lange Jeans, ein T-Shirt und darüber eine langärmlige Kapuzenjacke getragen hat, so vermag das Gericht nicht im Geringsten zu erkennen, dass diese Bekleidung für die Benutzung des Mopeds ungeeignet gewesen wäre. Abgesehen davon, dass es ohnehin keine gesetzliche Verpflichtung zum Tragen von Motorradschutzbekleidung existiert, sind die Verletzungen ja insbesondere nicht deshalb eingetreten, da es zu einer Kollision bei hoher Geschwindigkeit gekommen ist und hierbei das Verletzungsbild entstanden wäre – vielmehr handelt es sich um Hautabschürfungen und um Ablederungen infolge des Mitschleifens über eine Distanz von ca. 10 m.

Demnach ist die von den Beklagten bemühten Rechtsprechung zur Reduzierung des Schmerzensgeldbetrages für den hierzu entscheidenden Fall nicht einschlägig und demnach unbeachtlich. Eine – wie auch immer geartete – Zurechenbarkeit der Verletzungsfolgen zu Lasten des Klägers ist nicht gegeben.

Nach Ansicht des Gerichtes ist auch das Feststellungsinteresse auf Seiten des Klägers gegeben, da dieser letztendlich auch unbestritten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.06.2014 dargelegt hat, dass trotz Abheilung der Hautverletzungen nach wie vor zum Teil Beschwerden im Kniebereich spürbar sind. Ob sich letztendlich und in tatsächlicher Hinsicht noch weitergehende Verletzungsfolgen manifestieren, muss insofern nicht zwingend gesichert sein – lediglich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts noch unberücksichtigter Verletzungsfolgen ist ausreichend, um ein Feststellungsinteresse zu begründen. Dies sieht das Gericht insofern als gegeben an.

Folgerichtig war eine antragsgemäße Entscheidung zu treffen.

Die getroffene Kostenentscheidung erging gem. § 91 (1) ZPO.

Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung stützt sich auf § 709 Satz 1 ZPO.

Bei der Streitwertfestsetzung war zu berücksichtigen, dass der Klageantrag Ziff. 1 mit 3.000,- € zu bewerten war (4.000,- € abzüglich bereits gezahlter 1.000,- €) und der Klageantrag Ziff. 2 mit 500,- € geschätzt wurde. Folglich war ein Streitwert von 3.500,- € festzusetzen.

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