Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Mietkaution: Rechte der Vermieter und Fristen für Schadensansprüche im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche allgemeine Verjährungsfrist gilt für Ansprüche des Vermieters nach Mietende?
- Wie lange können Vermieter nach Auszug Ansprüche an die Mietkaution geltend machen?
- Was bedeutet die „Ersetzungsbefugnis“ im Kontext der Mietkaution?
- Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter nach Ablauf der Verjährungsfrist Schadensersatz einfordert?
- Was sollte ein Mieter tun, wenn der Vermieter nach dem Auszug Kaution einbehält?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Im Urteil geht es um die Rückzahlung einer Mietkaution und die Aufrechnungsmöglichkeiten des Vermieters gegen diese Kaution.
- Der Beklagte hat sich auf Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache berufen, um die Kaution einzubehalten.
- Die Schwierigkeiten liegen in der Frage der Verjährung der Schadensersatzansprüche und der Gleichartigkeit der Forderungen, die für eine Aufrechnung erforderlich ist.
- Das Gericht hat entschieden, dass die Aufrechnung des Beklagten nicht wirksam war und die Kaution zurückgezahlt werden muss.
- Grundlage der Entscheidung war die fehlende Gleichartigkeit zwischen der Kautionsforderung und dem Schadensersatzanspruch.
- Da der Zugang des Abrechnungsschreibens streitig war, wurden die Schadensersatzansprüche nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht.
- Der Beklagte durfte also die Kaution nicht durch seine Gegenforderungen aufrechnen.
- Das Urteil hat Einfluss auf die künftige Praxis der Kautionsabrechnung und die Handhabung von Verjährungsfristen.
- Mieter können durch das Urteil sicherer in Bezug auf die Rückzahlung ihrer Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses werden.
- Das Urteil zeigt die Wichtigkeit einer detaillierten und nachweisbaren Abrechnung durch den Vermieter, um Ansprüche aufrechtzuerhalten.
Mietkaution: Rechte der Vermieter und Fristen für Schadensansprüche im Fokus
Die Mietkaution ist eine finanzielle Sicherheit, die Vermieter von ihren Mietern verlangen, um sich gegen mögliche Schäden an der Mietwohnung oder ausstehende Mietzahlungen abzusichern. In Deutschland sind die Regelungen zur Mietkaution im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Ein zentrales Element ist dabei die Frage, wie lange ein Vermieter Zeit hat, um von der Kaution Schadensansprüche abzuziehen.
Üblicherweise denken viele Mieter, dass nach einer bestimmten Zeitspanne, wie beispielsweise sechs Monaten, Ansprüche gegen die Kaution nicht mehr geltend gemacht werden können. Doch dies ist nicht unbedingt der Fall. Die Rechtsprechung hat immer wieder klargestellt, dass Vermieter auch nach Ablauf dieser Frist in bestimmten Situationen berechtigt sind, Schäden von der Kaution abzuziehen.
Um die Hintergründe und die rechtlichen Rahmenbedingungen besser zu verstehen, ist es wichtig, sich mit einem konkreten Fall auseinanderzusetzen, der die Thematik anschaulich beleuchtet und die Unterschiede zwischen der Theorie und Praxis aufzeigt.
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Der Fall vor Gericht
Mietkaution und Verjährung: Bundesgerichtshof stärkt Position der Vermieter
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil die Rechte von Vermietern bei der Abrechnung von Mietkautionen gestärkt. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein Vermieter auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist noch Schadensersatzansprüche gegen die Kaution aufrechnen darf.
Der Fall vor dem BGH
Eine ehemalige Mieterin forderte die Rückzahlung ihrer Mietkaution in Höhe von 785,51 Euro. Der Vermieter rechnete dagegen mit Schadensersatzansprüchen von 1.175 Euro auf, die er auf Beschädigungen in der Wohnung zurückführte. Die Mieterin argumentierte, diese Ansprüche seien bereits verjährt.
Die rechtliche Ausgangslage
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verjähren Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung. Diese kurze Frist soll eine schnelle Klärung von Streitigkeiten nach Mietende gewährleisten.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH entschied zugunsten des Vermieters und widersprach damit der Auffassung des Berufungsgerichts. Die Richter stellten klar, dass die Verjährungseinrede der Mieterin der Aufrechnung des Vermieters nicht entgegensteht.
Die Begründung des Gerichts
Das Gericht legte die Vereinbarung über die Mietkaution so aus, dass der Vermieter sich auch nach Ablauf der Verjährungsfrist durch Aufrechnung aus der Kaution befriedigen kann. Diese Auslegung basiert auf dem Zweck der Kaution, dem Vermieter eine einfache Befriedigung seiner Ansprüche zu ermöglichen.
Der BGH betonte, dass Vermieter nach Mietende eine angemessene Überlegungs- und Abrechnungsfrist haben, die durchaus länger als sechs Monate sein kann. Diese Frist kann in ein Spannungsverhältnis zur kurzen Verjährungsfrist geraten.
Die Bedeutung der Ersetzungsbefugnis
Eine zentrale Rolle in der Urteilsbegründung spielte die sogenannte Ersetzungsbefugnis. Diese erlaubt es dem Vermieter, statt der Wiederherstellung der Wohnung Geldersatz zu verlangen. Der BGH stellte klar, dass die Ausübung dieser Befugnis für die Wirksamkeit der Aufrechnung nicht zwingend innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen muss.
Folgen für die Praxis
Das Urteil stärkt die Position von Vermietern bei der Abrechnung von Mietkautionen. Es ermöglicht ihnen, auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist noch Schadensersatzansprüche geltend zu machen, solange diese im Rahmen der Kautionsabrechnung erfolgen.
Ausblick
Die Entscheidung des BGH dürfte in der Immobilienbranche auf großes Interesse stoßen. Sie schafft mehr Klarheit in der oft strittigen Frage der Kautionsabrechnung und gibt Vermietern mehr Zeit, mögliche Schäden zu prüfen und geltend zu machen. Für Mieter bedeutet dies im Gegenzug, dass sie auch längere Zeit nach Auszug noch mit Forderungen des Vermieters rechnen müssen.
Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob die vom Vermieter behaupteten Schadensersatzansprüche tatsächlich bestehen. Erst dann wird sich zeigen, ob der Vermieter die Kaution einbehalten darf oder zur Rückzahlung verpflichtet ist.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das BGH-Urteil stärkt die Position von Vermietern bei der Abrechnung von Mietkautionen erheblich. Es ermöglicht die Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen gegen die Kaution auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist, solange dies im Rahmen der Kautionsabrechnung erfolgt. Diese Auslegung basiert auf dem Zweck der Kaution, dem Vermieter eine einfache Befriedigung seiner Ansprüche zu ermöglichen, und berücksichtigt die oft längere Überlegungs- und Abrechnungsfrist des Vermieters.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Mieter müssen Sie nach diesem Urteil damit rechnen, dass Ihr Vermieter auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist noch Schadensersatzansprüche gegen Ihre Kaution aufrechnen kann. Die bisher angenommene Sicherheit, nach sechs Monaten nicht mehr für Schäden haftbar gemacht zu werden, besteht so nicht mehr. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Vermieter eine angemessene Überlegungs- und Abrechnungsfrist haben, die durchaus länger als sechs Monate sein kann. Für Sie bedeutet das: Behalten Sie Ihre Kaution im Blick und fordern Sie aktiv eine Abrechnung ein, wenn diese ausbleibt. Es ist ratsam, Beweise für den Zustand der Wohnung bei Auszug zu sichern, um ungerechtfertigten Forderungen entgegentreten zu können.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie umfassende Antworten auf häufige Fragen rund um das Thema Mietrecht. Besonders beleuchten wir die Mietkaution und Verjährung, damit Sie bestens informiert sind und rechtliche Unsicherheiten vermeiden können. Tauchen Sie ein und profitieren Sie von fundierten Informationen, die Ihnen in Ihrer Mietangelegenheit weiterhelfen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche allgemeine Verjährungsfrist gilt für Ansprüche des Vermieters nach Mietende?
- Wie lange können Vermieter nach Auszug Ansprüche an die Mietkaution geltend machen?
- Was bedeutet die „Ersetzungsbefugnis“ im Kontext der Mietkaution?
- Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter nach Ablauf der Verjährungsfrist Schadensersatz einfordert?
- Was sollte ein Mieter tun, wenn der Vermieter nach dem Auszug Kaution einbehält?
Welche allgemeine Verjährungsfrist gilt für Ansprüche des Vermieters nach Mietende?
Für Ansprüche des Vermieters nach Mietende gilt eine besonders kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten. Diese Frist ist in § 548 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgelegt.
Beginn der Verjährungsfrist
Die sechsmonatige Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Dies bedeutet, dass der Fristbeginn nicht an das vertraglich vereinbarte Mietende geknüpft ist, sondern an die tatsächliche Rückgabe der Wohnung.
Betroffene Ansprüche
Diese kurze Verjährungsfrist gilt für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache. Darunter fallen beispielsweise:
- Schadensersatzansprüche wegen Beschädigungen durch den Mieter
- Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen
- Ansprüche wegen unterlassenem Rückbau oder nicht beseitigter baulicher Veränderungen
Wichtig für Mieter und Vermieter
Wenn Sie als Mieter ausziehen, sollten Sie bedenken, dass Ihr Vermieter ab dem Zeitpunkt der Wohnungsübergabe sechs Monate Zeit hat, um Ansprüche wegen Schäden geltend zu machen. Als Vermieter müssen Sie innerhalb dieser Frist handeln, um Ihre Ansprüche zu sichern.
Ausnahmen von der kurzen Verjährungsfrist
Nicht alle Ansprüche des Vermieters unterliegen dieser kurzen Verjährungsfrist. Ansprüche auf Rückgabe der Wohnung und auf Zahlung der Miete verjähren nach der regulären Verjährungsfrist. Diese beträgt in der Regel drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Besonderheiten bei fortgesetzter Wohnungsnutzung
Sollten Sie als Mieter die Wohnung nach Vertragsende weiterhin nutzen, beachten Sie: Die Verjährungsfrist beginnt erst, wenn Sie die Wohnung tatsächlich zurückgeben und der Vermieter wieder uneingeschränkt darüber verfügen kann. Eine bloße Besichtigung der Wohnung durch den Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses reicht für den Beginn der Verjährungsfrist nicht aus.
Durch diese kurze Verjährungsfrist soll sichergestellt werden, dass schnell Klarheit über eventuelle Schadensersatzansprüche geschaffen wird. Dies dient sowohl dem Interesse des Vermieters an einer zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche als auch dem Interesse des Mieters an Rechtssicherheit.
Wie lange können Vermieter nach Auszug Ansprüche an die Mietkaution geltend machen?
Vermieter können auch lange nach Ihrem Auszug noch Ansprüche an die Mietkaution geltend machen. Die genaue Dauer hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Grundsätzliche Verjährungsfrist
Nach § 548 BGB verjähren die Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache grundsätzlich sechs Monate nach der Rückgabe. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Vermieter die Kaution nach Ablauf dieser Frist automatisch zurückzahlen muss.
Einbehaltung der Kaution über die Verjährungsfrist hinaus
Der Vermieter darf die Kaution auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist noch einbehalten, wenn er berechtigte Ansprüche gegen Sie als Mieter hat. Dies können beispielsweise ausstehende Betriebskostennachzahlungen oder Schadensersatzansprüche sein.
Prüfungs- und Überlegungsfrist
Nach der Rechtsprechung steht dem Vermieter eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist zu, um mögliche Ansprüche zu prüfen. Diese Frist kann je nach Einzelfall variieren, beträgt in der Regel aber drei bis sechs Monate.
Längere Einbehaltung bei besonderen Umständen
In bestimmten Fällen kann der Vermieter die Kaution auch über einen längeren Zeitraum einbehalten:
- Bei noch ausstehenden Betriebskostenabrechnungen darf der Vermieter einen angemessenen Teil der Kaution bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist (in der Regel bis zu 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums) zurückhalten.
- Wenn Schäden an der Mietsache erst später erkennbar werden, kann der Vermieter die Kaution ebenfalls länger einbehalten.
Verjährung des Kautionsrückzahlungsanspruchs
Wenn Sie als Mieter Ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nicht rechtzeitig geltend machen, kann dieser verjähren. Die Verjährungsfrist für den Kautionsrückzahlungsanspruch beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.
Beachten Sie, dass der Vermieter die Kaution nur für Ansprüche aus dem Mietverhältnis verwenden darf. Wenn Sie der Meinung sind, dass der Vermieter die Kaution zu Unrecht einbehält, können Sie Ihren Rückzahlungsanspruch gerichtlich geltend machen.
Was bedeutet die „Ersetzungsbefugnis“ im Kontext der Mietkaution?
Die Ersetzungsbefugnis ist ein wichtiges rechtliches Konzept im Mietrecht, das es Vermietern ermöglicht, anstelle einer Naturalrestitution (Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) einen Geldbetrag als Schadensersatz zu verlangen. Im Kontext der Mietkaution spielt diese Befugnis eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um die Abrechnung von Schäden an der Mietsache geht.
Grundprinzip der Ersetzungsbefugnis
Wenn Sie als Mieter Schäden an der Wohnung verursacht haben, hat der Vermieter grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- Er kann von Ihnen verlangen, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen (Naturalrestitution).
- Er kann von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch machen und stattdessen einen Geldbetrag fordern.
Die Ersetzungsbefugnis gibt dem Vermieter also die Wahl zwischen Wiederherstellung und Geldersatz.
Bedeutung für die Mietkaution
Im Zusammenhang mit der Mietkaution ist die Ersetzungsbefugnis besonders relevant. Sie ermöglicht es dem Vermieter, Schadensersatzansprüche mit der hinterlegten Kaution zu verrechnen, auch wenn die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten bereits abgelaufen ist.
Stellen Sie sich vor, Sie ziehen aus Ihrer Mietwohnung aus und der Vermieter stellt Schäden fest. Normalerweise hätte er nur sechs Monate Zeit, diese Ansprüche geltend zu machen. Durch die Ersetzungsbefugnis kann er jedoch auch später noch auf die Kaution zugreifen, um die Schäden auszugleichen.
Praktische Auswirkungen für Mieter
Für Sie als Mieter bedeutet dies, dass der Vermieter auch nach Ablauf der Verjährungsfrist noch Ansprüche gegen Sie geltend machen kann, solange er diese mit der Kaution verrechnet. Dies ist möglich, weil die Parteien sich mit der Vereinbarung über eine Barkaution darauf verständigt haben, dass der Vermieter sich im Zweifel möglichst einfach über die Kaution befriedigen können soll.
Wichtig zu wissen: Der Vermieter muss seine Ersetzungsbefugnis nicht zwingend innerhalb der Verjährungsfrist ausüben. Dies hat der Bundesgerichtshof in einer wegweisenden Entscheidung klargestellt und damit die Rechte der Vermieter gestärkt.
Konsequenzen für die Kautionsrückzahlung
Wenn Sie Ihre Kaution zurückfordern, sollten Sie sich bewusst sein, dass der Vermieter möglicherweise noch Ansprüche geltend machen kann, selbst wenn seit Ihrem Auszug mehr als sechs Monate vergangen sind. Die Ersetzungsbefugnis ermöglicht es dem Vermieter, diese Ansprüche mit Ihrer Kaution zu verrechnen.
In der Praxis bedeutet dies für Sie: Rechnen Sie damit, dass die vollständige Rückzahlung Ihrer Kaution sich verzögern kann, wenn der Vermieter Schäden geltend macht – auch wenn diese erst nach der üblichen Verjährungsfrist festgestellt wurden.
Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn der Vermieter nach Ablauf der Verjährungsfrist Schadensersatz einfordert?
Als Mieter haben Sie auch nach Ablauf der Verjährungsfrist wichtige Rechte, wenn Ihr Vermieter Schadensersatz einfordert. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters tritt in der Regel sechs Monate nach der Rückgabe der Mietsache ein. Nach diesem Zeitpunkt können Sie sich auf die Verjährung berufen und die Leistung verweigern.
Einrede der Verjährung
Wenn Ihr Vermieter nach Ablauf der Verjährungsfrist Schadensersatz von Ihnen fordert, können Sie die Einrede der Verjährung erheben. Dies bedeutet, dass Sie berechtigt sind, die geforderte Leistung zu verweigern. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Verjährung nicht automatisch wirkt – Sie müssen sich aktiv darauf berufen.
Prüfung der Verjährungsfrist
Bevor Sie die Einrede der Verjährung erheben, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob die Verjährungsfrist tatsächlich abgelaufen ist. Die Frist beginnt mit der Rückgabe der Mietsache. Achten Sie auf das genaue Datum der Wohnungsübergabe und berechnen Sie von dort aus die sechsmonatige Frist.
Besonderheit bei der Mietkaution
Es ist wichtig zu wissen, dass der Vermieter unter bestimmten Umständen auch nach Ablauf der Verjährungsfrist noch Ansprüche geltend machen kann, insbesondere wenn es um die Aufrechnung mit der Mietkaution geht. In solchen Fällen kann der Vermieter möglicherweise verjährte Ansprüche mit Ihrem Kautionsrückzahlungsanspruch verrechnen.
Dokumentation und Beweissicherung
Auch wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, ist es ratsam, alle relevanten Dokumente und Beweise aufzubewahren. Dazu gehören das Übergabeprotokoll, Fotos vom Zustand der Wohnung bei Auszug und jegliche Kommunikation mit dem Vermieter. Diese Unterlagen können Ihnen helfen, Ihre Position zu stärken, falls es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt.
Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Wenn Sie unsicher sind, ob die Forderung Ihres Vermieters berechtigt ist oder wie Sie am besten darauf reagieren sollten, kann es sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Ihre individuelle Situation beurteilen und Sie über Ihre Rechte und mögliche Handlungsoptionen informieren.
Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist. Die genauen Umstände Ihres Mietverhältnisses, der Wohnungsrückgabe und der vom Vermieter geltend gemachten Ansprüche spielen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung Ihrer rechtlichen Situation.
Was sollte ein Mieter tun, wenn der Vermieter nach dem Auszug Kaution einbehält?
Wenn Ihr Vermieter nach dem Auszug die Kaution einbehält, sollten Sie als Mieter folgende Schritte in Betracht ziehen:
Kommunikation mit dem Vermieter aufnehmen
Kontaktieren Sie Ihren Vermieter schriftlich und bitten Sie um eine detaillierte Begründung für den Einbehalt der Kaution. Fragen Sie nach konkreten Beträgen und Belegen für eventuelle Forderungen. Eine freundliche, aber bestimmte Nachfrage kann oft schon zur Klärung beitragen.
Prüfung der Rechtmäßigkeit
Überprüfen Sie sorgfältig, ob die vom Vermieter angeführten Gründe für den Kautionseinbehalt rechtmäßig sind. Beachten Sie dabei, dass der Vermieter die Kaution für ausstehende Mietzahlungen, Nebenkostennachzahlungen oder Schäden an der Wohnung einbehalten darf, die über die normale Abnutzung hinausgehen.
Fristen beachten
Berücksichtigen Sie, dass der Vermieter eine angemessene Frist zur Prüfung seiner Ansprüche hat. Diese beträgt in der Regel drei bis sechs Monate, kann sich aber bei zu erwartenden Nebenkostennachzahlungen auf bis zu zwölf Monate verlängern. Wenn diese Fristen überschritten werden, sollten Sie aktiv werden.
Schriftliche Aufforderung zur Rückzahlung
Ist die angemessene Prüfungsfrist verstrichen oder halten Sie die Gründe für den Einbehalt für unberechtigt, fordern Sie den Vermieter schriftlich zur Rückzahlung der Kaution auf. Setzen Sie dabei eine angemessene Frist, beispielsweise zwei Wochen.
Dokumentation und Beweise sammeln
Bewahren Sie alle relevanten Dokumente auf, wie das Übergabeprotokoll, Fotos vom Zustand der Wohnung bei Auszug und sämtliche Korrespondenz mit dem Vermieter. Diese Unterlagen können im Streitfall wichtige Beweise sein.
Rechtliche Schritte erwägen
Bleibt der Vermieter auch nach Ihrer Aufforderung untätig oder weigert sich, die Kaution zurückzuzahlen, können Sie rechtliche Schritte in Betracht ziehen. In diesem Fall ist es ratsam, sich an einen Fachanwalt für Mietrecht oder an einen Mieterverein zu wenden. Diese können Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche helfen und gegebenenfalls eine Klage vorbereiten.
Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist. Die genannten Schritte bieten Ihnen eine Orientierung, wie Sie vorgehen können, wenn Ihr Vermieter die Kaution einbehält. Eine gütliche Einigung ist oft der beste Weg, um langwierige und kostspielige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Aufrechnung: Aufrechnung ist eine Form der Schuldtilgung im Zivilrecht. Sie ermöglicht es einer Partei, eine eigene Forderung gegen eine Forderung der Gegenpartei aufzurechnen, sodass beide Forderungen erlöschen, soweit sie sich decken. Im Mietrecht kann ein Vermieter beispielsweise Schadensersatzansprüche gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen. Die Aufrechnung muss erklärt werden und setzt voraus, dass die Forderungen gleichartig, fällig und durchsetzbar sind. Sie ist ein wichtiges Instrument zur vereinfachten Abwicklung gegenseitiger Ansprüche, insbesondere bei der Kautionsabrechnung.
- Verjährungseinrede: Die Verjährungseinrede ist ein Recht des Schuldners, die Leistung auf eine verjährte Forderung zu verweigern. Verjährung tritt ein, wenn eine bestimmte gesetzliche Frist abgelaufen ist, ohne dass der Gläubiger seinen Anspruch geltend gemacht hat. Im Mietrecht verjähren Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten nach Rückgabe der Wohnung (§ 548 BGB). Die Verjährungseinrede muss vom Schuldner aktiv erhoben werden und führt dazu, dass der Anspruch zwar weiter besteht, aber nicht mehr zwangsweise durchgesetzt werden kann. Sie schützt den Rechtsfrieden und fördert die zeitnahe Klärung von Ansprüchen.
- Ersetzungsbefugnis: Die Ersetzungsbefugnis ist das Recht des Gläubigers eines Schadensersatzanspruchs, statt der Naturalrestitution (Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) einen entsprechenden Geldbetrag zu verlangen. Sie ist in § 249 Abs. 2 BGB geregelt. Im Mietrecht ermöglicht sie dem Vermieter, anstelle der Wiederherstellung der Wohnung Geldersatz zu fordern. Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis wandelt den Anspruch auf Naturalrestitution in einen Geldanspruch um. Dies ist besonders relevant für die Aufrechnung gegen die Mietkaution, da nur gleichartige (Geld-)Forderungen aufgerechnet werden können.
- Kautionsabrechnung: Die Kautionsabrechnung ist der Prozess, bei dem der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses über die Verwendung der Mietkaution Rechenschaft ablegt. Der Vermieter muss dabei alle Ansprüche aufführen, die er gegen die Kaution aufrechnen möchte, z.B. Schadensersatzforderungen oder ausstehende Mietzahlungen. Die Abrechnung muss innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, die je nach Einzelfall variieren kann. Sie ist ein wichtiger Schritt zur Klärung offener Forderungen und zur Rückzahlung der Kaution. Mieter haben das Recht, die Abrechnung zu prüfen und ggf. zu widersprechen.
- Aufrechnungslage: Eine Aufrechnungslage bezeichnet die Situation, in der alle Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung vorliegen. Dazu gehören die Gegenseitigkeit der Forderungen (beide Parteien sind gegenseitig Gläubiger und Schuldner), die Gleichartigkeit der Leistungen (meist Geldforderungen), die Fälligkeit der Aktivforderung (die Forderung, mit der aufgerechnet wird) und die Erfüllbarkeit der Passivforderung (die Forderung, gegen die aufgerechnet wird). Im Mietrecht ist die Aufrechnungslage besonders relevant für die Frage, ob der Vermieter Schadensersatzansprüche gegen die Kautionsrückzahlungsforderung aufrechnen kann.
- Überlegungs- und Abrechnungsfrist: Die Überlegungs- und Abrechnungsfrist ist der Zeitraum, den der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses hat, um die Mietkaution abzurechnen. Diese Frist ist gesetzlich nicht genau definiert und kann je nach Einzelfall variieren. Sie soll dem Vermieter ermöglichen, eventuelle Schäden oder offene Forderungen zu prüfen und geltend zu machen. Der BGH hat in seinem Urteil betont, dass diese Frist durchaus länger als sechs Monate sein kann und in ein Spannungsverhältnis zur kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB geraten kann. Die Angemessenheit der Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und muss die Interessen beider Parteien berücksichtigen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 548 BGB (Verjährung von Mietforderungen): Dieser Paragraph regelt die Verjährung von Ansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache. Diese Ansprüche verjähren in sechs Monaten nach Rückgabe der Wohnung. Im vorliegenden Fall ist die Frage relevant, ob der Vermieter seine Schadensersatzansprüche auch nach Ablauf dieser Frist noch gegen die Kaution aufrechnen kann.
- § 215 BGB (Aufrechnung mit verjährter Forderung): Dieser Paragraph erlaubt die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung, wenn die Aufrechnung zu einem Zeitpunkt möglich war, als die Forderung noch nicht verjährt war. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der Vermieter die Aufrechnung mit seinen Schadensersatzansprüchen erklären konnte, bevor diese verjährt waren.
- § 387 BGB (Voraussetzungen der Aufrechnung): Dieser Paragraph legt die Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung fest. Eine zentrale Voraussetzung ist die Gegenseitigkeit der Forderungen, d.h. beide Forderungen müssen zwischen denselben Personen bestehen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Vermieter seine Schadensersatzansprüche gegen die Kautionsrückzahlungsforderung der Mieterin aufrechnen kann.
- § 390 BGB (Aufrechnung mit einer Forderung, der eine Einrede entgegensteht): Dieser Paragraph bestimmt, dass eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden kann. Im vorliegenden Fall ist die Frage, ob die Verjährungseinrede der Mieterin der Aufrechnung des Vermieters entgegensteht.
- § 249 BGB (Art und Umfang des Schadensersatzes): Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch. Absatz 1 bestimmt, dass der Schädiger den Zustand herstellen muss, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Absatz 2 gibt dem Geschädigten das Recht, statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (Ersetzungsbefugnis). Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Vermieter seine Ersetzungsbefugnis ausüben muss, bevor er seine Schadensersatzansprüche gegen die Kaution aufrechnen kann.
Das vorliegende Urteil
BGH – Az.: VIII ZR 184/23 – Urteil vom 10.07.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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Eine von den Parteien im Wohnraummietvertrag getroffene Barkautionsabrede ist typischerweise dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache gemäß §§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1 BGB durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehenden Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2024 für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 7. Zivilkammer – vom 25. Juli 2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin war bis zum 8. November 2019 Mieterin einer Wohnung in E. . Sie verlangt von dem im Wege der Erbfolge in das Mietverhältnis auf Vermieterseite eingetretenen Beklagten die Rückzahlung der von ihr gemäß der mietvertraglichen Vereinbarung bei Mietbeginn geleisteten Barkaution.
Der spätere Prozessbevollmächtigte des Beklagten rechnete mit Schreiben vom 20. Mai 2020 über die Mietkaution ab. Dabei bezifferte er diese einschließlich Zinsen auf 785,51 EUR und rechnete mit nach seiner Behauptung bestehenden Gegenforderungen wegen Beschädigung der Mietsache in Höhe von 1.175 EUR auf. Die Klägerin hat Ansprüche des Beklagten in Abrede gestellt und die Verjährungseinrede erhoben.
Der Beklagte hat vorgetragen, er habe bereits mit Schreiben vom 26. Februar 2020 über die Kaution abgerechnet und mit den von ihm behaupteten Gegenansprüchen die Aufrechnung erklärt. Der Zugang dieses Schreibens bei der Klägerin ist indes streitig geblieben.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 785,51 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Gründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
Das Amtsgericht habe zu Recht eine wirksame Aufrechnung des Beklagten verneint und der Klage auf Rückzahlung der Kaution stattgegeben.
Gemäß § 390 BGB könne eine Forderung, der eine Einrede entgegenstehe, nicht aufgerechnet werden. Hiervon mache § 215 BGB eine Ausnahme für den Fall, dass eine zwischenzeitlich verjährte Forderung in dem Zeitpunkt, in dem erstmals habe aufgerechnet werden können, noch nicht verjährt gewesen sei. Diese Ausnahme greife allerdings vorliegend nicht ein.
Zwar genüge nach dem Wortlaut des § 215 BGB die Möglichkeit der Aufrechnung in unverjährter Zeit. Voraussetzung einer Aufrechnung sei jedoch, dass eine Aufrechnungslage bestehe, was nach § 387 BGB die Gleichartigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen voraussetze.
An der erforderlichen Gleichartigkeit mangele es, wenn sich – wie hier – eine Geldforderung (Rückzahlung einer Barkaution) und ein Anspruch auf Naturalrestitution nach § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 249 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache) gegenüberstünden. Zwar könne der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs wegen Beschädigung einer Sache nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung des schadensfreien Zustands „in natura“ den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Allerdings wandele sich der Anspruch – auch wenn in der Praxis seitens des Vermieters bei Beschädigungen der Mietsache regelmäßig Ersatz in Geld gefordert werde – erst durch Ausübung der Ersetzungsbefugnis in einen Geldanspruch um. Da der Zugang des Abrechnungsschreibens vom 26. Februar 2020 nicht nachweisbar sei, seien die Schadensersatzansprüche erstmals nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden.
Für die Anwendung von § 215 BGB genüge auch nicht, dass innerhalb unverjährter Zeit die Möglichkeit bestanden habe, die Ersetzungsbefugnis – wie dies in der Praxis bei der Kautionsabrechnung regelmäßig der Fall sein werde – zusammen mit der Aufrechnungserklärung auszuüben. Ein derartig weites Verständnis würde die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB unterlaufen, deren Zweck darin bestehe, mit der Beendigung eines Gebrauchsüberlassungsverhältnisses verbundene Ansprüche einer beschleunigten Klärung zuzuführen.
Dass die Verjährung nach § 215 BGB ausnahmsweise unbeachtlich sei, habe seinen Grund darin, dass derjenige, dessen Forderung der kürzeren Verjährungsfrist unterliege, in seinem Vertrauen auf die Aufrechnungslage geschützt werden und nicht zu einer Durchsetzung seiner Forderung gedrängt werden solle.
Diese Interessenlage sei mit derjenigen des Vermieters, der erst nach Ablauf der Verjährungsfrist mit Schadensersatzansprüchen an den Mieter herantrete, nicht vergleichbar. In diesem Fall bestehe keine einem „Stillhalteabkommen“ vergleichbare Situation, vielmehr dürfe der Mieter nach Ablauf der Verjährungsfrist darauf vertrauen, nicht mehr wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in Anspruch genommen zu werden. Der Vermieter habe andererseits bereits vor seiner Inanspruchnahme auf Rückzahlung der Kaution Veranlassung, mit seinen Ansprüchen hervorzutreten, da er zur Abrechnung der Kaution verpflichtet sei.
Die Kammer folge – wie bereits das Amtsgericht – insoweit der Ansicht des Kammergerichts (Beschluss vom 8. Dezember 2019 – 8 U 104/17). Höchstrichterlich sei die Frage noch nicht entschieden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der bei Mietbeginn geleisteten Barkaution nicht bejaht werden. Der Wirksamkeit der vom Beklagten mit Schreiben vom 20. Mai 2020 gegenüber der Klägerin erklärten Aufrechnung mit den von ihm behaupteten Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache (§§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1, § 249 BGB) steht die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung gemäß § 215 Alt. 1 BGB nicht entgegen.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Vermieter jedenfalls aus der der Hingabe der Mietkaution zu Grunde liegenden Sicherungsabrede verpflichtet ist, eine vom Mieter gezahlte Barkaution (§ 551 BGB) nach Beendigung des Mietverhältnisses und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist zurückzuzahlen, sobald er diese zur Sicherung seiner Ansprüche nicht mehr benötigt (Senatsurteil vom 18. Januar 2006 – VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rn. 8). Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass dem Vermieter keine Ansprüche mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH, Urteile vom 20. Juli 2016 – VIII ZR 263/14, NJW 2016, 3231 Rn. 12; vom 24. März 1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 162). Denn die Kaution dient der Sicherung der Ansprüche des Vermieters; dieser soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1981 – VIII ZR 332/79, NJW 1981, 976 unter I b bb; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87, BGHZ 101, 244, 251), und zwar auch hinsichtlich solcher Forderungen, deren Existenz zwischen den Mietvertragsparteien streitig ist (Senatsurteile vom 24. Juli 2019 – VIII ZR 141/17, NJW 2019, 3371 Rn. 25 ff.; vom 28. Oktober 2020 – VIII ZR 230/19, NJW-RR 2021, 15 Rn. 47).
2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die von dem Beklagten mit Schreiben vom 20. Mai 2020 erklärte Aufrechnung mit von ihm behaupteten Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache nach §§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 9, 18 f., 30) – zu deren Voraussetzungen das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat und deren Bestehen daher revisionsrechtlich zu unterstellen ist – habe nicht gemäß § 389 BGB zum Erlöschen des geltend gemachten Kautionsrückzahlungsanspruchs der Klägerin geführt, weil sie gemäß § 390 BGB unwirksam sei.
a) Nach der Vorschrift des § 390 BGB kann eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, nicht aufgerechnet werden. Zu den Einreden gehören sämtliche Leistungsverweigerungsrechte des bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2000 – II ZR 75/99, NJW 2001, 287 unter 3) und damit auch die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB).
b) Zutreffend hat das Berufungsgericht zu Grunde gelegt, dass für die vorliegend vom Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache die Vorschrift des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB eine gegenüber der in § 195 BGB normierten regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzte Verjährungsfrist von sechs Monaten vorsieht, die gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass diese kurze Verjährungsfrist vorliegend im Zeitpunkt der – einzig unstreitigen – Aufrechnungserklärung des Vermieters vom 20. Mai 2020 bereits abgelaufen war, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
c) Das Berufungsgericht hat ebenfalls noch zutreffend gesehen, dass § 215 Alt. 1 BGB eine Ausnahmevorschrift zu § 390 BGB enthält. Es hat dabei jedoch außer Betracht gelassen, dass die von den Parteien im Mietvertrag getroffene Barkautionsabrede – unabhängig davon, ob es sich bei ihr um eine vom Vermieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung oder um eine Individualvereinbarung handelt, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat – dahingehend auszulegen ist, dass die Möglichkeit des Beklagten, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll.
aa) Gemäß § 215 Alt. 1 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Dies setzt das Bestehen einer Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB vor Verjährungseintritt voraus (BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 – V ZR 40/05, NJW 2006, 2773 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss Großer Senat für Zivilsachen vom 20. Juni 1951 – GSZ 1/51, BGHZ 2, 300, 304 f.; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2019, § 215 Rn. 5; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 17. Aufl., § 215 Rn. 1 f.; BT-Drucks. 14/6040, S. 122). Eine Aufrechnungslage ist gegeben, wenn die in § 387 BGB normierten Tatbestandsmerkmale Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Durchsetzbarkeit der Aktivforderung des Aufrechnenden und Erfüllbarkeit der Passivforderung des Aufrechnungsgegners erfüllt sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. November 2013 – II ZR 18/12, NJW 2014, 624 Rn. 11 mwN).
(1) Das Berufungsgericht hat zu Recht die Gleichartigkeit zwischen dem Anspruch der klagenden Mieterin auf Rückzahlung der Barkaution als Geldforderung (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2019 – VIII ZR 141/17, NJW 2019, 3371 Rn. 17) und dem (zunächst) auf Naturalrestitution durch den Schädiger (§ 249 Abs. 1 BGB) gerichteten Anspruch des beklagten Vermieters auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache verneint (vgl. hierzu KG, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 8 U 104/17; AG Ludwigsburg, WuM 2022, 606, 608; LG Berlin, ZMR 2024, 207 f.; BeckOGK-BGB/Bach, Stand: 1. März 2024, § 215 Rn. 5). Denn die nach § 249 Abs. 1 BGB geschuldete Naturalrestitution durch den Schädiger ist nicht auf eine Geldzahlung, sondern auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der bestünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.
(2) Ebenfalls noch rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB habe auch im Hinblick auf den auf Geldersatz gerichteten Schadensersatzanspruch gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, welcher gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution gleichartig ist, in unverjährter Zeit nicht bestanden (vgl. auch KG, Beschluss vom 2. Dezember 2019 – 8 U 104/17, aaO Rn. 13; AG Ludwigsburg, aaO; LG Berlin, aaO; BeckOGK-BGB/Bach, aaO).
Zwar kann der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs wegen Beschädigung einer Sache nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Naturalrestitution durch den Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 26; vom 27. Juni 2018 – XII ZR 79/17, NJW-RR 2018, 1103 Rn. 21). Der Anspruch auf Geldersatz – als besondere Ausprägung des einheitlichen Schadensersatzanspruchs auf Vermögensausgleich (vgl. BGH, Urteile vom 9. Dezember 2016 – V ZR 124/16, NJW-RR 2017, 527 Rn. 30; vom 26. Februar 1991 – XI ZR 331/89, WM 1991, 1002 unter II 2 a; vom 8. Februar 1952 – V ZR 122/50, BGHZ 5, 105, 109; RGZ 126, 401, 403; 71, 212, 214; Staudinger/Höpfner, BGB, Neubearb. 2021, § 249 Rn. 1; BeckOGK-BGB/Brand, Stand: 1. März 2022, § 249 Rn. 57 f., 112 f., 115; Erman/Ebert, BGB, 17. Aufl., § 249 Rn. 2 f.) – setzt jedoch voraus, dass der Gläubiger die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis ausübt. Es werden nicht von vornherein mehrere Leistungen geschuldet, sondern der Gläubiger ist nur berechtigt, an die Stelle der einen geschuldeten Leistung (hier: Naturalrestitution durch den Schädiger) eine andere Leistung (hier: Geldersatz) mit der Folge zu setzen, dass fortan nur diese letztere Erfüllung ist (BGH, Urteile vom 29. Januar 2019 – VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 21; vom 8. Februar 1952 – V ZR 122/50, BGHZ 5, 105, 109; MünchKommBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 Rn. 358). Die Ersetzungsbefugnis ist eine Willenserklärung (BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 – VI ZR 481/17, aaO), zu deren Wirksamkeit es des Zugangs beim Schuldner bedarf (§ 130 Abs. 1 BGB).
Da das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt hat, dass ein Zugang des Abrechnungsschreibens vom 26. Februar 2020 bei der Klägerin nicht bewiesen ist, hat der Beklagte als Gläubiger der von ihm behaupteten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis erst mit dem Abrechnungsschreiben vom 20. Mai 2020 und damit nicht innerhalb der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB ausgeübt.
bb) Dies steht vorliegend einer Anwendung der Vorschrift des § 215 Alt. 1 BGB jedoch nicht entgegen (vgl. zu der Thematik auch LG Lübeck, Urteil vom 28. März 2024 – 14 S 117/22; Streyl, WuM 2024, 241, 247 ff.; Zehelein, NZM 2022, 937 ff.).
Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage, welche einer im Wohnraummietverhältnis getroffenen Barkautionsabrede typischerweise – und mangels festgestellter oder sonst ersichtlicher Besonderheiten auch hier – zu Grunde liegt, ist diese regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll.
(1) Die beiderseitige Interessenlage der Vertragsparteien eines Wohnraummietverhältnisses ist hinsichtlich der Barkaution im Ausgangspunkt dadurch gekennzeichnet, dass diese – wie bereits unter II 1 ausgeführt – der Sicherung der Ansprüche des Vermieters dient. Der Vermieter soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1981 – VIII ZR 332/79, NJW 1981, 976 unter I b bb; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87, BGHZ 101, 244, 251). Ihm steht dabei eine sich an das Ende des Mietverhältnisses anschließende angemessene Überlegungs- und Abrechnungsfrist zu (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87, aaO S. 250; BGH, Urteile vom 24. März 1999 – XII ZR 124/97, NJW 1999, 1857 unter 1; vom 18. Januar 2006 – VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rn. 9; vom 20. Juli 2016 – VIII ZR 263/14, NJW 2016, 3231 Rn. 12; vom 24. Juli 2019 – VIII ZR 141/17, NZM 2019, 754 Rn. 20).
Die Länge dieser Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls; diese können so beschaffen sein, dass auch mehr als sechs Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sein können (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87, aaO S. 250 f.; Senatsurteil vom 18. Januar 2006 – VIII ZR 71/05, aaO Rn. 10; vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 84, 99).
Für den Fall, dass der Vermieter Ansprüche wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache geltend machen will, kann daher die Abrechnungsfrist in ein Spannungsverhältnis zu der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB geraten, die eine „möglichst schnelle“ Klärung über bestehende – auch deliktische – Ansprüche bewirken soll (BT-Drucks. 14/4553, S. 45; Senatsurteil vom 8. November 2017 – VIII ZR 13/17, NJW 2017, 3707 Rn. 29 mwN).
Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass der Vermieter von Wohnraum nicht schon deshalb gehindert ist, mit verjährten Schadensersatzansprüchen wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache gegen den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufzurechnen, weil er die vom Mieter gestellte Kaution nicht innerhalb von sechs Monaten seit Beendigung des Mietvertrages abgerechnet hat (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 2/87, aaO S. 252). Hierdurch ist klargestellt, dass die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zwangsläufig gegenüber der Kautionsabrechnungsfrist vorrangig ist.
Auch in der Fallgestaltung des § 215 Alt. 1 BGB lässt der Gesetzgeber die Verjährungseinrede aufgrund einer Interessenabwägung zurückstehen. Dieser Regelung – beziehungsweise der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 1. Januar 2002 geltenden Vorgängerregelung des § 390 Satz 2 BGB -, nach welcher eine Aufrechnung trotz Verjährung der Gegenforderung des Aufrechnenden möglich ist, liegt die Wertung des Gesetzgebers zu Grunde, dass ein Schuldner, dem ein Gegenanspruch zusteht, kraft dessen er die Inanspruchnahme durch den Gläubiger erfolgreich abwehren kann, sich als hinreichend gesichert ansehen darf und durch die Verjährungsregeln nicht zur frühzeitigen Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Aufrechnung oder Klageerhebung gedrängt werden soll (vgl. BGH, Urteile vom 5. November 2015 – VII ZR 144/14, NJW 2016, 52 Rn. 11; vom 16. Juni 1967 – V ZR 122/64, BGHZ 48, 116, 117 [zu § 390 Satz 2BGB aF]; vgl. auch Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, S. 560 f., Band 1, S. 843; vgl. hierzu und zur Kritik auch BeckOGKBGB/Bach, Stand: 1. März 2024, § 215 BGB Rn. 6 ff.; MünchKommBGB/Grothe, 9. Aufl., § 215 BGB Rn. 1 f.; Bydlinski, AcP 196 [1996], 276, 293 ff.). Dabei wurde insbesondere bei einer in kurzer Frist verjährenden Forderung, der eine in längerer Frist verjährende Gegenforderung gegenübersteht, der Verlust der Aufrechnungsmöglichkeit als unbillig angesehen (vgl. Mugdan, aaO).
(2) Im Hinblick auf den Sinn der Kautionsabrede, dem Vermieter eine Befriedigung durch Aufrechnung zu ermöglichen, widerspräche es den beiderseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietvertrages, wenn die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 215 Alt. 1 BGB alleine daran scheitern würde, dass der Vermieter in unverjährter Zeit die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis nicht ausgeübt hat. Hierdurch würde der Ersetzungsbefugnis eine Stellung eingeräumt, die ihr die Parteien jedenfalls im Wohnraummietverhältnis bei vereinbarter Barkautionsabrede regelmäßig nicht zukommen lassen wollen.
(a) Die Ersetzungsbefugnis dient dem Interesse des Geschädigten. Sie soll den Geschädigten davon befreien, die Sache zur Schadensbeseitigung dem Schädiger anzuvertrauen, und dem Geschädigten die Möglichkeit eröffnen, die Schadensbeseitigung in eigener Regie durchzuführen (BGH, Urteile vom 29. Oktober 1974 – VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184; vom 18. März 2014 – VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rn. 29; vom 12. Februar 2019 – VI ZR 141/18, NJW 2019, 2538 Rn. 24). Ihre Ausübung ist demzufolge für den Geschädigten nicht an bestimmte formelle Hürden geknüpft; sie bedarf insbesondere keiner Angabe von Gründen oder näherer Absprachen mit dem Schädiger (BGH, Urteile vom 27. Juni 2018 – XII ZR 79/17, NJW-RR 2018, 1103 Rn. 22; vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 27; vom 18. März 2014 – VI ZR 10/13, aaO Rn. 30).
Auch eine Bezifferung des beanspruchten Geldbetrages ist hierfür nicht erforderlich (MünchKommBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 Rn. 358).
(b) Jedenfalls im Wohnraummietverhältnis ist es – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt hat – der Regelfall, dass der Vermieter bei der Beschädigung der Mietsache durch den Mieter seine Ersetzungsbefugnis ausübt. Dies entspricht dem Interesse des Vermieters, nach Beendigung des Mietverhältnisses eine Schadensbeseitigung in eigener Regie vorzunehmen, um deren möglichst zeitnahe und fachgerechte Durchführung – mit dem Ziel einer möglichst nahtlosen Weitervermietung oder sonstigen Weiternutzung der Räume – zu gewährleisten.
Die – nach der geschilderten Interessenlage typischerweise zu erwartende – Ausübung der Ersetzungsbefugnis erfolgt nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts in der Regel – zulässigerweise und konkludent (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 – VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 21 mwN) – bei der Kautionsabrechnung „zusammen mit der Aufrechnungserklärung“. Mit dem Zugang der Aufrechnungserklärung bei dem Mieter (vgl. zum Zeitpunkt des Zugangs BGH, Urteil vom 8. November 2011 – XI ZR 341/10, NJW 2012, 445 Rn. 10, 17) ist der dem Vermieter zustehende Schadensersatzanspruch in Geld zu erfüllen und wird damit die für eine Aufrechnungslage nach § 387 BGB erforderliche Gleichartigkeit zu dem Kautionsrückzahlungsanspruch geschaffen.
(c) Die Verneinung der Anwendbarkeit des § 215 Alt. 1 BGB für das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution und dem (verjährten) Anspruch auf Schadensersatz in Geld wegen Beschädigung der Mietsache allein deshalb, weil der Vermieter die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht in unverjährter Zeit ausgeübt hat, würde den Vermieter, dem für die Abrechnung der Mietkaution eine angemessene und nicht notwendigerweise auf die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkte Frist zur Verfügung steht, zwingen, gegebenenfalls bereits vor Ablauf dieser Abrechnungsfrist gesondert seine Ersetzungsbefugnis auszuüben. Dies ließe außer Betracht, dass die Interessenlage, deren Schutz § 215 Alt. 1 BGB dienen soll, gerade im Hinblick auf den Sinn der von den Parteien vereinbarten Barkaution auch ohne Ausübung der Ersetzungsbefugnis gegeben ist. Vor allem würde nicht berücksichtigt, dass der Mieter an einer isolierten Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig kein Interesse hat.
(aa) Der Vermieter, dessen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache zunächst auf Naturalrestitution im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB gerichtet ist und sich erst durch Ausübung der Ersetzungsbefugnis in einen Geldersatzanspruch umwandelt, sieht sich dennoch durch die Barkaution, die gerade dazu dient, ihm nach Beendigung des Mietverhältnisses die leichte Befriedigung seiner Ansprüche zu ermöglichen, als hinreichend gesichert an, weil die Ausübung der Ersetzungsbefugnis ohne weitere Voraussetzungen und konkludent im Rahmen der ohnehin vorzunehmenden Abrechnung möglich ist.
Umgekehrt ist auch dem Mieter regelmäßig bewusst, dass der Vermieter von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache zunächst deshalb absieht, weil er sich ohne Weiteres durch Aufrechnung und die damit zugleich und typischerweise ausgeübte Ersetzungsbefugnis aus dem ihm gerade zu diesem Zweck gestellten Kautionsguthaben befriedigen kann.
(bb) Die – für die Anwendbarkeit des § 215 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 387 BGB ausreichende – isolierte Erklärung des Vermieters innerhalb der Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB, er übe – möglicherweise auch nur vorsorglich – die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB aus, bringt dem Mieter in der geschilderten Konstellation keine ersichtlichen Vorteile, weil er bis zu der Abrechnung des Vermieters über das Kautionsguthaben ohnehin nicht weiß, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich dieser auf Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache beruft. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, besteht demnach kein berechtigtes Vertrauen des Mieters, nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr – im Wege der Aufrechnung – wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in Anspruch genommen zu werden, solange der Vermieter noch keine Abrechnung erteilt hat.
d) Das Berufungsurteil beruht auf dem vorgenannten Rechtsfehler (§ 545 Abs. 1 ZPO). Hätte das Berufungsgericht die gebotene beiderseits interessengerechte Auslegung vorgenommen, hätte es die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil nicht ohne Feststellungen zum Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache zurückgewiesen.
Im Zeitpunkt des Zugangs des Abrechnungsschreibens vom 20. Mai 2020 bei der Klägerin waren die übrigen Voraussetzungen einer Aufrechnungslage erfüllt, da der Beklagte mit diesem Schreiben konkludent die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeübt und damit die Gleichartigkeit der in Rede stehenden gegenseitigen Ansprüche begründet hat (siehe oben unter II 2 c bb (2) (b)). Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Barkaution war zumindest erfüllbar und der behauptete Anspruch des Beklagten auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache fällig.
III.
Nach alledem kann das angegriffene Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht zur Endentscheidung reife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen Feststellungen dazu treffen kann, ob die vom Beklagten behaupteten Schadensersatzansprüche gemäß §§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1 BGB bestehen.