Verkehrssicherungspflicht verletzt? – Gericht entscheidet gegen Fahrradfahrer
Das Landgericht Magdeburg hat die Klage eines Fahrradfahrers, der Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Sturzes über eine Kabelbrücke forderte, abgewiesen. Der Kläger konnte nicht beweisen, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorlag, und das Gericht sah den Kläger als überwiegend selbst verantwortlich für den Unfall an.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Zentrale Punkte aus dem Urteil:
- Klageabweisung: Das Gericht wies die Klage gegen die Beklagte vollständig ab.
- Kostenübernahme: Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht: Die Beklagte wurde nicht für eine mangelhafte Verkehrssicherung, insbesondere die Verlegung der Kabelbrücke, verantwortlich gemacht.
- Sichtbarkeit der Kabelbrücke: Das Gericht stellte fest, dass die Kabelbrücke hinreichend sichtbar und gekennzeichnet war.
- Eigenverantwortung des Klägers: Der Kläger wurde als überwiegend selbst für den Unfall verantwortlich angesehen, da er nicht die nötige Aufmerksamkeit auf die Straße gelegt hatte.
- Kein Anspruch auf Schmerzensgeld: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, da keine Verletzungshandlung seitens der Beklagten festgestellt wurde.
- Kein Anspruch auf Schadensersatz: Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf Schadensersatz für die behaupteten Unfallfolgen.
- Feststellungsantrag unbegründet: Der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte für zukünftige Schäden haftet, wurde ebenfalls abgelehnt.
Übersicht:
- Verkehrssicherungspflicht verletzt? – Gericht entscheidet gegen Fahrradfahrer
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Rechtliche Herausforderungen bei Fahrradunfällen und Schadensersatzansprüchen
- Der Fahrradsturz und die daraus resultierenden Schadensersatzforderungen
- Die Argumentation des Klägers und die Ablehnung der Haftung durch die Beklagte
- Die gerichtliche Bewertung des Unfalls und die Entscheidungsgründe
- Kostenentscheidung und ihre Rechtsgrundlagen
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Rechtliche Herausforderungen bei Fahrradunfällen und Schadensersatzansprüchen
Im Fokus des Rechts stehen häufig Fälle, die sich mit der Haftung und Schadensersatzansprüchen nach einem Fahrradunfall beschäftigen. Diese Unfälle werfen oft Fragen bezüglich der Verkehrssicherungspflicht und der angemessenen Kennzeichnung von Gefahrenstellen, wie beispielsweise einer Kabelbrücke, auf. Die rechtlichen Diskussionen drehen sich dabei häufig um die Verantwortlichkeiten der beteiligten Parteien und die Bewertung, inwieweit eine ausreichende Sicherheitsvorkehrung getroffen wurde, um Unfälle zu vermeiden.
In solchen Fällen steht nicht nur die Ermittlung der Unfallursache im Mittelpunkt, sondern auch die Frage, inwiefern die beteiligten Parteien ihren Pflichten zur Verkehrssicherheit nachgekommen sind. Dabei spielen sowohl die Sichtbarkeit von Hindernissen als auch die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung durch die Verkehrsteilnehmer eine zentrale Rolle. Die Entscheidungen in diesen Fällen haben oft weitreichende Konsequenzen sowohl für die Betroffenen als auch für die Praxis der Verkehrssicherheit, insbesondere wenn es um Schmerzensgeld oder die Deckung von entstandenen Schäden geht.
Der Fahrradsturz und die daraus resultierenden Schadensersatzforderungen
Im Zentrum des Falles steht ein Fahrradunfall, der sich im Oktober 2022 ereignete. Der Kläger behauptet, auf einem E-Damenfahrrad unterwegs gewesen zu sein, als er über eine Kabelbrücke stürzte, die von der Beklagten im Rahmen eines Oktoberfestes auf der B-Straße in M verlegt worden war. Diese Kabelbrücke war Teil der Versorgungsleitungen für das Fest und laut Ordnungsverfügung sicher und stolperfrei zu verlegen. Der Kläger, der sich aufgrund von Fußgängern abgelenkt fühlte, sah die Kabelbrücke nicht und erlitt durch den Sturz erhebliche Verletzungen.
Die Argumentation des Klägers und die Ablehnung der Haftung durch die Beklagte
Der Kläger forderte von der Versicherung der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 12.723,52 EUR sowie die Übernahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Er vertrat die Ansicht, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, indem sie die Kabelbrücke nicht deutlich sichtbar und nicht waagerecht über den Radweg verlegt hatte. Die Beklagte und ihr Haftpflichtversicherer lehnten jegliche Haftpflicht ab, indem sie argumentierten, die Kabelbrücke sei ordnungsgemäß verlegt worden und der Kläger sei selbst für den Unfall verantwortlich, da er nicht aufmerksam genug gewesen sei.
Die gerichtliche Bewertung des Unfalls und die Entscheidungsgründe
Das Landgericht Magdeburg wies die Klage ab und entschied, dass keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorlag. Das Gericht stellte fest, dass die Kabelbrücke hinreichend sichtbar war und der Kläger aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit gestürzt sei. Weiterhin wurde betont, dass keine gesonderte Kennzeichnung der Kabelbrücke erforderlich war und die Verkehrsteilnehmer die Straßenverhältnisse so hinnehmen müssen, wie sie sich darbieten. Der Kläger hatte somit keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld nach § 823 Abs. 1 BGB.
Kostenentscheidung und ihre Rechtsgrundlagen
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten wurden dem Kläger auferlegt. Dies basiert auf § 91 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 101 ZPO, da keine Verletzungshandlung festgestellt wurde und somit auch kein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld bestand. Die Streitverkündete trat dem Rechtsstreit bei und unterstützte die Argumentation der Beklagten. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wurde angeordnet, und der Streitwert wurde auf 15.488,59 EUR festgesetzt.
Der Fall beleuchtet die Komplexität von Schadensersatzforderungen bei Unfällen im öffentlichen Raum und die Wichtigkeit der Verkehrssicherungspflicht. Er unterstreicht auch die Bedeutung der Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer und die Notwendigkeit, Verkehrshindernisse angemessen zu kennzeichnen, um solche Unfälle zu vermeiden.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Was umfasst die Verkehrssicherungspflicht bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum?
Die Verkehrssicherungspflicht bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum in Deutschland umfasst die Verpflichtung, alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden von Dritten abzuwenden. Dies gilt für alle Arten von Veranstaltungen, einschließlich Konzerten, Märkten und Demonstrationen.
Bei Konzerten und Märkten muss der Veranstalter oder seine beauftragten Personen immer auch selbst abwägen, ob er aus einer bestehenden vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht sowie Organisations- und Verkehrssicherungspflicht gegenüber den Veranstaltungsteilnehmern zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet ist. Typische Beispiele hierfür sind die Sicherung von Baustellen, die Instandhaltung von Wegen oder die sichere Verlegung von Stromkabeln auf öffentlichen Plätzen wie Wochenmärkten.
Bei Demonstrationen ist der Veranstalter einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel nach § 14 VersammlG verpflichtet, bestimmte Pflichten einzuhalten. Diese Pflichten können je nach Bundesland variieren, da die Durchführung der Versammlungsgesetze in der Zuständigkeit der Länder liegt.
Die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht ist besonders in Situationen relevant, in denen die Öffentlichkeit mit potenziellen Gefahrenquellen konfrontiert wird, die nicht unmittelbar erkennbar sind. Die Frage, ob und inwieweit die Verantwortlichen ihrer Pflicht zur Gefahrenabwehr nachgekommen sind, bildet oft den Kern juristischer Auseinandersetzungen. Bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht können rechtliche Konsequenzen wie Schadensersatz- oder Schmerzensgeldforderungen entstehen.
Die spezifischen Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit können je nach Art der Veranstaltung und den spezifischen Umständen variieren. Sie können beispielsweise die sichere Installation und Wartung von Ausrüstung, die Bereitstellung von Sicherheitspersonal, die Einhaltung von Lärm- und Lichtvorschriften und die Sicherstellung von Notausgängen und Erste-Hilfe-Einrichtungen umfassen.
Das vorliegende Urteil
LG Magdeburg – Az.: 10 O 313/23 – Urteil vom 16.10.2023
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
und b e s c h l o s s e n:
Der Streitwert wird auf 15.488,59 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzforderungen aufgrund eines Fahrradsturzes geltend.
Die Beklagte wollte vom 14. bis 16.10.2022 ein Oktoberfest auf der Freifläche B straße Nr. in M veranstalten. Der Einlass zu diesem Fest sollte um 17:00 Uhr sein. Die Veranstaltung sollte um 19:00 Uhr beginnen.
Durch die Ordnungsverfügung vom 10.10.2022 ordnete die Streitverkündete an, dass Versorgungsleitungen wie Kabel sicher und stolperfrei zu verlegen seien und gegebenenfalls durch geeignete Brücken abzudecken seien, vergleiche II. 2. 3. der Ordnungsverfügung, Anl. S1.
Die Beklagte verlegte über den Fußgänger– und Radweg auf der B straße Kabel und deckte diese mit einer Kabelbrücke ab. Der sich auf dem Weg befindliche Hydrant wurde von einem Holzkasten abgedeckt, welche mit einem rotweißen Absperrband umwickelt wurde. Ein besonderer Hinweis auf die Kabelbrücke erfolgte nicht. Bezüglich der Lage der Kabelbrücke wird auf die von dem Kläger eingereichten Lichtbilder Bezug genommen.
Der Kläger forderte, anwaltlich vertreten, den Versicherer der Beklagten auf, bis zum 09.01.2023 an den Kläger 12.723,52 EUR und an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1054,10 EUR zu überweisen.
Der Haftpflichtversicherer der Beklagten sowie die Beklagte lehnten eine Haftung ab.
Der Kläger behauptet, er sei am 15.10.2022 gegen 16:00 Uhr mit dem E-Damenfahrrad seines Vaters auf der B straße Richtung L C mit einer Geschwindigkeit von 23- 25 km/h mit mittlerer Tretunterstützung unterwegs gewesen. Er habe bei seiner Fahrt die Kabelbrücke nicht gesehen, da er sich auf eine Dame und 2 Fußgänger, welche ihm entgegengekommen seien, konzentriert habe. Er sei an der Kabelbrücke aufgesetzt und über das Lenkrad geflogen.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe die erforderliche Sorgfalt beachtet. Der Unfall sei für ihn unabwendbar.
Die Beklagte habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie habe die Kabelbrücke nicht ordnungsgemäß verlegt. Diese habe sich nicht farblich von den Straßenverhältnissen abgehoben. Die Kabelbrücke sei weder leuchtend noch auffällig hell, sondern verdreckt und dunkel gewesen. Sie sei zudem quer über den Radweg verlegt worden und nicht waagerecht, wodurch der Auffahrwinkel gefährlich spitz gewesen sei. Zudem hätte auf die Kabelbrücke zum Beispiel durch das Verkehrszeichen Nr. 101 oder Nr. 112 hingewiesen werden müssen. Dies folge aus § 32 StVO. Es hätte keine Abnahmegenehmigung der Kabelbrücke gegeben. Für die Kabelbrücke hätte es einer Sondernutzungserlaubnis gem. § 46 Abs. 1 Nr. 8 iVm. § 32 StVO iVm. § 18 StrG LSA bedurft. Eine solche liege nicht vor. Die Kabelbrücke hätte abgeflachter, dh. mit einem flacheren Winkel versehen sein müssen.
Aufgrund des Unfalls sei das Fahrrad beschädigt gewesen. Diesen Schaden hätte die Haftpflichtversicherung des Klägers mit Ausnahme der Selbstbeteiligung in 150 EUR reguliert. Der Kläger habe 150 EUR an den Eigentümer des Fahrrads gezahlt. Aufgrund des Unfalls sei an der Jacke des Klägers ein Schaden i.H.v. 150 EUR entstanden.
Nach dem Unfall sei der Kläger aufgestanden und habe seine Frau sowie einen Krankenwagen gerufen. In der Wartezeit auf den Rettungswagen, hätten andere Fahrradfahrer die Kabelbrücke passiert, wobei ihnen Sachen aus dem Fahrradkorb gefallen seien.
Der Kläger wurde in ein Krankenhaus gebracht. Aufgrund des RTW-Einsatzes seien dem Kläger Zuzahlungskosten in Höhe von voraussichtlich 10 EUR entstanden. Es seien folgende Verletzungen diagnostiziert worden: Eine Osteochondrale Humeruskopffraktur links, zahlreiche Prellungen und Hämatome am Arm und der linken Körperhälfte. Er sei im Krankenhaus notoperiert worden. Aufgrund der Operation sei eine 7 cm lange Narbe zurückgeblieben. Der Kläger sei 3 Tage im Krankenhaus gewesen. Diesbezüglich sei ihm ein Schaden in Höhe des Krankenhausentgelts von jeweils 10 EUR pro Tag entstanden, vergleiche Anlage K2. Der Kläger sei vom 15. Oktober bis 22.11.2022 arbeitsunfähig gewesen, vergleiche Anl. K4. In den 1. 4 Wochen lang habe die Ehefrau des Klägers diesem beim An- und Ausziehen sowie Waschen helfen müssen. Hierdurch sei ein Schaden i.H.v. 360 EUR bei einem Mindestlohn von 12 EUR entstanden. Der Kläger hätte Schmerztabletten nehmen müssen. Der Kläger hätte den Arm bis zum 15.11.2022 ruhigstellen müssen. Ab dem 03.11.2022 habe der Kläger Physiotherapie für 97,84 EUR erhalten, vergleiche Anl. K3. Bezüglich des Fahrtweges zum Physiotherapeuten von 3 km sei ihm ein Schaden i.H.v. 43,20 EUR entstanden. Für die Wahrnehmung von 5 Arztterminen sei ihm bezüglich der 3-km-Wegstrecke ein Schaden i.H.v. 9 EUR entstanden. Der Kläger habe heute immer noch Schmerzen und hätte 8 Monate lang keine sportlichen Aktivitäten ausüben dürfen. Der Kläger habe mehrere Wochen unter Schlafstörungen gelitten. Der Nacken des Klägers sei verspannt gewesen.
Aufgrund der Verletzungen hätte der Kläger nicht wie geplant den Fußboden im Gästezimmer selbst verlegen können, sondern musste Handwerker beauftragen. Ihm sei diesbezüglich ein Schaden i.H.v. 420 EUR entstanden, vergleiche Anl. K7.
Darüber hinaus macht der Kläger einen Haushaltsführungsschaden i.H.v. 5640 EUR geltend. Bezüglich der Darlegung des Haushaltsführungsschadens wird auf Seite 5-7 der Klageschrift Bezug genommen.
Die Behandlung sei abgeschlossen. Die Beweglichkeit des Armes hätte nicht vollständig wiederhergestellt werden können.
Der Kläger erhält ein Schmerzensgeld in Höhe von nicht weniger als 7500 EUR für angemessen.
Der Kläger ist der Ansicht, er hätte gegen die Streitverkündete einen Anspruch auf Schadloshaltung wegen Verletzung einer Amtspflicht, da diese für das Verlegen der Kabelbrücke zuständig gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6988,59 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 15.10.2022 auf der B straße höhere Nr. in 3 M zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1134,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte und Streitverkündete beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte und die Streitverkündete sind der Ansicht, die Beklagte habe die Kabelbrücke ordnungsgemäß verlegt. Die Kabelbrücke sei gut sichtbar gewesen. Der Kläger sei für den Unfall allein verantwortlich. Er sei nicht aufmerksam gewesen und habe die eigene Sorgfalt außer Acht gelassen. Er habe sich nicht an das Sichtfahrgebot iSd. § 3 StVO gehalten.
Die Streitverkündete ist darüberhinaus der Ansicht, die Klage sei nicht ordnungsgemäß erhoben worden, da sie lediglich mit „Rechtsanwalt“ ohne Benennung des Namens unterzeichnet worden ist.
Die Klageschrift ist durch A N qualifiziert signiert bei Gericht eingegangen. Die Klage ist dem Beklagten am 08.04.2023 zugestellt worden. Der Kläger hat der Streitverkündeten mit der Klageschrift, welche der Streitverkündeten am 12.04.2023 zugestellt worden ist, den Streit verkündet und sie aufgefordert, dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beizutreten. Die Streitverkündete ist mit Schriftsatz vom 17.04.2023 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Magdeburg ist zuständig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 1 ZPO iVm. §§ 23 Nr.1, 71 Abs. 1 GVG. Der Streitwert liegt über 5000 EUR. Bereits der Klageantrag zu 1 übersteigt alleine diese Summe. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO. Der Fahrradunfall ereignete sich in Magdeburg.
Die Klage ist gem. § 253 Abs. 4 iVm. § 130 Nr. 6 ZPO ordnungsgemäß erhoben worden. Zwar enthält die Klageschrift selbst keine Unterschrift, jedoch ermöglicht § 130a Abs. 1 ZPO auch die elektronische Einreichung von Schriftsätzen. Die gem. § 130a Abs. 3 ZPO hierfür erforderliche qualifizierte Signatur liegt ausweislich des Prüfvermerkes vor. Danach hat die Rechtsanwältin A N die Klage qualifiziert signiert.
Der wirksamen Klageerhebung steht auch nicht § 253 Abs. 2 ZPO entgegen. Zwar ist der Klageantrag zu 2, mit welchem die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes beantragt ist, nicht beziffert, jedoch folgt aus § 287 ZPO, dass es im Falle eines geltend gemachten Schmerzensgeldanspruches ausreichend ist, dass der Kläger eine Wertvorstellung angibt und einen Lebenssachverhalt vorträgt, welcher seine Wertvorstellung stützen könnte. Dies ist erfolgt. Eine konkrete Bezifferung des Schmerzensgeldes kann nicht verlangt werden, da die Entscheidung im Ermessen des Gerichts liegt. Eine konkrete Bezifferung würde zu einem unbilligen Prozessrisiko des Klägers führen.
Die mit dem Klageantrag zu 3 erhobene Feststellungsklage ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse. Es ist nicht absehbar, ob sich im Laufe der Zeit der Schaden weiterentwickeln würde und es aufgrund der von dem Kläger behaupteten Verletzungen zu weiteren noch nicht absehbaren Verletzungsfolgen kommt. Dem steht nicht die Tatsache entgegen, dass die Behandlung mittlerweile abgeschlossen ist.
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Schadensersatzes in Höhe von 6.988,59 EUR noch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gem. § 823 Abs. 1 BGB iVm. §§ 249 Abs.1, 253 Abs. 2, 843 BGB.
Es kann dahinstehen, ob, wie der Kläger behauptet, der Unfall mit den behaupteten Unfallfolgen stattgefunden hat und hierdurch der Körper und die Gesundheit des Klägers sowie er in seinem Eigentum verletzt worden sind.
Aufgrund des Vortrages des Klägers liegt bereits keine Verletzungshandlung iSd. § 823 Abs. 1 BGB vor. Es liegt keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vor. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt vor, wenn die gebotene Sorgfalt beim Umgang mit einer Gefahrenquelle nicht eingehalten wird und dadurch andere Personen oder Sachen geschädigt werden. Der Beklagten hat keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Verlegens der Kabelbrücke verletzt. Es gibt keine Pflicht eine Kabelbrücke horizontal zum Fußweg zu verlegen. Aufgrund der von dem Kläger eingereichten Lichtbilder ist nicht ersichtlich, dass sich der Winkel der Kabelbrücke dramatisch verändert haben soll. Die Kabelbrücke war augenscheinlich auch farblich markiert. Auf den eingereichten Lichtbildern ist eindeutig zu erkennen, dass die Kabelbrücke einen gelben Streifen in der Mitte aufwies. Dieser war erkennbar nicht so stark verdreckt, dass er nicht hätte gesehen werden können. Hierdurch war die Kabelbrücke iSd. § 32 Abs. 1 S. 2 StVO ausreichend kenntlich gemacht. Einer darüberhinausgehenden Kenntlichmachung bedurfte es nicht. Aufgrund des seitlich verlaufenen knallgelben Kabels und des mit einem rotweißen Absperrband gekennzeichneten mit holzverkleideten Hydranten hätte gesehen werden können, dass sich auf dem Weg ein Hindernis befindet. Daher hätte die Kabelbrücke auch nicht mit dem Verkehrszeichen Nr. 101 oder Nr. 112 der StVO kenntlich gemacht werden müssen. Eine Kenntlichmachung mit diesen Verkehrsschildern hätte zudem zu Verwirrung geführt, da auch die Autofahrer das Schild auf ihre Fahrbahn bezogen hätten.
Die Kabelbrücke hätte auch nicht abgeflachter sein müssen. Für gewöhnlich lassen sich Kabelbrücken, wie von der Beklagten verwendet, bei angepasster Geschwindigkeit mit dem Fahrrad überqueren. Dies hat der Kläger selbst auch bestätigt, welcher in der informatorischen Anhörung angegeben hat, dass andere Fahrradfahrer über die Kabelbrücke nach seinem Unfall gefahren seien.
Aufgrund der Ordnungsverfügung der Streitverkündeten ist davon auszugehen, dass eine Genehmigung für die Verlegung der Kabelbrücke vorgelegen habe. In der Genehmigung heißt es, dass Versorgungsleitungen (Kabel, Leitungen für Wasser- und Abwasser) stolperfrei zu verlegen sind. Hieraus lässt sich schließen, dass die Versorgungsleitung genehmigt worden ist. Selbst bei der Annahme, dass keine erforderliche Genehmigung vorgelegen habe bzw. die Kabelbrücke nicht abgenommen worden wäre, wären diese Pflichtverletzungen nicht kausal für die von dem Kläger geltend gemachten Schäden. Grundsätzlich sind Verkehrsflächen so hinzunehmen, wie sie sich dem Benutzer darbieten. Das Verhalten des Benutzers muss dann an die Gegebenheiten angepasst werden. Aufgrund der informatorischen Anhörung des Klägers geht das Gericht davon aus, dass dieser nicht die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat, sondern unaufmerksam war und alleine hierdurch der Unfall verursacht worden ist. Der Kläger hat angegeben, er sei von der ihm entgegenkommenden sich noch ca. 10 bis 15 aus seiner Sicht hinter der Kabelbrücke befindlichen Dame und den Fußgängern abgelenkt gewesen. Aufgrund dessen habe er die Kabelbrücke nicht gesehen. Hätte sich der Kläger auf die Straße konzentriert und sich nicht ablenken lassen, hätte er die Kabelbrücke sehen müssen, zumal nach seinen eigenen Angaben ihm keiner die Sicht hierauf versperrt hat. Wie andere Fahrradfahrer auch hätte er dann mit angepasster Geschwindigkeit die Kabelbrücke überqueren können.
2.
Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Da keine Verletzungshandlung festgestellt werden konnte, liegt auch kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.
3.
Mangels Hauptanspruches hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zinszahlung gem. § 291 BGB oder auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 iVm. § 101 ZPO. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit wirksam gem. §§ 74 Abs. 1, 70 ZPO beigetreten. Die Streitverkündung ist zulässig gewesen. Der Kläger hat angegeben, dass er sich für den Fall, dass er gegen die Beklagte als Ausführende der Kabelverlegung keinen Anspruch habe, sich alternativ an die Streitverkündete als diejenige, welche für die Genehmigung der Kabelverlegung zuständig sei, wende.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging nach § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Zur Begründung der Streitwertentscheidung nach §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1 S. 1 GKG iVm. § 3 ZPO wird auf den Beschluss vom 03.04.2023 Bezug genommen. Das Gericht beurteilt gemäß § 3 ZPO den Feststellungsantrag lediglich mit 1000 EUR. Der Wert des Antrages auf Zahlung eines Schmerzensgeldes wird gemäß § 3 ZPO zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf 7500 EUR geschätzt. Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass in der Klageschrift vorgetragen worden ist, dass die Behandlung noch nicht abgeschlossen sei. Dies hat sich im Laufe des Verfahrens geändert. Entscheidend für die Streitwertfestsetzung ist jedoch der Zeitpunkt der Klageerhebung.