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Verkehrsunfall – Pflicht zum Spurhalten im Fahrstreifen

Das Kammergericht Berlin hat in einem Urteil vom 3. September 2020 (Az. 22 U 162/19) über einen Verkehrsunfall entschieden und die Berufung des Klägers teilweise zugelassen. In dem Fall geht es um die Frage, ob der Beklagte seine Pflicht zum Spurhalten im Fahrstreifen verletzt hat und dadurch den Unfall verursacht hat. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Beklagte gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat und somit für den entstandenen Schaden haftbar ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 22 U 162/19 >>>

Pflicht zum Spurhalten und Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht

Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte beim Halten vor einer roten Ampel den rechten Fahrstreifen gewechselt hat, ohne auf das im rechten Fahrstreifen fahrende Fahrzeug des Klägers zu achten. Obwohl der Beklagte zunächst den mittleren Fahrstreifen in Anspruch genommen hatte, durfte der Kläger den rechten Fahrstreifen nutzen, da der Beklagte die Sorgfaltspflichten des § 7 Abs. 5 StVO verletzt hat. Gemäß dieser Vorschrift müssen Fahrstreifenwechsel rechtzeitig angekündigt und deutlich durchgeführt werden, um Missverständnisse im Verkehr zu vermeiden. Der Beklagte hat diese Anforderungen nicht erfüllt.

Schadensersatzansprüche des Klägers

Der Kläger konnte den entstandenen Schaden in Form der Reparaturkosten durch ein Privatgutachten belegen. Das Gericht stellte fest, dass strenge Anforderungen an die Darlegung des Schadens aufgrund von Vorschäden gestellt werden, jedoch eine Schätzung des Wiederbeschaffungswertes möglich ist, wenn ein abgrenzbarer Vorschaden vorliegt. In diesem Fall wurde der Vorschaden durch das Gutachten belegt und vom Gutachter bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes berücksichtigt.

Nutzungsausfallentschädigung und fiktive Schadensberechnung

Der Kläger machte auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend. Das Gericht stellte jedoch fest, dass ein solcher Anspruch nicht fiktiv, sondern nur bei konkretem Nutzungswillen und -möglichkeit des Klägers geltend gemacht werden kann. Da der Kläger eine Reparatur durchgeführt hatte, konnte er keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung aufgrund einer fiktiven Betrachtung geltend machen.

Fazit

Das Kammergericht Berlin entschied in dem vorliegenden Fall zugunsten des Klägers und sprach ihm Schadensersatz in Höhe der Reparaturkosten zu. Der Beklagte hatte seine Pflicht zum Spurhalten verletzt und den Unfall verursacht. Das Gericht erklärte zudem, dass strenge Anforderungen an die Darlegung von Vorschäden gestellt werden, jedoch eine Schätzung des Wiederbeschaffungswertes möglich ist, wenn ein abgrenzbarer Vorschaden vorliegt. Der Kläger konnte den Schaden durch ein Privatgutachten belegen. Hinsichtlich der Nutzungsausfallentschädigung wurde festgestellt, dass ein solcher Anspruch nur bei konkretem Nutzungswillen und -möglichkeit besteht und nicht fiktiv geltend gemacht werden kann.


Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 22 U 162/19 – Urteil vom 03.09.2020

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 27. September 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 43 des Landgerichts Berlin – 43 O 235/18 – teilweise geändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

1. an den Kläger 4.666,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2018 zu zahlen,

2. den Kläger von den Sachverständigenkosten in Höhe von 1.184,48 €, resultierend aus der Rechnung des A & K Kfz-Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. T. A… vom 1. August 2018 (Rechnungsnummer 010818-2 312), gegenüber der … GmbH freizustellen und

3. an den Kläger weitere 356,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2018 zu zahlen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges Rechtsstreits haben der Kläger zu 39 % und die Beklagten zu 61 % zu tragen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges Rechtsstreits haben der Kläger zu 10 % und die Beklagten 90 % zu tragen.

Das Urteil sowie im Umfang der Zurückweisung der Berufung das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

Verkehrsunfall - Pflicht zum Spurhalten im Fahrstreifen
Verkehrsunfall: Haftung bei Verletzung der Spurhaltepflicht. Kammergericht Berlin entscheidet zugunsten des Klägers. Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO festgestellt. (Symbolfoto: Marko Cerovac /Shutterstock.com)

Dem Kläger als Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges stehen gegen die Beklagten, als Fahrzeughalter, Fahrzeugführer bzw. Haftpflichtversicherer, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB; §§ 7, 17 StVG; § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG § 421 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom 31. Juli 2018 gegen 15:15 Uhr an der Kreuzung Oppelner Straße – Oberbaumstraße / Schlesische Straße in Berlin in Höhe von 4.666,34 € (Wiederbeschaffungsaufwand netto 4.646,34 € und 20 € Unkostenpauschale) auf Zahlung bzw. in Höhe von 1.184,48 € auf Freistellung zu, weil der Beklagte zu 2. den Unfall allein verschuldete und daher im Ergebnis der Abwägung des Verschuldens und der Mitverursachungsanteile (§§ 17 Abs. 1 und Abs. 2, 9 StVG, 254 BGB) die Beklagten den Schaden dem Grunde nach in vollem Umfang zu tragen haben. Ein Anspruch auf Ersatz der auf den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe der Differenzsteuer mit 2,5 % berechneten Mehrwertsteuer steht ihm mangels Anfallens von Mehrwertsteuer jedoch nicht zu. Im Übrigen steht ihm aus eigenem Recht ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 150 € und i.V.m. §§ 86 Abs. 1 VVG, 398 BGB über die Selbstbeteiligung hinausgehende vorgerichtliche Anwaltskosten, allerdings nur nach einem entsprechend geringeren Gegenstandswert, in Höhe von weiteren 435,72 € aus (rück-) abgetretenem Recht der Rechtsschutzversicherung, insgesamt 585,72 € zu.

1. Das Alleinverschulden des Beklagten zu 2. steht fest. Er hat gegen die aus § 7 Abs. 1, Abs. 3 StVO folgende Pflicht zum Spurhalten im Fahrstreifen (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2006 – VI ZR 75/06 – NZV 2007, 185 [6]; Heß in: Burmann u.a., Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. (2020), § 7 StVO Rn. 1; Freymann in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 216) verstoßen und zudem unter Missachtung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO das Wechseln in den rechten Fahrstreifen bei dem Halten vor der Rot abstrahlenden Ampel begonnen und nach dem Anfahren ohne Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers fortgesetzt, ohne auf das im rechten Fahrstreifen bevorrechtigte Fahrzeug des Klägers zu achten. Der Umstand, dass der Lkw zunächst – trotz üblicher Breite des mittleren markierten Fahrstreifens – auch den rechten Fahrstreifen in einer Breite von 30 cm in Anspruch nahm, schloss die Nutzung des Fahrstreifens durch den Kläger nicht aus, denn andernfalls hätte er sich nicht in diesem Fahrstreifen rechts neben dem Lkw an der Haltelinie befinden können. Lkw-Fahrer dürfen zwar ausnahmsweise zwei Fahrstreifen belegen, wenn dies z.B. beim Abbiegen erforderlich sein sollte. Sie haben dann aber zunächst den Sorgfaltspflichten des § 7 Abs. 5 StVO zu genügen und den Fahrstreifenwechsel rechtzeitig vorher anzukündigen sowie anschließend deutlich beide Fahrstreifen zu belegen, so dass jedes Missverständnis für den nachfolgenden Verkehr ausgeschlossen ist (Senat, [Hinweis-] Beschluss vom 6. August 2020 – 22 U 99/19 – [nicht veröffentlicht]). Dies war hier nicht der Fall. Dass der seitliche Abstand zu einem Fahrzeug im linken Fahrstreifen beengt gewesen sein soll, rechtfertigt die Nutzung zweier Fahrstreifen noch nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass ein (teilweiser) Fahrtstreifenwechsel zuvor ordnungsgemäß angezeigt und die Sorgfaltspflichten des § 7 Abs. 5 StVO eingehalten wurden. Das Überfahren der Fahrstreifenbegrenzung um 30 cm genügt auch nicht, um die Absicht, beide Fahrstreifen belegen zu wollen, deutlich zu machen. Ferner waren die Fahrstreifen mit Pfeilmarkierungen versehen und der rechte Fahrstreifen durfte nicht zum Geradeausfahren genutzt werden, zumal er ohnehin auch im weiteren Verlauf endete.

Der rechte Fahrstreifen (zunächst ca. 3 m) verbreitert sich hinter der Haltelinie (auf rund 3,40 m), so dass ausweislich der eingereichten Fotos von den Endstellungen der Fahrzeuge (Anlage K6) der Lkw bei dem Anfahren nach dem Umschalten auf Grün deutlich weiter noch in die Spur gewechselt sein muss, als nur 30 cm. Der Pkw des Klägers ragte erkennbar an die Leitlinie des Fahrradschutzstreifens heran und über den rechten Fahrbahnrand hinaus. Hätte der bei Rot vor der Haltelinie wartende Lkw bereits so weit in den rechten Fahrstreifen hineingeragt, wäre es dem Kläger schon nicht möglich gewesen, an dem Lkw noch vorbeizufahren. Der Beklagte zu 2. verstieß daher zweifelsfrei gegen die ihm obliegenden Pflichten und hat offensichtlich zum nach rechts verschwenkenden Straßenverlauf die Leitlinie nicht beachtet und zu früh nach rechts eingelenkt.

2. Soweit die Beklagten eingewandt haben, der Unfall sei von dem Kläger provoziert, also absichtlich herbeigeführt worden, fehlen dafür Anhaltspunkte bzw. Indiztatsachen. Die Beklagten genügen insoweit der ihnen obliegenden Darlegungspflicht schon nicht.

3. Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes durch (Privat-) Gutachten substanziiert belegt.

a) Zwar hat das Landgericht im Ansatz zu Recht wegen der Vorschäden strenge Anforderungen an die Darlegung des Schadens gestellt, was der herrschenden Meinung und der Grundsatzentscheidung des Senats entspricht (vgl. Urteil vom 27. August 2015 – 22 U 152/14 – [mehrfach, u.a. bei beck-online und juris, veröffentlicht], die Nichtzulassungsbeschwerde ist mit nicht näher begründetem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 5. April 2016 – VI ZR 521/15 – zurückgewiesen worden, zwischenzeitlich ist die Rechtsprechung des Senat mehrfach durch Zurückweisung von Nichtzulassungsbeschwerden von dem Bundesgerichtshof bestätigt worden).

b) Bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes hat der Senat jedoch auch ausgeführt, es sei denkbar, dass – ohne weitergehende Ausforschung durch einen Sachverständigen – bei Vorliegen eines abgrenzbaren, nicht im Unfallbereich gelegenen Vorschadens der Wiederbeschaffungswert unter Berücksichtigung etwaiger Unwägbarkeiten geschätzt werden könne (a. a. O. zu B.1.g)). Diese Linie hat sich zwischenzeitlich zumindest in einem Rechtsstreit bestätigt. Der (vom Gericht bestellte) Sachverständige hat dort im Ergebnis eine Abbildung derartiger Vorbehalte am Markt nicht bemessen können und schließlich einen Betrag von lediglich 50 € genannt. Die Ausnahme gilt daher dann, wenn – wie hier – der Vorschaden durch ein Gutachten belegt ist und der (Privat-) Gutachter anlässlich der Ermittlung des nun maßgeblichen Wiederbeschaffungswertes den Vorschaden kennt und das Reparaturergebnis einer gründlichen Prüfung unterzieht. Anders mag dies wiederum sein, wenn tiefergehende Schäden mit weitreichenden möglichen Folgen verborgen sein könnten, was vorliegend nicht der Fall ist.

(1) Soweit das Landgericht den in dem Vorgutachten vom 9. November 2017 benannten damals unreparierten Vorschaden hinten rechts am Stoßfänger und an der Seitenwand aufführt, ist zum einen nach der Formulierung im Gutachten nicht ersichtlich, dass es sich – wie das Landgericht angenommen hat – um zwei Vorschäden handeln würde. Zum anderen hat der Sachverständige lediglich aufgeführt, dass die Teile verschrammt seien. Daraus folgt jedoch keinerlei Anhaltspunkt für einen weitergehenden Schaden. Mag die zwischenzeitliche Reparatur vor dem Erwerb durch den Kläger auch durch Einsatz von Spachtelmasse erfolgt sein, so fehlt dennoch ein ernsthafter Anhalt für einen weitergehenden erheblicheren Vorschaden.

(2) Der durch das Gutachten belegte Vorschaden vorne rechts mit Beteiligung der rechten Vorderachse und des Lenkgetriebes ist – soweit es ohne Demontage bei gründlicher Prüfung möglich ist – nach den von dem (Privat-) Sachverständigen gefertigten Fotos und dessen fachlicher Beurteilung repariert worden. Der Sachverständige hat das Fahrzeug auch auf der Hebebühne von unten untersucht und eine Achsvermessung durchgeführt. Soweit die Beklagten hierzu einwenden, der von der Beklagten zu 3. beauftragte Sachverständige habe festgestellt, dass der Vorschaden nicht wie kalkuliert vollständig behoben worden sei und beispielsweise die Motorhaube nicht erneuert worden sei, ist dieses Bestreiten angesichts des substanziierten, gutachterlich belegten Vortrages des Klägers (Gutachten vom 1. August 2018 sowie Ergänzungen mit Schreiben vom 4. März und vom 20. Mai 2019) prozessual mangels Konkretisierung unzureichend. Dass an der Motorhaube teilweise deutlich erhöhte Lackschichtendicken gemessen worden sein sollen, ist schon tatsächlich mangels Wertangabe nicht nachvollziehbar. Im Übrigen würde dies nur dann ein Hinweis auf einen fehlenden Austausch sein können, wenn die Lackschichtdicke an anderen Teilen, z.B. dem rechten Kotflügel, bei dem nur ein Austausch in Frage kam, abweichen würde. Schließlich bleibt unklar, ob der mit bloßem Auge offenbar nicht erkennbare Umstand Einfluss auf den Wiederbeschaffungswert hätte. Der Umfang des Bestreitens zum Wiederbeschaffungswert und Restwert ist mangels Darlegung der für angemessenen gehaltenen Beträge auch nicht erkennbar. Ein niedrigerer Restwert wäre den Beklagten schließlich auch nicht günstig, sondern würde zu einem höheren Wiederbeschaffungsaufwand führen. Angesichts des substanziierten Vortrages des Klägers wäre zudem ein substanziiertes Bestreiten erforderlich, zumal die Beklagte zu 3. sachverständig beraten wird, also durchaus Kenntnisse haben muss und daher konkret bestreiten könnte.

c) Zwar ist die Unfallbedingtheit der Schäden an der linken Seite von den Beklagten bestritten worden. Ausweislich der Fotos von der Endstellung der beiden Fahrzeuge ist der Schadensbereich jedoch hinreichend feststellbar. Im Übrigen entspricht der geltend gemachte Schadenbereich den Feststellungen der Polizeibeamten in der Verkehrsunfallanzeige vom 31. Juli 2018 (Urkundenbeweis gemäß § 418 Abs. 1 ZPO), so dass die von dem (Privat-) Sachverständigen festgestellten damit übereinstimmenden Schäden plausibel sind und daher als unfallursächlich feststehen. Welchen Umfang das Bestreiten der Beklagten konkret haben soll, ist nicht nachvollziehbar, so dass es auch prozessual unbeachtlich wäre.

d) Da der Kläger das Fahrzeug hat reparieren lassen, also den Wiederbeschaffungsaufwand nur fiktiv abrechnet, steht ihm der auf den Wiederbeschaffungswert entfallende Mehrwertsteueranteil gemäß § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht zu (vgl. auch Katzenstein in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 3 Rn. 78, 80).

Es ergibt sich folgende Berechnung unter Abzug von 2,5 % Differenzbesteuerung:

WBW netto (10.400 € * 100 : 102,5) 10.146,34 €

Restwert – 5.500,00 €

WBA 4.646,34 €

4. Dem Kläger steht der für 6 Tage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 390 € (6 * 65 €) schon deshalb nicht zu, weil ein solcher Anspruch nicht fiktiv geltend gemacht werden kann.

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Wird neben der Schadensabrechnung auf Basis des fiktiven Wiederbeschaffungsaufwandes Nutzungsausfallentschädigung als konkreter Schaden wegen einer dennoch durchgeführten Reparatur geltend macht, mag diese Mischung von fiktiver und konkreter Berechnung zwar dem Grunde nach zulässig sein, soweit dies den Schädiger nicht benachteiligt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Ersatz des Nutzungsausfalls schließen aber eine bloß fiktive Betrachtung aus; der Nutzungsausfall wird abstrakt berechnet, setzt jedoch Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit in dem maßgeblichen Zeitraum ohne Nutzung eines Pkw voraus (vgl. näher Senat, Urteil vom 27. August 2015 – 22 U 152/14 – A.2.). Der Kläger trägt hier schon keine konkreten Daten und weder zur Reparatur noch dem Reparaturbetrieb vor. Eine sachverständige Bestätigung einer Reparaturdauer – hier von 6 Tagen – nach Durchführung der Reparatur genügt nicht. Die tatsächliche Reparaturdauer und der konkrete Zeitraum sind keine Tatsachen, die sachverständig zu klären wären und welche Tatsachen und Erkenntnisse dieser Angabe des Sachverständigen zugrunde liegen sollten, bleibt unklar. Die rechtliche Prüfung der von dem Kläger vorzutragenden konkreten Tatsachen ist Aufgabe des Gerichts. Eine Beurteilung ist mangels Vortrages des konkreten Sachverhaltes nicht möglich.

5. Dem Kläger steht ferner in Höhe von 20 € die geltend gemachte Pauschale für im Zusammenhang mit der Schadenabwicklung ihm (regelmäßig) entstandene Kosten zu.

6. Dem Kläger steht ferner im Wege des Schadenersatzes (§ 249 Abs. 1 BGB) ein Anspruch auf Freistellung von den Kosten des von ihm zur Schadenermittlung in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens in Höhe von 1.184,48 € zu. Zwar war das ursprüngliche Gutachten zur Schadenermittlung nicht genügend, weil die Vorschäden unberücksichtigt blieben. Dies ist jedoch durch das korrigierte Gutachten sowie die beiden Ergänzungen behoben worden. Da der Wiederbeschaffungswert über den kalkulierten Reparaturkosten (netto) liegt, wonach sich die Sachverständigenhonorare üblicherweise berechnen, ist das Honorar jedenfalls nicht zu hoch berechnet worden.

7. Dem Kläger steht ferner ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten nach einem Gegenstandswert von (begründeten) 5.850,82 € (4.646,34 € + 20 € +1.184,48 €) zu. Es liegen aber keine Besonderheiten vor, die eine Erhöhung der Gebühr von dem 1,3-Fachen auf das 1,5-Fache gerechtfertigt hätten. Danach ergibt sich eine 1,3-fache Gebühr von 460,20 € zuzüglich 20 € Auslagenpauschale und 12 € für die Akteneinsicht, insgesamt 492,20 €. Einschließlich Mehrwertsteuer sind 585,72 € anzusetzen.

8. Dementsprechend sind auch die Zinsansprüche gemäß §§ 286, 288 BGB auf die zugesprochenen Hauptforderungen begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO; § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Verkehrsrecht:
    • § 7 Abs. 1 StVO: Regelt die allgemeinen Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr.
    • § 7 Abs. 5 StVO: Fordert eine rechtzeitige Ankündigung und deutliche Durchführung eines Fahrstreifenwechsels, um Missverständnisse zu vermeiden.
  2. Schadensersatzrecht:
    • § 86 Abs. 1 VVG: Ermöglicht den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung.
    • § 398 BGB: Regelung zur Abtretung von Forderungen.
  3. Zivilrecht:
    • Anspruch auf Schadensersatz: Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz für die Reparaturkosten, die durch ein Privatgutachten belegt wurden.
    • Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung: Der Kläger macht einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend, der jedoch bei konkretem Nutzungswillen und -möglichkeit besteht und nicht fiktiv beantragt werden kann.
  4. Straßenverkehrsordnung (StVO):
    • Missachtung der Sorgfaltspflichten: Der Beklagte hat gegen die Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO verstoßen, indem er ohne rechtzeitige Ankündigung und deutliche Durchführung in den rechten Fahrstreifen gewechselt ist.
    • Nutzung des Fahrstreifens: Trotz vorübergehender Inanspruchnahme des rechten Fahrstreifens durch den Beklagten durfte der Kläger diesen nutzen, da der Beklagte die Sorgfaltspflichten nicht erfüllt hat.
  5. Vorschäden und Wiederbeschaffungswert:
    • Schadensdarlegung bei Vorschäden: Strenge Anforderungen werden an die Darlegung von Vorschäden gestellt.
    • Schätzung des Wiederbeschaffungswertes: Bei Vorliegen eines abgrenzbaren Vorschadens kann der Wiederbeschaffungswert unter Berücksichtigung von Unwägbarkeiten geschätzt werden.
  6. Vertragsrecht:
    • Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes: Der Wiederbeschaffungswert kann bei Vorliegen eines abgrenzbaren Vorschadens durch ein Privatgutachten ermittelt werden.

Erklärung:

  1. Das Verkehrsrecht spielt eine zentrale Rolle in diesem Fall, insbesondere § 7 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 StVO. § 7 Abs. 1 StVO legt allgemeine Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr fest, während § 7 Abs. 5 StVO die Pflicht zum rechtzeitigen Ankündigen und deutlichen Durchführen eines Fahrstreifenwechsels regelt.
  2. Im Schadensersatzrecht geht es um den Anspruch auf Schadensersatz, der hier in Bezug auf die Reparaturkosten geltend gemacht wird. Die Rechtsgrundlage hierfür sind § 86 Abs. 1 VVG und § 398 BGB, die die Abtretung von Forderungen und den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten regeln.
  3. Im Zivilrecht geht es um den Anspruch des Klägers auf Schadensersatz für die Reparaturkosten, die durch ein Privatgutachten belegt wurden, sowie den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Letzterer setzt einen konkreten Nutzungswillen und -möglichkeit voraus.
  4. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist relevant, da der Beklagte gegen die Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO verstoßen hat, indem er ohne Ankündigung und deutliche Durchführung in den rechten Fahrstreifen gewechselt ist. Der Kläger durfte den Fahrstreifen trotz vorübergehender Inanspruchnahme durch den Beklagten nutzen.

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