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Wirksamkeit Vertragsstrafenregelung zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer

OLG Düsseldorf – Az.: 22 U 186/10 – Urteil vom 13.05.2011

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Oktober 2010 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die der Streithelfer zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht als Subunternehmerin gegen die Beklagte als Generalunternehmerin offene Werklohnansprüche für die Lieferung und Montage eines Deichtores geltend, wogegen die Beklagte mit einem ihrer Ansicht nach bestehenden Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Lieferung durch die Klägerin aufrechnet.

Im April 2008 beauftragte der Streithelfer die Beklagte mit den zur Sanierung eines Teils des Deiches im Bereich X./Kl./Ka. erforderlichen Bauleistungen, die u.a. auch den Abriss und Neuaufbau eines alten Deichtores umfasste, das aufgrund von Umläufigkeiten bei Hochwasser ein Risiko darstellte. Die Auftragssumme betrug auf Grundlage des Angebotes der Beklagten vom 26. März 2008 3.146.736,31 EUR. Nach dem Auftragsschreiben des Deichverbandes vom 17. April 2008 sollten die Bauarbeiten in Gänze bis Ende August 2009, die Herstellung aller für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile des Deichtores bis spätestens zum 31. Oktober 2008 beendet sein. Grund dafür war, dass ausweislich der Bauwerksbeschreibung des Streithelfers (Ziffer 15.2) nach der Deichschutzverordnung Bautätigkeiten innerhalb der Deichschutzzone grundsätzlich nur in der hochwasserfreien Zeit vom 1. April bis 31. Oktober erfolgen dürfen. Gegenstand des Vertrages zwischen der Beklagten und dem Streithelfer waren auch dessen „Besondere Vertragsbedingungen“, die u.a. folgende Regelung enthalten:

„1  Ausführungsfristen (§ 5)

1.2  Verbindliche Fristen (= Vertragsfristen) gemäß § 5 Nr. 1 sind: […]

Folgende Einzelfristen […]

–  Herstellen der Rohrleitungsgräben für die Gas- und Wasserleitungen sowie der provisorischen Deichtor-Umfahrung bis spätestens zum 30. Mai 2008

–  Herstellen aller für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile bis spätestens zum 31. Oktober 2008. […]

2  Vertragsstrafen (§ 11)

Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:

2.1  Bei Überschreitung der Ausführungsfrist

5.000  EUR.

______________ vom Hundert des Endbetrages der Auftragssumme […].

2.2  Bei Überschreitung von Einzelfristen 5.000,- EUR  .

2.3  Die Vertragsstrafe wird insgesamt auf   5,0   v.H. der Auftragssumme grenzt. […]“

Wirksamkeit Vertragsstrafenregelung zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer
Symbolfoto: Von PhuShutter/Shutterstock.com

Die Beklagte als Generalunternehmerin vereinbarte mit der Klägerin, die eine Maschinenfabrik nebst Gießerei betreibt und u.a. auf den Stahlwasserbau spezialisiert ist, als Subunternehmerin die Lieferung und Montage des neuen zweiflügeligen Deichtores, das im Betriebsbereich „Stahlwasserbau“ der Klägerin für den konkreten Auftrag gefertigt werden sollte. Dem vorausgegangen war zunächst ein Angebot der Klägerin vom 20. März 2008, dem das von der Klägerin bepreiste Leistungsverzeichnis des Streithelfers beilag. Am 29. April 2008 verhandelten die Parteien persönlich die Einzelheiten der bevorstehenden Beauftragung. Über den Inhalt der Verhandlungen erstellten sie ein Verhandlungsprotokoll. Als verbindlichen Fertigstellungstermin gaben sie darin den 30. September 2008 bei einer fünftägigen Einbauzeit an. Die Vereinbarung einer eigenen Vertragsstrafenregelung lehnte die Klägerin ausdrücklich ab, was in dem Protokoll unter Ziffer 12 (Vertragsstrafe) vermerkt ist. In Ziffer 1 des Verhandlungsprotokolls ist geregelt, dass die Parteien sich darüber einig sind, dass im Falle der Auftragsvergabe u.a. das Verhandlungsprotokoll und die „Bedingungen zum NU-Vertrag (NU 01)“ Vertragsgrundlage sind. In Ziffer 5.5 der Bedingungen zum Nachunternehmervertrag (NU 01) ist geregelt, dass der Nachunternehmer für alle Schäden und Nachteile, die dem Auftraggeber im Falle der schuldhaften Nichteinhaltung der Vertragstermin entstehen, haftet. In einem Telefonat am 21. Mai 2008 einigten sich die Parteien auf einen neuen Angebotspreis in Höhe von 208.850,- EUR netto und auf eine Fertigstellung bis Ende der 42. Kalenderwoche 2008, d.h. bis zum 18. Oktober 2008. Dies ist auch Inhalt des Zuschlagsschreibens der Beklagten, das der Klägerin zusammen mit dem Anschreiben vom 26. Mai 2008 zugesandt wurde. In dem Anschreiben heißt es, dass der Klägerin der Nachunternehmervertrag mit der Bitte, diesen ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden, übersandt werde. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Anschreiben (Bl. 98 d.A.) und das Zuschlagsschreiben (Bl. 27 d.A.) Bezug genommen. Die Rücksendung erfolgte seitens der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juni 2008, in dem sie die „Lieferung in der 42. KW 2008 – Unvorhergesehenes vorbehalten -“ bestätigte und auf ihre umseitigen / bekannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen und darauf, dass anderslautende Bedingungen ihrer Kunden nur insoweit gälten, als sie diesen ausdrücklich zugestimmt habe, hinwies. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgelegten AGB vom 1. März 2009 lauten auszugsweise wie folgt:

„4.  Lieferfristen geben wir nach bestem Wissen an. Verbindlich sind sie nur dann, wenn wir sie ausdrücklich schriftlich bestätigen. […] Geraten wir in Lieferverzug […] stehen dem Abnehmer Schadensersatzansprüche gleich welcher Art (insbesondere §§ 325, 326 BGB) nicht zu, es sei denn, wir hätten den Verzug […] grob fahrlässig herbeigeführt.“

Die Montagebedingungen der Klägerin vom 1. Juni 2008 enthalten folgende Regelung:

„3.  […] Gewähr für die Ausführung innerhalb einer bestimmten Frist wird von K. nicht übernommen. Überschreitungen berechtigen den Besteller nicht zu Abzügen oder Schadensersatz.“

Die Beklagte leistete am 25. Juni und am 8. September 2008 jeweils eine Abschlagszahlung in Höhe von 62.655,- EUR. Mit Schreiben vom 8. September 2008 teilte die Klägerin der Beklagten eine Verschiebung des Liefertermins auf die 47. Kalenderwoche mit. Mit Schreiben vom 11. September 2008 widersprach die Beklagte dieser Verschiebung unter Hinweis darauf, dass der Fixtermin des 1. November 2008 von ihrem Auftraggeber mit einer Vertragsstrafe belegt sei und dass sie bei Nichteinhaltung des vereinbarten Liefertermins Ende der 42. Kalenderwoche die Kosten aus der Vertragsstrafe an die Klägerin weiterleiten werde. Sie forderte die Klägerin eindringlich zur Einhaltung des vereinbarten Termins auf. Gleichwohl lieferte die Klägerin das Deichtor erst am 25. November 2008. Die Montagetätigkeiten waren am 5. Dezember 2008 abgeschlossen.

Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen betrug der auf die Werk-leistung der Klägerin nicht beglichene offene Betrag ausweislich der Schlussrechnung der Klägerin vom 16. Februar 2009 unter Berücksichtigung eines Zusatzauftrages noch 83.954,- EUR, die sie mit der Klage geltend macht. Hinzu kommen weitere 3.451,- EUR gemäß einer weiteren Rechnung vom 25. November 2008.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2009 mahnte die Klägerin einen Betrag von 66.108,56 EUR an. Mit Schreiben vom 23. März 2009 forderte sie die Beklagte zur Zahlung des Restbetrages zur Klageforderung auf. Mit Schreiben vom 21. September 2009 zeigte die Beklagte an, dass der Streithelfer von ihrem Vergütungsanspruch wegen der nicht fristgerecht montierten Hochwasserschutztore einen Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 140.000,- EUR (28 Tage x 5.000,- EUR) abgesetzt habe.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte könne gegenüber ihrer unstreitigen Restwerklohnforderung nicht mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen. Aus dem Umstand, dass sie während der Verhandlungen die Vereinbarung einer Vertragsstrafe abgelehnt habe und sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen auf die Geltung ihrer wirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen habe, sei eine Haftung ihrerseits für derartige Schäden ausgeschlossen. Sie hat zudem die Vereinbarungen der Beklagten mit dem Streithelfer über die Vertragsstrafe, insbesondere die Sanktionierung der Nichteinhaltung der Einzelfristen, für unwirksam gehalten und zudem gemeint, der Streithelfer könne auch nach Treu und Glauben von der Beklagten keine Vertragsstrafe fordern, weil die Überschreitung der Vertragsfrist keine erheblichen Nachteile im Sinne des § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A verursacht habe. Außerdem gäbe es keinen Automatismus dahingehend, dass die Beklagte nunmehr ihre Vertragsstrafe als Verzögerungsschaden gegenüber der Klägerin geltend machen könne, der Haftungsumfang sei in jedem Vertragsverhältnis selbständig zu beurteilen, von § 286 BGB seien nur typische Verzögerungsschaden erfasst. Sie hat weiter gemeint, sie habe die Verzögerungen nicht zu vertreten. Hierzu hat sie behauptet, in der fraglichen Zeit habe sie einen aufwändigen Neubau ihrer Gießerei vorgenommen, der Betriebsbereich „Stahlwasserbau“ habe in eine neue Halle umziehen müssen; durch von ihr nicht zu vertretende Bauverzögerungen, insbesondere der Verlängerung der Lieferzeit für die Dachdämmung, und damit auch der verzögerten Verfügbarkeit des Bereichs „Stahlwasserbau“ hätte sich ohne ihre Schuld die Auslieferung des Deichtores verschoben. Außerdem habe eine Materialknappheit auf dem Blechsektor zu Verzögerungen geführt. Ihre eigene Lieferantin habe mit Schreiben vom 15. September 2009 mitgeteilt, dass sie aufgrund dessen den gewünschten Liefertermin nicht einhalten könne. Trotz Intervention der Klägerin habe die Lieferantin, die alles ihr Zumutbare unternommen habe, die Verzögerung zu vermeiden, diese nicht minimieren können. Beide Verzögerungsrisiken seien ihr im Rahmen der Vertragsverhandlungen bereits bekannt gewesen, weshalb sie eine Vertragsstrafenhaftung abgelehnt habe. Außerdem, so hat die Klägerin gemeint, würde die Beklagte ein Mitverschulden treffen. Hierzu hat sie behauptet, die Beklagte habe sie nicht auf das Bestehen der Vertragsstrafenregelungen im Verhältnis zum Streithelfer hingewiesen.

Die Klägerin hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Streithelfer einen Vertragsstrafenabzug vorgenommen habe.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 87.405,- EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 66.108,56 EUR seit dem 17. Januar 2009 und aus weiteren 21.296,44 EUR seit dem 25. März 2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.680,10 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihr stehe gegenüber der Klägerin ein die Restwerklohnforderung übersteigender Schadensersatzanspruch wegen der Lieferverzögerung zu, mit dem sie die Aufrechnung erklärt hat. Hierzu hat sie behauptet, der Streithelfer habe ihre 5. Abschlagsrechnung um netto 140.000, EUR (28 Tage x 5.000,- EUR netto) gekürzt und den einbehaltenen Betrag bis heute nicht ausgekehrt. Sie hat behauptet, der Klägerin seien sowohl der Inhalt der Bauwerksbeschreibung des Streithelfers mit den hierin enthaltenen Bauzeiten als auch die Regelungen in den Besonderen Vertragsbedingungen des Streithelfers betreffend des vertragsstrafenbewehrten Einzeltermins bekannt gewesen; über die Einhaltung dieses Termins sei anlässlich der Vertragsverhandlungen ausdrücklich gesprochen worden, während die Klägerin sie nicht darüber aufgeklärt habe, dass wegen der Umstrukturierungen in ihrem Betrieb Terminunsicherheiten bestünden.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2010 hat das Landgericht der Klage unter Zurückweisung eines Teils des Zinsanspruchs in der Hauptsache stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten gemäß § 631 Abs. 1 BGB die Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 87.405,- EUR verlangen. Die Beklagte könne dagegen nicht mit einem Schadensersatzanspruch aus § 5 Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B aufrechnen. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch dürften zwar vorliegen. Sofern die Parteien einen Schadensersatzanspruch wegen Verzugs mit ihren AGB abweichend von der VOB/B bzw. dem BGB hätten regeln wollen, seien diese Abweichungen nicht wirksam vereinbart worden. Die beiden AGB widersprächen sich, so dass insoweit Dissens vorliege. Zudem sei die Haftungsbeschränkung der Klägerin auf grobe Fahrlässigkeit nach § 309 Nr. 8a BGB unwirksam. Dies gelte auch im kaufmännischen Verkehr. Ferner lägen die Voraussetzungen für Verzug vor. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, das Deichtor bis spätestens zum 18. Oktober 2008 einzubauen. Eine Mahnung, die im Übrigen auch aufgrund der Fristbestimmung entbehrlich gewesen sei, liege in dem Schreiben der Beklagten vom 11. September 2008. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Entlastungsbeweis, dass sie für die Verzögerung kein Verschulden treffe, nicht erbracht. Den von ihr behaupteten weltweiten Engpass bei der Belieferung mit Blechen habe sie nicht hinreichend dargelegt. Soweit sie sich auf Verzögerungen beim Bau der neuen Schlosserei und den Umzug des Betriebsbereichs Stahlwasserbau berufe, habe sie nicht nachvollziehbar dargelegt, wann es zu welchen Verzögerungen aus welchen Gründen gekommen sei. Der Beklagten sei durch den verspäteten Einbau des Deichtors ein Schaden in Form der an den Streithelfer gezahlten Vertragsstrafe entstanden. Dieser sei grundsätzlich erstattungsfähig. Nach der Rechtsprechung könne ein Auftraggeber seinen Nachunternehmer nach § 6 Abs. 6 VOB/B in Anspruch nehmen, wenn die Verzögerung auf dessen schuldhafter Vertragspflichtverletzung beruhe. Er mache einen eigenen Haftungsschaden geltend, dem der Nachunternehmer den Einwand des Mitverschuldens entgegensetzen könne, wenn er nicht auf die hohen Risiken hingewiesen worden sei. Die Beklagte habe einen solchen Verzugsschaden schlüssig dargetan. Sie sei gemäß §§ 339 Satz 1, 341 BGB i.V.m. § 11 VOB/B verpflichtet gewesen, an den Deichverein 140.000,- EUR zu zahlen. Die Vertragsstrafe sei wirksam vereinbart. Ein Verstoß gegen das Kumulierungsverbot liege nicht vor. Es liege auch keine verschuldensunabhängig formulierte Vertragsstrafenklausel vor. Für den Einwand des treuwidrigen Verhaltens reiche der Sachvortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht aus. Die Beklagte, die sich das Verschulden der Klägerin nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse, habe die Vertragsstrafe verwirkt. Zudem sei die Verzögerung von 28 Werktagen ausschließlich auf den verspäteten Einbau durch die Klägerin zurückzuführen.

Gleichwohl scheide eine Haftung der Klägerin aus. Denn die Parteien hätten stillschweigend vereinbart, dass die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, zu zahlende Vertragsstrafen als eigenen Haftungsschaden geltend zu machen. Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Generalunternehmer, der von seinem Auftraggeber auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen werde, seinen Nachunternehmer in Anspruch nehmen, wenn dieser die Verzögerung schuldhaft herbeigeführt habe. Dies könne aber dann nicht gelten, wenn, wie hier, der Subunternehmer ausdrücklich die Vereinbarung einer eigenen Vertragsstrafe ablehne. Diese Erklärung habe die Beklagte nur so verstehen dürfen, dass die Klägerin für eine verspätete Lieferung unter keinen Umständen mit einer Vertragsstrafe, auch nicht mit einer solchen aus einem fremden Schuldverhältnis, hätte belastet werden wollen. Es sei der mit berufserfahrenen Handelsrichtern besetzten Kammer aus eigener Kenntnis bekannt, dass viele Zulieferer mit dem Ausschluss einer eigenen Vertragsstrafe deutlich machten wollten, dass sie keine Vertragsstrafe zahlen würden. Es gäbe wirtschaftlich und kaufmännisch keinen Sinn, eine eigene Vertragsstrafe abzulehnen, aber das Durchreichen einer fremden Vertragsstrafe hinzunehmen. Eine solche Haftung widerspräche erkennbar dem Interesse des Nachunternehmers.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 13. Oktober 2010 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 4. November 2010 bei Gericht eingegangenen und mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010, eingegangen bei Gericht am 10. Dezember 2010, begründeten Berufung.

Sie vertritt die Ansicht, es lasse sich nicht feststellen, dass zwischen den Parteien Einigkeit über die von dem Landgericht angenommene Haftungsbeschränkung bestanden habe. Dies ergebe sich schon daraus, dass die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin explizit behauptet habe, die Beklagte habe sie weder auf die mit dem Streithelfer vereinbarte Zwischenfrist noch auf die zugehörige Vertragsstrafe aufmerksam gemacht. Sie behauptet, es sei zu keinem Zeitpunkt darüber gesprochen worden, die Klägerin wolle verzugsbedingte Ersatzansprüche ausschließen, wäre dies der Fall gewesen, hätte sie mit der Klägerin keinen Vertrag geschlossen. Weiter meint sie, nach der Rechtsprechung komme die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses nur bei Hinzutreten besonderer Umstände in Betracht, die hier nicht vorlägen. Aus den vorliegenden Vertragsunterlagen ergebe sich, dass sie, die Beklagte, erkennbar Wert darauf gelegt habe, von der Klägerin einen Ausgleich für die finanziellen Nachteile zu erhalten, die ihr in Folge einer verspäteten Lieferung entstünden. Es habe dem Grundgedanken des Gesetzes und der Billigkeit entsprochen, das ihr auferlegte Vertragsstrafenversprechen an die Klägerin weiterzugeben, während auf Seiten der Klägerin ein vergleichbares Interesse nicht bestanden habe.

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Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, das Landgericht habe zu Recht eine stillschweigende Haftungsbeschränkung angenommen. Bereits in dem Angebot vom 20. März 2008 habe sie deutlich gemacht, dass eine Lieferfrist nur dann verbindlich sei, wenn sie schriftlich bestätigt werde. Außerdem ergäben sich entsprechende Einschränkungen aus ihren AGB und den Montagebedingungen. Unerheblich sei für die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses, dass sie von dem die Beklagten bindenden Vertragsstrafenversprechen nichts gewusst habe, denn es sei auch und gerade darum gegangen, unbekannte Haftungsrisiken auszuschließen. Den Regelungen in den Bedingungen zum Nachunternehmervertrag seien die individuellen Abreden, die sich aus dem Verhandlungsprotokoll ergäben, vorrangig. Die Klägerin meint nach wie vor, sie habe die Verzögerung nicht zu vertreten und wiederholt hierzu ihren erstinstanzlichen Vortrag. Im Übrigen treffe die Beklagte ein erhebliches Mitverschulden, weil sie sie nicht auf das Haftungsrisiko hingewiesen habe.

Der Streithelfer hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 15. April 2011 seinen Beitritt zum Prozess auf Seiten der Beklagten erklärt.

II.

Die zulässig eingelegte Berufung ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

  1.   Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten unstreitig einen Anspruch auf Zahlung offenen Werklohns gemäß § 631 Abs. 1 BGB in Höhe der Klageforderung.
  2.   Dieser Anspruch ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gemäß §§ 389, 387 BGB mit einem Schadensersatzanspruch nach Ziffer 5.5 der Bedingungen zum Nachunternehmervertrag der Beklagten (NU 01) bzw. gemäß § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B erloschen. Allerdings ist eine Haftung der Klägerin für den von der Beklagten geltend gemachten Verzögerungsschaden nicht – wie vom Landgericht angenommen – stillschweigend von den Parteien ausgeschlossen worden. Auch ansonsten liegen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch vor, jedoch fehlt es an einem zurechenbaren Schaden. Denn die maßgeblichen Regelungen zur Vertragsstrafe in Ziffer 2 der „Besonderen Vertragsbedingungen“ des Streithelfers sind aufgrund der möglichen kumulierenden Wirkung der Vertragsstrafen im Falle des Überschreitens der vereinbarten Zwischenfristen wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam und der Streithelfer deshalb nicht zur Aufrechnung mit der Vertragsstrafe in Höhe von 140.000,- EUR gegenüber dem Werklohn der Beklagten berechtigt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
  1.   Die Parteien haben weder einen ausdrücklichen noch einen stillschweigenden Haftungsausschluss für die von der Beklagten geltend gemachten Verzögerungsschäden vereinbart.
  2.   Ein wirksamer Haftungsausschluss folgt nicht aus Ziffer 4 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in der vorgelegten Fassung vom 1. März 2009, wonach dem Abnehmer im Falle ihres Lieferverzugs Schadensersatzansprüche gleich welcher Art nicht zustehen sollen, es sei denn die Klägerin hätte den Verzug grob fahrlässig herbeigeführt. Ebenso wenig folgt ein solcher Haftungsausschluss aus Ziffer 3.1 Satz 2 der Montagebedingungen der Klägerin, wonach Fristüberschreitungen den Besteller nicht zu Schadensersatz berechtigen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind aus mehreren Gründen nicht Vertragsbestandteil geworden. Zwar ist es unstreitig während der Vertragsverhandlungen am 29. April 2008 noch nicht zum endgültigen Vertragsschluss gekommen. Das folgt aus dem Verhandlungsprotokoll selbst. Allerdings ist dort unter Ziffer 1 ausgeführt, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass im Falle der Auftragsvergabe an den Nachunternehmer das Verhandlungsprotokoll und die Bedingungen der Beklagten zum Nachunternehmervertrag (NU 01), die dem Nachunternehmer vorliegen und von ihm anerkannt sind, Vertragsgrundlage sind. Dieses Protokoll wurde von einem Vertreter der Klägerin unterschrieben, so dass bereits daraus folgt, dass die Klägerin die anderslautenden und ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit widersprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verbindlich anerkannt hat. Nach Ziffer 5.5 der NU 01 haftet indes der Nachunternehmer im Falle der schuldhaften Nichteinhaltung der Vertragstermine für alle Schäden und Nachteile, die dem Auftraggeber entstehen. Zudem hat die Klägerin in ihrer Annahmeerklärung / Auftragsbestätigung vom 4. Juni 2008 selbst ausgeführt, von ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichende Bedingungen ihrer Kunden gälten nur insoweit, als sie diesen ausdrücklich zugestimmt habe. Dies ist jedoch seitens des Vertreters der Klägerin dadurch geschehen, dass er das Verhandlungsprotokoll mit den entsprechenden Regelungen unterschrieben hat.

Selbst wenn man jedoch davon nicht ausginge, hätte die Klägerin nach den von den Parteien vorgelegten Unterlagen erstmals in ihrer Auftragsbestätigung vom 4. Juni 2008 auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen. Auch wenn man mit der Klägerin annehmen wollte, dass es sich bei dem Zuschlagsschreiben der Beklagten vom 26. Mai 2008 lediglich um ein von der Klägerin erst noch anzunehmendes Angebot handelte – wofür das Anschreiben der Beklagten spricht, dass die Klägerin den Nachunternehmervertrag unterschrieben zurücksenden sollte -, und der Vertrag deshalb erst durch die Annahmeerklärung der Klägerin vom 4. Juni 2008 zustande kommen konnte, würde dies nicht zu der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (in der damals geltenden, ggf. inhaltsgleichen Fassung) führen. Diese in die Form einer „Auftragsbestätigung“ gekleidete Annahmeerklärung stellt durch den erstmaligen Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin eine modifizierte Annahmeerklärung im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB dar, also eine Ablehnung des Antrags der Beklagten verbunden mit einem neuen Antrag, der seinerseits der zumindest stillschweigenden Annahme durch die Beklagte bedurfte. Eine solche ist nicht erfolgt. Der bloße Umstand, dass die Beklagte dem nicht unverzüglich widersprochen und damit die Auftragsbestätigung hingenommen hat, führt nicht dazu, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Vertragsinhalt werden konnten. Denn auch im kaufmännischen rechtsgeschäftlichen Verkehr gilt Schweigen auf eine Auftragsbestätigung nicht als Zustimmung (zu vgl. BGH, NJW 1973, 2106; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 41; Ellenberger, in: Palandt, a.a.O., § 147 Rn. 12, jeweils m.w.N.). Anders mag es sich bei einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben verhalten, mit dem jedoch – anders als hier – ein bereits zustande gekommener Vertrag vorwiegend zu Beweiszwecken inhaltlich festgelegt wird. Um ein solches handelt es sich vorliegend jedoch nicht, weil insbesondere die Klägerin noch nicht von einem Vertragsschluss ausgegangen war. Allerdings gilt auch bei einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben Schweigen dann nicht als Zustimmung, wenn der Bestätigende angesichts des Inhalts des Bestätigungsschreibens von vornherein nicht mit einer widerspruchslosen Hinnahme durch den Vertragspartner rechnen und daher nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte sein Schweigen nicht als stillschweigende Zustimmung ansehen konnte (zu vgl. BGH, NJW 1973, 2106, 2107; Ellenberger, a.a.O., § 147 Rn. 16, jeweils m.w.N.). Auch danach konnte das Schweigen der Beklagten nicht als Zustimmung angesehen werden, weil die Beklagte sowohl während der Vertragsverhandlungen als auch in ihrem Zuschlagsschreiben eindeutig und für die Klägerin erkennbar zum Ausdruck gebracht hatte, dass sie nur auf Grundlage des Verhandlungsprotokolls und ihren Bedingungen zum Nachunternehmervertrag (NU 01) zum Vertragsschluss bereit sei. Gerade weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin die gesetzlichen Rechte der Beklagten erheblich beschneiden und insbesondere die hier entscheidende Vereinbarung über die Lieferfrist wertlos machen sollten, konnte die Klägerin nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihre Forderung stillschweigend fallen ließ und sich mit ihren Geschäftsbedingungen einverstanden erklärte. Hätte die Klägerin ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertrag zugrunde legen wollen, so hätte sie dies angesichts des ihr bekannten entgegenstehenden Willens der Beklagten rechtzeitig durch eine klare und ausdrückliche Regelung tun müssen. Auch eine spätere stillschweigende Annahme seitens der Beklagten liegt nicht vor. Sie hat u.a. mit Schreiben vom 11. September 2008 die ihr im Falle einer verspäteten Leistung zustehenden Schadensersatzansprüche angekündigt.

Allerdings folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte das modifizierte Angebot der Klägerin nicht angenommen hat und damit jedenfalls die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht Vertragsbestandteil geworden sind, nicht, dass der Vertrag insgesamt nicht zustande gekommen wäre. Auch die Anwendung von § 150 Abs. 2 BGB steht unter dem Grundsatz von Treu und Glauben (zu vgl. BGH, NJW 1973, 2106, 2107). Beide Parteien haben zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, dass der Werkvertrag im Übrigen wirksam abgeschlossen war. Vielmehr haben sie ihn beiderseits – mit Ausnahme der noch offenen Restforderung – erfüllt und damit zu erkennen gegeben, dass die Frage, welche Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten, den Bestand des Vertrages nicht berühren sollte.

Überdies bestehen auch durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der von der Klägerin vorgegebenen Haftungsausschlüsse. Nach § 309 Nr. 8a BGB ist eine vom Auftragnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellte Bedingung, dass er nur dann für Verzugsfolgen haftet, wenn er durch grobe Fahrlässigkeit in Leistungsverzug gerät, unwirksam. Dies gilt gemäß § 307 BGB auch im kaufmännischen Verkehr (zu vgl. Becker, in: Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Stand 1. Februar 2007, § 309 Nr. 8 Rn. 13; Döring, in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 16. Aufl. 2007, § 5 Nr. 4 VOB/B Rn. 3).

  1.   Die Parteien haben auch nicht dadurch, dass die Klägerin es im Rahmen der Vertragsverhandlungen am 29. April 2008 abgelehnt hat, eine eigene Vertragsstrafenregelung im Verhältnis zur Beklagten zu treffen, stillschweigend einen Haftungsausschluss für Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen verzögerter Leistung durch die Klägerin, insbesondere solcher, die durch eine Vertragsstrafenverwirkung seitens der Beklagten entstehen, vereinbart. Weder lässt sich feststellen, dass die Klägerin derartiges überhaupt vorgeschlagen hat, noch ergibt die Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der §§ 133, 157 BGB die Vereinbarung eines solchen Haftungsausschlusses.

Die Auslegung der von der Klägerin abgegebenen Erklärung, sie lehne die Vereinbarung einer Vertragsstrafenregelung im Verhältnis zur Beklagten ab, führt nicht zu dem Ergebnis, dass sie damit auch erklärt hat, sie wolle die gleichzeitig vertraglich ausdrücklich vereinbarten Regelungen gemäß Ziffer 5.5 der NU 01 bzw. § 6 Nr. 6 VOB/B sowie die gesetzlichen Vorschriften der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB, nach denen sie im Falle einer schuldhaft verzögerten Leistung grundsätzlich zum Schadensersatz gegenüber der Beklagten in Form des Ersatzes von dieser zu leistender Vertragsstrafen verpflichtet ist, abdingen.

Nach zutreffender ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zu vgl. BGH, NJW 1998, 1493, 1494; BGH, NZBau 2000, 195; zustimmend: OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, 7. Teil Rn. 43; Rieble, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 339 Rn. 454, 457; Motzke/Berger, in: Ganten/Jagenburg/Motzke, VOB/B, 2. Aufl. 2008, § 6 Nr. 6 Rn. 90; Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. 2011, Rn. 2559;Döring, in: Locher/Vygen, VOB Teil A und B, 16. Aufl. 2007, § 6 Nr. 6 Rn. 36; a.A. OLG Dresden, NJW-RR 1997, 83 f.) kann eine vom Hauptunternehmer gezahlte Vertragsstrafe in seinem Vertragsverhältnis zum Subunternehmer einen adäquat-kausalen Verzugsschaden im Sinne des § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B bzw. der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB darstellen. Das Adäquanzprinzip schließt eine Schadenszurechnung nur aus, wenn der Schadenseintritt außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Davon kann hier keine Rede sein. Vielmehr wird in Verträgen von Hauptunternehmern mit Bauherrn häufig eine Vertragsstrafe für den Fall der verzögerten Fertigstellung des Bauwerkes vereinbart. Der Subunternehmer ist – bei unerwartet hohen Vertragsstrafen – daher grundsätzlich allein auf die Geltendmachung eines etwaigen mitwirkenden Mitverschuldens des Unternehmers verwiesen.

Dass derartige Ansprüche nicht konkludent ausgeschlossen worden sind, zeigt schon der Wortlaut des Verhandlungsprotokolls. Die bloße Ablehnung der von der Beklagten vorgeschlagenen Regelung stellt erkennbar nicht das Angebot auf Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bezüglich dieser Ansprüche dar. Die Ablehnungserklärung der Klägerin ist auch nicht nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von der Beklagten so zu verstehen gewesen, dass sie der Beklagten einen Haftungsausschluss für den Fall hat andienen wollen, dass die Beklagte eine Vertragsstrafe verwirkt, die darauf zurückzuführen ist, dass sie als Subunternehmerin ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat. Wie die Klägerin mehrfach während des Prozesses betont hat, wusste sie bei Vertragsschluss überhaupt nicht, dass die Beklagte mit dem Streithelfer eine Vertragsstrafenregelung für den Fall der verzögerten Leistung getroffen hatte. Die Problematik, dass sie im Rahmen der sie treffenden Schadensersatzpflichten diese Vertragsstrafe gegebenenfalls als eigenständigen Schaden würde übernehmen müssen, stand ihr daher bei Abgabe ihrer Erklärung nicht vor Augen, so dass sie schon nach ihrem eigenen Vorbringen diesen Fall nicht hat regeln wollen.

Auch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB folgt nicht, dass zwischen den Parteien ein Ausschluss der gesetzlichen Haftung der Klägerin vereinbart war. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist (nur) zulässig, wenn eine Vereinbarung der Parteien in einem regelungsbedürftigen Punkt fehlt und keine Regelung des dispositiven Rechts eingreift (zu vgl. BGH, NJW-RR 2008, 562, 563) oder wenn feststeht, dass die Parteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die gesetzliche Regelung nicht wollten (zu vgl. BGH, NJW-RR 1990, 817, 818; Ellenberger, a.a.O., § 157 Rn. 5). Es lässt sich schon eine solche Regelungslücke nicht feststellen. Denn die Parteien haben in dem Verhandlungsprotokoll vom 29. April 2008 ausdrücklich für den Fall des Vertragsschlusses die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und der darin genannten Vertragsunterlagen vereinbart. Damit haben sie sowohl nach Ziffer 5.5 der NU 01 als auch nach der nach Ziffer 1.1 e) geltenden Regelung des § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B eine Haftung der Klägerin für schuldhaft verzögerte Leistungen neben den gesetzlichen Regelungen der §§ 280, 286 BGB vereinbart.

Selbst wenn diese Regelungen nicht getroffen worden wären, käme jedoch die vom Landgericht vorgenommene Auslegung nicht in Betracht. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung ist darauf abzustellen, welche Regelung redliche und verständige Parteien im Hinblick auf den mit dem Vertrag verfolgten Zweck bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten (zu vgl. BGH, NJW-RR 2008, 562; BGH, NJW-RR 1990, 817, 819). Eine ergänzende Vertragsauslegung hat zu unterbleiben, wenn nicht erkennbar ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (zu vgl. BGH, NJW 2009, 1482). Gemessen daran lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass die Parteien einen Haftungsausschluss zugunsten der Klägerin vereinbart hätten. Zwar mag es sein, dass die Klägerin, hätte sie von der Vertragsstrafenregelung der Beklagten im Verhältnis zum Streithelfer Kenntnis gehabt, eine Haftung dafür nicht hätte übernehmen wollen. Das heißt aber nicht, dass sich die Beklagte red-licherweise darauf hätte einlassen müssen. Denn dies hätte ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen gravierend widersprochen, die das Landgericht bei seiner Auslegung nicht berücksichtigt hat. Denn die mit dem Streithelfer vereinbarte Vertragsstrafe von bis zu 5% der Auftragssumme, d.h. in Höhe von maximal 157.336,81 EUR, konnte angesichts der üblicherweise geringfügigen Gewinnmargen im Baugewerbe einen etwaigen Gewinn der Beklagten aus dem Projekt deutlich schmälern bzw. ggf. sogar völlig aufzehren. Die Beklagte hat vor diesem Hintergrund unstreitig während der gesamten Vertragsverhandlungen deutlich gemacht, dass ihr die Einhaltung eines festen Fertigstellungstermins durch die Klägerin von besonderer Wichtigkeit war. Dies wird belegt sowohl durch den Umstand, dass die Parteien schließlich einen solchen Termin vereinbart haben, als auch dadurch, dass die Beklagte zunächst beabsichtigt hatte, mit der Klägerin eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Demgegenüber war es die Klägerin, die sich zwar auf einen solchen Termin eingelassen hat, die aber – so ihr Vortrag in der Klageschrift – von Anbeginn die Möglichkeit einer Nichteinhaltung dieses Termins aufgrund der von ihr vorgenommenen Umbaumaßnahmen und der Weltmarktsituation des Stahlhandels in Betracht gezogen hatte, ohne diese Bedenken jedoch der Beklagten mitzuteilen. Wären diese realistischen – und schließlich verwirklichten – Risiken einer verzögerten Leistung durch die Klägerin der Beklagten, die durch das eigene Vertragsstrafenversprechen einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war, bekannt gewesen, ist es ausgeschlossen anzunehmen, sie hätte sich auch unter Berücksichtigung ihrer Interessen auf einen Haftungsausschluss eingelassen und einlassen müssen. Denn der Verzögerungsfall und der damit in ihrer Person eintretende Schaden waren damit quasi zu erwarten. Dies hat offensichtlich auch die Klägerin erkannt. Denn sie hat durch nachträgliches Nachschieben sowohl ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch des Einschubs „- Unvorhergesehenes vorbehalten -“ bei dem zugesagten Liefertermin in ihrem Schreiben vom 4. Juni 2008 nochmals versucht hat, einen Haftungsausschluss herbeizuführen. Als redliche Vertragspartnerin hätte die Klägerin die Beklagte jedoch auf die ihr bekannten Verzögerungsrisiken hinweisen müssen. In diesem Fall hätte sie von der Beklagten nicht erwarten können und dürfen, dass sie einen Haftungsausschluss vereinbart.

  1.   Es liegen – mit Ausnahme eines zurechenbaren Schadens – wie unter c) ausgeführt werden wird – die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B vor. Die Klägerin befand sich mit ihren Leistungen in Verzug. Dies folgt bereits daraus, dass die Klägerin den verbindlich vereinbarten Fertigstellungstermin nicht eingehalten hatte und ihre Arbeiten erst am 5. Dezember 2008 abschloss.

Die Parteien hatten sich auf eine verbindliche Fertigstellung des Gewerks der Klägerin bis zum Ende der 42. Kalenderwoche 2008, d.h. bis zum 18. Oktober 2008, geeinigt. Dies erfolgte in dem Telefonat vom 21. Mai 2008, folgt jedoch auch aus dem Zuschlagsschreiben der Beklagten vom 26. Mai 2008 und dem Auftragsbestätigungsschreiben vom 4. Juni 2008. Soweit sich aus Ziff. 3.1 der Montagebedingungen der Klägerin ergeben soll, dass eine Gewähr für die Ausführung innerhalb einer bestimmten Frist nicht übernommen werde, sind diese nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Soweit die Klägerin in ihrer Auftragsbestätigung eine Einschränkung dahingehend vorgenommen hat, dass „Unvorhergesehenes vorbehalten“ bleiben sollte, ändert dies grundsätzlich an der Verbindlichkeit der Zusage nichts. Überdies sind die Gründe, die nach dem Vortrag der Klägerin zu der Verzögerung geführt haben sollen, nicht unvorhergesehen. Im Gegenteil hat die Klägerin wiederholt ausgeführt, dass sie bereits bei Vertragsschluss mit Verzögerungen gerechnet habe.

Die Klägerin hat den Verzug im Sinne des § 6 Nr. 6 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B auch zu vertreten. Die Beweislast zur Ausräumung des Verschuldens hat der Auftragnehmer (zu vgl. Döring, a.a.O., § 5 Nr. 4 Rn. 12), hier also die Klägerin. Bereits ihr Vortrag ist unzureichend, ihr fehlendes Verschulden darzulegen. Wie sie in der Klageschrift mitgeteilt hat, waren ihr bei Vertragsschluss die bestehenden Risiken, dass es aufgrund der Weltmarktsituation und ihrer Baumaßnahmen zu einer Verzögerung kommen könne, umfänglich bewusst. Sie hätte daher bereits bei Vertragsschluss Ende Mai / Anfang Juni 2008 entsprechende Vorsorge treffen können und müssen. Die Stahlbestellung hat sie indes ausweislich des Schreibens der Firma B. vom 15. September 2008 erst am 5. September 2009 vorgenommen. Unklar bleibt zudem, was die Firma B., die nach dem Vortrag der Klägerin „alles ihr Zumutbare“ unternommen habe, um die weltweiten Materialengpässe auszugleichen, tatsächlich getan hat. Gegebenenfalls hätte die Klägerin bei einem anderen Stahlhändler zu einem höheren Preis zukaufen müssen. Wenn ihre eigenen Produktionsstätten nicht nutzbar waren, weil sich die Lieferung der Dachdämmung verzögert hatte, hätte sie auch hier gegebenenfalls einen Drittauftrag erteilen müssen.

  1.   Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheidet jedoch aus, weil die Vertragsstrafenvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Streithelfer nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist und die von dem Streithelfer erklärte Aufrechnung in Höhe von 140.000,- EUR mangels aufrechenbaren Vertragsstrafenanspruchs ins Leere geht, mit der Folge, dass der Beklagten der Werklohnanspruch in dieser Höhe weiterhin zusteht.
  2.   Bei den vom Streithelfer verwendeten Besonderen Vertragsbedingungen, insbesondere der Vertragsstrafenklausel in Ziff. 2, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305, 307 BGB.

Wie sich aus dem verwendeten Formular des B. Verlags ergibt, wurden lediglich die Höhe der Vertragsstrafe bzw. die Berechnungsmethode (in absoluten Beträgen oder als Vomhundertsatz der Auftragssumme) und der Höchstbetrag maschinenschriftlich in den ansonsten formularmäßig vorgedruckten Text eingefügt. Klauseln mit ausfüllungsbedürftigen Leerräumen sind indes Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn es sich um unselbständige – hand- oder maschinenschriftliche – Ergänzungen handelt oder wenn die Einfügung den Regelungsgehalt zwar mitbestimmt, der Verwender bzw. seine Mitarbeiter aber die Lücke in dem vom Verwender gewünschten Sinn ausfüllen oder sie darauf hinwirken, dass der Text ohne individuelles Aushandeln entsprechend ergänzt wird. Bei einer Kombination von mehreren vorformulierten Regelungsalternativen mit einem Leerraum, der individuell ausgefüllt werden kann – vorliegend hinsichtlich der Berechnung der Vertragsstrafe auf der Grundlage eines festen Betrages pro Werktag bzw. eines festen Prozentsatzes des Endbetrages der Auftragssumme – handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn die vorformulierten Alternativen im Vordergrund stehen und die individuelle Wahlmöglichkeit überlagern (zu vgl. BGH, NJW 1991, 2768, 2769; BGH, NJW 1996, 1676, BGH, NJW 1998, 2815, 2816; OLG Hamm, Urteil vom 10. Februar 2000, 21 U 85/98, BeckRS 2000, 30095098; Grüneberg, in: Palandt, a.a.O., § 305 Rn. 8 m.w.N.; Becker, a.a.O., § 305 Rn. 17 ff.). Es ist insoweit zu unterscheiden: Wenn bereits der Formulartext die zu beanstandende Regelung enthält, wird durch unselbständige Ergänzungen, die nur den Vertragsgegenstand im Einzelfall konkretisieren, der Charakter einer Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage gestellt. Wenn sich dagegen die Unangemessenheit einer Regelung – wie hier – gerade aus den Ergänzungen ergibt, bedarf es besonderer Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB gegeben sind. Im Einzelfall kann es sich dann um eine Individualerklärung handeln, die der AGB-Kontrolle entzogen ist. Eine AGB-Klausel liegt jedoch vor, wenn der Kunde nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen Alternativen hat. Dies ist hier der Fall. Dafür, dass hier der Verwendergegenseite, d.h. der Beklagten, seitens des Streithelfers eine echte Möglichkeit eingeräumt wurde, auf den wesentlichen Inhalt der Klausel Einfluss zu nehmen, ist nichts von den Parteien vorgetragen oder sonst ersichtlich. Diese gehen vielmehr übereinstimmend und ohne diese Frage zu problematisieren von seitens des Streithelfers in Gänze vorgegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus. Nichts anderes folgt aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Streithelfers vom 15. April 2011, auch er ist dem nicht entgegengetreten. Insoweit ist ergänzend zu berücksichtigen, dass auch bei Verträgen zwischen Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen und Körperschaften des öffentlichen Rechts keine Vermutung für eine Individualvereinbarung besteht (zu vgl. Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn. 23).

  1.   Daher unterliegen die Regelungen in den Besonderen Vertragsbedingungen zu den Vertragsstrafen der Inhaltskontrolle des § 307 BGB, der sie nicht standhalten.

Zwar ist die in der Klausel getroffene Bestimmung der Vertragsstrafenhöhe von 0,159 % pro Werktag bei einer 5%igen Höchstgrenze für sich alleine nicht schon unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, da die von der Rechtsprechung aufgestellte Obergrenze bei 0,3% pro Werktag liegt (zu vgl. OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Kniffka, a.a.O., 7. Teil Rn. 55 m.w.N.). Gleichwohl ist eine derartige Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Überschreitung jeder vertraglich vereinbarten Zwischenfrist mit einer Vertragsstrafe in derselben Höhe, die für die Überschreitung des Endtermins vorgesehen ist, sanktioniert, wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da eine solche Klausel dazu führen kann, dass bei nur geringfügiger Überschreitung mehrerer Zwischentermine durch die Kumulierung der Einzelvertragsstrafen innerhalb weniger Tage die gesamte Vertragsstrafe verwirkt sein kann, und zwar unabhängig davon, ob der Endtermin eingehalten wird oder nicht (zu vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. Februar 2000, 21 U 85/98, BeckRS 2000, 30095098 unter Hinweis auf BGH, NJW 1999, 1108 f.; OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178 f.; OLG Nürnberg, NJW-RR 2010, 1242; Werner, a.a.O., Rn. 2583; Kniffka, a.a.O., 7. Teil Rn. 55). Dies ist hier gemäß Ziffer 2.1 und 2.2 in Verbindung mit den Ausführungsfristen gemäß Ziffer 1.2 der Besonderen Vertragsbedingungen des Streithelfers der Fall. Insoweit ist nämlich bei der vorzunehmenden überindividuell generalisierenden Betrachtungsweise (zu vgl. OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Grüneberg, a.a.O., § 307 Rn. 8) auch zu berücksichtigen, dass sich der für eine Zwischenfrist eingetretene Verzug regelmäßig auf die Folgezwischenfristen und ggf. die Endausführungsfrist auswirken kann und bei Nichteinhaltung derselben als Folge wiederum eine eigenständige Vertragsstrafe ausgelöst wird (zu vgl. OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178, 1179; OLG Nürnberg, NJW-RR 2010, 1242, 1243). Bereits ein Verzug von 18 Tagen, der sich auf beide Zwischenfristen auswirkt, führt dazu, dass die höchstmögliche Vertragsstrafe verwirkt ist, ohne dass sich dies für die Endausführung ausgewirkt haben muss. Nennenswerte Schäden treffen den Auftraggeber in aller Regel jedoch erst mit Überschreitung der Fertigstellungsfrist (zu vgl. Kniffka, a.a.O., 7. Teil Rn. 55).

Besondere Umstände, die eine Kumulierung der Einzelvertragsstrafen ausnahmsweise rechtfertigen könnten, sind hier im Ergebnis nicht gegeben. Zwar hat der Streithelfer, wie er auch in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. April 2011 hervorhebt, ein legitimes Interesse daran, dass die dem Hochwasserschutz dienenden Arbeiten, wozu u.a. auch die Errichtung des neuen Deichtores zählte, grundsätzlich bis zum Beginn der Hochwassersaison am 1. November abgeschlossen werden. Denn gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 DSchVO der Bezirksregierung D. dürfen im Zeitraum vom 1. November bis 31. März grundsätzlich keine genehmigungspflichtigen Arbeiten durchgeführt werden. Dennoch rechtfertigt dies nicht die Vertragsstrafenregelung in ihrer vorliegenden Gestalt, da es durchaus mildere, den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdende Regelungsmöglichkeiten gegeben hätte. Insbesondere ist zu bedenken, dass die Bezirksregierung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 DSchVO Ausnahmegenehmigungen erteilen kann und dies im konkreten Fall auch getan hat. Soweit Arbeiten im Rahmen einer solchen Genehmigung, die nur dann erteilt werden wird, wenn keine Sicherheitsinteressen gefährdet werden, ausgeführt werden können, ist ein legitimes Interesse an einer – ggf. kumulierenden – Sanktionierung der Fristüberschreitung nicht mehr gegeben. Hier sind die verfahrensgegenständlichen, letztlich nur wenige Tage beanspruchende Arbeiten vor Ort auch – ohne dass die Parteien einen seitens der Bezirksregierung geahndeten Verstoß gegen die DSchVO vorgetragen hätten – nach dem 31. Oktober 2008 ausgeführt worden. Zur Sicherung seines nicht zu gering zu bewertenden Interesses wäre es dem Deichverband daher möglich gewesen, diese Ausnahmen in die Geschäftsbedingungen mit aufzunehmen. Darüber hinaus übersieht er bei seiner Argumentation im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. April 2011, dass hier nicht nur eine Zwischenfrist für Ende Oktober 2008, sondern im Vorfeld bereits eine solche bis Ende Mai 2008 gesetzt worden war. Mag ein besonderes Interesse an der zuerst genannten Zwischenfrist zum 31. Oktober 2008 bestehen, ist dies in gleichem Umfang bei gleicher Strafbewehrung für die zweitgenannte Frist zum 31. Mai 2008 nicht der Fall. Auch insoweit sind mildere Regelungen denkbar.

Soweit der Streithelfer in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz weiter darauf hinweist, dass hier die Ausnahmegenehmigung seitens der Behörde nur erteilt worden sei, weil zu diesem Zeitpunkt bereits das alte Deichtor ausgebaut gewesen sei und ansonsten der Deich innerhalb der Hochwasserzeit geöffnet gewesen wäre, sind die konkreten Einzelheiten, die hier zu der Ausnahmegenehmigung geführt haben, im Rahmen der bei der Bewertung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzunehmenden überindividuell generalisierenden Betrachtungsweise (zu vgl. OLG Jena, NJW-RR 2002, 1178, 1179; Grüneberg, a.a.O., § 307 Rn. 8) unerheblich. Entscheidend ist, dass die Deichschutzverordnung Ausnahmen vorsieht, die der Streithelfer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht an die Beklagte weitergereicht hat, obwohl ihm dies ohne Eintritt eines Schadens möglich gewesen wäre. Überdies spricht gegen die Argumentation des Streithelfers, dass auch außerhalb des in der Deichschutzverordnung als Hochwasserzeit festgelegten Zeitraums Hochwasser auftreten können und in dieser Zeit grundsätzlich die gleichen Arbeiten an dem Deich ohne jede Genehmigung durchgeführt werden können.

Da eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht kommt und daher die gesamte Vertragsstrafenregelung unwirksam ist, ist der Beklagten kein Schaden entstanden. Sie kann ihren Restwerklohnanspruch in Höhe von 140.000,- EUR weiter von dem streitverkündeten Streithelfer verlangen.

  1.   Auf den von der Klägerin erhobenen Einwand des Mitverschuldens der Beklagten im Hinblick auf die angeblich unterbliebene Aufklärung über das Bestehen einer Vertragsstrafenregelung kommt es daher nicht mehr an.
  1.   Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Streithelfers vom 15. April 2011 bietet keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

Eine Wiedereröffnung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO ist nicht veranlasst. Das Vorbringen des Streithelfers, der sich erstmals mit diesem Schriftsatz an dem Rechtsstreit beteiligt hat, bietet, wie ausgeführt, keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung, so dass der Senat von einer Wiedereröffnung absehen kann.

Eine Pflicht zur Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 2 ZPO besteht nicht, weil keiner der dort genannten zwingenden Wiedereröffnungsgründe gegeben ist. Soweit der Streithelfer in diesem Zusammenhang eine Verletzung seines Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs und desjenigen der Beklagten rügt, liegt ein solcher nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO beachtlicher Verfahrensfehler nicht vor. Es liegt weder die Verletzung einer Hinweispflicht noch eine solche des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs vor:

Es bedurfte schon grundsätzlich keines Hinweises, welche Rechtsauffassung der Senat in der Frage, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Streithelfers wirksam sind, vertritt. Denn das Gericht ist bei einer zwischen den Parteien streitigen Frage nicht verpflichtet kundzutun, welcher Partei es in der Beurteilung zu folgen gedenkt (zu vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 139 Rn. 8). Eines Hinweises bedarf es nur dann, wenn die Parteien einen Gesichtspunkt erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten haben oder übereinstimmend den Gesichtspunkt anders als das Gericht beurteilen (zu vgl. Greger, a.a.O., § 139 Rn. 6, 7). Das war hier nicht der Fall. Den Parteien war von Anbeginn an klar, dass die Frage der Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Streithelfers streitentscheidend werden konnte. Bereits vorgerichtlich hatte die Klägerin mit Schreiben vom 9. November 2009 unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung die Unwirksamkeit der Vereinbarung mehrerer jeweils mit Einzelvertragsstrafen belegter Zwischenfristen gerügt, da es zu einer möglichen Kumulierung kommen könne. Diesen Rechtsstandpunkt hat sie in der Klageschrift und während des gesamten Prozesses wiederholt. Dem ist die Beklagte entgegengetreten, sie hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und den Streithelfer mit Schriftsatz vom 10. Mai 2010 aufgefordert, zu den entsprechenden klägerseitig vorgebrachten Einwendungen gegen seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzutragen. Dass er dem nicht nachgekommen ist und erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, kann nicht zu einer Erhöhung der Hinweispflichten führen.

Den Parteien wurde auch hinreichend rechtliches Gehör gewährt. Soweit der Senat im Rahmen der umfassenden Erörterung des Rechtsstreits in der mündlichen Verhandlung offengelegt hat, welche Rechtsansicht er zu dieser Frage vertritt, wurde beiden Parteivertretern und dem als Zuhörer im Zuschauerraum anwesenden Streithelfervertreter Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu äußern. Hiervon haben sowohl der Beklagtenvertreter als auch der Streithelfervertreter durch ausführlichen Vortrag Gebrauch gemacht. Dass ihnen dies unzureichend erschien und sie sich zu einer sofortigen Äußerung nicht in der Lage gesehen hätten, haben sie nicht zum Ausdruck gebracht, was etwa dadurch, dass der Streithelfervertreter den Beitritt erklärt und beide Parteivertreter eine Schriftsatzfrist beantragt hätten, hätte geschehen können.

Aus den gleichen Gründen bietet auch der Schriftsatz vom 09.05.2011 keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

  1.   Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht.

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