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Beleidigende Aussagen – Befangenheit Gutachter

OLG Saarbrücken – Az.: 5 W 27/21 – Beschluss vom 19.05.2021

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12. April 2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 1. April 2021 – 14 O 128/17 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit seiner nach Durchführung des Mahnverfahrens am 8. August 2017 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Leistungen aus einer Gebäudeversicherung in Anspruch (Versicherungsschein Nr. ###, Anlage K2). Er behauptet u.a., an dem versicherten Anwesen seien Leitungswasserschäden aufgetreten, die zu Rissbildungen in der Gebäudesubstanz und einem daraus folgenden Schaden in Höhe von 98.000,- Euro zzgl. Planungskosten in Höhe von 17.742,33 Euro geführt hätten; Ursache seien Setzungen und nachträgliche Veränderungen des Baugrundes sowie erhebliche Wasseraustritte aus den unter der Bodenplatte liegenden Kanalrohren, des Weiteren aber auch unter dem Haus durch Wasseraustritt entstandene Erdsenkungen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 30. Oktober 2018 (Bl. 175 ff. GA) zu diesen Behauptungen des Klägers die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet; zum Sachverständigen wurde – auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes – gemäß Beschluss vom 14. Dezember 2018 (Bl. 184 GA) Herr Dipl.-Ing. (FH) K. S., ###, bestellt, der von der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen für Baugrund- und Grundwasserfragen öffentlich bestellt und vereidigt ist. Mit Schreiben vom 2. April 2018 hat der Sachverständige die zur Erstattung des Gutachtens aus seiner Sicht erforderlichen Leistungen angegeben, deren Gesamtkosten im Vorfeld auf 35.000,- Euro geschätzt und auf die Notwendigkeit der Einzahlung eines entsprechenden Gerichtskostenvorschusses hingewiesen (Bl. 226 ff. GA). Der Kläger, der den bereits eingezahlten Vorschuss von 6.000,- Euro für auskömmlich erachtet hat (Schriftsätze vom 29. April 2019, Bl. 239 ff. GA, vom 7. Mai 2019, Bl. 246 ff. GA und vom 27. Mai 2019, Bl. 263 ff. GA), hat sodann mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 14. Juni 2019 (wörtlich) beantragt, den Sachverständigen wegen Befangenheit von seinem Gutachterauftrag zu entbinden und zur Begründung angeführt, dieser wolle aus seiner Sicht kostenträchtig Arbeiten ausführen lassen, die nicht mehr vom Beweisbeschluss gedeckt seien (Bl. 322 ff. GA). Dieses – erste – Ablehnungsgesuch hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. Juni 2019 als unzulässig verworfen, im Übrigen aber auch als in der Sache unbegründet angesehen (Bl. 375 ff. GA).

Nachdem sich für den Kläger dessen gegenwärtige Prozessbevollmächtigte bestellt hatten (Bl. 385 GA), trugen diese mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020 zunächst vor, dass der Sachverständige „bereits in der Vergangenheit Aufträge von der G. Versicherung erhalten“ habe (Bl. 417 GA). Die Beklagte stellte das in Abrede; der Sachverständige gab hierzu an, dass eine Durchsicht seiner Akten hinsichtlich von Aufträgen der G. Versicherung erfolglos gewesen sei (Bl. 421 GA). Auf seine erneute Bitte um Bestätigung der Einzahlung des geforderten Kostenvorschusses vertrat der Kläger mit Schriftsatz vom 17. März 2020 die Auffassung, dass es der vom Sachverständigen für erforderlich erachteten – kostenintensiven – Untersuchungen nicht bedürfe, er beantragte, den Sachverständigen abzuberufen und einen anderen Gutachter zu beauftragen (Bl. 437 ff. GA). Nach einer Mitteilung des Sohnes des Sachverständigen (Schreiben der S. Ingenieurgesellschaft für Bodenmechanik und Grundbau mbH vom 6. Oktober 2020, Bl. 510 GA), dass sein Vater „aktuell einige Zeit krankgeschrieben“ sei und dieser sich nach Genesung melden werde, bat der Kläger am 27. Oktober 2020 um Mitteilung, ob „der erkrankte Sachverständige S. inzwischen entpflichtet“ sei (Bl. 512 GA); am 20. November 2020 bat er sodann unter Hinweis auf die Absicht, eine Untätigkeitsrüge zu erheben, um Fristsetzung an den Sachverständigen zur Mitteilung, bis wann das Gutachten fertiggestellt werde (Bl. 516 GA), am 8. Dezember 2020 bat er unter Hinweis auf Zweifel an der „Seriosität des Sachverständigen“ erneut, über den Antrag auf Entlassung zu entscheiden (Bl. 525 GA). Mit Schreiben vom 13. Dezember 2020 übersandte der Sachverständige eine detaillierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und teilte mit, dass er mit einer Genesung bis Februar/März 2021 rechne und dass die Ausarbeitung des Gutachtens in Zusammenarbeit mit dem Ing.-Büro S., ###, im März/April 2021 aufgenommen werden könne. Zugleich bat er zu diesem Zweck um Bereitstellung einer gemäß VOB 2019 (u.a. DIN 18 299, Pkt. 0.1.18) und gemäß Handbuch Eurocode 7 Band 2 (Abschnitt A 2.2.1, A (5) erforderlichen Kampfmittelfreigabe (Bl. 526 GA).

Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2021 widersprach der Kläger unter Hinweis auf die persönliche Bestellung des Sachverständigen der angekündigten Zusammenarbeit mit dem Ing.-Büro S.; zugleich lehnte er den Sachverständigen erneut als befangen ab (Bl. 532 ff. GA): Wenn dieser körperlich nicht in der Lage sei, den Auftrag auszuführen, müsse er ihn zurückgeben; auch die Aufforderung einer Kampfmittelfreigabe zeige, dass er offensichtlich mit seiner Arbeit gänzlich überfordert oder von „Gier derart zerfressen“ sei, dass er alle denkbaren Möglichkeiten suche, um Kosten zu produzieren. Der Sachverständige, der ausweislich seiner Homepage seit 1983 tätig sei, dürfte zwischen 70 und 80 Jahre, ggf. auch zwischen 80 und 90 Jahre alt sein, insoweit werde „bestritten“, dass er auch „geistig noch in der Lage“ sei, das Sachverständigengutachten zu erstellen. Offensichtlich diene seine Sachverständigentätigkeit dazu, das Büro seines Sohnes mit Aufträgen zu versorgen; offensichtlich werde versucht, mit „Phantomgeschäftsführern“ das Ingenieurbüro als leistungsfähiger darzustellen, als es tatsächlich sei, es sei nicht Aufgabe des Klägers, dafür Sorge zu tragen, dass der Vater seinen Sohn „durchfüttern“ könne. In einer vom Landgericht eingeholten Stellungnahme des Sachverständigen vom 18. Februar 2021 (Bl. 546 f. GA) erläuterte dieser die Notwendigkeit einer Kampfmittelfreigabe, u.a. unter Hinweis auf den Bebauungsplan der Stadt ### vom 17. Juli 2003; die „emotionalen Ausbrüche des Verfahrensbevollmächtigten“ bezeichnete er als „wenig sachdienlich“ und die persönlichen Anmerkungen zu seinem Alter als „stark beleidigend“. Mit Schriftsatz vom 5. März 2021 lehnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Sachverständigen wegen dieser letzten Äußerung erneut ab (Bl. 552 f. GA). Mit Schriftsatz vom 8. März 2021 trug er vor, die Stadt ### habe im Jahre 2015 alle Bebauungspläne aufgehoben, so dass der Sachverständige versucht habe, unter Bezugnahme auf einen nicht mehr existierenden Bebauungsplan dem Kläger zusätzliche, unübliche und völlig überflüssige Kosten aufzuerlegen; auch auf diese fehlende Kompetenz werde der Befangenheitsantrag des Klägers gestützt (Bl. 555 f. GA).

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 577 ff. GA) hat das Landgericht u.a. die drei vorgenannten Befangenheitsanträge vom 27. Januar 2021, 5. März 2021 und 8. März 2021 zurückgewiesen. Für die Behauptung des Klägers, der Sachverständige wolle unnötige, vom Beweisbeschluss nicht gedeckte kostenträchtige Leistungen ausführen lassen, biete der vorgetragene Sachverhalt keine ausreichenden Anhaltspunkte; insbesondere folge dies weder daraus, dass der Sachverständige bei der persönlichen Erstattung des Gutachtens eine Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro S. beabsichtige, noch aus der von ihm geäußerten technischen Einschätzung zur Notwendigkeit einer Kampfmittelfreigabe. Aus dem – zutreffenden – Hinweis des Sachverständigen, wonach die Anmerkungen zu seinem Alter stark beleidigend seien, folge nicht, dass dieser tatsächlich beleidigt oder gar dem Kläger gegenüber nicht mehr unvoreingenommen sei. Auch der Vorwurf, es hätten unter Hinweis auf den nicht mehr existenten Bebauungsplan unnötige Kosten verursacht werden sollen, trage nicht, nachdem ausweislich des vom Kläger selbst vorgelegten Schreibens der Stadt ### (Bl. 557 GA) für den ursprünglichen Bebauungsplan die Thematik der Kampfmittel nicht abgearbeitet worden und eine Überprüfung deshalb weiterhin geboten sei. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12. April 2021, mit der dieser unter Wiederholung seines Rechtsstandpunktes, vornehmlich unter Hinweis auf fortbestehende Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Sachverständigen, dessen vermeintlichen Versuch, seinem Sohn den Auftrag „zuzuschanzen“ bzw. diesen als Hilfsperson zu beschäftigen sowie den aus seiner Sicht ausreichend zum Ausdruck gebrachten Umstand, wonach der Sachverständige wegen der Äußerungen zu seinem Alter „stark beleidigt“ sei, weiterhin auf Ablehnung des Sachverständigen anträgt (Bl. 592 f. GA), und der das Landgericht mit Beschluss vom 12. April 2021 (Bl. 594 f. GA) nicht abgeholfen hat.

II.

Die gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 567 ff. ZPO) sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 1. April 2021 ist unbegründet. Das Landgericht hat das neuerliche, mit Blick auf die nunmehr gerügten Umstände auch fristgerecht, nämlich unverzüglich angebrachte (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2005 – VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869; Greger, in: Zöller, ZPO 33. Aufl., § 406 Rn. 11) Befangenheitsgesuch zu Recht mit einer ausführlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Begründung zurückgewiesen. Über das dem Senat mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 zur Kenntnis gebrachte weitere Ablehnungsgesuch des Klägers (Bl. 599 ff. GA) war hier nicht zu befinden.

1. Wie das Landgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Senats richtig ausführt, liegt eine zur Ablehnung eines Sachverständigen berechtigende Besorgnis der Befangenheit nur dann vor, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend objektive Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen (BGH, Beschluss vom 11. April 2013 – VII ZB 32/12, NJW-RR 2013, 851). Dies setzt – von dem Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung – die Befürchtung voraus, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (BGH, a.a.O.; Beschluss vom 15. März 2005 – VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869; Senat, Beschluss vom 11. März 2008 – 5 W 42/08-16, NJW-RR 2008, 1087; Beschluss vom 10. August 2015 – 5 W 63/15). Die Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige den Gutachterauftrag in einer Weise erledigt, dass sie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden kann (BGH, Beschluss vom 11. April 2013 – VII ZB 32/12, NJW-RR 2013, 851). Das kann etwa der Fall sein, wenn der Sachverständige seine Befugnisse überschreitet, etwa wenn er selbständig Beweise würdigt und nicht vorgegebene Anknüpfungstatsachen zugrunde legt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 – XII ZB 280/15, BGHZ 212, 155, 167), wenn er den Eindruck erweckt, er halte eine streitige Behauptung zu Lasten einer Partei für erwiesen oder er schenke den Angaben des Gegners mehr Glauben (Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2017- 5 W 56/17, m.w.N.), oder wenn er auf einen Vorhalt oder eine Frage völlig unangemessen reagiert (Greger, in: Zöller, a.a.O., § 406 Rn. 7; vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2017, 1088; KG, VersR 2009, 566). Hingegen ist das Verfahren der Ablehnung eines Sachverständigen nicht dazu bestimmt zu überprüfen, ob seine Beurteilung der beweisrechtlichen Fragen, um deren Beantwortung er gebeten worden ist, sachlich richtig oder falsch ist. Die wirkliche oder vermeintliche Unzulänglichkeit oder Fehlerhaftigkeit der sachverständigen Begutachtung oder ein Mangel an Sachkunde mögen die Anordnung der Ergänzung oder Erläuterung des Gutachtens oder eine neue Begutachtung durch denselben oder einen anderen Sachverständigen erforderlich machen; die Ablehnung des Sachverständigen rechtfertigten sie nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2005 – VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869; Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2017- 5 W 56/17; Beschluss vom 24. April 2020 – 5 W 16/20).

2. Gemessen daran, hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch des Klägers hier völlig zu Recht für unbegründet erachtet; auch das Beschwerdevorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Betrachtung. Sämtliche von ihm aufgezeigten Umstände vermögen sowohl für sich genommen, als auch bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht die Befürchtung zu rechtfertigen, der Sachverständige stehe dem Kläger nicht unvoreingenommen gegenüber.

a) Dies gilt zunächst für die Gründe, die der Kläger bezüglich der Art und Weise der beabsichtigten Durchführung der Begutachtung durch den Sachverständigen anführt. Weder die Ankündigung, den Auftrag unter Hinzuziehung des Ingenieurbüros S. ausführen zu wollen, noch die Anforderung einer Kampfmittelfreigabe und etwaige daraus resultierende Kosten sind aus der Sicht einer vernünftigen Partei geeignet, Zweifel an der Objektivität des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat seine Absicht einer Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro, dessen Mitgeschäftsführer er ist, rechtzeitig und nachvollziehbar angekündigt; dies begegnet vor dem Hintergrund des § 407 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich keinen Bedenken. Dass er nicht bereit oder in der Lage wäre, den Gutachtenauftrag persönlich auszuführen (§ 407a Abs. 3 ZPO; dazu Greger, in: Zöller, ZPO 33. Aufl. § 407a Rn. 2; Senat, Urteil vom 3. Juli 2020 – 5 U 89/19, VersR 2020, 1448), wie die Beschwerde unter Hinweis auf vermeintliche gesundheitliche Einschränkungen mutmaßt, ist nicht erkennbar. Insoweit kann auch nicht festgestellt werden, dass der Sachverständige, der zur Dauer und den Gründen seiner vormaligen Arbeitsunfähigkeit mit Schreiben vom 13. Dezember 2020 Stellung genommen hatte, nach seiner Genesung die Begutachtung nicht ausreichend selbst vorangetrieben hätte, geschweige denn, dass dies auf einer dem Kläger nachteiligen Einstellung beruhte; vielmehr wird das Verfahren seitdem vorrangig durch die drei aufeinanderfolgenden Ablehnungsgesuche des Klägers bestimmt, zu denen der Sachverständige wiederholt Stellung nehmen musste, die Begutachtung konnte seitdem nicht fortgeführt werden. Im Übrigen hat das Landgericht vollkommen zu Recht ausgeführt, dass die Frage, welche Untersuchungen zur Durchführung der Begutachtung erforderlich sind und wie der Sachverständige dies ausführt die Art und Weise der Begutachtung betrifft; hierüber hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Einschätzung des Sachverständigen zu befinden, der über das erforderliche technische Wissen verfügt. Das gilt auch für die Notwendigkeit einer Kampfmittelfreigabe, die der Sachverständige unbeschadet der Einwände des Klägers mit nachvollziehbaren Erwägungen für erforderlich erachtet hat; dass den geforderten Maßnahmen eine gegen den Kläger gerichtete unsachliche Haltung zugrunde liegen könnte oder der Kläger dies jedenfalls so verstehen durfte, ist nicht ersichtlich, wie das Landgericht zutreffend annimmt, und auch die weiteren Ausführungen aus dem Schriftsatz des Klägers vom 18. Mai 2021 rechtfertigen diese Annahme nicht. Auch der – wiederholte – Hinweis auf die damit verbundenen erheblichen Kosten, die als Konsequenz aus der Notwendigkeit einer Begutachtung zwangsläufig anfallen und die den Parteien schon vor längerer Zeit überschlägig bekannt gegeben wurden (Vorschussschätzung vom 2. April 2019, Bl. 226 ff. GA), gibt dazu keinen Anlass. Durch die vorherige Bekanntgabe des aus seiner Sicht erforderlichen Betrages hat der Sachverständige seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 407a Abs. 1 Satz 2 ZPO entsprochen; danach sollen die Parteien vor der Begutachtung auf das Entstehen hoher Kosten hingewiesen und ihnen Anlass zu der Überlegung gegeben werden, „ob ihnen die Sache das wert ist“ (Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO 40. Aufl., § 407a Rn. 5). Daraus folgt aber nicht die Möglichkeit, dem Sachverständigen vorzugeben, wie dieser den Gutachtenauftrag kostengünstiger zu erledigen habe, und grundsätzlich auch keine Befangenheit, wenn sich dieser aus Gründen, die in der Sache liegen, auf eine solche Diskussion nicht einlässt. Im Übrigen wäre selbst eine angeblich zu hohe Entschädigungsforderung des Sachverständigen im Allgemeinen kein Ablehnungsgrund, sondern grds. mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen zu bekämpfen (vgl. OLG München, VersR 1980, 1124; Greger, in: Zöller, a.a.O., § 406 Rn. 9). Ohnehin ist derzeit völlig offen, welche Partei im Rechtsstreit unterliegen und infolgedessen letztlich diese Kosten zu tragen haben wird (vgl. §§ 91 ff. GA); auch deshalb erweist sich die vom Kläger geäußerte Befürchtung, der Sachverständige sei zu seinen Lasten parteiisch, aus Sicht einer vernünftigen Partei als haltlos.

b) Anhaltspunkte für eine irgendwie geartete Besorgnis der Befangenheit lassen sich entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht mit dem Hinweis des Sachverständigen aus dessen Stellungnahme vom 18. Februar 2021 (Bl. 546 f. GA) rechtfertigen, in der dieser die Vorwürfe des Klägers aus dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Januar 2021 (Bl. 532 ff. GA) und insbesondere den Hinweis zum Alter des Sachverständigen als „stark beleidigend“ bezeichnet hatte. Der Senat teilt uneingeschränkt die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger aus dem – in der Sache vollkommen zutreffenden – Hinweis, dass diese persönlichen Anmerkungen stark beleidigend seien, nicht darauf schließen durfte, der Sachverständige sei fortan tatsächlich beleidigt oder gar ihm gegenüber nicht mehr unvoreingenommen. Die Besorgnis einer Befangenheit kann zwar vorliegen, wenn Äußerungen eines Sachverständigen evident unsachlich oder unangemessen, herabsetzend oder beleidigend sind (OLG Stuttgart, NJW-RR 2017, 1088; Zimmermann, in: MünchKomm-ZPO 6. Aufl., § 406 Rn. 7). Davon abgesehen, ist aber auch eine drastische Ausdrucksweise grundsätzlich hinzunehmen, wenn sie nicht in dem Sinne unangebracht ist, dass sie auf den Adressaten unsachlich oder verletzend wirkt (vgl. zur Richterablehnung Senat, Beschluss vom 7. August 2008 – 5 W 151/08-56, NJW-RR 2009, 287, m.w.N.). Insbesondere kann ein Ablehnungsantrag als unbegründet zurückzuweisen sein, wenn der Sachverständige auf heftige Angriffe einer Partei scharf reagiert, da ein Ablehnungsantrag nicht provoziert werden darf; maßgeblich sind die Verhältnisse im Einzelfall (OLG Karlsruhe, VersR 2014, 351; OLG Zweibrücken, MDR 2013, 1425; Greger, in: Zöller, a.a.O., § 406 Rn. 9). Im Streitfall kann von einer zu scharfen oder gar unangemessenen Reaktion des Sachverständigen auf die zahlreichen, durch nichts belegten und in weiten Teilen die Grenzen des guten Geschmacks überschreitenden Äußerungen aus dem Schriftsatz vom 27. Januar 2021 (Bl. 532 ff. GA), auf deren erneute Wiedergabe an dieser Stelle verzichtet werden soll, keine Rede sein. Die Reaktion des Sachverständigen in der vom Landgericht angeforderten Stellungnahme beschränkte sich darauf, die „emotionalen Ausbrüche des Verfahrensbevollmächtigten“ als „wenig sachdienlich“ und die persönlichen Anmerkungen zu seinem Alter als „stark beleidigend“ zu bewerten. Diese in jeder Hinsicht von Zurückhaltung geprägte, vollkommen sachliche Zurückweisung der gegen ihn erhobenen Anwürfe, die sich im Übrigen an frühere, unbelegt gebliebene Vorhalte, wie der angeblichen Beauftragung durch die Beklagte, anschließen, konnte vom Standpunkt des Klägers aus gesehen, in Kenntnis des Inhaltes des vorausgegangenen Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten (§ 166 BGB), nicht den Eindruck einer unsachlichen Einstellung des Sachverständigen wecken. Sein Ablehnungsgesuch erweist sich deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt sowie darüber hinaus im Rahmen der stets gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände als unbegründet, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, weshalb sein Rechtsmittel gegen die das Gesuch zurückweisende Entscheidung erfolglos bleiben musste.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht gegeben.

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