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Bootskaufvertrag – Festhalten Käufer an Rücktrittserklärung nach Mangelbeseitigung

LG Osnabrück – Az.: 7 S 213/19 – Beschluss vom 31.07.2019

I. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten (2,0 statt 4,0 Gebühren) binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

Gründe

Die Kammer lässt sich bei ihrer Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

I.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat aufgrund der von ihm fehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffende Folgerungen gezogen, die durch das Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht erschüttert werden. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Boot mit einem Motor.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO.

Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Hierzu hat es nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme ausgeführt, dass der Motor nicht frei von Sachmängeln im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB sei, da er sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eigne. Die durchgeführte Beweisaufnahme sei zu dem Ergebnis gekommen, dass Ablagerungen eines Salz-Aluminiumoxid-Gemisches im Kühlwassersystem zu einer Überhitzung des Motors führe, sodass sich dieser regelmäßig abschalte. Dieser Mangel habe auch bei Gefahrübergang vorgelegen. Hierfür streite bereits § 477 BGB. Eine Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 BGB sei nicht erforderlich gewesen, da die Nacherfüllung gemäß § 440 Satz 2 BGB fehlgeschlagen sei. Davon sei das Amtsgericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Das Festhalten der Klägerin am erklärten Rücktritt sei auch nicht gemäß § 242 BGB treuwidrig. Der Mangel habe im Rahmen der Begutachtung zwangsläufig beseitigt werden müssen. Dies sei auch mit den Parteien erörtert worden. Die Klägerin habe dies eigentlich nicht gewollt. Zwar sei die Beseitigung des Mangels durch den Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung im Einverständnis mit der Klägerin erfolgt. Eine Zustimmung habe sie jedoch nicht erteilt. Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 522 Abs. 4 S. 4 ZPO.

II.

Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Motorbootes verurteilt. Die von der Beklagtenseite aufgeführten Einwendungen gegen das Urteil vermögen zu keiner anderen Beurteilung zu führen.

Die Voraussetzung für einen Rücktritt vom Gesamtvertrag liegen nach den Feststellungen des Amtsgerichts, an die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich gebunden ist, vor. Insbesondere hat das Amtsgericht in rechtlich nicht angreifbarer Weise festgestellt, dass derselbe Mangel – wegen dem die Klägerin bereits zweimal erfolglos bei dem Beklagten vorstellig wurde – noch bei Begutachtung des Motorboots durch den Sachverständigen S. vorgelegen hat. Soweit der Beklagte rügt, dass bei dem dritten Termin lediglich davon gesprochen worden sei, dass eine Verölung des Motors vorgelegen habe, so berücksichtigt das die beiden vorherigen Nacherfüllungversuche nicht. Der Beklagte hatte zweimal die Möglichkeit, den Mangel – wobei sich herausgestellt hat, dass dieser auf Ablagerungen eines Salz-Aluminiumoxid-Gemisches im Kühlwassersystem zurückzuführen ist – zu beseitigen, was ihm jedoch nicht gelungen ist. Dann war jedoch die Klägerin auch nicht mehr verpflichtet, dem Beklagten eine weitere Möglichkeit zur Nacherfüllung zu gewähren. Da die Nacherfüllung nach der Regelung des § 440 Satz 2 BGB nach dem erfolglosen zweiten Versuch der Nachbesserung als fehlgeschlagen gilt, war eine Nachfristsetzung durch die Klägerin auch entbehrlich.

Bootskaufvertrag - Festhalten Käufer an Rücktrittserklärung nach Mangelbeseitigung
(Symbolfoto: Von sylv1rob1/Shutterstock.com)

Auch ist das Festhalten am Rücktritt durch die Klägerin – wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht gemäß § 242 BGB treuwidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum alten Schuldrecht ist einer Wandlung dann der Boden entzogen, wenn eine im Einverständnis des Käufers durchgeführte Nachbesserung zur vollständigen Behebung des Mangels geführt hat (BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 – VIII ZR 252/95 –, Rn. 13, zitiert nach juris). Bereits da hat der BGH festgestellt, dass jedenfalls dann, wenn der Mangel durch eine – vertraglich nicht vereinbarte – Nachbesserung bis zum Vollzug der Wandelung zwar erfolgreich, aber ohne Zustimmung des Käufers, also eigenmächtig beseitigt worden ist, das Wandelungsrecht des Käufers unberührt bleibt. Diese Rechtsprechung hat der BGH auch für das neue Schuldrecht bestätigt (BGH, Urteil vom 05. November 2008 – VIII ZR 166/07 –, Rn. 23, zitiert nach juris). In dieser Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass der Kläger, wenn er den Reparaturmaßnahmen des Sachverständigen lediglich nicht entgegengetreten ist, wozu er nach erklärtem Rücktritt auch keine Veranlassung hatte, nicht daran hindert ist, an seinem Rücktritt festzuhalten (BGH, a.a.O.). Vorliegend hat das Amtsgericht durch Nachfrage bei dem Sachverständigen S. festgestellt, dass die Klägerin eine Reparatur eigentlich nicht gewollt habe. Jedoch habe der Gutachter den Mangel aufgrund der Begutachtung zwangsläufig beseitigen müssen. Die Klägerin ist vorliegend nach den Feststellungen des Amtsgerichts lediglich den Reparaturmaßnahmen nicht entgegengetreten. Eine von ihrem Willen getragene Zustimmung zu der Reparaturmaßnahme hat das Amtsgericht gerade nicht feststellen können. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem folgenden Gedanken: Die Klägerin stand hier offenkundig vor der Herausforderung, dass wenn sie sich gegen eine Beseitigung des Mangels sperrt, sie dann Gefahr laufen würde, dass der Mangel nicht festgestellt werden kann mit der Folge, dass die Klägerin dann womöglich beweisfällig geblieben wäre. Dies wäre zu ihren Lasten gegangen. Wenn sie jedoch der Reparatur zugestimmt hätte, wäre sie Gefahr gelaufen, dass sie sich auf ihren Rücktritt wegen Treuwidrigkeit nicht mehr berufen könnte. Es kann dann nach diesem Grundgedanken der Klägerin eine treuwidriges Verhalten nicht deswegen vorgeworfen werden, weil sie sich nicht gegen die Reparaturmaßnahmen gewehrt hat.

Soweit der Beklagte weiterhin rügt, dass lediglich eine Reinigung und keine Reparatur vorgenommen worden sei, so ändert dies nichts an dem Vorliegen eines Mangels. Durch die Ablagerungen eines Salz-Aluminiumoxid-Gemisches im Kühlwassersystem ist es zu einer Überhitzung des Motors gekommen. Dadurch hat der Motor selbstständig abgeschaltet, sodass der Motor nicht mehr genutzt werden konnte. Damit konnte der Motor nicht für seinen eigentlichen Zweck – die Fortbewegung des Bootes ohne menschliche Kraftanstrengung – verwendet werden. Dies stellt – wie das Amtsgericht zu Recht festgestellt hat – einen Mangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB dar.

Dieser Mangel ist auch nicht dadurch unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, dass der Mangel durch eine Reinigung des Motors beseitigt werden konnte. Wie der Sachverständige unangegriffen festgestellt hat, bedurfte es für die Beseitigung des Mangels Kosten in Höhe von insgesamt 275,00 €. Die Erheblichkeit ist in der Regel dann zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen (BGH NJW 2014, 3229). Die Mangelbeseitigungskosten sind betragen vorliegend rund 5,5 %, weshalb der Mangel als erheblich anzusehen ist.

Der Beklagte mag aus Kostengründen über eine Rücknahme der Berufung nachdenken.

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