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Kontokorrentkonto: Verjährung des Ausgleichsanspruch

AG München, Az.: 212 C 534/16, Urteil vom 07.06.2016

1. Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 01.03.2016 abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten im Termin vom 01.03.2016, welche diesem auferlegt werden.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 4.467,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Ausgleich eines negativen Saldos aus Kontokorrentvertrages in Anspruch.

Kontokorrentkonto: Verjährung des Ausgleichsanspruch
Symbolfoto: Olivier/ Bigstock

Zwischen dem Beklagten als Verbraucher und der D Bank wurde am 24.8.1998 ein Kontovertrag geschlossen, welcher unter der Kontonummer 0724429000 geführt wurde. Das Konto wurde im Kontokorrent geführt. Dem Kontovertrag liegen die als Anlage K7 vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der D Bank zugrunde, auf welche wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Am 11.5.2009 ist die D Bank auf die C Bank verschmolzen worden. Durch Verfügung des Beklagten kam es zur Überziehung des Kontos. Die Bank hat den Beklagten mehrfach aufgefordert, den negativen Saldo auszugleichen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach. Die Bank kündigte mit Schreiben vom 26.3.2007 das Kreditverhältnis und stellte einen negativen Saldo i.H.v. € 4.198,31 fällig mit der Aufforderung, diesen bis zum 7.5.2007 auszugleichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage K5 vorgelegte Schriftstück verwiesen. Der letzte Rechnungsabschluss vor Kündigung erfolgte zum 26.3.2007 und schloss mit einem negativen Saldo i.H.v. € 4.204,81. Bis zum 7.5.2007 veränderte sich der Saldo noch durch Buchungen auf den Betrag i.H.v. € 4.489,37. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K6 verwiesen. Nach Kündigung leistete der Beklagte am 8.6.2007 eine Zahlung i.H.v. € 25,- auf die Forderung, wodurch sich der Saldo auf € 4.464,37 reduziert hat.

Die D Bank hat am 5.1.2011 eine Einwohnermeldeamtsanfrage veranlasst, wodurch Aufwendungen i.H.v. € 10,- entstanden sind. Ferner wurde das Inkassobüro I GmbH am 30.10.2012 beauftragt, wodurch Inkassokosten i.H.v. € 21,- für das vorgerichtliche Inkasso entstanden sind. Die Klägerin hat am 30.10.2012 und am 4.2.2014 die Anschrift des Beklagten prüfen lassen, wodurch die Kosten i.H.v. € 20,- und € 18,- entstanden sind.

Die D Bank hat am 25.11.2008 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt. Der Mahnbescheid ist dem Beklagten am 29.11.2008 zugestellt worden. Unter dem 2.12.2008 hat der Beklagte Widerspruch erhoben. Mit Datum vom 9.12.2008 wurde die Klagepartei zur Einzahlung des weiteren Gerichtskostenvorschusses aufgefordert, welcher am 24.9.2015 eingegangen ist. Am 15.10.2015 ist die Akte an das Landgericht Bamberg abgegeben worden, wo sie am 19.10.2015 eingegangen ist. Mit der zum Mahngericht eingereichten Anspruchsbegründung vom 24.8.2015 erklärte die Klägerin im Hinblick auf die als Anlagen K2 und K3 vorgelegten Abtretungsbestätigungen die Übernahme des Rechtsstreits.

Die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte zum Ausgleich des Saldos verpflichtet sei. Sie sei ausweislich der vorgelegten Abtretungsbestätigungen Inhaberin der ursprünglich der D Bank zustehenden Forderung geworden.

Im Termin vom 1.3.2016 wurde der Beklagte durch Versäumnisurteil kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin € 5.628,58 nebst Zinsen aus € 4.464,37 i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.4.2011 sowie weitere € 70,- zu bezahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Tenorierung wird Bezug genommen auf das Versäumnisurteil vom 1.3.2016 (Bl. 37/39 d.A.). Der Beklagte hat mit dem am 14.3.2016 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 1.3.2016 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 1.3.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation und beruft sich im Übrigen auf zwischenzeitlich eingetretene Verjährung.

Das Landgericht Bamberg hat mit Beschluss vom 7.12.2015 den Rechtsstreit an das Landgericht München I verwiesen (Bl.23/24 d.A.). Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 8.1.2016 den Rechtsstreit an das Amtsgericht München verwiesen (Bl. 28/31 d.A.).

Wegen des weiteren Parteienvorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1.3.2016 sowie 19.4.2016 sowie die sonstigen Aktenbestandteile.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Zwar steht aufgrund der vorgelegten Urkunden zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klagepartei Inhaberin der streitgegenständlichen Forderung geworden ist. Der Durchsetzbarkeit der Forderung steht jedoch die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Der Anspruch auf Rückführung des Kontokorrentsaldos ist mit Kündigung und Fälligstellung im Jahr 2007 entstanden. Die dreijährige Verjährung gemäß § 195 BGB wäre demnach ohne Hemmung mit Ablauf des 31.12.2010 eingetreten. Der Lauf der Verjährung ist durch den am 25.11.2008 eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gehemmt worden. Das Verfahren ist jedoch dadurch in Stillstand geraten, dass das Verfahren nach erhobenem Widerspruch und Anforderung zur Einzahlung des weiteren Gerichtskostenvorschusses am 9.12.2008 nicht weiterbetrieben worden ist. Die eingetretene Hemmung der Verjährung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB am 9.6.2009. Verjährung ist damit mit Ablauf des 15.7.2011 eingetreten. Zwar ist das Verfahren durch die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses am 24.9.2015 weiterbetrieben worden. Nachdem bereits zuvor Verjährung eingetreten ist, konnte hierdurch der Lauf der Verjährung nicht mehr gehemmt werden. Aus der Regelung in § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB ergibt sich nichts anderes. Sie ist auf den Streitfall nicht anwendbar. Die Entscheidung des BGH vom 13.7.2010, NJW 2010, S. 2940, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um die Rückzahlung eines vertraglich eingeräumten Dispositionskredits. Im Streitfall handelt es sich um die geschuldete Rückführung eines infolge geduldeter Überziehung entstandenen negativen Kontokorrentsaldos. Vorliegend handelt es sich nicht um Ansprüche auf Darlehensrückzahlungen und Zinsen im Sinne des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB. Vielmehr entsteht mit Fälligwerden des Gesamtanspruches ein neuer Anspruch, der der dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB unterliegt. Die Neubegründung des Anspruchs ergibt sich schon daraus, dass die Kontokorrentabrede, die gleichzeitig mit dem Girovertrag und dem Kreditvertrag eingegangen worden ist, bis zur Kündigung und Gesamtfälligstellung eine Geltendmachung des Darlehensanspruchs ausgeschlossen hat. Mit Zustandekommen der Kontokorrentabrede stehen die von ihr erfassten Forderungen zur Verrechnung, können also nicht selbständig geltend gemacht oder eingeklagt werden, vgl. BGH, ZIP 2005, 941. Mit Entstehung des neuen Anspruchs setzt aber die Regelverjährung ein. Zwar knüpft der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB an den Verzug des Darlehensnehmers an, welcher seinerseits zur Kündigung geführt hat. Mit der Kündigung und der Gesamtfälligstellung wird ein anderer Anspruch als bisher begründet, dessen Verjährung die Norm des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht betrifft, vgl. Derleder/Horn, Die Tilgungserfordernisse für Banken und das Verjährungsrecht, ZIP 2003, 709 ff (710). Die Vorschrift ist dementsprechend so zu lesen, dass dann, wenn nur Verzug mit den Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag (etwa auch der zu zahlenden Zinsen) vorliegt, die Hemmung greift, nicht aber bei der Entstehung eines Neuanspruches infolge der Kündigung. Das entspricht auch einer teleologischen Auslegung, da es nicht verständlich ist, dass einem Darlehensgläubiger, der die Einhaltung der dreijährigen Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB versäumt, immer noch der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB zugutekommen soll. Sonst hätte es der Darlehensgläubiger einseitig in der Hand, die notwendige Klageerhebung oder Titelerwirkung für den insgesamt fälligen Anspruch bis zur Erreichung der 10-Jahres-Grenze und darüberhinaus beliebig hinauszuschieben, vgl. zum vorstehenden Derleder/Horn aaO. Dies tritt insbesondere im Streitfall deutlich hervor. Die Klagepartei hat mit dem am 25.11.2008 eingegangenen Mahnbescheidsantrag den Gesamtsaldo geltend gemacht. Die hierdurch eingetretene Hemmung der Verjährung ist aufgrund des Nichtbetreibens des Verfahrens weggefallen mit der Folge, dass die dreijährige Verjährungsfrist noch im Jahre 2011 abgelaufen ist. Eine schutzwürdiges Interesse, welches es der Bank ermöglichen sollte, bei Versäumung des Weiterbetriebs des gerichtlichen Verfahrens, noch weitere vier Jahre mit der Geltendmachung zuwarten zu können, ist auch unter Berücksichtigung des mit der Regelung im § 497 Abs.3 BGB zum Ausdruck gebrachten Verbraucherschutzzweck nicht zu erkennen.

Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 344 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 3 ZPO.

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