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Verkehrsunfall – Schadensregulierung nach kroatischem Recht

LG Deggendorf – Az.: 12 S 48/15 – Urteil vom 28.06.2016

(abgekürzt nach § 313 a Abs. 1 ZPO)

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Viechtach vom 30.04.2015, Az. 4 C 130/14, abgeändert:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 559,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.11.2013 zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch die Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung aufgrund des Schadensfalls vom 16.08.2013 in Kroatien in Zukunft entstehenden Rückstufungsschaden zu ersetzen.

2. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Von den Kosten beider Instanzen tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.107,79 € festgesetzt.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten über die bereits rechtskräftig zuerkannten 30,00 € hinaus weitere 529,92 € verlangen, insgesamt daher 559,92 €, daneben ist der Feststellungsantrag betreffend den Rückstufungsschaden zulässig und begründet.

1.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Mietwagenkosten zu. Nach der insoweit nicht angegriffenen Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht Hamburg vom 15.01.2015 sind Mietwagenkosten nach kroatischem Recht dann erstattungsfähig, wenn ein Mietwagen für die Berufsausübung unbedingt erforderlich ist. Die Kammer legt das Merkmal der unbedingten Erforderlichkeit zur Berufsausübung dahin aus, dass diese Voraussetzung bereits dann erfüllt ist, wenn ein PKW erforderlich ist, um den Arbeitsort zu erreichen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der PKW selbst beruflich oder gewerblich genutzt wird. Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin ist für die Fahrt zur Arbeit auf einen PKW angewiesen, nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin im Termin vom 08.12.2015 war ein weiterer PKW in der Familie nicht vorhanden.

Die Klägerin kann die Mietwagenkosten jedoch nicht für 26 Kalendertage ersetzt verlangen, sondern lediglich für die technisch notwendige Dauer der Reparatur. Diese hat der Sachverständige Dipl.-Ing. R im Gutachten vom 23.03.2016 mit 8 Arbeitstagen angegeben. Einwendungen hiergegen wurden von den Parteien nicht vorgebracht. Unter Berücksichtigung weiterer zwei Tage notwendige Mietdauer für ein Wochenende steht der Klägerin daher ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten für 10 Kalendertage zu. Die Berufung nimmt 15 % Eigenersparnis hin. Von den mit der Berufung noch geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von 1.377,79 € sind 10/26, mithin 529,92 €, zuzusprechen.

2.

Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet. Die Beklagte hat der Klägerin den aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Erstattungsfähigkeit des Rückstufungsschadens hängt nach Auffassung der Kammer und bei verständiger Auslegung der erstinstanzlich erholten Rechtsauskunft nach kroatischem Recht davon ab, ob die von der Beklagten geleistete Zahlung ausreichend war, um den Schaden auszugleichen, so dass es einer Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung nicht bedurft hätte, oder ob die Zahlung der Beklagten nicht geeignet war, einen im Wesentlichen vollständigen Schadensausgleich herbeizuführen.

Nach diesen Maßstäben war die von der Beklagten unstreitig geleistete Zahlung, die nach Aktenlage auf der Basis voller Haftung der Beklagten dem Grunde nach erfolgt ist, nicht geeignet, den Schaden auszugleichen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 07.11.2013 Reparaturkosten in Höhe von netto 3.184,00 € anerkannt (vgl. Anlage K3). Hierbei stellt die Beklagte, vertreten durch die Regulierungsbeauftragte, zur Begründung der vorgenommenen Kürzungen selbst auf mittlere ortsübliche Stundenverrechnungssätze in Höhe von 93,00 € für Spengler bzw. 95,00 € für Lackierer ab. An diesen von der Beklagten selbst als angemessen vorgetragenen Stundensätzen muss sich diese auch festhalten lassen. Bei Zugrundelegung dieser Stundensätze hat der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. R erforderliche Reparaturkosten in Höhe von 4.520,04 € netto bzw. 5.378,85 € brutto ermittelt. Die vorgerichtlich geleistete Zahlung der Beklagten war daher zum Schadensersatz nicht ausreichend, so dass die Klägerin nicht gehindert war, hinsichtlich des Differenzbetrages ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen.

Verkehrsunfall - Schadensregulierung nach kroatischem Recht
(Symbolfoto: natatravel/Shutterstock.com)

Eine Schadensregulierung nach kroatischem Recht bedeutet im Übrigen nicht, dass auch die Reparatur in Kroatien durchzuführen wäre. Nach der Rechtsauskunft vom 15.01.2015 (Seite 8 letzter Absatz, Bl. 48 d. A.) bestimmt nach kroatischem Recht im Streitfall das Gericht auf der Grundlage neutraler Sachverständiger die Höhe des Fahrzeugschadens. Dieser Fahrzeugschaden wird von der Kammer auf der Grundlage des neutralen Gutachtens R wie oben dargestellt bestimmt.

Die Kammer folgt der Rechtsauffassung der Beklagten nicht, dass dieser Fall vergleichbar wäre mit einem Unfall, bei dem der Gegner dem Grunde nach zu lediglich 50 % haftet und somit – bei voller Regulierung der 50 % – hinsichtlich der weiteren 50 % eine Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung nicht vom Gegner zu ersetzen wäre (vgl. Schriftsatz vom 09.04.2015, Bl. 72 d. A.). Die Beklagte haftet vorliegend zu 100 % und muss daher auch 100 % der erforderlichen Reparaturkosten ersetzen. Bleibt sie hinter diesem Erstattungsbetrag zurück, kann hinsichtlich der zur zutreffenden Haftungsquote fehlenden Beträge die Kaskoversicherung in Anspruch genommen werden, ebenso wie der im Beispiel der Beklagten zu 50 % Geschädigte seine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen könnte, wenn der Schädiger lediglich 30 % reguliert.

3.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet und die Berufung zurückzuweisen.

a.

Die Klägerin kann keinen Ersatz für Wertminderung verlangen. Nach der gerichtlich erholten Rechtsauskunft kann eine solche nicht verlangt werden bei Fahrzeugen mit nicht geringer Laufleistung. Das gegenständliche Fahrzeug hatte zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von weit über 100.000 km und damit jedenfalls keine geringe Laufleistung.

b.

Die Beklagte schuldet keinen Ersatz für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Diese sind nach der gerichtlich erholten Rechtsauskunft nur zu ersetzen, wenn ein schwerer Unfall oder schwere Verletzungen vorliegen, auf die rechtliche Schwierigkeit kommt es hingegen nicht an. Nach diesen Maßstäben besteht ein Anspruch der Klägerin nicht. Schwere Verletzungen sind glücklicherweise nicht eingetreten. Ein schwerer Unfall liegt ebenfalls nicht vor, es handelt sich vorliegend – trotz der Höhe der Reparaturkosten – um einen Streifschaden und damit um ein Unfallgeschehen, das objektiv betrachtet nicht als schwer zu bewerten ist. Die beteiligten Fahrzeuge waren nach Aktenlage weiterhin fahrbereit.

c.

Die im Berufungsantrag in Höhe von 1.907,79 € (1.377,79 € für 85 % der Mietwagenkosten, 500,00 € für Wertminderung und 30,00 € für Auslagenpauschale) betragsmäßig erneut enthaltene Auslagenpauschale wurde bereits im Ersturteil rechtskräftig zuerkannt und kann daher nicht erneut zugesprochen werden.

4.

Im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO (1.907,97 € Zahlungsantrag, 200,00 € Feststellungsantrag).

 

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