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Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit – Unterlassungsanspruch

LG Mönchengladbach – Az.: 12 O 111/18 – Urteil vom 12.09.2018

Die einstweilige Verfügung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 13.08.2018 wird bestätigt.

Der Verfügungsbeklagten werden die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über Ansprüche auf Unterlassung der von der Verfügungsbeklagten angedrohten, zumindest teilweisen Zerstörung einer Verbindungsstraße zwischen dem öffentlichen Verkehrsraum und dem … an der Aachener Straße in Erkelenz.

Die Verfügungsklägerin hat die streitgegenständliche Verbindungsstraße vor wenigen Wochen auf zwei Grundstücken (Flurstücke 548 und 549, Bl. 11428 im Grundbuch Gemarkung Erkelenz, Flur 26) der Verfügungsbeklagten errichtet.

Über das Vermögen der Verfügungsbeklagten wurde mit Beschluss vom Amtsgericht Mönchengladbach vom 01.01.2018 das Insolvenzverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung eröffnet.

Die Verfügungsklägerin verwaltet als … ein erhebliches Vermögen für ihre Mitglieder und investiert ständig in verschiedene Anlageformen. Seit mehreren Jahren erwirbt sie regelmäßig Verbrauchermärkte in der Weise, dass die Grundstücke mit langfristig vermieteten Flächen teilweise schon im Projektierungsstadium erworben werden.

Im Jahr 2016 bot die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin ein entsprechendes Grundstück an der Aachener Straße in Erkelenz an, auf dem ein Baumarkt und Gartencenter für den Betreiber … entstehen sollte.

Auf Wunsch der Verfügungsbeklagten wurde das Geschäft in der Weise geteilt, dass die Verfügungsklägerin zunächst nur das Grundstück mit dem Mietvertrag und einer entsprechenden Baugenehmigung erwarb.

Am 27. September 2016 wurde von dem Notar Dr. … in Frankfurt am Main (Urkundenrolle Nr. S 793/2016) ein entsprechender notarieller Kaufvertrag zwischen den Parteien beurkundet (Anlage A1). Wegen des weiteren Inhalts der Urkunde wird auf Anlage A1, Bl. 15-49 GA, Bezug genommen.

Darüber hinaus schlossen die Parteien einen Generalübernehmervertrag (Anlage A2), in dem sich die Verfügungsbeklagte verpflichtete, den … vollständig betriebsbereit und schlüsselfertig zu einem Pauschalpreis in Höhe von 8 Mio. EUR entsprechend den Regelungen des Mietvertrages zu errichten. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf Anlage A2, Bl. 50-63 GA, Bezug genommen.

Das kaufgegenständliche Grundstück liegt auf dem Gebiet eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (Anlage A3) und macht rund zwei Fünftel seiner Gesamtfläche aus. Die restlichen Grundstücke gehörten und gehören überwiegend der Verfügungsbeklagten.

Vorgesehen war, dass die vorgesehenen Märkte auf der südöstlichen Seite der Grundstücke jeweils den Stellplatzbereich aufweisen sollten, so dass für die Kunden die Möglichkeit bestand, auf einer durchgehenden Verbindung aus dem Bereich des Kreisverkehrs an der Aachener Straße über alle Grundstücke bis zur Stellplatzanlage auf dem OBI-Markt – und auch zurück – zu fahren.

Für das Stadtplanungsamt der Stadt … war diese interne Verbindungsstraße über die benachbarten Grundstücke für eine verkehrsmäßige Erschließung des …-Marktes so wichtig, dass sie die Verfügungsbeklagte zur Eintragung einer Baulast (Anlage A5) verpflichtete, durch die eine entsprechende, durchgehende Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke sichergestellt werden sollte. Am 15.09.2016 wurden entsprechende Baulasten im Baulastenverzeichnis der Stadt Erkelenz unter Beifügung eines Lageplans, der die belastete Fläche als grün schraffierte Fläche darstellt (vgl. Anlage A5, Bl. 66 -70 der GA), eingetragen.

Außerdem wurde auch im Interesse der künftigen Eigentümer der Grundstücke, zu denen die Verfügungsklägerin gehörte, durch eine Grunddienstbarkeit zulasten aller beteiligter Nachbargrundstücke sichergestellt, dass sämtliche Nachbarn ein entsprechendes Wegerecht auf allen beteiligten Grundstücken erhielten.

Die Verfügungsbeklagte ließ die diesbezügliche Regelungen und die Bewilligung der Grunddienstbarkeiten am 13. August 2015, 28. Juli, 20. Oktober und 16. November 2016 notariell beurkunden (Anlagenkonvolut A6, Bl. 72 ff. GA). Darin wird der Verfügungsklägerin das Recht eingeräumt, die in der Anlage grau dargestellte Straße zum Gehen und Befahren mit Fahrzeugen, nicht jedoch zum Abstellen von Fahrzeugen oder zum Lagern von Gegenständen zu nutzen.

Die von der Verfügungsbeklagten bewilligte Grunddienstbarkeit ist auch auf ihren  Grundstücken, den Flurstücken Nr. 549 und 548 (Gemarkung Erkelenz, Flur 26), im Grundbuch zugunsten der Verfügungsklägerin (Gemarkung Erkelenz Flur 72, Flurstücke 227 und 241 sowie Flur 26, Flurstück 543) eingetragen (Anlage A7.1-Grundbuchauszug, Grundbuch von Erkelenz Bl. 11430, Bl. 98 ff. GA sowie A8, Bl. 125 GA).

Die Verfügungsklägerin ist Eigentümerin der Flurstücke 241, 227 und 543, die sie von der Verfügungsbeklagten erworben hat (Anlage A7.2-Grundbuchauszug Bl. 11428, Bl. 115 GA; sowie Anlage A8, Bl. 125 GA).

Die Flurstücke 536 und 537 bilden die so genannte Umfahrungsstraße und stehen im Miteigentum der Verfügungsklägerin und der anderen Nachbarn einschließlich des Eigentümers des Flurstücks 544. Auch diese Straße wurde von der Verfügungsklägerin inzwischen fertiggestellt.

Unter dem 15.08.2016 schloss die Verfügungsbeklagte mit der Stadt … einen Erschließungsvertrag (Anlage A9, Bl. 126 ff.-135 GA), den die Stadt Erkelenz mit Schreiben vom 18.07.2018 kündigte (Anlage B03, Bl. 264f. GA). Wegen des Inhalts des Erschließungsvertrages wird auf Anlage A9, Bl. 126 ff.-135 GA Bezug genommen.

Nachdem die Verfügungsbeklagte die streitgegenständliche Straße nicht selber errichtete, wurde sie mit Schreiben der Verfügungsklägerin vom 9. Februar 2018 (Anlage A12, Bl. 142-145 GA) erfolglos zur Duldung der Herstellung der streitgegenständlichen Zufahrtsstraße durch die Verfügungsklägerin aufgefordert.

Mit Schreiben der Verfügungsklägerin vom 19. Februar 2018 (Anlage A14, Bl 149-150 GA) wurde die Verfügungsbeklagte erneut erfolglos an die Abgabe einer entsprechende Duldungserklärung erinnert.

Nachdem durch die Verfügungsklägerin die Zufahrtsstraße am 27. Juli 2018 hergestellt worden war, teilte die Verfügungsbeklagte mit E-Mail vom 3. August 2018 (Anlage A 17) mit, dass sie die Verlegung der Verbindungsstraße für rechtswidrig halte und eine vertragliche Grundlage nicht erkennen würde und die Verfügungsklägerin gleichzeitig zum Zurückbau der Straße bis zum 10. August 2018 auffordere.

Nach weiterer E-Mail Korrespondenz sowie geführten Telefonaten kündigte die Verfügungsbeklagte mit E-Mail vom 7. August 2018 (Anlage A 21) an, man werde „höchst selbst auf ca. 2 m die Straßenführung aufbrechen lassen“ und „feststellen welche Entwässerungsfragen berücksichtigt worden sind“.

Des Weiteren erklärte sie wörtlich: „Das bedeutet ganz konkret, dass wir spätestens am Mittwoch, den 15.08.2018 aus unseren Eigentumsrechten abgeleitet, die nach unserer Meinung rechtswidrig erstellte Straße in einem Teilbereich von etwa 4m² mit einer Tiefe von ca. 1,80 m unterbrechen werden, um insoweit zu prüfen, ob unsere Rechte und öffentlich-rechtlichen Verpflichtung möglicherweise beeinträchtigt sind.“

In einer E-Mail vom 07.08.2018 machte der Bevollmächtigte der Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten Angaben darüber, welche Arbeiten bereits ausgeführt wurden und welche noch bis zur Eröffnung des Baumarktes ausgeführt werden sollen. Wegen des weiteren Inhalts der E-Mail wird auf Anlage B08, Bl. 274 ff. GA Bezug genommen.

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Außergerichtlich wurde die Verfügungsbeklagte erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung mit dem Inhalt der nunmehr erlassenen einstweiligen Verfügung durch die Verfügungsklägerin aufgefordert.

In dem Mietvertrag mit der OBI-GmbH ist in § 5.1 des Mietvertrages als spätester Übergabetermin für das schlüsselfertige Mietobjekt der 15. Oktober 2018 vereinbart. Der Markt ist dem Mieter am 27. Juli 2018 zur Einrichtung übergeben worden, die endgültige Übergabe wurde für den 30.08.2018 vereinbart. Die Eröffnung des Marktes war für den 3. September 2018 geplant.

Für die Herstellung der streitgegenständlichen Asphaltstraße sind Kosten in Höhe von 21.660 EUR entstanden. Bei der Herstellung der Straße wurde sog. RCL-Material als Lagerbett für die Asphaltdecke der Fahrbahn verwendet. Wegen der physikalisch-technischen Untersuchungsergebnisse des verwendeten RCL-Materials wird auf das Prüfzeugnis Nr. 1807191 vom 22.06.2018 der RWTH Aachen, Anlage A 26, Bl. 297-305 GA, Bezug genommen.

Die monatliche Nettomiete für den OBI-Markt beläuft sich ausweislich § 7 Ziffer 1 des Mietvertrages auf 70.833,33 EUR. Aus § 1 Ziffer 1, vorletzter Absatz, des Mietvertrages (Anlage A 24) resultiert die Verpflichtung, die aus den Plänen zum Mietvertrag ersichtliche Zufahrtstraße als gemeinschaftliche Mietfläche der Mieterin mit zu vermieten sowie den ungestörten Gebrauch dieser Fläche zu verschaffen.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Verfügungsbeklagte sei bereits aufgrund des Grundstückskaufvertrages vom 27.09.2016 zur Erstellung der streitbefangenen Straße verpflichtet gewesen, so dass sie nunmehr auch zur Duldung der bereits errichteten Straße verpflichtet sei.

Vor diesem Hintergrund stehe ihr ein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte nach § 1004 BGB hinsichtlich der für einen konkreten Zeitpunkt angedrohten Beschädigung der streitgegenständlichen Verbindungsstraße sowie hinsichtlich der seitens der Verfügungsbeklagten angedrohten Sperrung und Behinderung der Nutzung.

Die Verfügungsbeklagte habe durch die Herstellung der Verbindungsstraße auf ihrem Grundstück kein Eigentum an dieser erworben, da die Fahrbahn nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sei.

Es handele sich ihrer Ansicht nach vielmehr um eine Anlage auf dem belasteten Grundstück zur Ausübung des Rechts aus der Grunddienstbarkeit, § 1020 S. 2 BGB, die zur Ausübung des Rechts auch notwendig sei.

Der Verfügungsklägerin stünde ein Anspruch auf ungestörte Ausübung ihrer Rechte aus der Grunddienstbarkeit gemäß § 1027 BGB i.V.m. § 1004 BGB zu.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die Verfügungsbeklagte sowohl nach den Regelungen des inzwischen gekündigten Generalübernehmervertrages als auch nach den Bestimmungen des Kaufvertrages sowie den Regelung des Erschließungsvertrages mit der Stadt Erkelenz u.a. auch zur Herstellung dieser Verbindungsstraße verpflichtet gewesen sei. Jedenfalls sei sie verpflichte, die Herstellung der für die Ausübung der Grunddienstbarkeit zwingend notwendigen Anlage zu dulden.

Die Verfügungsklägerin behauptet, in einem unstreitig am 27. Februar 2018 um 13:55 Uhr zwischen dem Bevollmächtigten der Verfügungsklägerin und dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten, Herrn …, geführten Telefonat, habe dieser wörtlich erklärt: „Von uns aus könnt ihr den Weg doch bauen, mir ist das egal.“ Des Weiteren habe er ausdrücklich eingeräumt, dass sich die Verfügungsbeklagte der Tatsache bewusst sei, dass sie die Herstellung der Zufahrtstraße dulden müsse.

Nachdem über das Vermögen der Verfügungsbeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, sei von der Stadt … in einem Treffen am 31. Januar 2018 nochmals deutlich gemacht worden, dass die Zufahrtsstraße über die Nachbargrundstücke aus Sicht der Stadtverwaltung eine essenzielle Erschließungsmaßnahme und Voraussetzung für die Nutzungsfreigabe des …-Marktes sei und der Zugang über die Carl-Benz-Straße alleine nicht ausreiche (Anlage A 26).

Sie ist der Ansicht, dass es auch im höchsten Maße treuwidrig sei, wenn die Verfügungsbeklagte, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Herstellung des …-Marktes einschließlich der streitgegenständlichen Verbindungsstraße wirtschaftlich nicht mehr in der Lage gewesen sei, die von der Verfügungsklägerin ersatzweise hergestellte Anlage beschädigen oder wieder abreißen dürfe, um damit die Eröffnung des …-Marktes zu verhindern und der Verfügungsklägerin erheblichen Schaden zuzufügen.

Die Dringlichkeit für den Erlass der einstweiligen Verfügung ergebe sich aus dem Umstand, dass aus den dargestellten Gründen die Verbindungsstraße zwischen dem öffentlichen Verkehrsraum den Stellplätzen des …-Marktes zur Erschließung des Marktgeländes spätestens benötigt werde, wenn der Markt, wie vereinbart, am 03.09.2018 eröffnet werde und der Kundenverkehr einsetze.

Sollte die Verfügungsbeklagte ihre Ankündigung wahr machen und die Verbindungsstraße unpassierbar machen oder den Zugang behindern, sei spätestens ab der Öffnung des Marktes mit einem Verkehrschaos im Bereich des Gewerbegebietes zu rechnen, wenn nicht der Mieter gar die Übernahme des Mietobjektes wegen des mangelhaften Zugangs ablehne und vom Vertrag zurücktrete.

Unter dem 9. August 2018 hat die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten beantragt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 13. August 2018 daraufhin antragsgemäß eine einstweilige Verfügung mit dem folgenden Inhalt erlassen:

„Der Antragsgegnerin wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt, die zwischen den Flurstücken 543 …-Markt) und 536 (Umfahrungsstraße- jeweils eingetragen im Grundbuch von Erkelenz beim Amtsgericht Erkelenz, Bl. 11428) parallel zu Aachener Straße bestehende Verbindungsstraße auf den Flurstücken 548 und 549 der Antragsgegnerin (Grundbuch von Erkelenz, Bl. 11430) auch nur teilweise aufzugraben, zu beschädigen, zu versperren oder die ungehinderte Nutzung der Verbindungsstraße über die gesamte Fläche von ca. 155 m in anderer Weise zu behindern oder zu beeinträchtigen.

Der Antragsgegnerin wird im Fall der Zuwiderhandlung angedroht:

die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft

oder

die Anordnung unmittelbarer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, bei mehreren oder wiederholten Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren.“

Die einstweilige Verfügung ist der Verfügungsbeklagten am 24. August 2018 zugestellt worden.

Die Verfügungsbeklagte hat mit Schreiben vom 22. August 2018 (Bl. 248 ff. GA), eingegangen bei Gericht am 23. August 2018, Widerspruch eingelegt.

Sie ist der Ansicht, als Eigentümerin der von der Verfügungsklägerin errichteten Straße obliege ihr – was unstreitig ist – die Verkehrssicherungspflicht für den auf ihrem Grundstück verlaufenden Straßenabschnitt.

Der Baubeginn der streitgegenständlichen Straße sei ihr zu keinem Zeitpunkt angezeigt worden. Auch sei ihr nicht bekannt gemacht worden, zu welchen Spezifikation die Straße errichtet werden würde.

Nach Angaben der Verfügungsklägerin seien RCL-Materialien in noch unbekanntem Umfang in der Straße verbaut, was sie schwer belaste, da nicht auszuschließen sei, dass durch den Einbau der Materialien, Verschmutzungen des Grundwassers hervorgerufen werden, dessen Folgen von ihr zu tragen seien.

Um den Schaden gering zu halten, sei es zwingend erforderlich, die genaue Spezifikation der Straße bekannt zu machen und die eingebauten RCL-Materialien chemisch zu beproben, um mögliche Schäden des Bodens der angrenzenden Flächen und des Grundwassers ausschließen zu können. Dies beabsichtige sie, wenn sie erklärt habe, dass sie die Straße öffnen werde, da sie von der Verfügungsklägerin die angeforderten Auskünfte nicht erhalten habe.

Des Weiteren handele es sich bei der hier streitgegenständlichen Straße um eine formell illegale Straße, da für ihre Errichtung eine Baugenehmigung und eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich seien. Sie habe also mit ihrer Androhung, die Straße zu sperren, auch beabsichtigt, den rechtswidrigen Zustand, der sie belaste, zu beseitigen.

Im Übrigen sei ungeklärt, welcher Nutzungsersatz von der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte zu zahlen sei, da eine Unentgeltlichkeit der Nutzung zwischen den Parteien nicht vereinbart worden sei.

Sie beantragt, die einstweilige Verfügung vom 13.08.2018 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.09.2018 hat die Verfügungsklägerin die für die Errichtung der streitgegenständlichen Straße notwendige Baugenehmigung des Bauaufsichts- und Hochbauamt der Stadt Erkelenz vom 04.09.2018 sowie den Erlaubnisbescheid des Amtes für Umwelt und Verkehrsplanung – untere Wasserbehörde – des Kreises Heinsberg vom 03.09.2018 im Original vorgelegt.

Als Anlage A 29 (Bl. 366 GA) hat die Verfügungsklägerin ein Bestätigungsschreiben der Firma … Tief- und Straßenbau GmbH vom 04.09.2018 vorgelegt, indem bestätigt wird, dass das berechnete Material (RCL 0/45) laut der vorliegenden Analyse (aus dem Hause RWTH Aachen, Direktor: Dr.-Ing. …. Prüfzeugnis 1807191 vom 22.06.2018), auf der streitgegenständlichen Baustelle unter der von ihr eingebauten Asphaltdecke als Straßenbettung eingebaut worden ist.

Die Baugenehmigung, das Bestätigungsschreiben sowie der Erlaubnisbescheid sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen und von den Beteiligten in Augenschein genommen worden.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Bestätigungsschreiben vom 04.09.2018 (Anlage A 29, Bl. 366 GA), die Baugenehmigung vom 04.09.2018 zum Aktenzeichen 0697-18-01 (Anlage A 30) sowie auf den Erlaubnisbescheid vom 03.09.2018 zum Geschäftszeichen 6638 00/7-767/3/Fra Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes insbesondere wegen der im Einzelnen geäußerten Rechtsansichten wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten ist statthaft, da die einstweilige Verfügung am 13.08.2018 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss erlassen wurde, § 936 ZPO i.V.m. §§ 924, 925 ZPO.

Das Gericht ist auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig.

II.

Die einstweilige Verfügung vom 13.08.2018 wird bestätigt.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet, wenn Verfügungsanspruch und -grund schlüssig dargelegt und ihre tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft gemacht sind.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Verfügungsanspruch gem.  § 1004 i.V.m § 1027 BGB in Form eines Unterlassungsanspruch hinsichtlich der angedrohten Beschädigung der streitgegenständlichen Verbindungsstraße sowie hinsichtlich der angedrohten Behinderung der Nutzung der Verbindungsstraße.

Nach § 1027 BGB stehen dem Berechtigten die in § 1004 BGB bestimmten Rechte zu, wenn eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Eine Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit ist jede Störung oder Behinderung der rechtmäßigen Grunddienstbarkeitsausübung.

Unstreitig sind die von der streitgegenständlichen Verbindungsstraße betroffenen Grundstücke der Verfügungsbeklagten mit einer grundbuchlich gesicherten Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Verfügungsklägerin belastet. Die Verfügungsbeklagte ließ die diesbezügliche Regelungen und die Bewilligung der Grunddienstbarkeiten notariell beurkunden (Anlagenkonvolut A6, Bl. 72 ff. GA). Darin wird den Begünstigten das Recht eingeräumt, die im Lageplan grau dargestellte Straße zum Gehen und Befahren mit Fahrzeugen, nicht jedoch zum Abstellen von Fahrzeugen oder zum Lagern von Gegenständen zum Nutzen mit zu benutzen. Die von der Verfügungsbeklagten bewilligte Grunddienstbarkeit wurde auch auf den Grundstücken der Verfügungsbeklagten, den Flurstücken Nr. 549 und 548 (Gemarkung Erkelenz, Flur 26), im Grundbuch zugunsten der Verfügungsklägerin (Gemarkung Erkelenz Flur 72, Flurstücke 227 und 241 sowie Flur 26, Flurstück 543) eingetragen (Anlage A7.1-Grundbuchauszug, Grundbuch von Erkelenz Bl. 11430, Bl. 98 ff. GA sowie A8, Bl. 125 GA).

Eine Beeinträchtigung dieser Grunddienstbarkeit ist vorliegend gegeben, da das der Verfügungsklägerin eingeräumte Recht, die streitgegenständliche Straße zum Gehen und Befahren mit Fahrzeugen mitzubenutzen, durch die seitens der Verfügungsbeklagten angedrohten Maßnahmen beeinträchtigt oder sogar unmöglich gemacht würde.

Für die Bestimmung von Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit ist auf die gesamten Verhältnisse beider Grundstücke, insbesondere die Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstückes abzustellen.

In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass es sich hier nicht nur um einen privaten Zufahrtsweg zu einem privat genutzten Grundstück handelt, sondern vorliegend aufgrund des voraussehbaren hohen Verkehrsaufkommens durch die Kunden der anliegenden Gewerbeimmobilien notwendigerweise eine Befestigung erforderlich war, wie sie für stark frequentierte Straßen des öffentlichen Verkehrs für erforderlich und üblich erachtet werden.

Vor diesem Hintergrund war die Verfügungsklägerin, die die Verfügungsbeklagte mehrmals zur Duldung der Baumaßnahmen aufgefordert hatte, grundsätzlich auch berechtigt,  die Erstellung der streitgegenständlichen Straße selbst durchzuführen.

Vorliegend kann daher dahin stehen, ob durch den Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten ausdrücklich im Gespräch vom 27. Februar 2018 eine Zustimmung zur Erstellung der Verbindungsstraße durch die Verfügungsklägerin erteilt worden ist oder nicht, da die Verfügungsbeklagte jedenfalls auf Grundlage der zu Gunsten der Verfügungsklägerin bestellten Grunddienstbarkeit zur Herstellung bzw. Duldung der für die Ausübung der Grunddienstbarkeit zwingend notwendigen Anlagen verpflichtet ist.

Sie hatte hier die Maßnahmen der Verfügungsklägerin zu dulden, deren Durchführung zur Verwirklichung des Wegerechts der Verfügungsklägerin erforderlich waren, mithin vorliegend die Erstellung der streitgegenständlichen Verbindungsstraße.

Nachdem die streitgegenständliche Verbindungsstraße nunmehr errichtet ist, würde die Ausübung der Rechte der Verfügungsklägerin aus der Grunddienstbarkeit durch die teilweise oder zeitweise Behinderung der Nutzung der Verbindungsstraße, sei es durch Beschädigung der Fahrbahn oder durch Absperrmaßnahmen, wesentlich  beeinträchtigt, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, so dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegeben ist.

Die Einwendungen der Verfügungsbeklagten gegen den geltend gemachten Verfügungsanspruch sind vorliegend nicht durchgreifend.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verfügungsbeklagte in ihrem Recht auf eine schonende Ausübung der Grunddienstbarkeit nach § 1020 S.1 BGB durch die erstellte Verbindungsstraße verletzt ist, sind bereits nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

Wenngleich der Verfügungsbeklagten unstreitig die Verkehrssicherungspflicht für den auf ihrem Grundstück befindlichen Straßenabschnitt obliegt, sind vorliegend von ihr keine Umstände dargelegt und ausreichend glaubhaft gemacht worden, die es rechtfertigen würden, den streitgegenständlichen Straßenabschnitt teilweise zu zerstören bzw. die Nutzung zu behindern.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen Straße wurde in der mündlichen Verhandlung am 05.09.2018 sowohl die benötigte Baugenehmigung als auch die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung seitens der Verfügungsklägerin vorgelegt, so dass es keinerlei Anhaltspunkte mehr für die von der Verfügungsbeklagten ursprünglich behauptete Illegalität der Straße gibt, die im Übrigen nach Vorlage der Genehmigung und des Bescheides in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter in Rede stand.

Ob die erteilte Baugenehmigung ebenso wie der wasserrechtliche Erlaubnisbescheid aus verwaltungsrechtlicher Sicht formell und materiell rechtmäßig sind, war seitens des Gerichts insoweit nicht zu prüfen.

Mit Vorlage der Anlage A 29 wurde überdies auch bestätigt, das das berechnete RCL-Material (RCL 0/45) laut der vorliegenden Analyse (aus dem Hause RWTH Aachen, Direktor: Dr.-Ing. …, Prüfzeugnis 1807191 vom 22.06.2018), auf der streitgegenständlichen Baustelle unter der Asphaltdecke als Straßenbettung eingebaut worden ist.

Vor diesem Hintergrund bestehen weder Anhaltspunkte für eine formelle Illegalität der streitgegenständlichen Straße noch dafür, dass die streitgegenständliche Straße aufgrund ihrer Beschaffenheit ein Risiko für den Boden der angrenzenden Fläche und des Grundwassers haben könnte.

Von der Verfügungsbeklagten ist auch nicht dargelegt worden, dass es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Stadt … sie in irgendeiner Form als Störer für die von ihr behaupteten, möglichen Schäden in Anspruch nehmen werde.

Dass die Verfügungsbeklagte – was unstreitig ist – die Verkehrssicherungspflicht für den über ihre Grundstücke verlaufenden Straßenabschnitt trifft, vermag hier auch nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Denn der Verfügungsbeklagten wurde von der Verfügungsklägerin mehrfach – zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2018 – angeboten, die Verkehrssicherungspflicht und auch die weitere Ertüchtigung der Straße zu übernehmen. Darüber hinaus darf die Nichterfüllung der der Verfügungsbeklagten obliegenden Verpflichtung zur Erstellung des streitgegenständlichen Straßenabschnitts, für den sie auch im Falle der Selbsterrichtung die Verkehrssicherungspflicht treffen würde, nicht dazu führen, das sie besser stünde, als wenn sie ihre Verpflichtung selbst erfüllt hätte.

Der weitere Einwand, dass im Übrigen ungeklärt sei, welcher Nutzungsersatz von der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte zu zahlen sei, führt hier auch nicht zu einer anderen Beurteilung, da dies für die Frage der hier zu beurteilenden Unterlassung keine Bedeutung hat. Selbst wenn die Verfügungsbeklagte – was das Gericht nicht zu prüfen hatte – einen Anspruch auf Nutzungsersatz gegen die Verfügungsklägerin hätte, würde die Nichtzahlung eines solchen, den Abriss der Straße bzw. die Beeinträchtigung ihrer Nutzung nicht rechtfertigen.

Die Dringlichkeit für den Erlass der einstweiligen Verfügung ergibt sich aus dem unstreitigen und im Übrigen durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten Umstand, dass aus den dargestellten Gründen die Verbindungsstraße zwischen dem öffentlichen Verkehrsraum den Stellplätzen des …-Marktes zur Erschließung des Marktgeländes spätestens benötigt wird, wenn der Markt, wie vereinbart, am 03.09.2018 eröffnet wird und der Kundenverkehr einsetzt. Überdies besteht für den Fall, dass die Antragsgegnerin ihre Ankündigung wahr macht und die Verbindungsstraße unpassierbar macht oder den Zugang behindert, die Gefahr, dass der Mieter die Übernahme des Mietobjektes wegen des mangelhaften Zugangs ablehnt und vom Vertrag zurücktritt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 283.333,32 EUR festgesetzt.

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