LG Bonn – Az.: 1 O 74/16 – Urteil vom 12.09.2018
1. Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.949,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 413,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2018 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu 90 % mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), die diese selbst trägt.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1) und 3) vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Schädigung des PKW des Klägers durch ein von einem Mähfahrzeug des beklagten Landes zu 1) hoch geschleudertes Wurzelstück.
Der Kläger befuhr am 15.10.2015 mit seinem PKW O ###, amtliches Kennzeichen R-U ####, Erstzulassung am 08.11.2010, die Bundesstraße ### von ##### W kommend in Richtung WB. Beifahrer waren seine Eltern, die Zeugen C.
Zeitgleich befuhr in Höhe Kilometer 0,2 ein Mitarbeiter des beklagten Landes zu 1), der Zeuge T2, mit einem LKW Mercedes Unimog U400 den Seitenstreifen. Dabei mähte er die angrenzenden Grünflächen mit einem an der rechten Seite des Fahrzeuges angebauten Mähwerk, Typ ###.
Die Arbeitsstelle war mit einem „Achtung“-Schild sowie dem Zusatzzeichen Mäharbeiten gekennzeichnet. Während der Mäharbeiten war eine Rundumleuchte eingeschaltet. Das an das Fahrzeug des Beklagten zu 1) angebaute Mähwerk war am Mähkopf hinten mit einer Gummischürze und vorne mit einem Kettenschutz aus einzelnen, nach unten hängenden Kettengliedern versehen. Durch diese Schutzvorrichtungen sollte ein Wegschleudern von etwaig aufgewirbelten Gegenständen verhindert werden.
Halter des Mähfahrzeugs war die zuständige Landesbehörde des beklagten Landes zu 1), der Landesbetrieb B. Haftpflichtversicherer zum Unfallzeitpunkt war die Beklagte zu 3).
Der Kläger hat ein privates Sachverständigengutachten einholen lassen wegen dessen Inhalts auf Bl. 6ff. d. A. verwiesen wird. Er macht die folgenden Positionen geltend:
- Reparaturkosten in Höhe von 2.093,88 Euro inkl. MWSt.,
- Mietwagenkosten in Höhe von 453,50 Euro inkl. MWSt,
- Sachverständigenkosten in Höhe von 524,79 Euro inkl. MWSt.,
- Wertminderung in Höhe von 150,00 Euro,
- Kostenpauschale in Höhe von 26,00 Euro.
Die berechneten Reparaturarbeiten ließ der Kläger tatsächlich durchführen. Währenddessen mietete er vom 04.11.2015 bis zum 07.11.2015 ein Ersatzfahrzeug an. Es wird auf den Inhalt der von Klägerseite vorgelegten Rechnungen, Bl. 18 – 21 d. A. verwiesen.
Der Kläger forderte die Beklagte zu 2) vorprozessual mit Schreiben vom 19.11.2015 zur Zahlung des eingeklagten Betrags unter Fristsetzung bis zum 29.11.2015 erfolglos auf. Auch die übrige vorprozessuale Korrespondenz erfolgte über die Beklagte zu 2). Die Beklagte zu 2) war dem Kläger in einer Zentralrufanfrage vom 16.10.2015 als zuständiger Versicherer benannt worden, hatte dem Kläger ihre Stellung als zuständiger Versicherer telefonisch bestätigt und führte für den Unfall eine eigene Schadensakte mit der Nummer ##.##.#####.
Dem Kläger sind vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro entstanden (1,3 Geschäftsgebühr in Höhe von 327,60 Euro, Kostenpauschale in Höhe von 20,00 Euro, zzgl. 19 % MWSt. in Höhe von 66,04 Euro).
Der Kläger behauptet, durch den Mähvorgang des Zeugen T2 sei ein ziegelsteingroßes, etwa unterarmlanges Wurzelstück hochgeschleudert worden, das gegen die Front seines PKW geprallt und von diesem überfahren worden sei. Dabei habe es ein lautes Aufschlaggeräusch an der Fahrzeugfront sowie einen massiven Schlag im Fahrzeug gegeben. Er habe seinen PKW daraufhin sofort angehalten. Das Wurzelstück habe hinter seinem PKW auf der Fahrbahn gelegen. Nachdem das Mähfahrzeug ebenfalls angehalten habe, habe er zusammen mit dem Zeugen T2 über das Unfallereignis gesprochen. Er und der Zeuge T2 hätten das Wurzelstück angeschaut und dieses in der Folge mangels weiterer Verwendung an den Fahrbahnrand gelegt. Der Zeuge T2 habe ihm einen Zettel mit Kontaktdaten übergeben. Er habe nach dem Gespräch seine Eltern vorsichtig nach Hause gefahren. Anschließend sei er mit seinem PKW zur Überprüfung in eine Werkstatt gefahren. Durch das Wurzelstück seien ihm Schäden an seinem PKW, im Wesentlichen an Frontstoßfänger, Unterfahrschutz und unterer Quertraverse und die weiteren geltend gemachten Schadenspositionen entstanden. Der zwischenzeitlich verkaufte PKW habe zum Unfallzeitpunkt in seinem Eigentum gestanden und sei von ihm gekauft, vollständig bezahlt und von der Autohaus N OHG übereignet worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass das beklagte Land zu 1.) weitere Schutzmaßnahmen betreffend des Mähvorgangs hätte treffen müssen.
Anfangs hat der Kläger die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichtet. In der Sitzung vom 30.11.2016 hat der Kläger die Klage gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen und erklärt, dass er im Wege des Parteiwechsels nunmehr die Beklagte zu 3) in Anspruch nimmt. Die Beklagten haben dem zugestimmt. Die Beklagte zu 2) hat auf die Stellung eines Kostenantrags verzichtet.
Der Kläger beantragt seitdem,
1. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 3.248,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2015 an den Kläger zu verurteilen,
2. die Beklagten zu 1) und 3) gesamtschuldnerisch haftend zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu verurteilen.
Die Beklagten zu 1) und 3) beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten den Vortrag des Klägers zum Schadensfall, insbesondere den von ihm geschilderten Unfallhergang, mit Nichtwissen. Sie behaupten, dass der Zeuge T2 keine Beschädigung am PKW des Klägers habe feststellen können. Die im Gutachten des Klägers aufgeführten Arbeiten seien hinsichtlich Art und Umfang nicht erforderlich gewesen. Die geltend gemachten Mietwagenkosten und die geltend gemachte Wertminderung seien der Höhe nach nicht erforderlich. Das Mähfahrzeug sei optisch und technisch in einem einwandfreien Zustand gewesen. Mähfahrzeug und Anbau hätten den geltenden Normen, den technischen Sicherheitsstandards und Vorschriften sowie dem allgemeinen Stand der Technik entsprochen und seien in dieser Form auch von der Berufsgenossenschaft zugelassen gewesen. Die Schutzvorrichtungen seien vom Zeugen T2 am Morgen des Unfalltages kontrolliert und für mangelfrei befunden worden. Die Wahrscheinlichkeit von Beschädigungen anderer Fahrzeuge sei gering gewesen. Auch eine Nachrüstung des Mähkopfes hätte keine hundertprozentige Schutzwirkung bieten können. Die Beklagten zu 1) und 3) sind daher der Ansicht, dass alle zumutbaren und erforderlichen vorbeugenden Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden seien. Weiterer Maßnahmen habe es nicht bedurft. Der Unfall sei ein unabwendbares, die Haftung gem. § 17 Abs. 3 StVG ausschließendes Ereignis gewesen.
Die Kammer hat zu Hergang und Umständen des Verkehrsunfalls Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C und des Zeugen T2. Der Zeuge T2 ist zusätzlich zum Zustand des Mähfahrzeugs und vorhandenen Sicherheitseinrichtungen vernommen worden. Zu möglichen technischen Schutzmaßnahmen und deren Aufwand, sowie zur Kompatibilität der vom Kläger geltend gemachten Schäden zu dem von ihm behaupteten Geschehensablauf ist jeweils Beweis durch Sachverständigengutachten erhoben worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2017 (Bl. 107ff. d. A.), das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. X (Bl. 175ff. d. A.) sowie das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. T verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsprotokolle vom 30.11.2016 und vom 19.04.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
1. Die Beklagten zu 1) und 3) sind dem Kläger als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.949,59 Euro aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG verpflichtet.
a) Die Schädigung des klägerischen PKW durch ein von dem Mähfahrzeug des beklagten Landes zu 1) hochgeschleudertes Wurzelstück steht nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer gem. § 286 Abs. 1 ZPO in dem vom Kläger vorgetragenen Umfang fest.
Die Beklagten zu 1) und 3) konnten den Vortrag des Klägers zum Unfallhergang nicht vollumfänglich mit Nichtwissen bestreiten, weil der Mähvorgang im eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Beklagten zu 1) lag und damit den „eigenen“ Handlungen oder Wahrnehmungen jedenfalls des Beklagten zu 1) gleichgestellt war (siehe etwa Zöller/Greger, 32. Aufl. 2018, § 138 ZPO Rn. 16 m.w.N.). Soweit das Bestreiten des Beklagten zulässig ist, geht die Kammer von der Richtigkeit des klägerischen Vortrags, wie dieser im streitigen Tatbestand zusammengefasst ist, aus.
Der Zeuge T2 hat den Vortrag des Klägers zum Unfallhergang in den wesentlichen Punkten bestätigt. Übereinstimmend mit dem klägerischen Vortrag hat der Zeuge T2 ausgesagt, dass bei den von ihm durchgeführten Mäharbeiten etwas weggeflogen sei, dass daraufhin ein roter PKW unmittelbar vor seinem Mähfahrzeug gehalten habe, dass er dem aussteigenden Fahrer die Telefonnummer seiner Dienststelle gegeben habe und dass ein Stück Wurzel oder ein Holzstück auf der Straße gelegen habe, dass ihm vom Kläger auch gezeigt worden sei. Dieses Holzstück schätzt der Zeuge T2 zwar rückblickend leicht abweichend von den Klägerangaben als etwa „faustgroß“ ein. Eine abschließende und verbindliche Aussage zur Größe lässt sich seiner Zeugenaussage aber nicht entnehmen. Seine Aussage steht damit der dargelegten klägerischen Annahme als „ziegelstein-“ bzw. „unterarmgroß“ nicht entscheidend entgegen. Es liegt nahe, dass dem Zeugen T2 retroperspektiv eine definitive Angabe betreffend der genauen Größe des nur kurz gesehenen Wurzelstücks nicht mehr möglich war. Im Gegensatz zum Zeugen T2 äußert der Kläger keine Vermutung, sondern hat das von ihm nach dem Unfallereignis aufgehobene und angesehene Wurzelstück in seiner informellen Anhörung plausibel als „unterarmgroß“ beschrieben. Im Übrigen ist die Aussage des Zeugen T2 detailreich und glaubhaft. Die Kammer geht davon aus, dass er als Mitarbeiter des beklagten Landes zu 1) den ihm bekannten Sachverhalt neutral geschildert hat.
Aus dem Gutachten des Sachverständigen T folgt, dass der vom Kläger beschriebene Geschehensablauf mit den vom Sachverständigen T bestätigten Beschädigungen am klägerischen PKW kompatibel ist. Der Sachverständige kommt zu dem nachvollziehbar dargelegten Schluss, dass die Beschädigungen am PKW des Klägers aus technischer Sicht auf einen möglichen Kontakt mit einem Wurzelstück im Bereich des Frontstoßfängers und der unteren Motorabdeckung zurück zu führen sind. Das Wurzelstück musste nach Einschätzung des Sachverständigen T mindestens eine Höhe von 20 cm haben. Das entspricht der Beschreibung als „ziegelstein-“ bzw. „unterarmgroß“. Von einer dem Schadensbild entsprechenden Positionierung des Wurzelstücks unter dem klägerischen PKW ist die Kammer angesichts des im Übrigen stimmigen Geschehensablaufs überzeugt. Schadensbild und geschilderter Unfallhergang stehen im Einklang. Andere Möglichkeiten für die Entstehung der am klägerischen PKW entstanden Schäden sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Ein konkreter Vortrag zur Positionierung des Wurzelstücks unter seinem PKW war dem Kläger mangels eigener Wahrnehmbarkeit nicht möglich und musste von diesem angesichts der Rekonstruktion des Unfallhergangs durch den Sachverständigen T auch nicht erbracht werden. Die Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten sind vollständig, in sich schlüssig und überzeugend.
Die Eckdaten des klägerischen Vortrags zum Unfallhergang werden zudem von den Aussagen der Zeugen C übereinstimmend bestätigt, an deren Glaubhaftigkeit die Kammer bereits wegen der im Übrigen geringen Ergiebigkeit bei gleichzeitiger persönlicher Nähe zum Kläger keine Zweifel hat.
b) Die vom Kläger erlittenen Schäden sind „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entstanden. Bei dem LKW Unimog des beklagten Landes zu 1) handelt es sich um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG. Die Kraftfahrzeugeigenschaft ist im Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht deshalb zurückgetreten, weil der LKW Unimog hier auf Grund seiner Zweckbestimmung nicht nur Verkehrsmittel, sondern auch als fahrbares Mähmaschine im Einsatz war. Das folgt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aus der weiten Auslegung des Haftungsmerkmals „bei dem Betrieb“ entsprechend dem Schutzzweck der Norm. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Erforderlich ist ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als einer der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG). Eine Verbindung mit dem Betrieb als Kraftfahrzeug ist danach dann zu bejahen, wenn eine „fahrbare Arbeitsmaschine“ gerade während der Fahrt bestimmungsgemäße Arbeiten verrichtet (stetige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2005, Az. VI ZR 115/04 = NVZ 2005, 305 und OLG Celle, Urt. v. 25.03.2004, Az. 5 U 7/05 = NVwZ-RR 2004, 553, jeweils m.w.N.). Ausreichend für die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 1 StVG nach diesen Grundsätzen war damit, dass der LKW Unimog durch Fahren auf dem Seitenstreifen das zeitgleich arbeitende Mähwerk fortbewegte und damit zur Beschleunigung des Mähvorgangs beitrug.
c) Der Kläger war Eigentümer des beschädigten PKW. Das steht zur Überzeugung der Kammer jedenfalls auf Grund der vorgelegten Kopien zum Fahrzeugkauf fest. Zudem gilt die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB.
d) Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne dieser Vorschrift lag wegen der im Gutachten des Sachverständigen X aufgeführten Möglichkeit, den Mähkopf mit einem zusätzlichen Kettenvorhang zu versehen, nicht vor.
Mit dem Begriff des „unabwendbaren Ereignis“ i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG ist nicht die absolute Unvermeidbarkeit eines Unfalls gemeint, sondern ein schadensstiftendes Ereignis, das auch bei der äußerst möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (so etwas BGH, Urt. v. 18.01.2005, a.a.O.). Einer Haftungsfreistellung stehen technische Sicherungsmaßnahmen entgegen, die mit vertretbarem Aufwand erreichbar sind und zu einem besseren Schutz führen würden (BGH, Urt. v. 18.01.2005, a.a.O.; OLG Hamm, Urt. v. 03.07.2015, Az. I-11 U 169/14, juris-Rn. 17 m.w.N.; OLG Köln, Urt. v. 24.05.2007, Az. 7 U 163/06, juris-Rn. 6).
Solche technischen Möglichkeiten standen für das Mähfahrzeug ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen X jedenfalls seit 2014 durch Anbringung des Bausatzes Nr. 218940 zur Verfügung, der nach Einschätzung des Sachverständigen X „ohne Zweifel“ zu einer Verbesserung der Schutzwirkung geführt hätte. Mit veranschlagten Gesamtkosten von 2.540,65 Euro hätten diese Schutzmaßnahmen durch das beklagte Land zu 1) auch mit vertretbarem Aufwand erreicht werden können. Dies insbesondere deshalb, weil der Zeuge T2 in seiner Vernehmung angegeben hat, dass es in der Vergangenheit schon zu mehreren „Abschüssen“, d. h. Kontakten Dritter mit vom Mähfahrzeug hochgeschleuderten Gegenständen gekommen sei. Die nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen X werden von den Parteien nicht in Frage gestellt. Auch die Kammer geht von der Richtigkeit der Feststellungen im Sachverständigengutachten aus.
Es kommt daher weder darauf an, ob die gewählten Schutzvorrichtungen am Mähfahrzeug dem damaligen Stand der Technik entsprachen, ob diese von der Berufsgenossenschaft zugelassen waren, noch ob andere Schutzvorrichtungen der Klägerin ggf. unzumutbar waren. § 17 Abs. 3 StVG ist allein deshalb nicht erfüllt, weil dem beklagten Land zu 1) zusätzliche Schutzvorrichtungen zur Verfügung standen, die mit vertretbarem Aufwand hätten ergriffen werden können.
e) Für einen schadensmindernd zu berücksichtigenden Mitverursachungsanteil (§ 17 StVG) des Klägers ist nichts ersichtlich. Das Ereignis war für den Kläger unabwendbar, § 17 Abs. 3 StVG.
f) Die Beklagten zu 1) und 3) sind dem Kläger zum Schadensersatz in Höhe von 2.949,59 Euro verpflichtet. Die Kammer hat von der Anordnung einer weiteren Beweisaufnahme abgesehen und über die Schadenshöhe, soweit streitig, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entschieden, § 287 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO.
aa) Die geltend gemachten Reparaturkosten sind dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 S. 1, 2 BGB in voller Höhe von 2.093,88 Euro zu ersetzen. Der Kläger hat die im Gutachten des Sachverständigen T bestätigten Beschädigungen seines PKW und die zur Reparatur anfallenden Arbeiten nachvollziehbar und schlüssig durch Vorlage eines als qualifizierten Parteivortrag zu wertenden privaten Sachverständigengutachtens belegt. Auf die Richtigkeit dieser Begutachtung durfte er vertrauen (LG Saarbrücken, Urt. v. 23.01.2015, Az.13 S 199/14 = NJW-RR 2015, 478 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, BGB § 249 Rn. 12 m.w.N.). Die Reparatur wurde gegen Zahlung des geltend gemachten Reparaturbetrags in Höhe von 2.093,88 Euro tatsächlich durchgeführt. Die abgerechneten Positionen stimmen in Umfang und Höhe im Wesentlichen mit der gutachterlichen Kalkulation überein. Die einzelnen Arbeitsschritte lassen sich der Reparaturrechnung nachvollziehbar entnehmen. Auch die geltend gemachte Mehrwertsteuer ist tatsächlich angefallen. Erheblicher Vortrag der Beklagten dazu, warum die durchgeführten Arbeiten hinsichtlich Art und Umfang nicht erforderlich gewesen sein sollen, erfolgte nicht.
bb) Die mit Rechnung belegten und der Höhe nach nicht bestrittenen klägerischen Kosten von 524,79 Euro für die Einholung des privaten Sachverständigengutachtens sind ebenfalls gem. § 249 Abs. 2 S. 1, 2 BGB zu ersetzen. Die Begutachtung war für die Schadensfeststellung und damit auch für die zweckentsprechende spätere Rechtsverfolgung erforderlich (BGH, Urt. v. 28.02.2017, Az. VI ZR 76/16 = NJW 17, 1875; Palandt/ Grüneberg, 77. Aufl. 2018, BGB § 249 Rn. 58 m.w.N.).
cc) Auch die Abrechenbarkeit einer Unfallkostenpauschale in der geltend gemachten Höhe von 26,- Euro ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, § 249 Abs. 1 S. 1 BGB (Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, BGB § 249 Rn. 79 m.w.N.; Geigel/Knerr, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 1. Teil 3. Kap. Rn. 106 m.w.N.).
dd) Mietwagenkosten sind dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 S. 1, 2 BGB in Höhe von 304,92 Euro zu ersetzen. Der Kläger musste sich wegen der Reparaturarbeiten für vier Tage ein Ersatzfahrzeug mieten. Dafür sind ihm tatsächliche Kosten in Höhe von 453,50 Euro angefallen, die im Normaltarif abgerechnet wurden. Erforderlich für die Miete der Ersatzsache war nach Überzeugung der Kammer indes nur der angesetzte Betrag in Höhe von 304,92 Euro. Die Kammer ist dabei zunächst von dem im Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2015 des Frauenhofer-Instituts für die Fahrzeugklasse E, im Postleitzahlgebiet 52, bei einer Mietdauer zwischen drei und fünf Tagen angegebenen täglichen Mittelwert von 50,82 Euro ausgegangen (Frauenhofer IOA (Hrsg.), Mietpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2015, Stuttgart 2015, S. 131). Da die Liste des Frauenhofer-Instituts üblicherweise wesentlich geringere Werte als die alternativ oder kumulativ anwendbare Schwacke-Liste ausweist (siehe etwa Palandt/Grüneberg, 77 Aufl. 2018, § 249 BGB Rn. 33 m.w.N.), hat die Kammer diesen Betrag mit dem Faktor 1,5 multipliziert. Der angesetzte Betrag berechnet sich danach wie folgt: 50,82 Euro x 1,5 x 4 = 304,92 Euro. Die in der vorgelegten Mietwagenrechnung zusätzlich berechneten Leistungen für Winterreifen und Versicherung sind, ebenso wie die Mehrwertsteuer, in der durchschnittlichen Preiskalkulation des Frauenhofer-Instituts bereits enthalten (vgl. Frauenhofer IOA (Hrsg.), aaO., S. 23f.).
ee) Ein Anspruch auf Wertminderung besteht nicht. Der Kläger hat nicht ausreichend dazu vorgetragen, warum eine Wertminderung überhaupt und in der eingeklagten Höhe angefallen sein soll. Auch aus dem vorgelegten privaten Sachverständigengutachten ergibt sich eine nachvollziehbare Begründung für die angesetzte Wertminderung nicht. Die Laufleistung (163.922 km zum Zeitpunkt der privatgutachterlichen Beurteilung) und das Alter des klägerischen PKW zum Unfallzeitpunkt (ca. 5 Jahre) stehen einer zu ersetzenden Wertminderung zusätzlich entgegen (vgl. Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 251 Rn. 16 m.w.N.).
2. Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagten zu 1) und 3) befinden sich seit dem 30.11.2015 in Zahlungsverzug. Dass die Beklagte zu 2) für die vorprozessuale Schadensregulierung und -abwicklung, wie von Klägerseite bis zum abweichenden Vortrag der Beklagten im zu entscheidenden Rechtsstreit angenommen, bevollmächtigt war, haben die Beklagten nicht bestritten. Im Übrigen hat die Beklagte zu 2) auch nicht dazu vorgetragen, dass sie den Kläger vorprozessual auf ihre fehlende Zuständigkeit hingewiesen hat. Im Gegenteil hat sie sich vorprozessual gegenüber dem Kläger wie eine passivlegitimierte Partei verhalten, sodass zumindest die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht vorlagen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2012, Az. I-1 W 5/12, juris-Rn. 14). Eine Mahnung gegenüber einem Kfz-Haftpflichtversicherer hat wegen 1.1.4 AKB Gesamtwirkung im Hinblick auf die übrigen Gesamtschuldner (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2012, aaO., juris-Rn. 16; OLG München, Urt. v. 03.06.2016, Az.10 U 124/16, juris -Rn. 43; Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 425 Rn. 3 m.w.N.).
3. Die Beklagten zu 1) und 3) haben dem Kläger seine außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst der geltend gemachten Zinsen seit dem 10.04.2018 in eingeklagter Höhe zu ersetzen, § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG; §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen wegen der Kosten auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 ZPO. Die Kosten der Klagerücknahme sind ausnahmsweise der ausgeschiedenen Beklagten zu 2) aufzuerlegen, da diese wirksam auf eine Kostenerstattung verzichtet hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.2011, Az. VIII ZR 80/10 = NJW 2011, 2368, Rn. 12; BeckOK ZPO/Vorwerk/Wolf, 29. Ed. 2018, ZPO § 269 Rn. 12.2 m.w.N.) und zudem auch aus den in Ziff. 2 genannten Gründen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2012, aaO.). Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 3.248,17 Euro festgesetzt.