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Verkehrsunfall – Wiederbeschaffungswert aufgrund Sachverständigengutachten

Totalschaden nach Gutachten: Klägerin bekommt Schadensersatz

In einem Verkehrsunfall-Urteil wurde die vollständige Haftung der Beklagten für Unfallschäden bestätigt. Die Klägerin, die auf Basis eines von ihr in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens Ersatzkosten und Reparaturkosten berechnete, durfte dem Urteil zufolge auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands abrechnen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.:6 O 1025/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Vollumfängliche Haftung der Beklagten für Unfallschäden ist unstrittig.
  2. Rechtfertigung des Wiederbeschaffungsaufwands auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens durch die Klägerin anerkannt.
  3. Der Klägerin war berechtigt, den Wert aus dem Sachverständigengutachten zur Grundlage der Abrechnung zu machen.
  4. Geschädigter hat die Freiheit, das Fahrzeug zu reparieren oder zu ersetzen.
  5. Geschädigter muss die kostengünstigere Option zur Schadensbeseitigung wählen.
  6. Geschädigter hat das Recht, auf das Sachverständigengutachten zu vertrauen.
  7. Klägerin darf für Nutzungsausfall Entschädigung beantragen.
  8. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere 5,00 Euro als Kostenpauschale.

Rechtsprechung rund um Verkehrsunfälle und Schadensersatzforderungen

Im Straßenverkehr kann es schnell passieren: Ein Unfall ereignet sich, und plötzlich sind komplexe Fragen zu klären. Wer ist schuld? Wer haftet für die Schäden? Wie werden diese bewertet und reguliert? Dieser Artikel liefert Einblicke in die Welt der Schadensersatzforderungen nach Verkehrsunfällen, einer der meistdiskutierten Bereiche des Verkehrsrechts.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Regulierung von Unfallschäden ist die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes eines beschädigten Fahrzeugs. Oftmals ist die Einschätzung eines Sachverständigengutachtens entscheidend, in welcher Höhe die Reparaturkosten und der Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall angesetzt werden. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Unfallbeteiligten, der Klägerin und dem Beklagten, kann ein Gerichtsurteil Klarheit bringen. Erhebliche Auswirkungen auf den Umfang der Schadensersatzansprüche können sich auch aus der Frage ergeben, ob ein Schaden auf Basis von Reparaturkosten oder als Totalschaden abgerechnet wird. Darüber hinaus haben Urteile auch Einfluss auf den Umfang von Nutzungsausfallentschädigungen und Kostenpauschalen.

Zwischen Totalschaden und Reparatur: Die Berechnung des Wiederbeschaffungswertes

Totalschaden
(Symbolfoto: SKT Studio /Shutterstock.com)

Im Herzen der Auseinandersetzung stand ein Verkehrsunfall, der sich am 25.02.2023 ereignete. Der im Eigentum der Klägerin stehende PKW VW Golf wurde mit einem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug in einen Unfall verwickelt. Die uneingeschränkte Haftung der Beklagten für die Unfallschäden war für beide Parteien unumstritten. Doch hier endet der Konsens. Es entstand ein Streit um die korrekte Berechnung des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs und die angemessene Regulierungsgrundlage – Totalschaden oder Reparaturschaden.

Spannungsfeld Sachverständigengutachten: Reparatur vs. Wiederbeschaffungswert

Die Klägerin beauftragte ein Sachverständigengutachten, das einen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 12.500 Euro, einen merkantilen Minderwert von 200 Euro und einen Restwert von 2.010 Euro sowie Reparaturkosten von 11.093,08 Euro brutto auswies. Die Klägerin verkaufte das Fahrzeug für den angegebenen Restwert und forderte unter anderem den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von 10.490,00 Euro, Nutzungsausfallentschädigungen sowie eine Kostenpauschale. Die Beklagte betonte jedoch, es handele sich nicht um einen Totalschaden, sondern um einen Reparaturschaden und setzte auf einer niedrigeren Reparaturkostenberechnung an.

Klärung durchs Gericht: Welcher Weg zur Schadensregulierung ist der Richtige?

Das Gericht urteilte zugunsten der Klägerin. Sie war berechtigt, den vom Sachverständigengutachten errechneten Wiederbeschaffungsaufwand als Grundlage zur Abrechnung zu heranziehen. Das Gericht fasste die Frage, ob die Reparatur oder die Ersatzbeschaffung die wirtschaftlich günstigere Variante ist, als zentral für die Beurteilung des Falles auf. Gemäß des Gutachtens überstiegen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand, sodass hier von einem Totalschaden auszugehen war.

Rechtsklarheit und Lehren aus dem Urteil

Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass der Geschädigte grundsätzlich das Recht hat, sich auf die Einschätzung des Sachverständigen zu verlassen, sofern das Gutachten nicht offensichtliche Fehler aufweist. Der Schädiger trägt dabei das Risiko, wenn sich der gewählte Reparaturweg nicht als vollständig notwendig erweist. Damit setzt das Urteil einen präzedenzhaften Standard für die Beurteilung ähnlicher Fälle und sorgt für eine erhöhte Rechtssicherheit für Geschädigte nach Verkehrsunfällen. Es unterstreicht die Bedeutung von unabhängigen Sachverständigengutachten bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes und definiert klar die Haftungen und Pflichten von Versicherungen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet der Wiederbeschaffungswert in Bezug auf einen Verkehrsunfall?

Der Begriff „Wiederbeschaffungswert“ bezieht sich auf den Betrag, den Sie benötigen würden, um ein ähnliches Fahrzeug zu erwerben, wenn Ihr Fahrzeug durch einen Verkehrsunfall total beschädigt oder verloren geht. Dieser Wert dient als Referenzpunkt, um zu beurteilen, ob eine Autoreparatur nach einem Unfallschaden wirtschaftlich sinnvoll ist.

Der Wiederbeschaffungswert wird von Gutachtern berechnet, die Faktoren wie Kilometerstand, Ausstattung und Zustand des Fahrzeugs berücksichtigen. Die Formel zur Berechnung des Wiederbeschaffungswertes lautet: Kosten für ein gleichwertiges Fahrzeug plus etwaige Beschaffungskosten.

Wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, liegt ein Totalschaden vor. In diesem Fall wird die Erstattung wie folgt berechnet: Wiederbeschaffungswert minus Restwert minus Selbstbeteiligung.

Es ist auch zu erwähnen, dass der Wiederbeschaffungswert regional variieren kann. Zum Beispiel kann der Wiederbeschaffungswert für ein in Stuttgart zugelassenes Gebrauchtfahrzeug höher ausfallen als in Neubrandenburg.

Es ist auch wichtig zu verstehen, dass der Wiederbeschaffungswert sich von anderen Werten wie dem Neupreis, dem Zeitwert und dem Restwert unterscheidet. Der Neupreis gibt an, wie viel ein vergleichbarer Neuwagen kostet. Abzüglich Alter und Abnutzung ergibt sich der Zeitwert. Der Restwert ist der Verkaufswert des beschädigten Unfallautos.

Bei Diebstahl ist die Situation anders: Ein gestohlenes Auto können Sie nicht weiterverkaufen. Deswegen spielt der Restwert beim Berechnen der Entschädigungssumme keine Rolle.

Der Wiederbeschaffungswert ist ein zentraler Faktor in der Schadenregulierung nach einem Unfall und wird von der Kfz-Versicherung zur Berechnung der Entschädigungsleistung verwendet.

Welche Rolle spielt ein Sachverständigengutachten bei der Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall?

Ein Sachverständigengutachten spielt eine entscheidende Rolle bei der Schadensregulierung nach einem Verkehrsunfall in Deutschland. Es dient als Beweismittel und hilft dabei, die Höhe des entstandenen Schadens einzuschätzen. Das Gutachten listet die notwendigen Reparaturen auf und gibt einen Ausblick auf die zu erwartenden Gesamtkosten. Es hilft auch bei der Bewertung, ob sich eine Instandsetzung wirtschaftlich lohnt, oder ob es sich um einen Totalschaden handelt.

Ein Unfallgeschädigter darf immer einen unabhängigen Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens beauftragen. Die Kosten dafür kann er als Teil des Schadensersatzes geltend machen. Bei einem fremdverschuldeten Unfall muss die Haftpflicht des Unfallverursachers für die Gutachterkosten aufkommen. Bei einem Kaskoschaden trägt die Versicherung in der Regel die Gutachterkosten.

Der Wiederbeschaffungswert spielt eine wichtige Rolle bei der Schadensregulierung. Er bezeichnet den Betrag, der benötigt wird, um ein gleichwertiges Fahrzeug zu beschaffen. Der Wiederbeschaffungswert wird von einem Sachverständigen ermittelt und ist ein wichtiger Faktor bei der Berechnung des Schadensersatzes. Die Versicherung zahlt in der Regel den Wiederbeschaffungswert eines Autos minus den Restwert. Der Restwert ist der Wert des Fahrzeugs nach einem Autounfall in seinem nicht reparierten Zustand.

Die Berechnung des Wiederbeschaffungswerts und des Restwerts ist komplex und erfordert Fachwissen. Daher ist es ratsam, einen unabhängigen Sachverständigen zu beauftragen, um eine genaue und faire Bewertung zu erhalten.


Das vorliegende Urteil

LG Braunschweig – Az.: 6 O 1025/23 – Urteil vom 20.10.2023

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.794,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2023 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar und beschlossen:

Der Streitwert wird festgesetzt auf die Wertstufe bis 6.000 Euro.

Tatbestand

Die Klägerin macht restlichen Schadensersatz aus einem Unfallereignis vom 25.02.2023 gegen die Beklagte geltend.

Der im Eigentum der Klägerin stehende PKW VW Golf, amtliches Kennzeichen … war am 25.02.2023 mit einem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug in einen Unfall verwickelt. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten für die unfallbedingten Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.

Das von der Klägerin am 27.02.2023 in Auftrag gegebene und am 05.03.2023 fertig gestellt Gutachten weist einen Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs in Höhe von 12.500 Euro, einen merkantilen Minderwert in Höhe von 200,00 Euro und einen Restwert von 2.010 Euro sowie Reparaturkosten in Höhe von 9.321,92 Euro netto / 11.093,08 brutto aus, wobei die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt wurden (Anlage K 1, Bl. 6 f. d. A.). Die Klägerin verkaufte das Fahrzeug am 07.03.2023 für den angegebenen Restwert und bestellte am 13.03.2023 ein Ersatzfahrzeug, welches am 29.03.2023 auf sie zugelassen wurde.

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten Schadensersatz auf Totalschadensbasis geltend und verlangte unter anderem die Zahlung des Widerbeschaffungsaufwands in Höhe von 10.490,00 Euro, Nutzungsausfallentschädigungen für die Zeiträume vom 07.03. bis zum 29.03 sowie eine Kostenpauschale.

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Die Beklagte lehnte eine Regulierung auf Totalschadensbasis ab und regulierte auf Reparaturkostenbasis, wobei sie die Reparaturkosten aufgrund eines von der … erstatten Gutachtens in Höhe von 5.329,23 Euro netto zu Grunde legten und 6.000 Euro zur beliebigen Verrechnung sowie 20 Euro Kostenpauschale regulierte. Die Klägerin verrechnete die 6.000 Euro mit dem nach ihrer Ansicht zu zahlenden Wiederbeschaffungsaufwand und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 14.04.2023 unter Fristsetzung zum 21.04.2023 zur Zahlung der offenstehenden Forderung auf. Eine weitere Zahlung erfolgte nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Schadenshöhe bestimme sich nach dem aus dem Gutachten vom 05.03.2023 errechneten Wiederbeschaffungsaufwand.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.749,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2023 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es handele sich vorliegend nicht um einen Totalschaden, sondern um einen Reparaturschaden. Die Beklagte behauptet, die Reparaturkosten beliefen sich auf 5.329,23 Euro netto / 6.341,78 Euro brutto. Die Klägerin habe sich bei der Berechnung der Reparaturkosten auf eine günstigere Referenzwerkstatt verweisen lassen müssen. Die Beklagte ist der Ansicht, es können lediglich 20,00 Euro als Kostenpauschale geltend gemacht werden. Die Nutzungsausfallentschädigung sei nicht für 23 Tage, sondern lediglich für 7 Tage zu zahlen, da dies die notwendige Reparaturdauer anzeigen würden.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrags in Höhe von 5.749,00 Euro aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG zu.

1.

Der Anspruch auf eine Zahlung von weiteren 4.490,00 Euro folgt aufgrund der noch offenstehenden Summe nach Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes von insgesamt 10.490 Euro unter Abzug der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten in Höhe von 6.000 Euro.

Die Klägerin war berechtigt, mit dem aus dem Sachverständigengutachten vom 05.03.2023 errechneten Wert auf Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwandes abzurechnen.

Gem. § 249 BB hat die Beklagte den aus dem Unfall entstandenen Schaden zu ersetzen. Dabei handelt es sich auch bei einer Ersatzbeschaffung und der Abrechnung auf Totalschadensbasis um eine Variante der unter § 249 Abs. 2 BGB fallenden Naturalrestitution (MüKo StVR § 249 Rn. 201; BGH, Urteil vom 07.06.2005 – VI ZR 192/04).

Im Rahmen der Schadensbeseitigung hat der Geschädigte unter anderem die Dispositionsfreiheit, das Fahrzeug zu reparieren oder sich ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Bestehen mehrere Möglichkeiten zum Schadensausgleich, ist der Anspruch grundsätzlich auf den Ausgleich begrenzt, welcher den geringeren Aufwand mit sich bringt, da nur dies als „erforderlich“ im Sinne der Norm anzusehen ist (so BGH- Urteil vom 05.03.1984 – VI ZR 204/83).

Aus Schadensminderungsgesichtspunkten hat der Geschädigte damit bei der Wahl der Schadensbeseitigung die Variante zu wählen, die den geringeren Aufwand und damit auch die geringeren Kosten erfordert. Hierfür sind die Kosten der Reparatur mit den Kosten einer Ersatzbeschaffung zu vergleichen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass eine Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit steht. Das bedeutet, dass der der Geschädigte bei der Schadensbegehung nach der subjektsbezogenen Schadensbetrachtung im Rahmen des Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der für ihn bestehenden Schwierigkeiten den wirtschaftlichen Weg zu wählen hat (BGH- Urteil vom 30.05.2006, VI ZR 174/05). Diesem Gebot der Wirtschaftlichkeit leistet der Geschädigte bereits genüge, wenn er auf Grundlage des eingeschalteten Sachverständigen die Reparaturkosten sowie den Wiederbeschaffungsaufwand ermitteln lässt und dann aufgrund der sich hieraus ergebenen Beträge die wirtschaftlich kostengünstigere Regulierung vornimmt.

Unstreitig liegt der Wiederbeschaffungsaufwand vorliegend bei 10.490,00 Euro. Dieser Wiederbeschaffungsaufwand ist mit den Bruttoreparaturkosten zzgl. Minderwert des PKWs zu vergleichen. Gemäß des von der Klägerin eingeholten Gutachtens überstiegen die Bruttoreparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand, sodass auf dieser Grundlage von einem Totalschaden auszugehen war.

Mit der Einwendung, die Klägerin hätte sich hinsichtlich der Reparaturkosten auf eine nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen lassen müssen, mit der Folge, dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand unterschritten und die Abrechnung auf Totalschadensbasis nicht geboten wäre, dringt die Beklagte nicht durch.

Selbst wenn die im Gutachten vom 05.03.2023 ausgewiesenen Reparaturbeträge zu hoch angesetzt waren, ändert dies nichts an der vorliegend zulässigen Regulierung durch Ersatzbeschaffung. Diese Regulierung stellt eine Form der konkreten Abrechnung dar. Kosten für eine konkrete Abrechnung sind auch dann zu erstatten, wenn diese zur Beseitigung des Schadens objektiv nicht erforderlich waren, aber sich aus Sicht des Geschädigten als erforderliche dargestellt haben. Diese Annahme ist Ausfluss der subjektsbezogenen Schadensbetrachtung.

Damit trägt der Schädiger das Risiko in dem Fall, in welchem sich der gewählte Reparaturweg nicht vollumfänglich für erforderlich erweist. Lässt der Geschädigte das Fahrzeug im Vertrauen auf das vorliegende Gutachten nach dort angegebener Art und Umfang reparieren, darf er die dafür insgesamt anfallenden Kosten verlangen, selbst wenn die durchgeführte Reparatur objektiv nicht erforderlich war (LG Stuttgart – Beschluss vom 14.03.2018 – 5 S 6/18). Dem Schädiger wird damit auch das dazu zählende Werkstattrisiko auferlegt (vgl. BGH- Urteil vom 26.04.2022 – VI ZR 147/21). Das Risiko trägt in einem solchen Fall nicht der Geschädigte, sondern der Schädiger.

Dem Geschädigten wird daher zugestanden, grundsätzlich auf die Einschätzung des Sachverständigen zu vertrauen, zumindest sofern das Gutachten nicht an offensichtlichen Fehlern leidet.

Die gleiche Wertung muss auch gelten, wenn der Geschädigte im Vertrauen auf das Gutachten die Schadensregulierung durch Ersatzbeschaffung durchführt (LG Stuttgart-Beschluss vom 14.03.2018 – 5 S 6/18).

Für diese Wertung spricht ebenfalls der, einem Geschädigten im Rahmen von Restwertanrechnung, gewährte Vertrauensschutz. Dort wird das Vertrauen des Geschädigten auf den gutachterlich ermittelten Restwert geschützt, selbst wenn dieser das Fahrzeug behalten und es im Vertrauen auf die Restwertermittlung weitergenutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2016 – VI ZR 673/15; BGH Urteil vom 21.02.2017- VI ZR 22/16).

Dieser Auffassung liegt ebenfalls zu Grunde, dass der Geschädigte im Rahmen der konkreten Schadensabrechnung auf die ihm gutachterlich als wirtschaftlich dargelegte Form der Schadensregulierung vertrauen muss. Dem Schädiger wird hier letztlich das Risiko auferlegt, sollte sich dieses Vertrauen nicht bewahrheitet. Der Geschädigte ist in diesem Fall schützenswert, weil er im Fall der konkreten Schadensabrechnung bereits Dispositionen getroffen hat, welche er ohne Schadensverursachung nicht hätte treffen müssen

Eine andere Wertung mag im Fall der fiktiven Schadensberechnung gelten. Hier trifft der Geschädigte selbst noch keine Vermögensdisposition, sondern gibt sich mit einer Schadensabrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden. Dabei ist unerheblich, ob und wann der Schädiger auf eine alternative Reparaturmöglichkeit verweist.

Die Klägerin hat zum Zeitpunkt der Disposition eine nach dem Sachverständigengutachten zulässige und kostengünstigere Regulierung gewählt. Die Klägerin durfte zudem auf die im Gutachten genannten Beträge vertrauen und auch auf dieser Grundlage regulieren. Von der Klägerin konnte auch nicht erwartet werden, die im Gutachten aufgeworfenen Beträge zu hinterfragen. So handelt es sich bei der Klägerin um eine Privatperson, die mit Schadensregulierung und Verweis auf nicht markengebundene Werkstätte wohl kaum Berührungspunkte haben wird.

2.

Der Klägerin steht auch die Zahlung eines Betrags in Höhe von 874,00 Euro sowie 380,00 Euro aufgrund einer Nutzungsausfallentschädigung zu.

Nutzungsausfallentschädigung kann für den Zeitraum beansprucht werden, in welchem die Beschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs möglich gewesen wäre. Dies umfasst den Zeitraum der Schadensklärung, sowie die angemessene Zeit zur Beseitigung des entsprechenden Schadens. Die Klägerin beauftragte unbestritten unmittelbar nach dem Schadensereignis das Sachverständigengutachten. Der Betrag in Höhe von 380,00 Euro fällt somit auf den Zeitraum vom Schadensereignis bis zum Erhalt des Gutachtens von 10 Tagen. Eine Bestellung des Ersatzfahrzeugs erfolgte bereits im Zeitraum der Begutachtung. Das Ersatzfahrzeug wurde dann erst am 29.03.2023 auf die Klägerin zugelassen. Eine der Klägerin anzulastende Verzögerung ist nicht ersichtlich (Vgl. auch LG Köln, Urteil vom 02.06.2021 – 4 O 388/20). Die Zeit der Nutzungsausfallentschädigung von einem Monat steht auch in keinem unangemessenen Verhältnis. Eine signifikant schnellere Lieferung des Ersatzfahrzeugs war nicht zu erwarten.

Die Klägerin muss sich bei der Nutzungsausfallentschädigung auch nicht auf den vermeintlichen Reparaturzeitraum verweisen lassen. Durch Wahl der Regulierungsform der Ersatzbeschaffung ist auch der Nutzungsausfall, welcher vorliegend konkret angefallen ist, erstattungsfähig.

3.

Der Klägerin steht zudem weitere 5,00 Euro als Kostenpauschale zu. Eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro ist gerichtsüblich und wird von Seiten der Kammer als angemessen erachtet (Grüneberg § 249 Rn. 79; OLG Celle, Urteil vom 16.06.2021- 14 U 152/20).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet auf § 709 S. 1 S. 2 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1 GKG.

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