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Abschleppen eines unberechtigt auf einem Privatparkplatz abgestellten Fahrzeugs

AG München – Az.: 424 C 28560/10 – Urteil vom 30.12.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 130,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.04.2010 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 130,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Am 22.04.2010 parkte der Beklagte seinen PKW unberechtigt auf einem Parkplatz der … in München. Die aufgrund eines Rahmenvertrages mit der Firma … mit der Parkraumüberwachung beauftragte Beklagte ließ den PKW des Klägers durch eine dritte Firma abschleppen und an einen anderen freien Parkplatz in einiger Entfernung versetzen.

Als der Kläger feststellte, dass sein PKW abgeschleppt worden war, teilte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mit, dass er den Standort seines PKW nur erfahre, wenn er € 250,– an die Beklagte zahle. Nach Zahlung des geforderten Betrages mittels EC-Karte teilte der Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger den Standort seines PKW mit.

Die Beklagte hatte mit der … am 27./29.08.2008 einen sogenannten Rahmenvertrag geschlossen (vgl. B 7). Nach § 1 des Rahmenvertrages beauftragt die … als Auftraggeber die Beklagte als Auftragnehmer mit der Versetzung widerrechtlich abgestellter Fahrzeuge. Es heißt in § 1 u. a.: „Der einzelne Vorgang wird wie folgt beauftragt: Der Auftragnehmer entfernt nach Kenntnis das unberechtigt abgestellte Fahrzeug. … (2) Der Auftraggeber kann den Auftragnehmer jederzeit … über unberechtigt parkende Fahrzeuge … informieren ….“

In § 2 heißt es u. a.: „Die Kosten für die Tätigkeiten des Auftragnehmers gemäß § 1 bestimmen sich nach der jeweils aktuellen, als Anlag 3, beigefügten Preisliste. Der Auftragnehmer ist berechtigt die Preisliste zu ändern …“

In § 3 heißt es u. a.: „(1) Der Auftraggeber tritt hiermit an den Auftragnehmer den Anspruch auf Ersatz der Kosten gem. § 2 gegenüber dem unberechtigten Nutzer der Fläche bzw. gegen den Halter des entsprechenden Fahrzeugs unwiderruflich ab; der Auftragnehmer nimmt diese Abtretung an. (2) Der Auftragnehmer macht die Kosten in eigenem Namen gegen den unberechtigten Nutzer der Fläche bzw. gegen den Halter des entsprechenden Fahrzeugs geltend. (3) Die Ansprüche des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber werden bis zur Bezahlung durch den unberechtigten Nutzer … gestundet. (4) Erlangt der Auftragnehmer keine Zahlung von dem unberechtigten Nutzer der Fläche …, tritt der Auftraggeber die Ansprüche gegen den Zahlungspflichtigen an Erfüllungs statt ab. Der Auftragnehmer nimmt die Abtretung an.“

In § 5 des Rahmenvertrages stellt die Beklagte die … von Schadensersatzansprüchen frei, die im Rahmen der Fahrzeugentfernung entstehen können. Und in § 6 wird bestimmt, dass der Auftragnehmer bestimmt, ob, wann und wie ein Auftrag ausgeführt wird. Nach § 9 sind die Anlagen 1 bis 3 wesentlicher Bestandteil des Vertrages.

Abschleppen eines unberechtigt auf einem Privatparkplatz abgestellten Fahrzeugs
Symbolfoto: Von filmbildfabrik.de/Shutterstock.com

Die Anlage 2 ist betitelt „Aufgaben Außendienst“ (vgl. Bl. 105 d. A.). Dort heißt es u. a.: „Überprüfung/Kontrolle der Objekte/Flächen hinsichtlich widerrechtlich abgestellter Fahrzeuge gemäß den Auftraggeberanweisungen und -vorgaben sowie …“

Bei der Anlage 3 handelt es sich um die Preisliste (vgl. Bl. 62 d. A.). Diese sieht bei PKW Nettopreise für „Vorbereitung“ iHv € 125,–, für „Vorbereitung + Anfahrt“ iHv € 182,– und für „Versetzung“ iHv 250,– vor.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12.04.2011 ein Urteil des Landgerichts Urteil I vom 06.04.2011 vorgelegt und auf dieses Bezug genommen. In dem Verfahren trug die Beklagte zu ihrer Kalkulation ihrer Preise vor, dass sie bei Gesamtkosten von § 625.000,– im Jahr, wovon € 250.000,– „Fremdleistungen Abschleppkosten“ sind, von 2.500,– Fällen im Jahr ausgehe, so dass auf den einzelnen Vorgang ein durchschnittlicher Betrag von € 250,– entfalle.

Der Kläger trägt vor, die von der Beklagten vereinnahmte Summe iHv € 250,00 für einen Abschleppvorgang liege um mehr als 100 % über normalen angemessenen Tarifen. Die Beklagte dürfe nur reine Abschleppkosten verlangen und keine weiteren Kosten ihrer Dienstleistung. Die sogenannte Rechnung sei in keiner Weise nachvollziehbar.

Zuletzt beantragt der Kläger: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag, mindestens € 130,00, nebst Zinsen ab dem 22.04.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Für den Fall der Verurteilung beantrag sie die Zulassung der Berufung.

Sie trägt vor, das Amtsgericht sei örtlich unzuständig, da die Beklagte ihren Sitz in Berlin habe. Der unbezifferte Klageantrag sei unzulässig. Bei der … sei ein Schaden in Höhe der für die Beseitigung entstandenen Kosten angefallen. Den daraus folgenden Schadensersatzanspruch habe die … an die Beklagte abgetreten. Die … dürfe sich der Hilfe Dritter bedienen.

Die Kosten würden der … aufgrund der werkvertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten entstehen. Ab der Entscheidung zur Versetzung würde die Beklagte zahlreiche Tätigkeiten entfalten (vgl. Schriftsatz vom 17.12.2010 Bl. 55 d. A.). Die dafür verlangte Vergütung sei angemessen. Die Tätigkeiten seien verursacht durch die Besitzstörung. Die Beklagte verweist auf Entscheidungen des Kammergerichts Berlin vom 07.01.2011 und des Landgerichts München I vom 06.04.2011, wonach auch die den reinen Abschleppvorgang übersteigenden Kosten ersatzfähig sind.

Ergänzend wird auf das Protokoll der Sitzung vom 16.02.2011 (Bl. 130 d. A.) sowie den gesamten Akteninhalt, insbesondere die vorgelegten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich zuständig. Die Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO. Der vorgetragene Sachverhalt stellt nach Auffassung des Klägers eine Nötigung im Sinne von § 240 StGB, wenn nicht gar eine gewerbsmäßige Erpressung, dar. Ergibt sich die Zuständigkeit zugleich aus den zur Begründung des erhobenen Anspruchs vorgebrachten Tatsachen, so genügt die schlüssige Behauptung der die örtliche Zuständigkeit begründenden Tatsachen; eines besonderen Nachweises solch „doppelrelevanter Tatsachen“ bedarf es für die Zuständigkeit nicht (Zöller/Vollkommer § 12 ZPO RN 14 m. w. N.). Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte eine Notlage des Klägers ausgenutzt, um völlig überhöhte, ihr, wie ihr bekannt ist, nicht zustehende Ansprüche durchzusetzen. Dies begründet schlüssig einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 240 StGB. Dem im besonderen Gerichtsstand angegangenen Gericht kommt eine umfassende Kompetenz zur Entscheidung über den einheitlichen prozessualen Anspruch unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu (Zöller aaO RN 20).

Der Klageantrag genügt den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei Klagen auf Leistung eines Geldbetrages ist grundsätzlich der begehrte Betrag anzugeben. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO oder vom billigen Ermessen des Gerichts abhängig ist (Zöller/Greger § 253 ZPO RN 14). Der Kläger hat jedoch in der Klagebegründung die Berechnungs- bzw. Schätzungsgrundlagen umfassend darzustellen und die Größenordnung seiner Vorstellungen anzugeben (Zöller/Greger aaO). Verlangt der Kläger Schadensersatz und ist auch die Höhe des Schadens streitig, kann das Gericht die Schadenshöhe gemäß § 287 ZPO schätzen. Dies hat die Rechtsprechung bspw. bei der Frage der Verhältnismäßigkeit von Kfz-Reparaturkosten oder der erforderlichen Höhe von Mietwagenkosten für zulässig erachtet (Zöller/Greger § 287 ZPO RN 2). Der Kläger verlangt Schadensersatz, weil die Beklagte seiner Meinung nach überhöhte Kosten von ihm verlangt habe. Als Schätzgrundlage für angemessene Kosten hat er ein Angebot eines Abschleppunternehmens vorgelegt. In der diesen Betrag übersteigenden Höhe stehe ihm ein Schadensersatzanspruch zu, mindestens jedoch der im Antrag genannte Betrag. Damit ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Soweit die Verurteilung auf andere Anspruchsgrundlagen gestützt wird, kann jedoch nur der Mindestbetrag zugesprochen werden.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des an sie geleisteten Betrages in Höhe von € 130,00 aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. In dieser Höhe erfolgte die Zahlung am 22.04.2010 ohne Rechtsgrund.

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Die Beklagte ist passivlegitimiert, da im vorliegenden Fall – abweichend von den Grundsätzen des Bereicherungsausgleichs in Zessionsfällen – ausnahmsweise eine Direktkondition gegen die Beklagte als Zessionarin möglich ist.

Zwar richtet sich der Rückzahlungsanspruch bei Leistung eines Putativschuldners auf eine abgetretene, in Wahrheit nicht bestehende Forderung in der Regel gegen den Zedenten, hier also die Fit-Star. Die Zession ist nämlich grundsätzlich ebenso zu behandeln wie die Fälle der sog. Anweisungsanlage – die „Anweisung“ liegt hier in der Zession selbst –, so dass Leistungen nur im Verhältnis Schuldner-Zedent, sowie Zedent-Zessionar bestehen. Die Rückabwicklung hat daher grundsätzlich innerhalb dieser Leistungsbeziehung zu erfolgen und eine Direktkondition gegen den Zessionar scheidet regelmäßig aus.

Der sachliche Grund hierfür liegt darin, dass in dem Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Zedent der angenommene Rechtsgrund für die vermeintlich geschuldete Zahlung zu sehen ist; aus Gründen der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes liegt damit eine Beschränkung der Kondiktion auf dieses Rechtsverhältnis nahe (vgl. BGH, NJW 2005, 2169; Palandt/Sprau, § 812 BGB Rdnr. 66).

Diese Gedanken sind auf den vorliegenden Fall aber gerade nicht übertragbar. Denn dem abgetretenen Scheinanspruch liegt ja gerade nicht ein an sich intaktes Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Zedent, also dem Kläger und der … zugrunde, aus dem ein schützenswertes Vertrauen erwächst. Der Kläger hatte hier nur mit der Beklagten Kontakt, so dass er im Hinblick auf das Risiko der Realisierbarkeit seiner Rückforderung von vornherein nur die Beklagte im Blick hatte. Die rechtliche Beziehung zwischen dem Kläger und der … beschränkt sich hier nämlich auf einen einzelnen Anspruch, der auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt gestützt werden kann, jedenfalls aber sofort an die Beklagte abgetreten wurde. Der Kläger hat damit auch gerade keine Auswahl im Hinblick auf seine „eigentliche“ Gegnerin, nämlich die … getroffen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 05.06.2009 (BGHZ 181, 233, NJW 2009, 2530). Dem Fall lag eine andere vertragliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Parkplatzbesitzer und dem mit dem Abschleppen unberechtigt parkender Fahrzeuge beauftragten Unternehmen zugrunde. Aus dem Urteil ergibt sich, dass sich die Höhe des Entgelts für den Beauftragten nach der Anzahl der Abschleppvorgänge bestimmte. Es erfolgten Zahlungen des Parkplatzbesitzers an das beauftragte Unternehmen. Bezüglich der Zahlungen des dortigen Klägers, war das Unternehmen nur Zahlstelle für den Parkplatzbesitzer. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte weder rechtlich noch tatsächlich lediglich als Zahlstelle der … anzusehen. Aufgrund der konkreten vertraglichen Gestaltung tritt nach außen gegenüber unberechtigt Parkenden lediglich die Beklagte auf. Die Ansprüche der … sind generell abgetreten an die Beklagte, in dem Falle der Nichteinbringlichkeit auch an Erfüllungs statt. Auch gerade nach dem Willen der … und der Beklagten soll hier eine Auseinandersetzung mit dem nicht berechtigt Parkenden nur durch die Beklagte erfolgen.

Der Anspruch ist nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Danach kann derjenige, der zur Erfüllung einer Verbindlichkeit etwas leistet, obwohl er wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, das Geleistete nicht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 zurückfordern. Es ist schon fraglich, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Leistung die erforderliche Kenntnis hatte. Er hätte positive Kenntnis davon haben müssen, dass er diesen Betrag nicht oder eben nicht in der geltend gemachten Höhe schuldet (vgl. Palandt/Sprau § 814 BGB RN 3). Die Beweislast dafür, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat, trägt der Leistungsempfänger (Palandt/Sprau aaO RN 11). Die Beklagte hat schon gar nicht vorgetragen, dass der Kläger Kenntnis von dem Nichtbestehen der Forderung in der gesamten geltend gemachten Höhe hat. Vielmehr geht die Beklagte ja davon aus, dass der Anspruch besteht und der Kläger mit Rechtsgrund an sie geleistet hat. Allein das Bestreiten des Vortrags des Klägers, dass dieser ausdrücklich unter Vorbehalt geleistet hat, reicht nicht aus.

Im übrigen könnte hier jedenfalls von einem stillschweigenden Vorbehalt ausgegangen werden. Denn wer zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts zahlt, weil er auf den zurückgehaltenen Gegenstand dringend angewiesen ist, will sich erkennbar eine Rückforderung ohne Veränderung der den Gläubiger treffenden Beweislast vorbehalten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2002, 784). Der Kläger war erkennbar auf sein Fahrzeug angewiesen. Der Mitarbeiter der Beklagten gab den Standort des Pkw nur gegen Zahlung des vollen Betrages preis. Für die Beklagte, vertreten durch ihren Mitarbeiter, war es offenkundig, dass der Kläger die Zahlung nur erbrachte, um seinen Pkw zurück zu erhalten. Es bestand keine Situation, bei der die spätere Rückforderung eines Teils des Betrages gegenüber der Beklagten als treuwidrig erscheinen würde.

Es ist unstreitig, dass der Beklagte nicht berechtigt war, sein Fahrzeug auf dem Parkplatz der … zu parken. Mit dem unbefugten Abstellen des Fahrzeugs beging er eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB (BGH NJW 2009, 2530). Die … stand ein Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzstörung aus § 859 Abs. 1 BGB zu. Es war nicht erforderlich, dass ein Auftrag zum Abschleppen von der … erteilt wurde. Diese durfte einen Dritten mit der Überwachung des Parkplatzes beauftragen (BGH aaO). Bei der … ist ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB entstanden. § 858 Abs. 1 BGB ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers (BGH aaO). Diesen Schadensersatzanspruch hat sie an die Beklagte abgetreten. Die Abschleppkosten sind ein erstattungsfähiger Schaden der … (BGH aaO).

Die Höhe des Schadens der … schätzt das Gericht nach § 287 ZPO auf € 120,–. Grundlage dieser Schätzung ist die von der Beklagten in dem Verfahren 15 S 14002/09 des Landgerichts München I vorgetragene Kalkulation. Das Gericht hat am 08.06.2011 die Parteien darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Vortrag der Parteien in dem genannten Verfahren zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Das Urteil ist von der Beklagten vorgelegt und in das Verfahren eingeführt worden. Danach betragen die an das Abschleppunternehmen von der Beklagten bezahlten reinen Abschleppkosten ca. € 100,–. Die darüber hinaus ersatzfähigen Kosten der … schätzt das Gericht zugunsten der Beklagten auf € 20,–.

Die Begleichung der weiteren von der Beklagten geltend gemachten Kosten durch den Kläger erfolgte mangels Anspruchsgrundlage rechtsgrundlos. Es handelt sich um Kosten von Überwachungsmaßnahmen und Mühewaltung der …. Diese Kosten sind kein zu ersetzender Schaden.

Die Besonderheit der Vertragsgestaltung zwischen der Beklagten und der … ist, dass sich die Beklagte zur Überwachung der Parkplätze der … verpflichtet ohne von der … eine bestimmte Gegenleistung dafür zu erhalten. Die im Einzelfall aufgrund der vertraglichen Gestaltung zwischen der … und der Beklagten anfallenden Kosten sind vollständig von dem Falschparker zu tragen. Die Beklagte trägt das Ausfallrisiko, da im Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzansprüche der … an Erfüllungs statt an die Beklagte abgetreten werden. Die Beklagte hat nach § 2 des Rahmenvertrages das Recht, einseitig die Preise zu ändern.

Die … wird außerdem von möglichen Schadensersatzansprüchen des Falschparkers freigestellt.

Die einzige Weise, auf die die … noch an der Durchführung des Vertrages beteiligt ist, ist ihr Recht, im Einzelfall die Beklagte über unberechtigt parkende Fahrzeuge zu informieren. Das Gericht kann in dieser vertraglichen Gestaltung kein Bestreben erkennen, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die z. B. auf bloßer Gewinnsucht des beauftragten Unternehmens beruhen, zu verhindern (vgl. BGH NJW 2009, 2530 Tz 18 zit. nach juris). Die Überwachung des Parkplatzes, die Entscheidung über das Abschleppen, das Durchführen des Abschleppens und die Abwicklung des Schadensfalles, außergerichtlich und gerichtlich, liegen vollständig in der Hand der Beklagten. Die Beklagte erzielt allein Gewinne, wenn sie in ausreichendem Maße Falschparker feststellt und abschleppen läßt. Für die Überwachung erhält sie keine Vergütung von dem Nutzungsberechtigten. Die Überwachung finanziert sie allein durch die von den Falschparkern im Einzelfall geltend gemachten Beträge. Sowohl für die … als auch für die Beklagte erkennbar beruht das Geschäftsmodell darauf, dass die … als Nutzungsberechtigte keinerlei Kosten für die Überwachung des Parkplatzes einerseits und für das Inkasso und die Durchsetzung ihrer Ersatzansprüche andererseits zu tragen hat. Der offenkundige Vorteil für die Nutzungsberechtigte besteht darin, von vornherein dem Grundsatze nach nicht erstattungsfähige Kosten wie Kosten der Überwachung und des Inkassos auf den jeweiligen Falschparker im Einzelfall abzuwälzen.

Nach Auffassung des Gerichtes ist dies nicht, oder nur in beschränktem Umfang, möglich. Es ist lediglich im Bereich der Schadensabwicklung anerkannt, dass der Geschädigte Dritte mit der Schadensabwicklung beauftragen darf und dass die ihm dadurch entstehenden Kosten ersatzfähig sind. Der Geschädigte kann eigens Personal zur Schadensabwicklung anstellen (MüKo-Oetker, 5. Aufl. § 249 BGB Rn 84). Die Personalkosten sind dann ersatzfähig soweit sie im Einzelfall angefallen sind. Diese Kosten schätzt das Gericht im vorliegenden Fall auf € 20,–.

Bei Vorsorgeaufwendungen oder Aufwendungen zur Abwehr eines Schadens sind nur die Kosten von Maßnahmen erstattungsfähig, die im Hinblick auf eine konkret drohende Schädigung vorgenommen wurden. Die Kosten für die Überwachung der Parkplätze fallen bei der Beklagten aber nicht erst bei einem konkreten Fall der Besitzstörung durch Falschparken an. Nach dem Vortrag der Beklagten zu ihrer Kalkulation in dem Verfahren 15 S 14002/09 vor dem Landgericht München I (vgl. die Feststellungen im Tatbestand des Urteils 06.04.2011) werden sämtliche Kosten wie auch Reisekosten, EDV, Telefon, Gewinn und Unternehmerlohn in den geltend gemachten Betrag pro Vorgang eingerechnet. Die meisten Positionen fallen nicht für den konkreten Fall der Besitzstörung an, sondern sind Kosten, die unabhängig von dem jeweiligen Fall anfallen würden. Die Zedentin, die … hat danach keinen Anspruch auf Ersatz derjenigen Kosten, die dem von ihr beauftragten Unternehmen, der Beklagten, unabhängig von der konkreten Besitzstörung entstanden sind.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es sich um die interne Kalkulation eines auch mit der Beseitigung der Besitzstörung und der Schadensabwicklung beauftragten Unternehmens handelt.

Allerdings vertritt Lorenz (DAR 2011, 647) die Auffassung, der Geschädigte dürfe die gesamte Abwicklung des Schadens einschließlich des Inkassos auf Dritte übertragen; die dadurch entstehenden Kosten stellten einen adäquat-kausal verursachten Schaden des Grundstückbesitzers dar. Die Tätigkeit des Dritten falle nicht unter die eigene Mühewaltung des Geschädigten. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Schadensminderungsobliegenheit dürften die Kosten des Unternehmens nicht mit den Kosten eines reinen Abschleppunternehmens, sondern nur mit den Kosten eines Unternehmens mit vergleichbarem Leistungsumfang, Übernahme der gesamten Schadensabwicklung einschließlich des Risikos des Forderungsausfalls, verglichen werden. Insbesondere stellten die Kosten nicht verdeckte Überwachungskosten des Grundstücksbesitzers dar, sondern beruhten auf einer betriebswirtschaftlichen Berechnung des Unternehmers, die auch dessen Gewinn enthalte (Lorenz aaO).

Diese Ansicht wird der in diesem Fall vorliegenden Fallgestaltung nicht gerecht. Der Grundstücksbesitzer beauftragt hier ein Unternehmen mit der Durchführung auch von Leistungen, deren Kosten nicht erstattungsfähig sind. Diese Leistungen werden von dem Grundstücksbesitzer nicht gesondert gezahlt. Die von dem Grundstücksbesitzer zu erbringende Gegenleistung besteht in der Abtretung der Schadensersatzansprüche gegen den jeweiligen Schädiger. Die gesamten von dem beauftragten Unternehmen zu erbringenden Leistungen werden durch diese Abtretung bezahlt. Es ist verkürzt, hier von einer betriebswirtschaftlichen Berechnung des Unternehmers zu sprechen. Es handelt sich nämlich gerade nicht um eine interne Kalkulation eines Dritten, der mit der Schadensabwicklung beauftrag wurde. Der Auftrag, die vertragliche Grundlage zwischen der Geschädigten und dem Dritten, umfasst eben auch von vornherein zu einem überwiegenden Anteil nicht ersatzfähige Leistungen. Und der Grundstücksbesitzer und das beauftragte Unternehmen vereinbaren einvernehmlich, dass aufgrund des Abtretungsmodells diese Kosten von den künftigen Schädigern zu tragen sind. Kernpunkt des hier vorliegenden Geschäftsmodells in juristischer Hinsicht ist also eine Umgehung schadensrechtlicher Grundsätze mit dem Vorteil des Grundstücksbesitzers, dass er für Überwachungsmaßnahmen, Mühewaltung und Inkasso nichts zu zahlen braucht, und dem Vorteil des beauftragten Unternehmens, dass es diese Leistungen für den Vertragspartner kostenfrei – auf Kosten der potentiellen Schädiger – anbieten kann.

Übertragen auf die schon judizierten Kaufhausdiebstahlfälle würde sich dieses Geschäftsmodell so darstellen, dass die Kaufhausdetektive mit der Überwachung der Ladenräume beauftragt werden und als Gegenleistung ihnen lediglich die Schadensersatzansprüche des Kaufhauses gegen die Ladendiebe abgetreten würden. Zu der sogenannten Fangprämie kämen die abgetretenen Ansprüche. In diese mit dem Kaufhaus vereinbarten Entgelte müsste der Ladendetektiv als „Gewinn“ auch das Entgelt für die Überwachung mit einrechnen. Dies würde zu deutlich erhöhten „Fangprämien“ führen. Nach Auffassung des Gerichtes ist das mit der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen (vgl. MüKo-Oetker, 5. Aufl. § 249 BGB Rn 196).

Nach dem zwischen der Beklagten und der … geschlossenen Rahmenvertrag erbringt die Beklagte zu überwiegendem Anteil Leistungen, deren Kosten nicht ersatzfähig sind. Dies betrifft nicht nur die sogenannten Vorhalte- und Vorsorgekosten, die unter anderem für die Überwachung des Grundstücks anfallen. Anders als die Kosten der Schadensbeseitigung und – konkreten – Schadensverhütung sind auch die Aufwendungen zur Bearbeitung und außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruches des Geschädigten in der Regel nicht ersatzfähig (BGH NJW 2009, 2530 Tz 21 zit. nach juris). Die Auffassung von Lorenz (aaO), der Geschädigte dürfe die gesamte Abwicklung des Schadens einschließlich des Inkassos auf Dritte übertragen, findet in der Rechtsprechung des BGH damit keine Stütze. Der BGH hat in dem entschiedenen Fall lediglich den Anspruch auf Ersatz von Inkassogebühren verneint. Dies ist aber auf weitere Leistungen der Beklagten in diesem Fall zu übertragen. Dies gilt insbesondere für die von Lorenz genannte Übernahme des Risikos des Forderungsausfalles durch das beauftragte Unternehmen. Der Zusammenhang der konkreten Besitzstörung mit dem Risiko des Geschädigten, von einem anderen Störer die überwiegend aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung entstandenen Kosten nicht zu erhalten, ist nicht erkennbar. Hier wird im Grunde schon der Bereich der Schadensabwicklung verlassen.

Nicht ersatzfähig sind aber auch die Aufwendungen für die Durchsetzung der Forderung des Geschädigten. In der Literatur wird für die Bestimmung des Umfangs der Ersatzfähigkeit solcher Aufwendungen auf die Kosten abgestellt, die die Beauftragung eines Rechtsanwaltes verursachen würde (MüKo-Oetker, 5. Aufl. § 249 BGB Rn 84 und RN 175). Die Anwaltskosten sind aber nur ersatzfähig, wenn der Geschädigte die Beauftragung eines Anwaltes für erforderlich halten durfte. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht anerkennt und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen (MüKo-Oetker aaO). Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Beklagten war aber noch nicht bekannt, ob bei künftigen Besitzstörungen die Beauftragung eines Anwaltes in diesem Sinne erforderlich werden würde. Diese Kosten entstehen also unabhängig von der Erforderlichkeit.

Ersatzfähig sind demnach nur die durch das konkrete schädigende Ereignis, also die Besitzentziehung durch Falschparken, entstandenen Kosten. Das sind neben den Kosten für das Abschleppunternehmen, das von der Beklagten beauftragt wird, allenfalls die Kosten für den Zeitaufwand der Veranlassung des Abschleppens und der Entgegennahme der Zahlung des Schädigers (gegen die Ersatzfähigkeit auch dieser Kosten vgl. die Urteile: AG München, 422 C 26353/08 und LG München I, 31 S 3648/09).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilen des LG Berlin vom 15.07.2010, 9 O 150/10, und des Kammergerichtes vom 07.01.2011, 13 U 31/10, bei denen auch die Beklagte Partei war. Das Kammergericht vertritt die Auffassung, der Geschädigte dürfe Leistungen, die über die bloße Schadensbeseitigung hinaus gehen, in Anspruch nehmen, wenn dies aufgrund der Interessenlage gerechtfertigt sei. Es stelle eine angemessene betriebswirtschaftliche Erwägung dar, verschiedene Aufgaben zur Abwehr der missbräuchlichen Nutzung von Parkplätzen zu bündeln und Dritte damit zu beauftragen, da der Grundstücksbesitzer berechtigt sei, sich wirksam präventiv zu wehren. Die Maßnahmen dürften allerdings die typischerweise bei einem Privaten anfallende Mühewaltung nicht überschreiten. Die sich aus dem Rahmenvertrag ergebenden Leistungen der Beklagten seien von dem konkreten Ereignis veranlasst und seien angemessen. Die Ersatzfähigkeit von Personalkosten, die aufgrund des konkreten schädigenden Ereignisses anfallen, ist anerkannt (vgl. MüKo-Oetker, 5. Aufl. § 249 BGB Rn 84). Das Gericht hält deswegen einen Teil der Kosten der Beklagten, die über die Kosten des Abschleppunternehmens hinausgehen, auch für ersatzfähig. Das Kammergericht berücksichtigt bei der Schätzung der Angemessenheit der Kosten jedoch nicht die Besonderheiten der vertraglichen Gestaltung, wonach in der pro Fall der festgestellten Besitzstörung entstehenden Gebühr nach dem Willen der Vertragsparteien des Rahmenvertrages auch die Kosten der Überwachung mit enthalten sind. Auch ansonsten ist die Schätzung des Kammergerichtes nicht nachzuvollziehen. Die in dem Urteil aufgelisteten Aufgaben der Beklagten stellen jeweils einen Aufwand von wenigen Minuten dar und erfordern darüber hinaus wenige Telefonate. Dass dafür ein Betrag, der das 1,5-fache des Abschleppens durch ein weiteres Unternehmen beträgt, angemessen sein soll, hält das Gericht nicht für nachvollziehbar.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf die §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

Die Zulassung der Berufung erfolgte gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes erfordert. Das Landgericht München I hat die Ersatzfähigkeit in den Entscheidungen zu 31 S 3648/09 und zu 15 S 14002/09 unterschiedlich beurteilt.

 

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