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Zeugenvernehmung – Protokollverwertung im Wege des Urkundenbeweises unzulässig

OLG Frankfurt – Az.: 6 U 59/20 – Urteil vom 04.11.2021

Auf die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin wird das am 3.3.2020 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Landgericht vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten als gesetzliche Erben auf Grund eines Verkehrsunfallgeschehens vom XX.XX.2016 in Anspruch.

Am Unfalltag befuhr der Kläger um 16:52 Uhr mit dem von ihm geführten LKW die „Straße1“ Stadt1 in Fahrtrichtung Stadtteil1. Vor einer geschlossenen Bahnschranke hielt er seinen LKW an der Haltelinie an. Zur selben Zeit befand sich die am XX.XX2004 geborene Tochter der Beklagten gemeinsam mit der Zeugin A – die ihre Tante ist – und ihrer Schwester auf dem Nachhauseweg von der Schule. Die Tochter der Beklagten war bereits ein Stück weit vorausgefahren. Der Heimweg führte vor dem Bahnübergang, an dem der Kläger wartete, von einem dort schräg einmündenden Fußweg aus, quer über den Kalbacher Weg in den Fußweg in den gegenüberliegenden Park. Nach dem Öffnen der Bahnschranke fuhr der Kläger mit dem von ihm geführten LKW an, wobei er die Tochter der Beklagten mit seinem LKW erfasste und diese tödlich verletzt wurde. Die weiteren Einzelheiten des Unfallhergangs sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger hat außergerichtlich Ansprüche gegen die Beklagten geltend gemacht, die die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB erhoben haben. Er hat seit dem Unfall nicht mehr gearbeitet.

Der Kläger hat behauptet, der Unfall sei für ihn unabwendbar gewesen. Als die Schranke noch geschlossen gewesen sei, habe niemand am Fußgängerweg gestanden. Vor dem Anfahren habe er nachgesehen, ob sich jemand vor dem Lkw befunden habe. Die Tochter der Beklagten habe er nicht sehen können. Diese sei ohne auf den Verkehr zu achten, in die Straße eingefahren. Seit dem Unfall habe er keiner Berufstätigkeit mehr nachgehen können und seine Arbeitsstelle verloren. Er leide unter einer Belastungsstörung. Wegen der weiteren Einzelheiten der Behauptungen des Klägers zu den Unfallfolgen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (S. 3 LGU, Bl. 216 d.A.) Bezug genommen. Der Kläger verlangt von den Beklagten Verdienstausfall, Schmerzensgeld, eine monatliche Geldrente sowie die Feststellung ihrer Einstandspflicht für die Unfallfolgen. Hierzu ist er der Ansicht, dass ihn kein Verschulden an dem Unfallgeschehen treffe.

Der Kläger hat seinem Ausfallversicherer, der Versicherung1 AG, den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Beklagten und die Streithelferin haben die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 3. bestritten, da der Kläger als im Unfallzeitpunkt gesetzlich versicherter Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall erlitten habe.

Die Beklagten haben behauptet, ihre Kinder hätten vor dem Überqueren der „Straße1“ immer angehalten und die Straße eingesehen. Die Zeugin A habe ihre Tochter im Blick gehabt und diese kurz vor dem Unfall noch anhalten sehen. Ihre Tochter habe sich nach ihrer Tante und ihrer Schwester umgesehen, als sie sich noch auf dem fast parallel zur Straße führenden Fußweg befunden habe. Anschließend habe ihre Tochter die Verkehrssituation überprüft und ein Abbremsen des LKW als Zeichen gedeutet, dass dessen Fahrer sie vorbeilassen werde. Der Kläger habe ihre Tochter dort, wo sie angehalten habe, sehen können. Sie sind der Ansicht, der Kläger habe sich vergewissern müssen, dass ihre Tochter nicht in seinen Fahrweg einfahre, nötigenfalls habe er seine Einsichtsmöglichkeit durch Aufstehen verbessern müssen. Zu Lasten des Klägers sei auch die leicht verschmutzte Windschutz- und Seitenscheibe des LKW zu berücksichtigen. Sie sehen das überwiegende Verschulden an dem Unfallgeschehen bei dem Kläger, halten aber jedenfalls eine Haftungsquotierung für erforderlich. Den vom Kläger geltend gemachten Verdienstausfallschaden haben sie bestritten.

Das Landgericht hat den Kläger informatorisch zum Unfallhergang angehört und Beweis erhoben durch Urkundenbeweis der schriftlichen Zeugenaussagen der Zeugen B, C, D und E Nachname1 im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stadt1 (Az.: …) und Verwertung des unfallanalytischen Sachverständigengutachtens des F, welches dieser ebenfalls im Rahmen des genannten Ermittlungsverfahrens am 21.12.2016 erstellt hat.

Es hat sodann mit Urteil vom 3.3.2020 (Bl. 214 – 226 d.A.), auf das ergänzend – auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge – gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, ein Grund- und Teilendurteil erlassen. Das Landgericht hat die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten aufgrund des Unfallereignisses dem Grunde nach für voll gerechtfertigt erachtet, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger nach § 116 SGB X oder sonstige Dritte übergegangen sind. Weiter hat es die Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden festgestellt, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger nach § 116 SGB X oder sonstige Dritte übergegangen sind. Es ist zu der Überzeugung gelangt, dass das verstorbene Kind in rechtswidriger Weise einen für den Kläger unvermeidbaren Unfall verursacht habe, der zur Schädigung der Gesundheit des Klägers jedenfalls geeignet gewesen sei und für den die Beklagten als Rechtsnachfolger des Kindes haften würden.

Gegen das den Beklagten am 10.3.2020 zugestellte Urteil haben sie am 1.4.2020 Berufung eingelegt und diese nach bis zum 10.6.2020 gewährter Fristverlängerung am 13.5.2020 begründet. Auch die Streithelferin hat gegen das ihr am 28.4.2020 zugestellte Urteil am 14.4.2020 Berufung eingelegt und diese am 4.5.2020 begründet.

Sie tragen vor, die Entscheidung des Landgerichts verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Auch sei die Rechtsanwendung des Landgerichts fehlerhaft. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils nach § 304 ZPO hätten nicht vorgelegen. Einem Grundurteil stehe entgegen, dass der Rechtsstreit über den Anspruchsgrund nicht entscheidungsreif sei, die geltend gemachten Klageforderungen nach § 116 SGB X auf einen anderen übergegangen seien und der Kläger auch kein Rechtsschutzbedürfnis habe. Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme sei fehlerhaft, weil es die Zeugen zum Unfallhergang nicht selbst vernommen habe, Beweisangebote auf gegenbeweislich benannte Zeugen übergangen und den Sachverständigen nicht ergänzend angehört habe.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 2-17 O 150/18, vom 3.3.2020 abzuändern und die Klage abzuweisen.

hilfsweise: den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen.

hilfsweise: die Verurteilung der Beklagten unter den Vorbehalt der Erbenhaftung zu stellen.

Die Streitverkündete beantragt, unter Abänderung des Urteils der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3.3.2020 – 2-17 O 150/18 – die Klage abzuweisen und dem Kläger auch die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen.

Hilfsweise:

Unter Aufhebung des vorbezeichneten Urteils und des Verfahrens die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, in dem die Parteien ihr Vorbringen wiederholen und vertiefen.

II.

Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin führen auf ihren Antrag hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Zwar ist entgegen der Berufungsangriffe in dem Erlass des Grundurteils nach § 304 ZPO kein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Form eines unzulässigen Urteils zu sehen. Ein Grundurteil darf, sofern ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, nur dann ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (ständige Rspr. BGH, NJW 2001, 224 = WM 2000, 2427 m.w.N.).

a) Die Beklagten und die Streithelferin wenden zwar zutreffend ein, dass eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach auch den Eintritt eines Schadens bei dem Kläger, mithin das Vorliegen der streitigen Belastungsstörung voraussetzt. Allerdings dürfen solche für den Grund erhebliche Punkte im Grundverfahren ausgeklammert werden und zu einer Entscheidung in das Betragsverfahren verwiesen werden, wenn sie – wie hier – auch die Höhe des Anspruchs beeinflussen (vgl. Musielak/Voit/Musielak, 18. Aufl. 2021, ZPO, § 304 Rn 17). Vor Erlass eines Grundurteils muss aufgrund einer summarischen Prüfung im Grundverfahren erwogen werden, ob triftige Gründe für die Möglichkeit sprechen, dass die Klage deshalb abzuweisen ist, weil dem Kläger nichts zusteht. Gibt es solche Gründe, dann ist von einem Grundurteil abzusehen (vgl. MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 304, Rn 26). Es ist unstreitig, dass der Kläger seit dem Unfallgeschehen nicht mehr gearbeitet hat, was für seine Behauptung einer posttraumatischen Belastungsstörung spricht und einen Anspruch in irgendeiner Höhe wahrscheinlich macht. Der von dem Kläger geltend gemachte Schaden in Form einer Belastungsstörung ist auch grundsätzlich ersatzfähig. Es handelt sich hierbei nicht um einen Fall sog. Schockschäden, bei denen nur unter engen Voraussetzungen nur mittelbar an den Geschehnissen Beteiligten einen ersatzfähigen Schaden erleiden. Der Kläger war vielmehr unmittelbarer Beteiligter des Unfallgeschehens.

b) Dem Erlass des Grundurteils steht auch nicht entgegen, dass die Beklagten eingewendet haben, die von dem Kläger geltend gemachten Klageforderungen seien nach § 116 SGB X auf einen anderen übergegangen. Zwar muss diese Einwendung im Grundverfahren geklärt werden, weil davon abhängt, ob dem Kläger überhaupt eine Forderung zusteht. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Forderungsübergang auf einen anderen nur Teile der Klageforderung betrifft, also in jedem Fall auch bei Richtigkeit der entsprechenden Behauptung der Beklagten dem Kläger ein Rest der Forderung gebührt. Dann bezieht sich der Einwand des Beklagten (auch) auf die Höhe der Klageforderung und kann deshalb im Betragsverfahren geklärt werden (vgl. MüKoZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, ZPO § 304, Rn 25). Der Einwand der Beklagten betrifft jedenfalls nicht das geforderte Schmerzensgeld.

c) Dem Erlass eines Grundurteils steht endlich auch nicht entgegen, dass die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers unzulässig wäre. Unabhängig der Frage, ob das hiesige Klageverfahren dem Kläger als Grundlage im Hinblick auf seine bei der Streithelferin unterhaltenen Ausfallversicherung dienen kann, hat der Kläger in erster Linie ein Rechtsschutzbedürfnis dahingehend, die Beklagten wegen des Unfallgeschehens in Anspruch zu nehmen. Hieran ändert auch die erhobene Dürftigkeitseinrede nichts, zumal die Werthaltigkeit des Nachlasses streitig ist. Erst wenn der Kläger erfolglos die Beklagten in Anspruch genommen hat, kann er ggf. im Anschluss daran auf seine Ausfallversicherung zurückgreifen.

2. Das Verfahren des ersten Rechtszugs leidet aber an wesentlichen Verfahrensmängeln (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Urteil ist unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme gemäß § 355 Abs. 1 ZPO und aufgrund einer unrichtigen Tatsachenfeststellung in Form einer fehlerhaften, weil unterbliebenen Beweiserhebung zustande gekommen.

a) Die Beklagten und die Streithelferin rügen zu Recht, dass das Landgericht die Angaben der im gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugen B, C, D und E zur Frage des Unfallhergangs lediglich im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, Aussagen der im Ermittlungsverfahren vernommen Zeugen im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Auch ist die Verwertung nicht davon abhängig, dass der Gegner des Beweisführers – hier die Beklagten – zustimmt (MüKoZPO/Heinrich, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 355 Rn 10). Stellt aber der Gegner des Beweisführers einen Antrag, die Zeugen persönlich zu vernehmen, ist diesem Antrag grundsätzlich wegen der Schwächen des Urkundenbeweises durch das Protokoll und dem Anspruch auf die Zeugenvernehmung mit allen prozessualen Garantien nachzukommen (vgl. BGH, Urteil v. 12.7.2013 – V ZR 85/12 = NJOZ 2014, 572; Musielak/Voit/Stadler, 18. Aufl. 2021, ZPO, § 355 Rn 9); eine ausschließliche Verwertung von Protokollen ist dann unzulässig (vgl. Musielak/Voit/Huber, a.a.O., § 373 Rn 4). Einen solchen Antrag haben die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 11.6.2019 gestellt (vgl. Bl. 169 ff. d.A.). Da die Bewertung des Unfallgeschehens im Besonderen von den Angaben der Zeugin B abhängt, nämlich zur Frage, wann das getötete Kind vor den Lkw des Klägers gelangt ist, beruht das angegriffene Urteil auch auf diesem Verfahrensverstoß.

b) Die Beweisaufnahme des Landgerichts ist weiterhin deswegen fehlerhaft, weil weder über die entscheidungserhebliche Frage des Unfallhergangs die gegenbeweislich angebotenen Zeugen A und G vernommen noch eine mündliche Ergänzung bzw. Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachten zum gemäß § 411a ZPO verwerteten Sachverständigengutachten aus dem Ermittlungsverfahren eingeholt worden sind, wie es die Beklagten ebenfalls in ihrem Schriftsatz vom 11.6.2019 beantragt haben (vgl. Bl. 173 ff. d.A.); zuletzt konkretisiert in ihrem Schriftsatz vom 12.10.2020 (vgl. Bl. 322 ff d.A.). Da es sich bei der Verwertung des verfahrensfremden Sachverständigengutachtens gemäß § 411a ZPO um einen Sachverständigenbeweis handelt, sind die Vorschriften der §§ 402 ff. ZPO unmittelbar anwendbar (vgl. Musielak/Voit/Huber, a.a.O., § 411a Rn 12). Einem Antrag auf Ladung zwecks Erläuterung des Gutachtens ist grundsätzlich zu entsprechen, auch wenn das Gericht die schriftliche Begutachtung für ausreichend und überzeugend hält, selbst also keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO haben die Parteien zudem ein Recht auf Befragung des Sachverständigen gemäß §§ 402, 397 ZPO weshalb sie auch nur anzugeben brauchen, in welcher Richtung sie durch ihre Fragen, die nicht präzise ausformuliert sein müssen, eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünschen (vgl. Musielak/Voit/Huber, a.a.O., § 411 Rn 7).

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Auf Grundlage dieser – dann vollständigen – Beweisaufnahme hat das Landgericht das streitgegenständliche Unfallgeschehen sodann erneut rechtlich zu würdigen, insbesondere im Hinblick auf ein etwaiges Mitverschulden des Klägers.

3. Bei Fortgang des Verfahren hat das Landgericht zudem die unstreitig von den Beklagten erhobene Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB zu berücksichtigen. Die Beklagten rügen zu Recht, dass das Landgericht in seiner Entscheidung den Vorbehalt der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass übergangen hat. Wird – wie hier – vorab über den Grund entschieden, muss der Vorbehalt bereits in den Tenor des Grundurteils aufgenommen werden (vgl. zu alledem: BeckOGK/Herzog, 1.7.2021, BGB, § 1990 Rn 86, 94, 159; BeckOK ZPO/Preuß, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO, § 780 Rn 14). Im Betragsverfahren werden die Erben mit ihrem Einwand nicht mehr gehört (vgl. BeckOK ZPO/Preuß, a.a.O., § 780 Rn 14). Hierbei ist es dem Gericht überlassen, bereits im Erkenntnisverfahren über das tatsächliche Vorliegen der Dürftigkeit des Nachlasses zu entscheiden. Es kann sich aber auch darauf beschränken, einen Vorbehalt nach § 1990 BGB auszusprechen, so dass der Erbe Vollstreckungsgegenklage erheben muss. Wie es verfährt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. BeckOK BGB/Lohmann, 59. Ed. 1.8.2021, BGB, § 1990 Rn 7).

4. Aufgrund der beschriebenen Verfahrensmängel ist eine aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Es sind die Zeugen B, C, D und E sowie die gegenbeweislich benannten Zeugen A und G zu vernehmen. Da sich die Zeugin A in Russland aufhält (vgl. Bl. 117 d.A.), bedarf es ggf. einer Zeugeneinvernahme im Wege der Rechtshilfe. Auf Grundlage dieser Zeugeneinvernahmen ist sodann das Sachverständigengutachten des F aus dem Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die (neuen) Angaben der Zeugen und den von den Beklagten vorgebrachten Einwendungen zum Gutachten zu ergänzen bzw. weiterer Sachverständigenbeweis zu erheben. Die Zurückverweisung erscheint auch sachgerecht, weil die Durchführung der erforderlichen Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht zu keiner nennenswerten Verkürzung der Verfahrensdauer führt.

Die Niederschlagung der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens ergibt sich in Anbetracht der erheblichen Verfahrensmängel aus § 21 Abs. 1 S. 1 GKG (vgl. MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 538 Rn 88; BeckOK KostR/Dörndorfer, 34. Ed. 1.7.2021, GKG, § 21 Rn 4). Über die außergerichtlichen Kosten wird das Landgericht bei der neuen Entscheidung zu befinden haben.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es vorliegend auch im Hinblick auf §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO nicht, weil eine Vollstreckung aus dem aufgehobenen erstinstanzliche Urteil – ebenfalls mangels vollstreckungsfähigen Inhalts – ausscheidet (zur Notwendigkeit der Anordnung bei einem zurückverweisenden Urteil vgl. Zöller-Herget ZPO, 33. Auflage, § 708 Rn 12, § 538 Rn 59).

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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