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Berufungsverfahren – Entstehung von Verfahrens- und Terminsgebühr

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az.: I-24 W 62/08

Beschluss vom 14.08.2008

Vorinstanz: Landgericht Duisburg, Az.: 10 O 432/06


Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg – Rechtspfleger – vom 1. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Beschwerdewert:: 22.308,60 EUR

Gründe:

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Festsetzung aller zweitinstanzlichen Verfahrensgebühren zu Gunsten der Beklagten ist zu Recht erfolgt.

1.

Die Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Festsetzung der 1,1 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200, 3201 RVG-VV. Durch die anwaltliche Vertretung der Beklagten ist auch im Berufungsrechtszug vor dem erkennenden Senat eine Verfahrensgebühr angefallen. Das Entstehen der Verfahrensgebühr II. Instanz setzt voraus, dass in dieser Instanz ein Prozessrechtsverhältnis entstanden ist. Dies ist hier mit Einlegung der Berufung durch die Klägerin am 4. Januar 2008 und deren vom Senat veranlasste Zustellung am 14. Januar 2008 geschehen. Im Übrigen erhält der Anwalt die Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 3 Abs. 2 RVG-VV). Auch diese Voraussetzung liegt vor. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat die Informationen seiner Mandantin zur Erledigung des Berufungsverfahrens entgegengenommen und mit dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin korrespondiert. Eine Bestellung beim Senat war nicht erforderlich.

2.

Die 1,2 Terminsgebühr ist gemäß Nr. 3202 RVG-VV für die Mitwirkung an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts entstanden. Entgegen der Auffassung der Klägerin lösen die außergerichtlichen Gespräche der anwaltlichen Vertreter, die die Klägerin in der Beschwerdeschrift zugestanden hat (§ 288 ZPO), diese Gebühr aus (so zutreffend BGH Beschluss vom 11.06.2008 – XII ZB 11/06 -; ferner BGH NJW-RR 2007, 787; 2007, 286).

3.

Dasselbe gilt für die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV. Zutreffend ist der Rechtspfleger davon ausgegangen, dass die Einigungsgebühr entstanden ist. Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV entsteht die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Vertrag kann auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (BGH NJW 2007, 2187, 2188). Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV soll die frühere Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO ersetzen und gleichzeitig

inhaltlich erweitern. Während die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO durch Verweisung auf § 779 BGB ein gegenseitiges Nachgeben voraussetzte, soll die Einigungsgebühr jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren und dadurch einen Anreiz schaffen, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits zu beschreiten. Durch den Wegfall der bis dahin geltenden Voraussetzung des gegenseitigen Nachgebens wird insbesondere der in der Vergangenheit häufig ausgetragene Streit darüber vermieden, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu bewerten ist (BT-Drucks. 15/1971, S. 147, 204). Unter der Geltung des RVG kommt es deswegen nicht mehr auf einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB, sondern nur noch auf eine Einigung an (vgl. BGH aaO.; ferner BGH-Report 2007, 183 f.; Hartmann, Kostengesetze 37. Aufl. Nr. 1000 VV RVG Rn. 5 und 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 18. Aufl. Nr. 1000 VV RVG Rn. 55; Madert/Müller-Raabe, NJW 2006, 1927, 1929 f.).

Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH BGHReport aaO m.w.N.). Die Einigungsgebühr entsteht demnach nur dann nicht, wenn der von den Beteiligten geschlossene Vertrag das Anerkenntnis der gesamten Forderung durch den Schuldner oder den Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Anspruch ausschließlich zum Inhalt hat (BGH aaO Tz. 6; Goebel/Gottwald/v. Seltmann, RVG Nr. 1000 VV Rn. 3; Gerold/Schmidt/von Eicken/Müller-Rabe aaO. Rn.49). So liegen die Dinge hier aber nicht. Denn die Parteien haben eine Vereinbarung im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG geschlossen. Das Angebot des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schreiben vom 8. Februar 2008 zur von der gesetzlichen Regelung abweichenden Verteilung der entstandenen Kosten bei Rücknahme der Berufung durch die Klägerin hat diese mit Schreiben vom 6. März 2008 angenommen und mit der Rücknahme des Rechtsmittels bestätigt.

Ergibt sich, wie hier, die Erfüllung der in Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV für das Entstehen der Einigungsgebühr erforderlichen Voraussetzungen aus dem Schriftwechsel der Parteivertreter, ist die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren glaubhaft gemacht und damit festsetzbar (vgl. BGH NJW 2007, 2187, 2188).

4.

Glaubhaftmachung reicht nach § 104 Abs. 2 ZPO für die Festsetzung der Kosten aus. Sie erstreckt sich sowohl auf die Entstehung der Kosten, als auch auf die Frage der Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 104 Rn. 3). Im Falle überwiegender Wahrscheinlichkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen ist die Gebühr zugunsten des Antragstellers festzusetzen, denn es gilt insoweit der normale Maßstab des § 294 ZPO. Dass dies nicht gelten soll, wenn die Entstehung der Kosten oder deren Notwendigkeit schwer festzustellen sind, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Zwar sind bei der Kostenfestsetzung durchgängig einfach gelagerte Sachverhalte zu beurteilen. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der gut ausgebildete Rechtspfleger in diesem Verfahren auch schwierige Rechtsfragen entscheidet und tatsächliche Fragen klärt. Zum Zwecke der Aufklärung hat er ggfls.schriftliche Erklärungen von Richtern, Parteien, Verfahrensbevollmächtigten und Zeugen einzuholen, Akten beizuziehen, die Vorlage von Akten oder sonstigen Urkunden anzuordnen sowie einen Augenschein durchzuführen oder ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben (vgl. BGH aaO. m.w.N.)

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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