LG Wiesbaden – Az.: 8 S 30/10 – Urteil vom 28.04.2011
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden – Az.: 92 C 876/10 (13) – vom 15.09.2010 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.691,74 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.01.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtstreits zu tragen. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die Klage ist in vollem Umfang begründet, das erstinstanzliche Urteil war somit antragsgemäß abzuändern.
III. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 249 BGB, 398 BGB aus abgetretenem Recht zu.
Die Einstandpflicht der Beklagten als Versicherung des von dem Zeugen A genutzten Taxifahrzeugs dem Grunde nach ist unstreitig. Im Streit stehen lediglich die von der Klägerin, die eine Fahrzeugvermietung betreibt und ausschließlich Taxen vermietet, geltend gemachten Mietwagenkosten des Zeugen A für den Zeitraum vom 25.11. bis 08.12.2008.
Dabei werden von der Klägerin von den angefallenen Mietwagenkosten in Höhe von 3.828,62 € 320,88 € ersparte Eigenaufwendungen abgezogen, so dass ein Betrag in Höhe von 3.507,74 € verbleibt. Abzüglich einer Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 816,00 € ergibt sich die Klagesumme in Höhe von 2.691,74 €.
Dieser Betrag ist gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auch erstattungsfähig. Der Schädiger hat auch die Kosten eines Mietwagens zu ersetzen. Denn der Schadensersatzpflichtige hat den Zustand zu ersetzen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Dieser Zustand wird bei Beschädigung eines Fahrzeugs während der Dauer der Fahrzeugreparatur durch die Nutzung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs – eben auch eines Mietwagens – hergestellt.
Der Ersatzanspruch ist nicht nach § 251 Abs. 2 BGB auf den dem Geschädigten durch den Ausfall seines Taxis entgangenen Gewinns beschränkt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Inanspruchnahme eines Mietwagens aus der ex-ante Sicht geradezu unvertretbar erschien, wobei die Beweislast beim Schädiger liegt. Dies ist hier nicht der Fall.
Um eine Unvertretbarkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens herleiten zu können, müsste ein Vergleich der Nettomietwagenkosten mit dem Verdienstausfall zu einer solchen Überhöhung der Mietwagenkosten im Verhältnis zum Umsatz / Verdienstausfall führen, dass die Inanspruchnahme eines Mietwagens nicht mehr gerechtfertigt wäre. Ein solches Missverhältnis ist hier nicht ersichtlich.
Den Nettomietwagenkosten in Höhe von 3.507,74 € steht ein Umsatz von 2.052,24 € gegenüber. Dieser Umsatz errechnet sich aus einem Betrag in Höhe von 2.779,50 € Gesamtumsatz, was einen Nettoumsatz in Höhe von 2.597,66 € ergibt. Davon abgezogen werden die variablen Betriebskosten in Höhe von 545,42 €, so dass sich für die 14 Tage der Benutzung des Taxis ein Umsatz vom 2.052,24 € ergibt.
Dabei entspricht das Verhältnis des Gesamtumsatzes in Höhe von 2.052,24 € zu den Nettomietwagenkosten in Höhe von 3.507,74 € 1 zu 1,66, so dass auch bei Überschreitung der Nettomietwagenkosten gegenüber dem Umsatz nicht von Unverhältnismäßigkeit gesprochen werden kann.
Der Zeuge A war auf ein Mietersatzfahrzeug angewiesen, auch wenn dies gegenüber dem tatsächlich erzielten Umsatz höhere Mietkosten verursachte, da er sein Taxigeschäft nicht 14 Tage brach liegen lassen konnte. Ansonsten wäre er Gefahr gelaufen seine Stammkunden zu verlieren.
Der zu Grunde gelegte Nettoumsatz in Höhe von 2.052,24 € legt dabei täglich erzielte Umsätze von ca. 200,00 € zu Grunde.
Diese durchschnittlichen Umsätze sind vom Zeugen A in seiner Bestätigung, die als Anlage K 8 zu den Akten gereicht wurde, dargelegt. Die dort aufgeführten Beträge hat der Zeuge in der Beweisaufnahme am 11.08.2010 (Blatt 126 ff. d. A.) auch so bestätigt. Auf Nachfragen hat er auch erläutert, dass im November oder Dezember es normalerweise mehr Fahrten als sonst gäbe, so dass in diesem Zeitraum relativ mehr Umsätze erzielt würden, auch wenn ansonsten lediglich 150,00 € als täglicher Umsatz zu Grunde zu legen sind.
Die Kammer hat keine Anhaltspunkte an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen A zu zweifeln. Sofern das erstinstanzliche Gericht die Aussage des Zeugen A nicht zu Grunde legt, weil der erkennende Richter 200,00 € als täglichen Umsatz auf Grund eigener Marktbeobachtung als zu hoch einschätzt, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Einen ist die eigene Sachkunde des erkennenden Richters im Rechtstreit nicht eingeführt worden, zum Anderen wird damit die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen selbst nicht in Frage gezogen.
Die Kammer sieht keinen Widerspruch darin, dass der effektive Ausfallschaden im Durchschnitt mit 150,00 € täglich von dem Zeugen A angegeben wird, für den konkreten Nutzungszeitraum jedoch ein täglicher Durchschnittsbetrag von ca. 200,00 € dargelegt wird. Denn der fiktive Ausfallschaden beruht auf Schätzungen für einen Quartalszeitraum, also für einen längeren Zeitraum, während die Bestätigung in K 4 konkret die Umsätze im Anmietzeitraum belegt. Dass diese in diesen 14 Tagen im Durchschnitt höher gewesen sind, hat der Zeuge nachvollziehbar damit begründet, dass in dem Zeitraum Ende November / Anfang Dezember eine höhere Nachfrage nach Taxen bestehe.
Damit sind die vom Zeugen A angegebenen Umsatzzahlen als zutreffend zu Grunde zu legen.
Im Übrigen hätte aber auch ein geringerer Umsatz in Höhe von 150,00 € täglich für den geltend gemachten Zeitraum nicht ohne Begründung zu einer Klageabweisung führen dürfen. Zwar hätte sich dann das Verhältnis zwischen Verdienstausfall gegenüber dem Netto – Mietwagenkosten dahingehend verschoben, dass die Mietwagenkosten entsprechend den Verdienstausfall deutlicher übersteigen. Ob damit jedoch Unverhältnismäßigkeit gegeben gewesen wäre, wäre dann mit den geänderten Zahlen zu prüfen gewesen.
Sofern die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren vorträgt, dass die Klägerin nicht Inhaberin der Schadensersatzforderung des Zeugen A geworden sei, da die Forderung nicht bestimmbar sei und die Forderungsabtretung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspräche, dringt sie damit nicht durch. In der Forderungsabtretung (Anlage K 2) heißt es, dass der Zeuge A seine „Forderung auf Ersatz der Kosten für ein Mietfahrzeug bzw. auf Verdienstausfall“ an die Klägerin abtritt.
Dies ist nicht zu beanstanden, da falls der Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten zum Beispiel keinen Erfolg hätte, wenn diese deutlich überhöht wären, er gleichwohl einen Anspruch auf den Verdienstausfall hätte, so dass grundsätzlich zwei Ansprüche denkbar sind, die somit abgetreten sein sollen.
Sofern die Beklagte geltend macht, dass vom Bruttoumsatz Lohnkosten in Höhe von 50 % abzusetzen seien, kann sie damit nicht durchdringen, da der Zeuge A Einzelunternehmer ist und keinen Fahrer hat.
Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 ff. BGB.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit in § 708 Nr. 10, § 711, 713 ZPO.
Gründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO, die für eine Zulassung der Revision sprechen, sind nicht gegeben.