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Annäherungs- und Kontaktverbot gegen einen Wohnungsnachbarn aufgrund einer Bedrohung

Annäherungs- und Kontaktverbot: Nachbarstreit eskaliert wegen Cannabis-Geruchsbelästigung

In einem Fall, der für alle Wohnungsinhaber relevante Fragen aufwirft, hat das AG Frankfurt einen Beschluss erlassen, der ein Annäherungs- und Kontaktverbot zwischen zwei Nachbarn verhängt. Es handelt sich um eine Auseinandersetzung, in der das Thema Belästigung durch Cannabisrauch und daraus resultierende Bedrohungen im Mittelpunkt steht. Die beiden Kontrahenten, die in Wohnungen mit angrenzenden Balkonen wohnen, haben sich in einer eskalierenden Situation wiedergefunden, in der ein friedliches Zusammenleben kaum noch möglich war.

Direkt zum Urteil Az: 456 F 5146/21 EAGS springen.

Verstoß gegen das friedliche Zusammenleben

Im Herzen der Konfliktlage stand der fortwährende Geruch von Cannabis, den der Antragsteller von seinem Nachbarn, dem Antragsgegner, behauptete. Der Antragsteller war der Meinung, dass der Geruch von Cannabis von der Wohnung des Antragsgegners ausging und sowohl auf den Balkon als auch in seine Wohnung zog. Dies führte zu wiederholten Gesprächen zwischen den beiden Parteien, wobei der Antragsgegner zunächst Verständnis zeigte und versprach, den Konsum von Cannabis in seiner Wohnung zu unterlassen.

Eskalation trotz vereinbarter Regelungen

Trotz einer vorübergehenden Beruhigung der Situation im Winter führte die erneute Geruchsbelästigung im April 2021 zu weiteren Auseinandersetzungen. In der Folge wurde ein Annäherungs- und Kontaktverbot erlassen, das dem Antragsgegner verbot, sich dem Antragsteller auf weniger als fünf Meter zu nähern. Sollte dies dennoch passieren, war der Antragsgegner verpflichtet, sofort den entsprechenden räumlichen Abstand wiederherzustellen.

Gerichtliche Konsequenzen und Beschluss

Der gerichtliche Beschluss legte auch fest, dass der Antragsgegner keine Kontakte zum Antragsteller aufnehmen durfte, selbst über Fernkommunikationsmittel. Bei Verstößen gegen die gerichtlichen Anordnungen drohten erhebliche Sanktionen in Form von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. Es ist anzumerken, dass die Anordnungen zeitlich begrenzt waren und der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens tragen musste.

Einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz

In diesem Kontext wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) besonders relevant. Dieses Gesetz soll Personen vor Gewalt und Belästigung schützen, und der Antragsteller machte davon Gebrauch, um sich gegen die von ihm wahrgenommene Bedrohung durch den Antragsgegner zu wehren.


Das vorliegende Urteil

AG Frankfurt – Az.: 456 F 5146/21 EAGS – Beschluss vom 30.08.2021

Dem Antragsgegner wird untersagt, sich dem Antragsteller bis auf eine Entfernung von fünf Metern zu nähern. Sollte eine Annäherung innerhalb dieser Distanz zufällig erfolgen, so hat der Antragsgegner von sich aus den entsprechenden räumlichen Abstand unverzüglich wiederherzustellen. Hiervon ausgenommen sind Annäherungen zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner bei dem Aufenthalt des Antragstellers in seiner Wohnung in der … Frankfurt am Main inklusive dem zur Wohnung gehörenden Balkon und dem Aufenthalt des Antragsgegners in seiner Wohnung in der … Frankfurt am Main inklusive dem zur Wohnung gehörenden Balkon.

Dem Antragsgegner wird untersagt, Verbindungen zu dem Antragsteller – auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln – aufzunehmen.

Es wird angedroht, dass gegen den Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die obigen gerichtlichen Anordnungen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann für je 100 Euro ein Tag Ordnungshaft oder sogleich Ordnungshaft festgesetzt werden kann.

Die obigen Anordnungen gelten längstens bis zum 29.02.2022.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Verfahrenswert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

D

Annäherungs- und Kontaktverbot gegen einen Wohnungsnachbarn aufgrund einer Bedrohung
(Symbolfoto: BearFotos/Shutterstock.com)

er Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) gegen den Antragsgegner.

Die Beteiligten sind Nachbarn. Die zu den Wohnungen der Beteiligten gehörenden Balkone grenzen unmittelbar aneinander und sind nur durch eine Sichtschutzwand voneinander getrennt.

In der Vergangenheit fühlte sich der Antragsteller vermehrt durch den ständigen Geruch von Cannabisrauch belästigt, welcher auf den Balkon und bei geöffneten Fenstern in seine Wohnung zog. Der Antragsteller vermutete, dass der Antragsgegner für den Cannabisrauch verantwortlich war.

Der Antragsteller behauptet, er habe bereits im Herbst 2020 mit dem Antragsgegner wegen des Geruchs gesprochen. Der Antragsgegner habe sich einsichtig gezeigt und erklärt, kein Cannabis mehr in seiner Wohnung rauchen zu wollen. Im Winter sei es tatsächlich kaum noch zu Geruchsbelästigungen gekommen. Im April 2021 habe der Antragsteller den Antragsgegner jedoch erneut auf den wieder vermehrten Cannabisgeruch angesprochen. Der Antragsteller und der Antragsgegner hätten vereinbart, dass der Antragsgegner nicht mehr in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 22:00 Uhr in seiner Wohnung bzw. auf seinem Balkon Cannabis rauche. Auch hieran habe sich der Antragsgegner jedoch nicht gehalten, vielmehr sei zusätzlich zu dem Cannabisgeruch noch der Geruch von Deodorant und Parfüm gekommen, mit welchem der Antragsgegner versucht habe, den Cannabisgeruch zu übertünchen.

Der Antragsteller behauptet weiter, am 25.06.2021 habe er gegen 19:20 Uhr während des Kochens die Balkontür und das Fenster geöffnet. Da er wieder einmal Cannabisgeruch wahrgenommen habe, sei er auf den Balkon getreten, um erneut mit dem Antragsgegner das Gespräch zu suchen. Der Antragsgegner sei jedoch uneinsichtig gewesen, aggressiv aufgetreten und habe erklärt, dass auch jeder andere für den Cannabisgeruch verantwortlich sein könne. Der Antragsteller habe geantwortet, dass er nun das Gespräch mit dem Vermieter suchen werde, um die Sache zu klären. Hierauf habe der Antragsgegner erklärt: „Wenn du mir drohst, regeln wir das anders. Komm rüber, dann zeige ich dir, was passiert, wenn du was unternimmst.“ Der Antragsteller habe geantwortet, dass er bei einer erneuten Drohung die Polizei rufen werde. Hierauf habe der Antragsgegner erklärt: „Weißt du, was ich dann mache? Dann rufe ich fünf Jungs an, wir warten unten auf dich und machen dich dann weg!“

Sodann verständigte der Antragsteller die Polizei. Gegen 19:35 Uhr trafen Beamte des 14. Polizeireviers in der Wohnung des Antragstellers ein, welche ebenfalls starken Cannabisgeruch wahrnehmen konnten. Bei der mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 25.06.2021 (Rufbereitschaft Nummer …) angeordneten und um 20:30 Uhr begonnen Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners konnten eine Feinwaage, sog. „Longpapers“ und diverse Plastiktütchen mit aufgedruckter Cannabispflanze aufgefunden werden. Cannabis wurde nicht aufgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Durchsuchungsbericht der PK’in A vom 25.06.2021 Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, den Antragsteller anzusprechen oder durch Dritte ansprechen zu lassen oder Verbindungen zum Antragsteller, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen; dem Antragsgegner zu untersagen, ein Zusammentreffen mit dem Antragsteller herbeizuführen. Sollte es zu einem Zusammentreffen kommen, habt der Antragsgegner dem Antragsteller aus dem Weg zu gehen und sofort einen Abstand von fünf Metern herzustellen; dem Antragsgegner zu untersagen, den Antragsteller im Innenhof der Wohnhäuser auf dem Gelände … / … abzupassen, ihm aufzulauern oder ihm nachzulaufen; dem Antragsgegner zu untersagen, dem Antragsteller mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit zu drohen;

das Leben, den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit des Antragstellers zu verletzen.

Der Antragsgegner wendet sich gegen den Erlass einer Anordnung nach dem GewSchG.

Der Antragsgegner behauptet, er konsumiere kein Cannabis, dies könne er aufgrund einer psychischen Erkrankung überhaupt nicht. An den Vorfall vom 25.06.2021 könne er sich gar nicht erinnern.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B im Anhörungs- und Erörterungstermin am 11.08.2021. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn eine Person widerrechtlich und vorsätzlich das Leben, den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person verletzt oder mit entsprechenden Verletzungen gedroht hat. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang die substantiierte Darlegung der behaupteten Verletzungshandlung bzw. einer aktuellen, ernsthaften Bedrohung eines der genannten Rechtsgüter von darüber hinaus einigem Gewicht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Antragsgegner zu dem Antragsteller sagte, dass er (der Antragsgegner) fünf Jungs rufen werde, die den Antragsteller „wegmachen“. Der diesbezügliche – durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemachte – Vortrag des Antragstellers wird bestätigt durch die Angaben der Zeugin B. Die Zeugin B, die Verlobte des Antragstellers, war nach ihren glaubhaften und überzeugenden Angaben am 25.06.2021 gegen 19:20 Uhr gemeinsam mit dem Antragsteller in deren gemeinsamer Wohnung, als beide Cannabisgeruch wahrnahmen. Der Antragsteller sei auf den Balkon gegangen, um das Gespräch mit dem Antragsgegner zu suchen, welcher jedoch erklärte, er könne nichts für den Geruch und wisse auch nicht, woher der Geruch komme. Nachdem der Antragsteller gesagt habe, dass man alles Weitere dann wohl über den Vermieter klären müsse, habe der Antragsgegner gesagt: „Dann komm rüber und wir klären das wie Männer.“ Als der Antragsteller hierauf erwidert habe, dass er die Polizei rufen werde, habe der Antragsgegner gesagt: „Wenn du das machst, dann hole ich fünf Jungs, die machen dich weg.“

In der Erklärung des Antragsgegners, fünf Jungs zu rufen, die den Antragsteller „wegmachen“, ist eine Drohung der Verletzung des Körpers und der Gesundheit des Antragstellers im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GewSchG zu sehen. Unter einer Drohung im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GewSchG ist das Inaussichtstellen einer künftigen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit zu verstehen. Dabei kann auf die diesbezügliche Rechtsprechung zu §§ 240, 241 StGB zurückgegriffen werden. Die Drohung muss demnach einen ernsten Hintergrund haben. Ob es sich um eine ernsthafte Drohung handelt, bestimmt sich aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsmenschen in der Situation des Bedrohten. Dies ist nicht der Fall, wenn verlangt werden kann, dass man in besonnener Selbstbehauptung standhält (vgl. Schulte-Bunert, in: BeckOGK Stand: 15.06.2021, § 1 GewSchG Rn. 27 m.w.N.).

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Hiernach geht das Gericht von einer ernstlich gemeinten Drohung aus. In der Äußerung des Antragsgegners, den Antragsteller mit Hilfe von fünf Jungs „wegmachen“ zu wollen, liegt das Inaussichtstellen einer erheblichen Verletzung des Körpers und der Gesundheit. Grundsätzlich wird durch die Verwendung des Wortes „wegmachen“ die Eliminierung einer anderen Person in Aussicht gestellt, was gleichbedeutend mit einem Tötungsversuch ist. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Androhung der Zuhilfenahme von fünf Jungs, sodass sich der Bedrohte insgesamt sechs Personen erwehren müsste. Hierdurch wird der Eindruck vermittelt, dass der Bedrohte dieser Übermacht nicht entkommen könnte. Aus Sicht eines objektiven Durchschnittsmenschen in der Position des Antragstellers musste die Äußerung auch nicht als bloßes Aufspielen im Rahmen eines Nachbarschaftsstreits aufgenommen werden. Von dem Antragsteller konnte nicht erwartet werden, der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standzuhalten. Denn es handelte sich bei der von dem Antragsgegner getätigten Äußerung nicht etwa um eine bloße situationsbedingte Verwünschung als letzte verzweifelte Unmutsbekundung im Zustand höchster Erregung (vgl. zur situationsbedingten Verwünschung: OLG Bremen, Beschluss vom 25.02.2010 – 4 UF 9/10). Aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls war aus Sicht eines objektiven Durchschnittsmenschen in der Position des Antragstellers nach der Äußerung des Antragsgegners damit zu rechnen, dass der Antragsgegner ihm gemeinsam mit anderen Männern auflauern und ihn verprügeln würde. Hierfür spricht nicht nur das aggressive Auftreten des Antragsgegners in der Situation auf dem Balkon. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Antragsgegner zur Überzeugung des Gerichts sogar eine halbe Stunde später, nachdem die Polizeibeamten bereits eingetroffen waren, noch immer so erregt war, dass er zu dem Antragsteller sagte: „Willst du noch einmal frei sein?“, wie die Zeugin B glaubhaft und überzeugend bekundete. Die Äußerung war für den Antragsteller insofern als Verdeutlichung der vorangegangenen Drohung zu verstehen, als der Antragsgegner signalisierte, erheblichen Druck auf ihn ausüben zu wollen. Später am Abend klingelte zudem der Bruder des Antragsgegners Sturm und erklärte gegenüber der Zeugin B sinngemäß, dass der Antragsteller, nun, nachdem er sich mit dem Antragsgegner angelegt habe, aufpassen müsse.

Der Anordnung nach dem GewSchG steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Äußerung berauscht gewesen sein könnte. Zum einen können gemäß § 1 Abs. 3 GewSchG im Interesse des Opferschutzes grundsätzlich auch Anordnungen ergehen, wenn eine Person die entsprechende Tat zwar vorsätzlich begangen hat, aber wegen vorübergehender Unzurechnungsfähigkeit, die auf dem übermäßigen Konsum von Alkohol oder anderer berauschender Mittel beruht, deliktsrechtlich nur eingeschränkt verantwortlich ist (vgl. Brudermüller, in: Palandt GewSchG 2020, § 1 Rn. 15). Zum anderen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Antragsgegner weder in dem Maße berauscht war, dass er eingeschränkt verantwortlich war, noch aufgrund einer psychischen Erkrankung deliktsunfähig war. Anhaltspunkte hierfür sind nicht gegeben. Soweit der Antragsgegner behauptet, er könne sich wegen seiner psychischen Erkrankung in Form einer Psychose nicht an den Vorfall am 25.06.2021 erinnern und sich auch generell teilweise nicht daran erinnern, was er rede, ist dies nicht glaubhaft. Denn der Antragsgegner fiel im Termin am 11.08.2021 durchweg durch Abstreiten, Bagatellisierungen und Leugnungen auf. So erklärte er beispielsweise, die in seiner Wohnung gefundenen „Longpapers“ seien zum Zigarettendrehen und die Feinwaage besitze er, damit er Tee abwiegen könne, den er im Wasserkocher zubereite; kiffen könne er gar nicht wegen seiner Erkrankung. Jedoch konnten die Polizeibeamten beim Betreten der Wohnung des Antragsgegners, in welcher er sich alleine aufhielt, eine Rauchwolke sowie starken Cannabisgeruch wahrnehmen, wie sich aus dem Durchsuchungsbericht der PK’in A vom 25.06.2021 ergibt. Auch gab der Antragsgegner laut dem Bericht im Zuge der Durchsuchungen gegenüber den Polizeibeamten zu, hin und wieder Cannabis zu konsumieren.

Infolge einer Bedrohung eines der in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GewSchG geschützten Rechtsgüter wird vermutet, dass weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, und grundsätzlich von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen (Schulte-Bunert, in: BeckOGK Stand: 15.06.2021, § 1 GewSchG Rn. 29).

Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Nach § 1 Abs. 1 S. 3 GewSchG kann das Gericht insbesondere die dort aufgeführten Unterlassungsanordnungen treffen. Insofern steht es im Ermessen des Gerichts, einzelne Maßnahmen anzuordnen oder mehrere, wobei keine Beschränkung auf die beantragten Maßnahmen besteht (vgl. Schulte-Bunert, in: BeckOGK Stand: 15.06.2021, § 1 GewSchG Rn. 52). Nach dem Dafürhalten des Gerichts sind die aus dem Tenor ersichtlichen Maßnahmen erforderlich, aber auch ausreichend, um weitere Drohungen zu verhindern. Insbesondere war die Wohnung des Antragsgegners nebst dem dazugehörigen Balkon von den angeordneten Maßnahmen auszunehmen. Dem Antragsgegner grundsätzlich die Nutzung von Wohnung und Balkon zu untersagen, wenn hierdurch der Abstand von fünf Metern unterschritten würde, erscheint dem Gericht unverhältnismäßig.

Die getroffenen Maßnahmen waren gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG zu befristen.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf §§ 53 Abs. 2, 216 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 51 Abs. 4 FamFG.

Die Entscheidung über den Verfahrenswert erfolgt aus §§ 41, 49 Abs. 1 S. 1 FamGKG.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

1. Gewaltschutzgesetz (GewSchG): Das Gewaltschutzgesetz dient dem Schutz vor häuslicher Gewalt und Stalking und wird in diesem Urteil aufgrund der Drohungen des Antragsgegners gegen den Antragsteller angewandt. Der Antragsteller strebt eine einstweilige Anordnung nach dem GewSchG an, um den Antragsgegner davon abzuhalten, sich ihm zu nähern oder Kontakt zu ihm aufzunehmen. Hier sind speziell § 1 GewSchG (Gewaltverbot) und § 2 GewSchG (Kontaktverbot, Verbot des Näherkommens, Wegweisung) relevant.

2. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Nachbarrecht und Mietrecht: Der Sachverhalt beinhaltet Aspekte des Nachbarrechts und des Mietrechts, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt sind. Insbesondere § 906 BGB (Zuführung unwägbaren Immissionen) könnte relevant sein, da der Antragsteller sich durch den Cannabisgeruch, der von der Wohnung des Antragsgegners ausgeht, gestört fühlt. Darüber hinaus könnten auch Regelungen zum Mietrecht (§§ 535 ff. BGB) relevant sein, insbesondere wenn es um mögliche vertragliche Verstöße oder die Inanspruchnahme des Vermieters geht.

3. Strafgesetzbuch (StGB) – Bedrohung und Drogenbesitz: Der Antragsgegner hat den Antragsteller bedroht, was gemäß § 241 StGB (Bedrohung) strafbar sein könnte. Zudem wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung beim Antragsgegner Utensilien gefunden, die auf den Besitz von Cannabis hindeuten könnten. Der tatsächliche Besitz von Cannabis könnte eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) darstellen.

4. Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und Gerichtskostengesetz (GKG): Das Urteil droht dem Antragsgegner für jede Zuwiderhandlung gegen die gerichtlichen Anordnungen ein Ordnungsgeld an. Hierfür ist das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) relevant, speziell § 132 OWiG (Ordnungsgeld). Des Weiteren legt das Urteil fest, dass der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, was sich aus dem Gerichtskostengesetz (GKG) ergibt.

FAQ: Häufig gestellte Fragen

1. Was ist eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG)?

Eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ist eine gerichtliche Entscheidung, die zum Schutz vor häuslicher Gewalt und Stalking erlassen wird. Sie kann beispielsweise eine Person dazu verpflichten, sich von einer anderen Person fernzuhalten oder keinen Kontakt aufzunehmen. Diese Anordnung kann schnell und ohne mündliche Verhandlung erlassen werden und hat vorläufigen Charakter.

2. Wie wird der Geruch von Cannabis in Bezug auf das Nachbarrecht behandelt?

Gemäß § 906 BGB kann der Geruch von Cannabis, der von einer Wohnung in eine andere dringt, als störende Immission angesehen werden. Wenn der Geruch als erhebliche Belästigung eingestuft wird, kann der betroffene Nachbar rechtliche Schritte einleiten. Dabei ist es wichtig, die Belästigung nachzuweisen und nach Möglichkeit zu dokumentieren.

3. Was kann ich tun, wenn ich von meinem Nachbarn bedroht werde?

Bei Bedrohungen sollte man in erster Linie die Polizei informieren. Zudem besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach dem GewSchG zu beantragen, um den Nachbarn davon abzuhalten, sich einem zu nähern oder Kontakt aufzunehmen. Weiterhin kann man zivilrechtliche Schritte einleiten, um Schadenersatz und/oder Schmerzensgeld zu verlangen.

4. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstoß gegen eine gerichtliche Anordnung?

Bei Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Anordnung kann ein Ordnungsgeld nach § 132 OWiG verhängt werden. Ist das Ordnungsgeld nicht beizutreiben, kann alternativ Ordnungshaft angeordnet werden. Die Höhe des Ordnungsgelds und die Dauer der Ordnungshaft hängen vom Einzelfall ab.

5. Was passiert, wenn in meiner Wohnung Utensilien gefunden werden, die auf den Besitz von Cannabis hindeuten?

Wenn in Ihrer Wohnung Utensilien gefunden werden, die auf den Besitz von Cannabis hindeuten, kann dies als Beweismittel in einem möglichen strafrechtlichen Verfahren dienen. Allerdings stellt der bloße Besitz von solchen Utensilien noch keinen Nachweis für den Besitz von Cannabis dar. Es bedarf weiterer Beweise, beispielsweise dem Auffinden von Cannabis selbst, um eine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) nachzuweisen.

6. Wer trägt die Kosten eines Verfahrens nach dem GewSchG?

In der Regel trägt der Antragsgegner, also die Person, gegen die die einstweilige Anordnung erlassen wurde, die Kosten des Verfahrens. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers, also im Wesentlichen die Anwaltskosten.

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