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Baden (nächtliches) – Kann in Mietwohnung verboten werden? Nein!

LANDGERICHT KÖLN

Az.: l S 304/96

Verkündet am 17.04.1997


In dem Rechtsstreit hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 1997 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.08.1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln – 209 C 74/96 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. l ZPO abgesehen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Berufung der Beklagten gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil des Amtsgerichts Köln ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und in vollem Umfang erfolgreich. Der Klägerin steht kein Herausgabeanspruch gemäß §§ 556, 985 BGB zu, da das Mietverhältnis zwischen den XX fortbesteht. Namentlich war die fristlose Kündigung vom 26.01.1996 seitens der Klägerin nicht geeignet, das Mietverhältnis zu beendigen. Die Kündigung ist damit begründet worden, daß die Beklagte in zahlreichen Nächten nach 24.00 Uhr durch Baden und die damit verbundenen Wassergeräusche Mitbewohner gestört haben soll. Damit habe sie ständig und hartnäckig gegen mietvertragliche Pflichten und insbesondere gegen die Hausordnung verstoßen, die über § 22 des Mietvertrages in die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einbezogen sei. Diese Kündigungserklärung ist auch trotz vorausgegangener Abmahnung nicht geeignet, das Mietverhältnis nach § 553 BGB zu beendigen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 554 a BGB. Der Vermieter kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter oder derjenige, welchem der Mieter den Gebrauch der gemieteten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet, § 553 BGB. Nach § 554 a BGB kann ein Mietverhältnis über Räume ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Auf die Störung insbesondere des Hausfriedens hatte die Klägerin verwiesen.

Eine Klausel indessen, die nach der Hausordnung ein nächtliches Baden verbietet, hält einer Nachprüfung anhand von § 9 AGBG nicht stand. Eine derartige Klausel beinhaltet eine unangemessene Benachteiligung zu Lasten des Mieters; eine derartige Klausel ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des .Mietvertrages ergeben, werden so eingeschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Denn der Mietgebrauch erstreckt sich auf alle Teile der Wohnung. Der Mieter kann ein vorhandenes Bad grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit benutzen. Bestimmte Badezeiten lassen sich aus dem Mietgebrauch selbst nicht ableiten; entsprechende Formularklauseln sind unzulässig (vgl. Sternel II, Rdz. 151). Das. Geräusch ein- und ablaufenden Wassers zählt zu den normalen Wohngeräuschen, die von allen Mitbewohnern hingenommen werden müssen.

Die Kammer braucht nicht die Frage zu entscheiden, ob die Beschränkungen hinzunehmen sind, die das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Beschluß vom 25.01.1991 (WM 1991, 288) aufgestellt hat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat ausgeführt, daß Geräusche durch nächtliches Baden oder Duschen in einem Mehrfamilienhaus grundsätzlich als sozial-adäquat hingenommen werden müssen, wenn die Dauer von 30 Minuten nicht überschritten wird. Der Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist indessen in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zustande gekommen und orientiert sich an § 9 Abs. l des Landesimmissionsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Im zu entscheidenden Fall ist jedoch wesentliches Kriterium der durch den Vertrag umrissene Mietgebrauch durch den Mieter. Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, daß das Besitzrecht an einer gemieteten Wohnung Eigentum im Sinne der Freiheitsgewährleistung des Art. 14 Abs. l Satz l GG darstellt. Nach Art. 14 GG wird der Vertragstreue Mieter gegen einen Verlust seiner Wohnung geschützt, der nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters begründet ist. Die Wohnung als der räumliche Mittelpunkt freier Entfaltung seiner Persönlichkeit, als Freiraum eigenverantwortlicher Betätigung darf dem Vertragstreuen Mieter nicht ohne beachtliche Gründe durch Kündigung entzogen werden (vgl. BVerfG WM 1993, 377; WM 1994, 119, 121). Diese Verankerung des Besitzrechtes des Mieters in Art. 14 des Grundgesetzes erklärt sich zwanglos daraus, daß das Wohnen alles umfaßt, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existentiellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört, also die gesamte Lebensführung des Mieters in allen ihren Ausgestaltungen und mit allen ihren Bedürfnissen (vgl. BayObLG NJW 1981, 1275; Sternel aktuell, Rdz. 167, Seite 229). Bei deren Verwirklichung kann sich der Mieter auch solcher Einrichtungen der Technik bedienen, die als wirtschaftliche Hilfsmittel aus dem gesamten Leben nicht mehr hinwegzudenken sind. Zwar geht es im zu entscheidenden Fall nicht wie im Falle des BayObLG vom 19.01.1981 (a.a.O.) um die Frage des technischen Fortschritts; vielmehr geht es im zu entscheidenden Fall um die Frage,, welche Gewohnheiten der Mieter im Rahmen seines Mietgebrauches konkretisieren kann. Waschen, auch nächtliches Duschen bzw. Baden gehört zu einem hygienischen Mindeststandard, der ohne weiteres normaler Lebensführung eines Mieters zugeordnet werden kann.

Sollte durch die Hausordnung eine derartige Betätigung des Mieters, sei es auch für die Nachtzeit, unterbunden werden, so ist dies mit den Grundgedanken ‚des Mietrechts nicht in Einklang zu bringen, wird doch der Mietgebrauch des Mieters nachhaltig beeinträchtigt, sollte er durch Vertragsklauseln oder Hausordnung an dem Einhalten von hygienischen Mindeststandards gehindert werden.

Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, die Wassergeräusche würden zu einer Beeinträchtigung der Mitmieter führen, so stellen sich diese eventuellen Beeinträchtigungen der Mitmieter als Folge sozial-adäquaten Verhaltens der Beklagten dar; die Frage, ob dies die Mitmieter im Hause der Klägerin hinzunehmen haben, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dabei mag ein Mangel im Sinne des § 537 Abs. l BGB vorliegen, falls durch das sozial-adäquate Verhalten der Beklagten Beeinträchtigungen der übrigen Mieter im Sinne, der vorbezeichneten Vorschrift entstanden sein könnten. Der Beklagten kann dies jedoch nicht angelastet werden, ist seitens der Klägerin nämlich nicht vorgetragen, daß die Beklagte über die nach § 242 BGB zu ziehenden Grenzen hinausgehend für eine Beeinträchtigung der Mitmieter gesorgt hat, die etwa den vom Oberlandesgericht Düsseldorf gesteckten Rahmen (WM 1991, 288) überschritten hätten. Demgemäß konnte die Kündigung vom 26.01.1996 seitens der Klägerin nicht erfolgreich sein,, so daß das Mietverhältnis zwischen den Parteien fortbesteht. Daher war auf die Berufung der Beklagten hin das angefochtene Urteil abzuändern und die Räumungsklage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 ZPO.

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