LG Hannover, Az.: 6 O 193/12, Urteil vom 23.01.2013
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht Ausgleichsansprüche analog § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. für ihre Aufwendungen in einem Schadensfall ihres Versicherungsnehmers … vom 03.10.2008 geltend.
Der Versicherungsnehmer hatte bei der Klägerin in der Zeit vom 01.04.2008 bis zum 10.01.2009 eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert für sein Mehrfamilienhaus in Ennepetal, welche auch Leitungswasserschäden einschloss. Vereinbart wurden die VGB 88. Die Eheleute … bewohnten in dem Mehrfamilienhaus in Ennepetal das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss. Im Dachgeschoss des bei der Klägerin seinerzeit versicherten Wohngebäudes befindet sich eine Mietwohnung, welche zum Schadenszeitpunkt an die Versicherungsnehmerin der Beklagten, die Zeugin … vermietet war. Die Zeugin … unterhält bei der Beklagten eine Privathaftpflichtversicherung zur Versicherungsscheinnummer … .
Die Klägerin macht als Gebäudeversicherer einen Ausgleichsanspruch wegen einer Doppelversicherung gegenüber der Beklagten als Privathaftpflichtversicherer der Mieterin … geltend.
Diesem Anspruch liegt folgender, im Wesentlichen unstreitiger, Schadenshergang zugrunde: Am 03.10.2008 setzte die Zeugin …, während sie sich in ihrer Wohnung aufhielt, ihre Spülmaschine in Gang. Nach einiger Zeit vernahm sie ein merkwürdiges Rauschen bzw. Plätschern aus der unteren Etage. Sie vermutete einen Rohrbruch in der Wohnung ihres Vermieters …, der sich damals im Urlaub befand. Sie informierte ihren Vermieter telefonisch, der wiederum seinerseits einen Installateur beauftragte. Dieser stellte sodann einen massiven bestimmungswidrigen Wasseraustritt aus der Spülmaschine der Zeugin … fest. Da die Küche der Zeugin … ein gewisses Gefälle am Fußboden aufwies, war das Wasser zunächst hinter die Küchenzeile und von dort aus durch die Decke ins erste Obergeschoss und danach weiter bis hinunter in das Erdgeschoss gelaufen.
Die Klägerin ermittelte den Schadensbeseitigungsaufwand durch einen externen Gebäudesachverständigen. Der Sachverständige … ermittelte einen Schadensbetrag zum Neuwert in Höhe von 45.495,53 € (Zeitwert: 32.299,91 €).
Aufgrund des Schadensereignisses zahlte die Klägerin insgesamt 29.086,30 € an ihrem Versicherungsnehmer und weitere 4.855,74 € direkt an die Firma … .
Wegen der Einzelheiten zum Schadensumfang wird auf das Gutachten des Bausachverständigen Diplom-Ingenieur … vom 17.11.2008 Bezug genommen (Anlage K3 d. A.). Wegen der Einzelheiten der geleisteten Zahlungen wird auf die Aufstellung auf Seite 4 der Klageschrift (Blatt 16 d. A.) Bezug genommen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Hälfte des bei beiden Versicherern versicherten Zeitwertschadens in Höhe von 32.299,91 €. Zur Zahlung dieses Betrages forderte sie die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.06.2010 auf. Mit Schreiben vom 12.07.2010 lehnte die Beklagte eine Zahlung ab.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Zeugin … treffe ein Verschulden am Schadensfall, da sie ihre ca. 10 Jahre alte Spülmaschine nicht habe warten lassen. Darüber hinaus habe sie die Wassergeräusche fehlerhaft einem Schadensereignis der unteren Wohnung zugeschrieben. Die Beweislast sieht die Klägerin bei der Beklagten, diese habe entweder darzulegen, dass ihre Versicherungsnehmerin … den Schaden entweder gar nicht verschuldet oder aber grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.149,95 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, ihre Versicherungsnehmerin treffe kein Verschulden an dem Schadensereignis. Die Spülmaschine sei ordnungsgemäß installiert worden und habe vor dem Schadensfall ohne Fehlerhinweise funktioniert. Im Übrigen bestreitet sie die Kausalität zwischen dem Wasserschaden und den geltend gemachten Schäden. Den Zeitwertschaden bestreitet die Beklagte der Höhe nach.
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht kein Anspruch analog § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. zu. Der Klägerin ist zunächst zuzustimmen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Gebäudeversicherer, dem der Regress gegen den Mieter verwehrt ist, gegen dessen Haftpflichtversicherer entsprechend den Grundsätzen der Doppelversicherung (§ 59 Abs. 2 Satz 1 VVG) ein Anspruch auf anteiligen Ausgleich zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2006, VersR 2006, 1536).
Voraussetzung eines solchen Anspruchs wäre jedoch, dass die Beklagte für den hier streitgegenständlichen Schadensfall in ihrer Eigenschaft als Privathaftpflichtversicherer ihrer Versicherungsnehmerin, der Mieterin …, Haftpflichtdeckung zu gewähren hätte. Dies ist aber nicht der Fall, da die Versicherungsnehmerin … den Schaden nicht schuldhaft verursacht hat.
Der Klägerin ist einzuräumen, dass in der Rechtsprechung grundsätzlich an die Überwachungspflichten bei Spül- und Waschmaschinen, wegen der Gefahr unkontrollierten Wasseraustritts und dem damit einhergehenden hohen Schaden nicht nur in der Wohnung des Betreibers selbst, sondern auch in den darunter gelegenen Räumlichkeiten hohe Anforderungen an den Betreiber einer solchen Maschine gestellt werden. Grundsätzlich verlangt die Rechtsprechung, dass der Betreiber einer Wasch- bzw. Spülmaschine durch geeignete Überwachungsmaßnahmen dafür Sorge zu tragen hat, dass nach dem Auftreten einer Störung, sei es am Gerät selbst oder im Bereich der Wasserzuleitung, alsbald ein weiterer Wasseraustritt verhindert wird (OLG Hamm, 27 O 433/83, OLG Düsseldorf, NJW 1975, 171). Danach verbietet es sich zum Beispiel, eine an das Wassernetz angeschlossene Maschine in Betrieb zu setzen und dann die Wohnung, wenn auch nur für kurze Zeit, zu verlassen. In der Regel soll in kürzeren Abständen eine sowohl akustische als auch optische Überwachung einer solchen Maschine erfolgen. Das OLG Hamm hält in der oben genannten Entscheidung neben einer akustischen auch eine optische Überwachung einer Waschmaschine für erforderlich, um etwa austretendes Wasser im Fußbodenbereich alsbald feststellen zu können.
Auch nach diesen hohen Anforderungen der Rechtsprechung ist der Versicherungsnehmerin … kein Verschulden vorzuwerfen. Diese hat sich beim Betrieb ihrer Spülmaschine in ihrer Wohnung aufgehalten. Sie hat auch auf die für sie ungewöhnlichen Geräusche reagiert, indem sie dem Wasserrauschen nachgegangen ist. Da in ihrer Wohnung selber kein Wasseraustritt festgestellt werden konnte und die Wassergeräusche aus der unter ihr liegenden Wohnung zu hören waren, hat sie aus ihrer Sicht folgerichtig darauf geschlossen, dass die Ursache der Wassergeräusche in der unter ihr liegenden Wohnung zu suchen ist. Für die Zeugin … bestand keine Veranlassung, die Wassergeräusche aus der unteren Etage dem Betrieb ihrer Spülmaschine zuzurechnen. Im Normalfall hätte bei einer Funktionsstörung der Spülmaschine der Wasseraustritt auch in ihrer Wohnung erfolgen müssen. Normalerweise wäre dann Wasser im Bereich der Spülmaschine für sie erkennbar gewesen. Lediglich dem besonderen Umstand, dass der Küchenfußboden ein entsprechendes Gefälle zur Küchenwand hatte, ist es geschuldet, dass der Wasseraustritt für die Zeugin … nicht erkennbar war. Mangels Wasseraustritts in ihrer eigenen Wohnung war es folgerichtig, aufgrund des Rauschens in der unteren Wohnung die Ursache für einen Schaden in der unteren Wohnung zu sehen. In diesem besonderen Fall ist der Zeugin … kein Verschulden anzulasten.
Ein Verschulden ist auch nicht darin zu sehen, dass die Zeugin … ihre 10 Jahre alte Spülmaschine nicht gewartet hat. Dass nach den Herstellerangaben der Spülmaschine eine regelmäßige Wartung zu erfolgen hat, wird nicht vorgetragen. Ohne konkrete Hinweise auf eine Funktionsbeeinträchtigung konnte die Zeugin Knappe darauf vertrauen dass ihre Spülmaschine bestimmungsgemäß funktioniert.
Da der bei dem Versicherungsnehmer der Klägerin eingetretene Wasserschaden nicht von der Versicherungsnehmerin der Beklagten schuldhaft verursacht worden ist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.