Lamborghini-Crash auf Probefahrt: Kein Schadensersatz für Klägerin
Im Zentrum der rechtlichen Betrachtung steht ein Verkehrsunfall, der während einer Probefahrt mit einem hochwertigen Sportwagen, dem Lamborghini Huracan LP 580, auftritt. Ein solcher Vorfall wirft komplexe Fragen bezüglich der Haftung und des Schadensersatzes auf. Insbesondere geht es um die Klärung der Verantwortlichkeit des Fahrzeugführers für die entstandenen materiellen Schäden. Hierbei sind insbesondere die Aspekte der vorsätzlichen oder fahrlässigen Verursachung des Unfalls sowie die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche von Bedeutung.
Ein wesentlicher Punkt ist auch die Frage nach der Anwendung von Verjährungsfristen auf derartige Ansprüche, die maßgeblich für die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzforderungen sein können. Dies betrifft sowohl die direkten Schadenskosten als auch zusätzliche Posten wie Gutachterkosten oder Nutzungsausfall. Die juristische Auseinandersetzung bietet damit Einblicke in die Schnittstellen zwischen Verkehrsrecht, Versicherungsrecht und allgemeinen Haftungsfragen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Oberlandesgericht Dresden wies die Berufung der Klägerin ab, die Schadensersatz für den bei einer Probefahrt entstandenen Totalschaden an ihrem Lamborghini Huracan LP 580 forderte. Die Klage wurde abgewiesen, da der Beklagte nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hatte und die Ansprüche zudem verjährt waren.
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Abweisung der Berufung: Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Leipzig, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 20.10.2022 zurückzuweisen.
- Keine vorsätzliche oder grobe Fahrlässigkeit: Dem Beklagten konnte keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verursachung des Unfalls nachgewiesen werden.
- Fragen der Fahrzeugüberlassung: Die Einordnung der Fahrzeugüberlassung als Leihe oder entgeltliche Überlassung war strittig, beeinflusste aber nicht das Urteil.
- Verjährung der Ansprüche: Zentrales Element war die Verjährung der Schadensersatzansprüche, die bereits zum Zeitpunkt der Klageeinreichung eingetreten war.
- Anwendung von § 548 BGB: Die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten nach § 548 Abs. 1 BGB wurde als anwendbar angesehen, da der Beklagte das Fahrzeug zeitweise nutzen durfte.
- Beginn der Verjährungsfrist: Die Verjährungsfrist begann unmittelbar nach dem Unfall, als die Klägerin das Fahrzeug zurückerhielt.
- Keine Hemmung der Verjährung: Es gab keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen zwischen den Parteien.
- Kosten des Berufungsverfahrens: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen, da keine neuen, im früheren Rechtszug geltend zu machenden Vorbringen zu einer anderen Entscheidung geführt hätten.
Übersicht:
Der Unfall und die Entstehung des Rechtsstreits
In dem vorliegenden Rechtsstreit ging es um Schadensersatzansprüche der Klägerin, die aus einem Verkehrsunfall resultierten. Der Unfall ereignete sich, als der Beklagte am Steuer eines Lamborghini Huracan LP 580, der im Eigentum der Klägerin stand, einen Verkehrsunfall verursachte. Dieser Vorfall führte zu materiellen Schäden am Sportwagen. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz, der sich aus dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, abzüglich des Restwerts, sowie weiteren Kosten wie Gutachterkosten, Nutzungsausfall und einer Unkostenpauschale zusammensetzte. Der Gesamtbetrag, den die Klägerin forderte, belief sich auf 135.263,09 EUR, zuzüglich Zinsen.
Die rechtliche Auseinandersetzung und Argumentation der Klägerin
Die rechtliche Auseinandersetzung entstand durch die unterschiedliche Beurteilung der Verantwortlichkeit des Beklagten für den Unfall. Das Landgericht wies die Klage ab, da es dem Beklagten weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung des Unfalls nachweisen konnte. Die Klägerin legte daraufhin Berufung ein und argumentierte, dass das Verhalten des Beklagten zumindest als grob fahrlässig eingestuft werden müsse. Sie verwies auf das Vorliegen einer Vollkaskoversicherung und die Versicherungsbedingungen, die eine Deckung bei grober Fahrlässigkeit ausschließen würden. Des Weiteren behauptete die Klägerin, dass der Beklagte mit mindestens 170 km/h gefahren sei und bot die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden
Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall lagen in der Klärung der Frage, ob der Beklagte den Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat und ob daraus Schadensersatzansprüche der Klägerin resultieren. Ein zentraler Aspekt war die Bewertung der Fahrgeschwindigkeit und des Fahrverhaltens des Beklagten, insbesondere in Bezug auf die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nachgestellt.
Das Oberlandesgericht Dresden entschied, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und bestätigte damit das Urteil des Landgerichts Leipzig. Das Gericht befand, dass die Klägerin weder Ansprüche auf Schadensersatz aus vorsätzlicher noch aus fahrlässiger Verletzung ihres Eigentums gegen den Beklagten geltend machen kann. Ein entscheidender Punkt war die Verjährung der Ansprüche. Laut Gericht war die im Berufungsverfahren erstmals erhobene Verjährungseinrede zuzulassen, da die anspruchsbegründenden Umstände zwischen den Parteien unstreitig waren. Die gemäß § 548 Abs. 1 BGB anwendbare Verjährungsfrist von sechs Monaten begann am Tag des Unfalls und war zum Zeitpunkt der Klageeinreichung bereits abgelaufen. Das Gericht stellte fest, dass keine ausreichenden Beweise für eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Handlung des Beklagten vorlagen, die zu einer Ausnahme von der Regelverjährung geführt hätten.
Bedeutung und Fazit des Urteils
Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant. Sie betonen die Bedeutung der Verjährungsfristen im Schadensersatzrecht und verdeutlichen, dass selbst bei schwerwiegenden Unfällen mit hochwertigen Fahrzeugen wie dem Lamborghini Huracan LP 580 die rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen essenziell ist. Zudem illustriert der Fall die Schwierigkeiten bei der Beweisführung hinsichtlich der Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes in Verkehrsunfällen.
Das Fazit dieses Urteils ist, dass die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche nicht durchsetzen konnte, da einerseits die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war und andererseits keine ausreichenden Beweise für eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Handlung des Beklagten vorlagen. Dieses Urteil zeigt deutlich die Komplexität von Schadensersatzklagen im Kontext von Verkehrsunfällen und die Bedeutung einer sorgfältigen juristischen Prüfung und Argumentation.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Inwiefern beeinflusst das Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die Haftung für einen Verkehrsunfall?
Die Haftung für einen Verkehrsunfall in Deutschland wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, einschließlich des Vorhandenseins von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass der Betrieb eines Kraftfahrzeugs bereits eine Haftung für entstandene Schäden begründet, unabhängig davon, ob eine konkrete Schuld oder ein Verstoß gegen geltende Verkehrsregeln vorliegt. Dieses Konzept wird als „Betriebsgefahr“ bezeichnet und kann dazu führen, dass der Halter eines Fahrzeugs für einen Teil des Schadens haftet, selbst wenn er nicht direkt am Unfall beteiligt war.
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Haftung. Bei vorsätzlich verursachten Schäden kommt keine Haftungsbeschränkung in Frage. Das bedeutet, dass der Verursacher voll für den Schaden haften muss. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße außer Acht gelassen wird. Auch in diesem Fall ist eine Beschränkung der Haftung nicht möglich.
Leichte Fahrlässigkeit hingegen, bei der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird, kann zu einer Haftungsbeschränkung führen. Allerdings ist eine solche Beschränkung nicht in allen Fällen wirksam. Insbesondere bei Körper- und Gesundheitsschäden ist eine Haftungsbegrenzung auch bei leichter Fahrlässigkeit unwirksam. Bei Sach- und Vermögensschäden kann die Haftung für leichte Fahrlässigkeit grundsätzlich ausgeschlossen werden, sofern dies nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners führt.
Es gibt auch Fälle von verschuldensunabhängiger Haftung, bei denen weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorliegen müssen. Diese Art der Haftung ist strenger und wird unabhängig davon angewendet, ob ein Umstand verschuldet wurde oder nicht. Beispiele für die verschuldensunabhängige Haftung sind die Produkthaftung, die Tierhalterhaftung und die Haftung des Fahrzeughalters.
Bei Verkehrsunfällen haftet der Teil, der den Unfall vorwiegend verschuldet hat, grundsätzlich nach § 823 I BGB bzw. § 7 StVG. Es wird dann mit dem gesamten Vermögen gehaftet, und zwar zu dem Anteil, zu dem der Schädiger es verschuldet ist.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die Haftung für einen Verkehrsunfall erheblich beeinflussen kann. Während bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit eine volle Haftung besteht, kann bei leichter Fahrlässigkeit eine Haftungsbeschränkung möglich sein. Bei verschuldensunabhängiger Haftung hingegen spielt das Vorhandensein von Vorsatz oder Fahrlässigkeit keine Rolle.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Dresden – Az: 13 U 2371/22 – Urteil vom 16.08.2023
In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 12.07.2023 Schriftsätze eingereicht werden konnten, am 16.08.2023 für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 20.10.2022
– 4 O 3105/19 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Endurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags erbringt.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 140.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen materieller Schäden, die ihr dadurch entstanden, dass der Beklagte als Führer des ihr gehörenden Sportwagens Lamborghini Typ Huracan LP 580 am … einen Verkehrsunfall verursachte. Zu dem hierzu im ersten Rechtszug vorgetragenen Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen. In diesem sind auf Seite 3 unten allerdings der Restwert mit 51.500,00 EUR netto und der dort als „Schadensbetrag“ bezeichnete Wiederbeschaf-fungsaufwand mit 131.112,44 EUR netto unzutreffend wiedergegeben. Richtig sind ein Restwert von 31.500,00 EUR brutto, was 26.470,59 EUR netto entspricht, und ein Wiederbeschaf-fungsaufwand von 131.092,44 EUR. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Wie-derbeschaffungswert von 157.563,03 EUR netto und dem Restwert von 26.470,59 EUR netto. Unter Ansatz der Gutachterkosten von 805,65 EUR netto, einem Nutzungsausfallschaden von 3.325,00 EUR und einer Unkostenpauschale von 40,00 EUR hat die Klägerin mit dem Klage-antrag zu Ziffer 1 deshalb zuletzt die Zahlung der sich ergebenden Summe von insgesamt 135.263,09 EUR nebst Zinsen begehrt. Den ursprünglich angekündigten Antrag über 135.283,09 EUR, der im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben ist, hat sie unter Verweis auf einen Rechenfehler berichtigt (S. 3 des Protokolls vom 17.01.2022, LGA 77).
Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen, weil dem Beklagten im Ergebnis der Beweisaufnahme eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Schadenser-eignisses nicht vorzuwerfen sei. Für einfache Fahrlässigkeit habe er nicht einzustehen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie ist der Ansicht, dass selbst nach den Wertungen der angefochtenen Entscheidung der Beklagte zumindest im Umfang der – der Höhe nach noch aufzuklärenden – Selbstbeteiligung zur Zahlung hätte verurteilt werden müssen. Die Überlassung des Kraftfahrzeugs habe das Landgericht rechtsfehlerhaft als Leihe eingeordnet. Ein Leihverhältnis habe nicht vorgelegen, weil zwischen der C. GmbH und dem Beklagten eine entgeltliche Fahrzeugüberlassung vereinbart gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe in keinem Schuldverhältnis zum Beklagten gestanden. Sie nehme ihn aus deliktischer Haftung in Anspruch. Die Würdigung des Landgerichts, der Beklagte habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig das Unfallereignis herbeigeführt, widerspreche bereits dem Einleitungssatz des unstreitigen Tatbestands, weil die Verursachung des wirtschaftlichen Totalschadens am Fahrzeug der Klägerin durch den Beklagten dort ohne jede Einschränkung niedergelegt sei. Übersehen habe das Landgericht ihre Ausführungen zum Vorliegen einer Vollkaskoversicherung bei der xxx Versicherung AG. Nach deren Versicherungsbedingungen sei eine Deckung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, insbesondere in den Fällen des Tatbestands nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, ausgeschlossen. Richtigerweise müsse das Verhalten des Beklagten zumindest als grob fahrlässig bewertet werden. In diesem Zusammenhang habe die Klägerin in Bezug auf die von ihr behauptete Fahrgeschwindigkeit von mindestens 170 km/h die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten, dessen Einholung vom Dezernatsvorgänger der Einzelrichterin auch angekündigt gewesen sei. Die Einzelrichterin habe den als Anlage K 10 vorgelegten Ermittlungsbericht der Polizeibeamten nicht beachtet und wesentliche Inhalte der Zeugenaussagen ausgeblendet. Das Aussageverhalten des Zeugen Z1 sei nicht widersprüchlich gewesen. Die Widersprüche seien durch das Gericht konstruiert worden, indem es dem Zeugen unrichtige und unvollständige Vorhaltungen aus dem ebenfalls beim Landgericht Leipzig unter dem Aktenzeichen 9 O 1729/19 geführten Parallelverfahren gemacht habe. Es habe zugrunde gelegt, dass der Zeuge das Tachoinstrument als Beifahrer nicht habe einsehen können, ohne eine Beweiserhebung dazu durchzuführen. Letztlich erkläre sich die Einzelrichterin auch nicht konsequent, ob der Zeuge nun die Unwahrheit gesagt habe. Weiter habe das Landgericht die Beweisantritte zum Drücken der Sporttaste übersehen. Allerdings komme es darauf auch nicht an. Denn es sei nicht entscheidend, welchen Weg der Beklagte zum Erreichen der Maximalbeschleunigung gewählt habe. Mit den Tatbestandsmerkmalen von § 315d Abs. 1 Nr. 3
StGB habe sich das Landgericht schließlich nicht ansatzweise auseinandergesetzt.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten unter Abänderung des am 20.10.2022 verkündeten Urteils zu verurteilen, an sie 135.283,09 EUR zuzüglich einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 01.01.2019 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Schadensersatzpflicht des Beklagten im Tenor zu Ziffer 1 aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultiert,
3. den Beklagten ferner zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 3.392,95 EUR netto zuzüglich einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 01.01.2019 durch Zahlung zu ersetzen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, hält an seinem erstinstanzlichen Vorbringen fest und erhebt zusätzlich die Einrede der Verjährung.
Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, weil das Landgericht die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen hat.
Die Klägerin kann den Beklagten weder aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, noch aus einer fahrlässigen Verletzung ihres Eigentums auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Eventuelle Ansprüche sind nicht mehr durchsetzbar, weil sich der Beklagte berechtigt auf deren Verjährung beruft.
1. Die erstmals im zweiten Rechtszug erhobene Verjährungseinrede ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 ZPO zuzulassen, weil nicht nur deren Erhebung, sondern auch die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGH, Beschluss vom 23.06.2008 – GSZ 1/08, zitiert nach juris).
2. Die – unterstellten – Ansprüche waren bereits verjährt, als die Klage am 23.12.2019 beim Landgericht einging. Eine gemäß § 167 ZPO auf diesen Zeitpunkt zurückwirkende Verjährungshemmung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) konnte nicht mehr bewirkt werden. Denn die gemäß § 548 Abs. 1 BGB anwendbare Verjährungsfrist betrug sechs Monate und begann noch am Tag des Unfalls zu laufen.
a) Der Anwendungsbereich von § 548 Abs. 1 BGB ist eröffnet.
aa) Die Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache. Für Ansprüche aus Pachtverhältnissen be-stimmt § 581 Abs. 2 BGB eine entsprechende Anwendung. Zugleich enthält § 548 Abs. 1 BGB einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch bei vergleichbaren Rechtsverhältnissen zur An-wendung kommt. Ansprüche aus gemischten Verträgen unterfallen ebenfalls § 548 Abs. 1 BGB, wenn sie einen überwiegend mietvertraglichen Charakter aufweisen oder der Vertrag aus selbstständigen Teilen besteht, soweit der mietvertragliche Teil betroffen ist (BGH, Urteil vom 10.04.2002 – XII ZR 217/98 Rn. 20; Urteil vom 19.12.2001 – XII ZR 233/99, Rn. 18, zitiert jeweils nach juris; Staudinger/Emmerich (2021) BGB § 548 Rn. 2 u.3a; BeckOK BGB/Wiederhold, § 548 Rn. 4). Angesichts des weiten Anwendungsbereichs von § 548 Abs. 1 BGB unterliegen nicht nur vertragliche Ansprüche der kurzen Verjährung, sondern auch die aus demselben Sachverhalt herrührenden konkurrierenden Ansprüche, etwa aus unerlaubter Handlung oder aus dem Eigentum (BGH, Urteil vom 29.06.2011 – VIII ZR 349/10, Rn. 12; Urteil vom 23.05.2006 – VI ZR 259/04, Rn. 14, zitiert jeweils nach juris; BeckOK BGB/Wiederhold, § 548 Rn. 4). Selbst vorsätzliche Schädigungen werden erfasst. Eine Ausnahme bilden lediglich Ersatzansprüche wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB (BGH, Urteil vom 27.04.2001 – LwZR 6/00, Rn. 11; Urteil vom 17.06.1993 – IX ZR 206/92, Rn. 20 ff., zitiert jeweils nach juris; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 548 Rn. 7). Auch in persönlicher Hinsicht kann der Anwendungsbereich von § 548 BGB über die Vertragsparteien hinausgehen, wenn etwa Eigentümer und Vermieter nicht identisch, aber wirtschaftlich eng miteinander verbunden sind oder der Eigentümer die Vermietung der Sache gestattet hat (BGH, Urteil vom 21.03.1997 – V ZR 217/95, Rn. 19 f., zitiert nach juris; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 548 Rn. 5a).
bb) Nach diesen Maßgaben fallen die von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter den Anwendungsbereich von § 548 Abs. 1 BGB. Denn der Beklagte erhielt zumindest im Einverständnis mit der Klägerin die zeitweise Möglichkeit zur Nutzung des im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeugs. Ob dabei die Klägerin selbst oder, wie sie behauptet, ein von ihr beauftragter Subunternehmer durch Einlösen des gegen Entgelt erworbenen Gutscheins zum Vertragspartner des Beklagten wurde, kann daher offenbleiben. Dass ihm zugleich ein Beifahrer zur Seite gestellt wurde, der mit dem Fahrzeug vertraut war und die entsprechenden Kenntnisse an ihn weitergeben konnte, steht der Einordnung des vom Beklagten eingegangenen Vertragsverhältnisses als ein unter § 548 Abs. 1 BGB fallender Gebrauchsüberlassungsvertrag nicht entgegen. Dadurch erhielt das Verhältnis kein dienstvertragliches Gepräge, wie es etwa bei einer Tätigkeit des Beifahrers als Fahrlehrer der Fall gewesen wäre. Im Übrigen war der Beifahrer nicht nur helfender Begleiter des jeweiligen Fahrzeugnutzers. Nach dem unstreitig gebliebenen Vorbringen des Beklagten bestand die Aufgabe des Beifahrers auch und vor allem darin, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nach der Fahrt wieder an den Ausgangsort gelangte und nicht gestohlen werden konnte. Insoweit diente er dem Vermieter- und Eigentümerinteresse.
cc) Die Anwendbarkeit von § 548 Abs. 1 BGB ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Fahrzeug der Klägerin bei dem vom Beklagten verursachten Unfall einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Bei einer völligen Zerstörung der Mietsache ist § 548 Abs. 1 BGB zwar un-anwendbar, da er voraussetzt, dass die – lediglich veränderte oder verschlechterte – Mietsache vom Mieter zurückgegeben werden kann (BGH, Urteil vom 23.05.2006 – VI ZR 259/04, Rn. 17, zitiert nach juris); ein wirtschaftlicher Totalschaden steht der völligen Zerstörung indes nicht gleich. Sie hindert die Rückgabe der Mietsache nicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2005 – 24 U 9/05, zitiert nach juris; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 548 Rn. 10). So verhielt es sich auch im Streitfall. Das Fahrzeug war weiterhin existent, konnte zurückgegeben werden und wurde von der Klägerin angabegemäß im beschädigten Zustand verkauft.
dd) Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu Lasten der Klägerin eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB begangen haben könnte, für welche die Regelverjährung gemäß § 199 BGB zu gelten hätte, bestehen nicht. Dem Beklagten kann schon nicht vorgeworfen werden, die Klägerin vorsätzlich geschädigt zu haben.
(1) Die Klägerin kann sich insbesondere nicht darauf berufen, der Beklagte habe sich eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 StGB schuldig gemacht.
Die genannte Vorschrift stellt kein von § 823 Abs. 2 BGB erfasstes Gesetz zum Schutz des Eigentums der Klägerin dar. Denn die Gefährdung des vom Täter geführten Fahrzeugs wird vom Schutzzweck des § 315d StGB – wie auch bei § 315c StGB (BGH, Urteil vom 18.11.1997 – 4 StR 542/97, Rn. 7, zitiert nach juris) – selbst dann nicht erfasst, wenn es, wie hier, in fremdem Eigentum steht (Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 315d StGB, Rn. 67).
Abgesehen davon lässt sich auch nicht feststellen, dass das Verhalten des Beklagten die tat- bestandlichen Voraussetzungen von § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllte. Die Norm erfasst Fälle, in denen der Täter mit einem Kraftfahrzeug ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt. Das hierfür er-forderliche grob verkehrswidrige und rücksichtslose Sich-Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit muss dabei im Sinne einer überschießenden Innentendenz von der Absicht getragen sein, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Die strafbarkeitsbegründende Absicht muss darauf gerichtet sein, die nach den Vorstellungen des Täters unter den konkreten situativen Gegebenheiten – wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witte- rungs- und Sichtverhältnisse etc. – maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Da der Gesetzgeber mit dem Absichtserfordernis dem für das Nachstellen eines Rennens kennzeichnenden Renncharakter Ausdruck verleihen wollte, ist für das Absichtsmerkmal weiterhin zu verlangen, dass sich die Zielsetzung des Täters nach seinen Vorstellungen auf eine unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten nicht ganz unerhebliche Wegstrecke bezieht (BGH, Be-schluss vom 17.02.2021 – 4 StR 225/20, Rn. 15, zitiert nach juris). Objektive Anhaltspunkte, die den Schluss auf eine solche Absicht zulassen könnten, bestehen im Streitfall nicht. Die von der Klägerin behauptete Durchführung eines Kickdowns genügt dafür nicht. Mit diesem soll eine möglichst schnelle Beschleunigung des Fahrzeugs erreicht werden. Daraus könnte nicht gefolgert werden, dass der Beklagte daran anschließend mit höchstmöglicher Geschwindigkeit weiterfahren wollte. Die von der Klägerin behauptete Tatsache, dass dem Beklagten hierfür eine ausreichend lange Strecke zur Verfügung gestanden hätte, genügt insoweit nicht.
(2) Eine vorsätzliche Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 303 Abs. 1 StGB) lässt sich gleichfalls nicht feststellen. Aus den vorgetragenen objektiven Anhalts-punkten kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Beklagte den Unfall mit dem von ihm gefahrenen Fahrzeug wissentlich und willentlich herbeiführte. Dagegen spricht insbesondere der Umstand, dass der Beklagte annehmen musste, eine Kollision bei hoher Geschwindigkeit würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhebliche Verletzungen (auch) des Fahrzeugführers zur Folge haben – die Klägerin selbst nennt es ein „Wunder“, dass der Beklagte und sein Beifahrer den Anprall an den Baum überlebten -, und nichts dafür ersichtlich ist, dass der Beklagte eine solche Eigenverletzung zumindest billigend in Kauf nahm.
b) Die Verjährung begann gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin die Sache zurückerhielt. Das war unmittelbar nach dem Unfall der Fall. Die Klägerin konnte die Sachherrschaft über das Fahrzeug sogleich wieder ausüben. Wie aus dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion … vom …, der sich in der vom Landgericht beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft … befindet, hervorgeht, wurde das Fahrzeug noch am Unfalltag im Auftrag des Eigentümers geborgen und abgeschleppt.
c) Folglich war die Verjährungsfrist von sechs Monaten zum Zeitpunkt der Klageeinreichung im Dezember 2019 längst abgelaufen. Dass die Verjährung in der Zwischenzeit gehemmt worden sei, hat die dafür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 204 Rn. 55) schon nicht behauptet. Abgesehen davon sind Umstände, die eine (ausreichende) Hemmung hätten herbeiführen können, auch nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus dem den Beklagten zur Zahlung auffordernden Schreiben der Klägerin vom 18.12.2018 (Anlage K 4) und dem darauf bezugnehmenden Antwortschreiben vom 09.01.2019 (Anlage K 8) nicht, dass die Parteien in Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände i.S.v. § 203 BGB eingetreten waren. Dazu hätte es eines ernsthaften Meinungsaustausches über den Anspruch und seine tatsächlichen Grundlagen bedurft (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 203 Rn. 2). Ein derartiger kommunikativer Prozess geht aus den beiden Schreiben nicht hervor. Der Beklagte lehnte den geltend gemachten Anspruch vielmehr ab.
III.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Berufung zu tragen. Die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 97 Abs. 2 ZPO, wonach die Kosten eines Rechtsmittels ganz oder teilweise der obsiegenden Partei aufzuerlegen sind, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war, liegen nicht vor. Der Beklagte hätte die Einrede der Verjährung zwar schon vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beim Landgericht erheben können. Nach dem Grundsatz vernünftiger wirtschaftlicher Prozessführung kann ihm ein schuldhaftes Zurückhalten der Einrede, wie es für die Heranziehung von § 97 Abs. 2 ZPO erforderlich wäre (BGH, Urteil vom 10.02.1960 – V ZR 113/58, zitiert nach beck-online; MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl., § 97 Rn. 24; BeckOK ZPO/Jaspersen, § 97 Rn. 26), aber nicht zum Vorwurf gemacht werden. Da die Klägerin den Klageanspruch nicht auf ein Vertragsverhältnis stützt, hat das Durchgreifen der auf § 548 Abs. 1 BGB zu stützenden Verjährungseinrede zum einen jedenfalls nicht als von vornherein rechtlich unzweifelhaft auf der Hand gelegen. Zum anderen spricht das Verhalten der Klägerin dafür, dass sie sich mit der Entscheidung des Landgerichts selbst dann nicht zufrieden gegeben hätte, wenn sie schon dort aufgrund der Verjährungseinrede unterlegen wäre. Denn sie hat die Berufung eingelegt, obwohl sie nach dem nicht nachgelassenen und deshalb vom Landgericht nicht mehr berücksichtigten erstinstanzlichen Schriftsatz des Beklagten vom 06.10.2022 wusste, dass sich dieser nun auf die Verjährung berufen will. Sind die Kosten des Berufungsverfahrens somit nicht durch das Zurückbehalten der Verjährungseinrede entstanden, so entfällt der Grund, sie dem Beklagten aufzuerlegen (BGH, Urteil vom 19.09.1973 – VIII ZR 175/72, VersR 1974, 58).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens entspricht dem in der Hauptsache verfolgten Leistungsbegehren. Der Feststellungsantrag zu Ziffer 2 erhöht den Gebührenstreitwert nicht (BGH, Beschluss vom 13.02.2013 – II ZR 46/13, Rn. 3, zitiert nach juris). Gleiches gilt für den Klageantrag zu Ziffer 3 (§ 43 Abs. 1 GKG).