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Coronapandemie – Flächenbeschränkung für Möbel- und Einrichtungshäuser zulässig?

OVG Lüneburg – Az.: 13 MN 98/20 – Beschluss vom 27.04.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Viertel.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen Regelungen der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus betreffend Beschränkungen für Verkaufsstellen des Einzelhandels.

Die Antragsteller sind von Familienhand geführte Mittelstandsunternehmen. Sie betreiben in der Metropolregion Hannover jeweils Einrichtungshäuser mit Verkaufsflächen im Bereich von 25.000 bis 60.000 m², die in einem Gewerbegebiet belegen sind. Auf der Ausstellungsfläche werden Möbel, Haushaltsgegenstände, Textilien und andere Waren für die Ausstattung des In- bzw. Exterieurs angeboten.

Aufgrund einer vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassenen Allgemeinverfügung vom 23. März 2020 (Nds. MBl. S. 401) und nachfolgenden (1. bis 3.) Verordnungen zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27. März 2020 (Nds. GVBl. S. 48), vom 2. April 2020 (Nds. GVBl. S. 55) und vom 7. April 2020 (Nds. GVBl. S. 63) waren die Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, erließ am 17. April 2020 die (4.) Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus. Diese Verordnung wurde im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 17. April 2020, S. 74 ff., verkündet und trat am 20. April 2020 in Kraft. Die Verordnung sieht unter anderem folgende Regelungen vor:

§ 1

(3) 1Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen:

7. alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern, soweit sie nicht nach § 3 Nrn. 6 und 7 zulässig sind.

2Zulässig im Sinne von Satz 1 Nr. 7 sind auch Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment, das auch regelmäßig Waren umfasst, die dem Sortiment einer der in § 3 Nr. 7 Buchst. a bis t genannten Verkaufsstellen entspricht, wenn die Waren den Schwerpunkt des Sortiments bilden; bilden die betreffenden Waren nicht den Schwerpunkt des Sortiments, so ist der Verkauf nur dieser Waren zulässig.

§ 2

(1) Kontakte einer Person außerhalb der eigenen Wohnung sind nur erlaubt, wenn dabei die in den Absätzen 2 und 3 genannten Bedingungen eingehalten werden.

(2) 1In der Öffentlichkeit einschließlich des Öffentlichen Personenverkehrs hat jede Person soweit möglich einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten. 2Dies gilt auch für die körperliche oder sportliche Betätigung im Freien, nicht jedoch gegenüber solchen Personen, mit denen die pflichtige Person in einer gemeinsamen Wohnung wohnt. 3Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit, die das Abstandsgebot nach Satz 1 gefährden, sind untersagt. 4Dies gilt insbesondere für Gruppenbildungen, Picknick oder Grillen im Freien.

(3) 1Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist vorbehaltlich des Satzes 2 jeder einzelnen Person gestattet. 2Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum sind auf höchstens zwei Personen beschränkt; hiervon ausgenommen sind Zusammenkünfte von Angehörigen sowie Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung leben. 3Ebenfalls ausgenommen sind Ansammlungen von Personen, die sich in einem Wartebereich des Öffentlichen Personenverkehrs unter Wahrung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern zu anderen Personen aufhalten. 4Kontakte und Ansammlungen von Personen an öffentlichen Orten sind zulässig, wenn diese im Zusammenhang mit der Betreuung und Versorgung von hilfebedürftigen Personen stehen, die in sozialen Hilfs- und Beratungseinrichtungen erbracht werden.

§ 3

Unter den Voraussetzungen des § 2 zulässig sind insbesondere die nachfolgend genannten Verhaltensweisen:

Coronapandemie - Flächenbeschränkung für Möbel- und Einrichtungshäuser zulässig?
Symbolfoto: Von EvGavrilov /Shutterstock.com

7. unter Beachtung der Anforderungen des § 8 die Versorgung in Verkaufsstellen und Geschäften mit nicht mehr als 800 Quadratmetern tatsächlich genutzter Verkaufsfläche; dazu zählen auch Verkaufsstellen in Einkaufscentern; unabhängig von der Größe der tatsächlich genutzten Verkehrsfläche ist zulässig die Versorgung in den folgenden Betrieben und Einrichtungen:

a) Lebensmittelhandel,

b) Wochenmärkte,

c) landwirtschaftlicher Direktverkauf, Hofläden,

d) Getränkemärkte,

e) Abhol- und Lieferdienste,

f) Großhandel mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs,

g) Bau- und Gartenmärkte,

h) Tierbedarfshandel,

i) Brief- und Versandhandel,

j) Poststellen,

k) Banken, Sparkassen und Geldautomaten,

l) Tankstellen,

m) Kraftfahrzeug- oder Fahrrad-Werkstätten,

n) Reinigungen,

o) Zeitungsverkaufsstellen,

p) Waschsalons,

q) Verkaufsstellen für Fahrkarten für den Öffentlichen Personenverkehr,

r) Blumenläden,

s) Kraftfahrzeughandel und Fahrradhandel,

t) Buchhandlungen;

§ 8

(1) 1Die Betreiberinnen und Betreiber von Verkaufsstellen und Ladengeschäften nach § 3 Nr. 7 sind verpflichtet, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Kundinnen und Kunden sicherzustellen. 2Sie haben sicherzustellen, dass sich nur so viele Kundinnen und Kunden in den Verkaufsräumen befinden, dass durchschnittlich 10 Quadratmeter Verkaufsfläche je anwesende Person gewährleistet sind. 3Die Berechnung der Verkaufsfläche richtet sich nach der Baunutzungsverordnung. 4Die Betreiberinnen und Betreiber haben Vorkehrungen zu treffen, die den Zutritt zu den Verkaufsflächen steuern, Warteschlangen vermeiden und Anforderungen der Hygiene gewährleisten.

(2) 1In Einkaufscentern haben deren Betreiberinnen und Betreiber Vorkehrungen zu treffen, um zur Einhaltung der Vorgaben des Absatz 1 Satz 2 den Zutritt an den Haupteingängen zu steuern. 2Sie haben ferner Vorkehrungen zu treffen, dass es auf den Verkehrsflächen nicht zu Ansammlungen kommt, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen nicht eingehalten wird. 3In Einkaufscentern dürfen keine Getränke und Speisen zum Verzehr vor Ort angeboten werden. 4Die Verpflichtungen der Betreiberinnen und Betreiber der Verkaufsstellen nach Absatz 1 bleiben unberührt.

§ 13

1Diese Verordnung tritt am 20. April 2020 in Kraft und mit Ablauf des 6. Mai 2020 außer Kraft. 2Abweichend von Satz 1 treten die §§ 1a, 2a, 2b, 7a, 10 Abs. 3 und § 10a am 19. April 2020 in Kraft und § 1 Abs. 6 mit Ablauf des 31. August 2020 außer Kraft.

Die Antragsteller haben am 20. April 2020 bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrolleilantrag gestellt, mit dem sie eine einstweilige Außervollzugsetzung der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 begehren, soweit deren Regelungen sie daran hindern, ihre Geschäfte vollständig zu öffnen. Sie seien durch diese Regelungen in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 2 und 14 GG verletzt. Die Verordnung verstoße gegen das Übermaßverbot und das Folgerichtigkeitsgebot. Als Schutzmaßnahme notwendig sei auch für die Einrichtungshäuser nur eine Beauflagung nach § 8 der Verordnung, wie sie auch gegenüber anderen nicht flächenbeschränkten Verkaufsstellen des Einzelhandels erfolge. Gerade große Verkaufsstellen, wie die von ihnen betriebenen, seien ohne Weiteres in der Lage, das allgemeine Abstandsgebot sicherzustellen sowie einer Kundenverdichtung und damit verbundenen Infektionsgefahren vorzubeugen. Sie könnten problemlos Areale von bis zu 100m² je Kunde einrichten. Zudem hätten sie Hygienekonzepte entwickelt. Die in der Verordnung vorgesehene Begrenzung der Verkaufsfläche sei sachlich nicht gerechtfertigt. Die absolute Grenze von 800 m² sei willkürlich gewählt und ein bloßes „Produkt politischer Wertung“. Sie habe keinen Bezug zu den Gefährdungsanalysen des Eufach0000000017s. Nach der richtigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. April 2020 habe die Anknüpfung an die Baunutzungsverordnung keinen unmittelbaren gefahrenabwehrrechtlichen Impetus und sei die Flächenbeschränkung nicht geeignet, unmittelbar infektionsschutzrechtlichen Zwecken zu dienen. Auch der Verordnungsgeber verfolge nur mittelbar einen infektionsschutzrechtlichen Zweck. Wegen der massiven Grundrechtseingriffe sei aber eine unmittelbare Zweckverfolgung unerlässlich. Auch die mittelbare Steuerungswirkung trete zudem nicht ein. Denn eine Sogwirkung des großflächigen Einzelhandels folge nicht aus der Verkaufsfläche, sondern aus dem Warenangebot. Ein konsistentes Regelungskonzept fehle in der angegriffenen Verordnung. Entscheidend für die Verhinderung von Infektionsgefahren könne nur sein, wie viele Kunden sich auf einer Fläche begegneten, ob das Abstandsgebot eingehalten werden könne und ob ein Unternehmen eine eigenverantwortliche Kontrolle etabliere. Dies habe der Normgeber für bestimmte ausgewählte Verkaufsstellen des Einzelhandels durchaus erkannt, verweigere aber eine Gleichbehandlung anderer Verkaufsstellen. Nachvollziehbare Gründe für eine Ungleichbehandlung der Einrichtungshäuser etwa gegenüber Bau- und Gartenmärkten, die hinsichtlich Verkaufskonzept, Größe und Lage strukturgleich seien und auch ein vergleichbares bis identisches Sortiment aufwiesen, aber auch gegenüber Fahrrad-, KfZ- und Buchhandlungen seien nicht erkennbar. Solche Gründe könnten jedenfalls nicht in einer erwarteten Besucherfrequenz gesehen werden. Denn unabhängig davon, ob insoweit Wahrscheinlichkeiten aus „Vor-Corona-Zeiten“ herangezogen werden dürften, trete die Kundenverdichtung typischerweise in Innenstadtbereichen, nicht aber in Gewerbegebieten ein. Auch könne es durch verordnete Angebotsbeschränkungen zu Nachfrageverschiebungen kommen, so dass sich ein wohl befürchteter „Erlebnischarakter“ beim Besuch eines Einrichtungshauses nun bei Baumärkten, Fahrrad- oder Buchhandlungen einstellen könnte. Durch eine breitflächigere Öffnung werde es vielmehr Verteilungseffekte geben. Andere Länder, etwa das mit weitaus höheren Infektionszahlen belastete Nordrhein-Westfalen, hätten dies erkannt und auch Einrichtungshäusern die Öffnung ohne Flächenbeschränkungen wieder gestattet. Auch wenn die Gefährdungsbeurteilung jedes Land selbst vorzunehmen habe, müsse es die überregionalen Wirkungen seiner Regelungen berücksichtigen. Dies geschehe nicht, wenn insbesondere im Westen Niedersachsens Besucherströme über Landesgrenzen hinweg hinausgefordert würden. Ungeachtet der mangelnden Erforderlichkeit sei die Flächenbeschränkung nur für bestimmte Verkaufsstellen auch nicht angemessen. Das Gewicht der damit verbundenen Grundrechtsverletzung nehme mit der Fortdauer der Beschränkung zu. Die Flächenbeschränkung verstoße auch gegen das Folgerichtigkeitsgebot. Die Aufzählung der Privilegierungstatbestände in § 3 Nr. 7 Halbsatz 2 Buchst. a bis t der Verordnung habe jedenfalls mittlerweile jegliche Kohärenz eingebüßt. Die restriktionsfreie Öffnung insbesondere für Fahrrad-, Kfz- oder Buchhandlungen sei vor dem Sicherheitsdenken des Infektionsschutzgesetzes nicht zu erklären. Soweit mit diesen Öffnungen wirtschaftspolitische Lenkungseffekte verfolgt würden, sei dies mit dem Zweck der Eingriffsermächtigung nicht zu vereinbaren. Auch die gebotene Folgenabwägung zwinge zur einstweiligen Außervollzugsetzung der Flächenbeschränkung. Durch den weiteren Vollzug der angegriffenen Verordnung komme es zu schwerwiegenden und partiell irreversiblen Eingriffen in ihre Freiheitsgrundrechte, denn die Betriebstätigkeit sei komplett untersagt. Ohne Aussicht auf Öffnung würden aber selbst finanziell gesunde Unternehmen zwangsläufig mit einer Liquiditätskrise konfrontiert und erhöhe sich die Gefahr einer Insolvenz und des Verlusts von Arbeitsplätzen. Demgegenüber sei bei einer Aufhebung der Flächenbeschränkung nicht mit signifikanter Wahrscheinlichkeit mit (deutlich) vermehrten Infektionsfällen zu rechnen; jedenfalls nicht im höheren Maße, als durch die partielle Lockerung im Übrigen. Diese belege vielmehr, dass die Erkrankungen mit COVID-19, insbesondere der gravierende Verlauf, gegenwärtig als beherrschbar angesehen werde.

Die Antragsteller regen an, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, und beantragen, die Suspendierung der Verordnung, als darin Möbel- und Einrichtungshäusern oberhalb einer Verkaufsfläche von 800m² die Öffnung und der Verkauf am Betriebsort (in den Geschäftsräumen der Möbel- und Einrichtungshäuser) untersagt werden, hilfsweise eine Regelungsanordnung, welche die Ausnahmetatbestände in § 3 Nr. 7 Buchst. a bis t der Verordnung um Möbel- und Einrichtungshäuser erweitert, ferner hilfsweise, wenigstens eine Erweiterung um Möbel- und Einrichtungshäuser belegen in einem Gewerbegebiet zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die angefochtene Verordnung. Die in § 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der Verordnung bezeichneten großflächigen Einzelhandelsgeschäfte zeichneten sich dadurch aus, dass dort typischerweise zahlreiche Menschen auf einem räumlich umgrenzten Bereich zusammenkämen. Aufgrund der hohen Infektiosität des Corona-Virus steige proportional zur Größe der Geschäfte und der Verkaufsflächen schon durch die erhöhte Zahl dort anwesender Kunden auch die Infektionsgefahr. Den mit solchen Ansammlungen verbundenen infektionsschutzrechtlichen Gefahren wolle die Verordnung vorbeugen, um die bisher erreichten Erfolge in der Corona-Bekämpfung nicht wieder zunichte zu machen. Nach der Einschätzung des Eufach0000000017s sei die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung im gesamten Bundesgebiet unverändert hoch und für die Risikogruppen sogar sehr hoch. Die Kontaktreduzierung sei eine wesentliche Handlungsempfehlung des Instituts. Dies erfordere die Beschränkung der tatsächlich genutzten Verkaufsfläche. Durch diese Flächenbeschränkung und zugleich die Beschränkung der Höchstzahl von Kunden in Relation zur Verkaufsfläche werde die Größe der Ansammlung in der Verkaufsstelle reduziert. Zugleich verringere sich die Anziehungswirkung auf die Bevölkerung, und „unnötige Einkaufsbummel oder Waren-Sightseeing-Touren“ würden vermieden. Unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers eindeutig gleich geeignete, aber weniger belastende Maßnahmen stünden nicht zur Verfügung. Eine solche Maßnahme sei nicht die Begrenzung auf eine Höchstzahl von Kunden im Geschäft. Denn hiermit werde die Anziehungskraft nicht in gleicher Weise reduziert wie durch eine Flächenbeschränkung. Zudem würde der Hotspot von der Verkaufsstelle in deren Umfeld verlagert, wo es in Warteschlangen und auf Parkplätzen wiederum zu größeren Personenansammlungen kommen könne. Die Flächenbeschränkung könne die Einhaltung der Hygieneregeln sowie die Reinigung und regelmäßige Desinfektion der Flächen besser gewährleisten, was auf einer – im Falle gerade der Antragsteller sogar erheblich – größeren Fläche deutlich schwieriger und nur mit mehr Personaleinsatz möglich sei, was wiederum eine Erhöhung der Personenkontakte mit sich bringe. Bauliche Veränderungen zur Begrenzung der tatsächlichen Verkaufsfläche, verstanden als für das öffentliche Publikum zugänglicher Fläche, würden nicht gefordert. Es sei ausreichend, die Fläche erkennbar zu kennzeichnen, etwa durch Hinweisschilder oder Absperrband. Im Falle eines gemischten Sortiments im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 der Verordnung dürften in § 3 Nr. 7 Halbsatz 2 Buchst. a bis t der Verordnung genannte Waren ohne Beschränkung der Verkaufsfläche verkauft werden. Die Flächenbeschränkung belaste die Antragsteller auch nicht unangemessen. Ihnen bleibe die Möglichkeit des Onlinehandels. Auf der zulässigen Verkaufsfläche von bis zu 800 m² könnten Waren präsentiert und auch persönliche Beratungsgespräche geführt werden. Der verbleibende Grundrechtseingriff sei durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt.

Die grundsätzliche Flächenbeschränkung in § 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der Verordnung verstoße auch mit Blick auf die Ausnahmen in § 3 Nr. 7 Halbsatz 2 Buchst. a bis t der Verordnung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es handele sich um eine konsequente Regel-Ausnahme-Systematik. Die Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt. Die ohne Flächenbeschränkung zugelassene Öffnung von Verkaufsstellen diene der Versorgung mit Lebensmitteln oder anderen Waren des täglichen Lebens, auf die die Bevölkerung nicht mehr verzichten könne. Die Baumärkte seien insoweit mit den Einrichtungshäusern nicht vergleichbar. Das Warensortiment überschneide sich nur teilweise. Das Kerngeschäft der Baumärkte bestehe darin, Material für notwendige Reparaturarbeiten bereitzustellen. Die Öffnung von Handlungen für Kfz- und Fahrräder sei angesichts deren aktueller Bedeutung als individuelle Verkehrsmittel geboten. In einer Buchhandlung könne der Publikumsverkehr besser geregelt werden als in Einrichtungshäusern. Der Verweis auf Regelungen anderer Länder begründe von vorneherein keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Im Übrigen dürften die örtlichen infektionsschutzrechtlich relevanten Verhältnisse nicht ausgeblendet werden. Den von den Antragstellern befürchteten Reisetourismus in Einrichtungshäuser, die in angrenzenden Ländern geöffnet seien, erwarte er, anders als bei den Bau- und Gartenmärkten, nicht. Auch die Folgenabwägung gebiete keine einstweilige Außervollzugsetzung der Verordnung. Die Antragsteller hätten nur mögliche zukünftige Liquiditätsprobleme vorgebracht, aber keine Existenzgefährdung behauptet. Zu möglichen staatlich-finanziellen Hilfemaßnahmen hätten sie sich nicht verhalten. Bei Einrichtungsgegenständen könnten nach Aufhebung der Flächenbeschränkung zudem Nachholeffekte eintreten. Die sich danach ergebenden Aussetzungsinteressen würden von den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Verordnung überwogen.

Die (4.) Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 wurde durch die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 24. April 2020 (Nds. GVBl. S. 84) mit Wirkung vom 27. April 2020 teilweise geändert. Unter anderem wurde Besuchern von Verkaufsstellen des Einzelhandels die Verpflichtung auferlegt, „eine textile Barriere als Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen“.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Normenkontrolleilantrag bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist teilweise bereits unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter. Anlass für die von den Antragstellern angeregte mündliche Verhandlung sieht der Senat nicht. Es ist weder nachvollziehbar dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Antragsteller sich gerade oder nur mündlich hinreichend Gehör verschaffen könnten.

1. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die (4.) Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020, zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 24. April 2020 (Nds. GVBl. S. 84), ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 16 ff.).

Der Normenkontrolleilantrag ist aber nur hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, der entsprechend dem tatsächlichen Begehren dahin auszulegen ist, dass die Antragsteller die einstweilige Außervollzugsetzung der §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 die Verordnung beantragen, soweit damit Möbel- und Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² geschlossen werden. Die auf eine Normergänzung gerichteten Hilfsanträge, die Ausnahmetatbestände in § 3 Nr. 7 Buchst. a bis t der Verordnung um Möbel- und Einrichtungshäuser zu erweitern oder wenigstens eine Erweiterung um in einem Gewerbegebiet belegene Möbel- und Einrichtungshäuser zuzulassen, sind hingegen unzulässig. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist die Gültigkeit einer Rechtsvorschrift. Die Norm muss – wie es in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO heißt und auch für § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt – „erlassen“, also jedenfalls bereits verkündet sein. Eine Normenkontrolle, die auf Erlass einer untergesetzlichen Regelung gerichtet ist, ist daher unstatthaft. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO für unwirksam. Ein Rechtsgrund für eine Unwirksamkeit kann darin liegen, dass der Normgeber unter Verstoß gegen höherrangiges Recht einen bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt und damit eine rechtswidrige, unvollständige Regelung erlassen hat. Zielt ein Normenkontrollantrag dagegen auf Ergänzung einer vorhandenen Norm, ohne deren Wirksamkeit in Frage zu stellen, ist der Weg der Normenkontrolle nicht eröffnet. Auch der Wortlaut des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist eindeutig und lässt keinen Raum für Ergänzungen des Tenors über die Feststellung der Unwirksamkeit hinaus. Das Normenkontrollgericht hat sich auf die Kassation von Rechtsvorschriften zu beschränken und muss sich nicht zu Möglichkeiten einer Fehlerbehebung verhalten. Es ist nicht Aufgabe des Normenkontrollverfahrens, eine bestimmte Art der Fehlerbehebung durch Feststellungen, die über den Ausspruch der Unwirksamkeit hinausgehen, in den Raum zu stellen, bevor der Normgeber darüber entschieden hat. Denn es ist grundsätzlich Sache des Normgebers, welche Konsequenzen er aus der gerichtlich festgestellten Fehlerhaftigkeit zieht. Das folgt aus der im Gewaltenteilungsgrundsatz angelegten Entscheidungsfreiheit der rechtsetzenden Organe. Auch die Verpflichtung des Normgebers, die Entscheidungsformel im Falle der Erklärung als unwirksam nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre, spricht dafür, dass eine stattgebende Normenkontrollentscheidung (nur) die Kassation der Norm zur Folge hat. Mit dem actus contarius der Veröffentlichung wird spiegelbildlich zur Verkündung inter omnes Kenntnis von der Unwirksamkeit vermittelt und der Rechtsschein der Norm verlässlich beseitigt. Damit verträgt sich ein Ausspruch nicht, der die Ergänzungsbedürftigkeit einer Norm zum Gegenstand hat (vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urt. v. 16.4.2015 – BVerwG 4 CN 2.14 -, BVerwGE 152, 55, 56 f. – juris Rn. 4 m.w.N.).

Soweit der Normenkontrolleilantrag zulässig ist, sind die Antragsteller auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sie können geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Als Inhaber von Möbel- und Einrichtungshäusern sind sie von den dargestellten Beschränkungen nach §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 die Verordnung betroffen. Dies lässt es möglich erscheinen, dass sie in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verletzt sind. Eine darüberhinausgehende Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition erscheint hingegen fraglich. Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier durch §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der Verordnung betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. – juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 – juris Rn. 79 m.w.N.).

Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

2. Der zulässige (Haupt-)Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 – BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 – 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 – 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 – 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bleibt der (Haupt-)Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020, soweit damit Möbel- und Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² geschlossen werden, ohne Erfolg. Ein in der Hauptsache zulässigerweise zu stellender Normenkontrollantrag wird voraussichtlich unbegründet sein (a.). Zudem überwiegen die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe nicht (b.).

a. Ein in der Hauptsache zulässigerweise zu stellender Normenkontrollantrag (vgl. hierzu oben II.1.) bleibt voraussichtlich ohne Erfolg. Nach der derzeit nur gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020, soweit damit Möbel- und Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² geschlossen werden, formell und materiell rechtmäßig ist.

(1) Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der hier maßgeblichen zuletzt durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) mit Wirkung vom 28. März 2020 geänderten Fassung. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, drängen sich dem Senat nicht auf (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 – 1 B 97/20 -, juris Rn. 24 ff.; Hessischer VGH, Beschl. v. 7.4.2020 – 8 B 892/20.N -, juris Rn. 34 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.4.2020 – 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 36 ff.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 – 20 NE 20.632 -, juris Rn. 39 ff.; Beschl. v. 30.3.2020 – 20 CS 20.611 -, juris 17 f.).

(2) Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. März 2017 (Nds. GVBl. S. 65), betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung zum Erlass der Verordnung zuständig.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV ist die Verordnung von der das Ministerium vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 17. April 2020, S. 74 ff., verkündet worden.

§ 13 der Verordnung bestimmt, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.

Auch dem Art. 43 Abs. 2 Satz 1 NV (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 – 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 – juris Rn. 152 ff. (zu Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG); Steinbach, in: Epping/Butzer u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 43 Rn. 20 m.w.N.) dürfte die (4.) Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 genügen.

(3) Die Regelung in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020, soweit damit Möbel- und Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² geschlossen werden, dürfte auch die materiellen Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG erfüllen.

Nach § 32 Satz 1 IfSG dürfen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden.

(a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind erfüllt.

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Es wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nrn. 3 ff. IfSG) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Weltweit sind derzeit mehr 2.700.000 Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert und mehr als 190.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 26.4.2020). Derzeit sind im Bundesgebiet mehr als 154.000 Menschen infiziert und mehr als 5.600 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben und in Niedersachsen mehr als 9.700 Menschen infiziert und mehr als 380 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch Institut (RKI), COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 26.4.2020).

COVID-19 ist jedenfalls eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege mit den Leitsymptomen Fieber und Husten. Bei 81 % der Patienten ist der Verlauf mild, bei 14 % schwer und 5 % der Patienten sind kritisch krank. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome – ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin v. 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.3.2020). Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Raucher (bei schwacher Evidenz), stark adipöse Menschen, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Eine Impfung oder eine spezifische Medikation sind derzeit nicht verfügbar. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 86%. Die Erkrankung ist sehr infektiös, und zwar nach Schätzungen von etwa 2 Tagen vor Symptombeginn bis zum achten Tag nach Symptombeginn. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich im Wege der Tröpfcheninfektion. Auch eine Übertragung durch Aerosole und kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber wenig wahrscheinlich. Es ist zwar offen, wie viele Menschen sich insgesamt in Deutschland mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren werden. Schätzungen gehen aber von bis zu 70 % der Bevölkerung aus, es ist lediglich unklar, über welchen Zeitraum dies geschehen wird. Grundlage dieser Schätzungen ist die so genannte Basisreproduktionszahl von COVID-19. Sie beträgt ohne die Ergreifung von Maßnahmen 2,4 bis 3,3. Dieser Wert kann so interpretiert werden, dass bei einer Basisreproduktionszahl von etwa 3 ungefähr zwei Drittel aller Übertragungen verhindert werden müssen, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888, Stand: 24.4.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 22.4.2020).

Auch wenn nach derzeitigen Erkenntnissen nur ein kleiner Teil der Erkrankungen schwer verläuft, könnte eine ungebremste Erkrankungswelle aufgrund der bisher fehlenden Immunität und nicht verfügbarer Impfungen und spezifischer Therapien zu einer erheblichen Krankheitslast in Deutschland führen. Bei vielen schweren Verläufen muss mit einer im Verhältnis zu anderen schweren akuten respiratorischen Infektionen (SARI) – vermutlich sogar deutlich – längeren intensivmedizinischen Behandlung mit Beatmung/zusätzlichem Sauerstoffbedarf gerechnet werden. Selbst gut ausgestattete Gesundheitsversorgungssysteme wie das in Deutschland können hier schnell an Kapazitätsgrenzen gelangen, wenn sich die Zahl der Erkrankten durch längere Liegedauern mit Intensivtherapie aufaddiert. Dieser Gefahr für das Gesundheitssystem und daran anknüpfend der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kann derzeit, da weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie in konkret absehbarer Zeit zur Verfügung stehen, nur dadurch begegnet werden, die Verbreitung der Erkrankung so gut wie möglich zu verlangsamen, die Erkrankungswelle auf einen längeren Zeitraum zu strecken und damit auch die Belastung am Gipfel leichter bewältigbar zu machen (vgl. zur aktuellen Zahl – gemeldeter – freier Krankenhausbetten mit Beatmungskapazität: DIVI Intensivregister, Tagesreport, veröffentlicht unter: www.divi.de/images/Dokumente/Tagesdaten_Intensivregister_CSV/DIVI-IntensivRegister_Tagesreport_2020_04_26.pdf, Stand: 26.4.2020). Neben der Entwicklung von Impfstoffen und spezifischen Therapien sowie der Stärkung des Gesundheitssystems und der Erhöhung der medizinischen Behandlungskapazitäten, die indes nicht sofort und nicht unbegrenzt möglich sind, bedarf es hierzu zuvörderst der Verhinderung der Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko, des Schaffens sozialer Distanz und ähnlich wirkender bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen sowie des gezielten Schutzes und der Unterstützung vulnerabler Gruppen (vgl. hierzu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Public Health, Epidemiologisches Bulletin Nr. 12/2020 v. 19.3.2020, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/ 2020/Ausgaben/12_20.pdf?__blob=publicationFile; Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 26.3.2020).

Die danach vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verpflichten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 – BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 – juris Rn. 23).

Zugleich steht fest, dass die Maßnahmen nicht auf die Rechtsgrundlage des § 16 Abs. 1 IfSG gestützt werden können. Denn die Rechtsgrundlagen einerseits des § 16 Abs. 1 IfSG im Vierten Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes „Verhütung übertragbarer Krankheiten“ und andererseits des § 28 Abs. 1 IfSG im Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes „Bekämpfung übertragbarer Krankheiten“ stehen in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander; der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 IfSG ist nur eröffnet, solange eine übertragbare Krankheit noch nicht aufgetreten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 – BVerwG I C 60.67 -, BVerwGE 39, 190, 192 f. – juris Rn. 28 (zu §§ 10 Abs. 1, 34 Abs. 1 BSeuchG a.F.); Senatsurt. v. 3.2.2011 – 13 LC 198/08 -, juris Rn. 40).

(b) Der Senat vermag derzeit auch keine relevanten Fehler des vom Antragsgegner bei Erlass der §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020, soweit damit Möbel- und Einrichtungshäuser für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² geschlossen werden, betätigten Ermessens festzustellen.

(aa) Dies gilt zunächst für den durch die Regelung betroffenen Adressatenkreis. Wird ein Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider festgestellt, begrenzt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den Handlungsrahmen der Behörde nicht dahin, dass allein Schutzmaßnahmen gegenüber der festgestellten Person in Betracht kommen. Die Vorschrift ermöglicht Regelungen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen. Bei ihnen steht fest oder besteht der Verdacht, dass sie Träger von Krankheitserregern sind, die bei Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 1 bis Nr. 3 IfSG verursachen können. Wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr, eine übertragbare Krankheit weiterzuverbreiten, sind sie schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts als „Störer“ anzusehen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch (sonstige) Dritte („Nichtstörer“) Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 212 f. – juris Rn. 25 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.4.2020 – OVG 11 S 14/20 -, juris Rn. 8 f.).

Aus infektionsschutzrechtlicher Sicht maßgeblich ist insoweit allein der Bezug der durch die konkrete Maßnahme in Anspruch genommenen Person zur Infektionsgefahr. Dabei gilt für die Gefahrenwahrscheinlichkeit kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Vielmehr ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 216 – juris Rn. 32).

Nach der Risikobewertung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu berufenen RKI im täglichen „Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“ vom 25. April 2020 besteht auch in Deutschland unverändert eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Die Zahl der Fälle in Deutschland steigt weiter an. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit „insgesamt als hoch“ eingeschätzt, „für Risikogruppen als sehr hoch“ (vgl. www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-04-25-de.pdf?__blob=publicationFile, Stand: 25.4.2020). Aufgrund dieser Bewertung besteht für jeden Adressaten der Verordnung ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr.

(bb) Auch die Art der vom Antragsgegner konkret gewählten Schutzmaßnahme ist nicht ersichtlich ermessensfehlerhaft.

§ 28 Abs. 1 IfSG liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 213 – juris Rn. 26 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 f.). Der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 2.4.2020 – 3 MB 8/20 -, juris Rn. 35). „Schutzmaßnahmen“ im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können daher auch Untersagungen oder Beschränkungen von unternehmerischen Tätigkeiten in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sein (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 – 1 B 97/20 -, juris Rn. 41; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 – 20 CS 20.611 -, juris Rn. 11 ff. (Schließung von Einzelhandelsgeschäften)). Dem steht nicht entgegen, dass § 31 IfSG eine Regelung für die Untersagung beruflicher Tätigkeiten gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen, Ausscheidern und sonstigen Personen trifft. Denn diese Regelung ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG („insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten“) nicht abschließend. Auch die mangelnde Erwähnung der Grundrechte nach Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG in § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG steht der dargestellten Auslegung nicht entgegen. Denn das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, welches § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG zu erfüllen sucht, besteht nur, soweit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG „ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann“. Von derartigen Grundrechtseinschränkungen sind andersartige grundrechtsrelevante Regelungen zu unterscheiden, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundrecht vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen vornimmt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.5.1970 – 1 BvR 657/68 -, BVerfGE 28, 282, 289 – juris Rn. 26 ff. (zu Art. 5 Abs. 2 GG); Beschl. v. 12.1.1967 – 1 BvR 168/64 -, BVerfGE 21, 92, 93 – juris Rn. 4 (zu Art. 14 GG); Urt. v. 29.7.1959 – 1 BvR 394/58 -, BVerfGE 10, 89, 99 – juris Rn. 41 (zu Art. 2 Abs. 1 GG). Hierzu zählen auch die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG.

Der danach weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dahin begrenzt, dass die Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall „notwendig“ sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind. Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 – 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

(cc) Die in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 angeordnete Schließung von Möbel- und Einrichtungshäusern für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² ist auch in ihrem konkreten Umfang voraussichtlich nicht zu beanstanden. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die vom Antragsgegner angeordnete Beschränkung der Verkaufsfläche zur Erreichung der mit der Anordnung verfolgten Ziele (siehe hierzu im Einzelnen oben II.2.a.(3)(a)) nicht notwendig ist, sind für den Senat nicht ersichtlich.

Auch wenn sich das Infektionsgeschehen aufgrund der von den Infektionsschutzbehörden ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt hat und insbesondere die Zahl der Neuinfektionen, aber auch die Zahl der tatsächlich (noch) Infizierten zurückgegangen ist, besteht die Gefahr der Verbreitung der Infektion und die daran anknüpfende Gefahr der mangelnden hinreichenden Behandelbarkeit schwer verlaufender Erkrankungen wegen fehlender spezifischer Behandlungsmöglichkeiten und nicht unbegrenzt verfügbarer Krankenhausbehandlungsplätze fort. Ein Wegfall dieser Gefahren vermag der Senat auch derzeit noch nicht festzustellen. Das danach unverändert legitime Ziel der Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19, der durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, kann nur erreicht werden, wenn neben der Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko sowie dem gezielten Schutz und der Unterstützung vulnerabler Gruppen auch „soziale“ Distanz, vornehmlich verstanden als körperliche Distanz, geschaffen und ähnlich wirkende bevölkerungsbezogene antiepidemische Maßnahmen ergriffen werden. Dies kann auch Beschränkungen des unmittelbaren Kontakts zwischen verschiedenen Personen, gleich ob im öffentlichen oder im privaten Raum, rechtfertigen. Dies betrifft insbesondere Ansammlungen zahlreicher, untereinander nicht bekannter Personen, weil bei solchen Personenansammlungen Krankheitserreger besonders leicht übertragen werden können und zudem mangels Bekanntheit der Personen untereinander die Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird.

Die Legitimität dieser infektionsschutzrechtlichen Ziele wird entgegen der Auffassung der Antragsteller von vorneherein nicht dadurch infrage gestellt, dass die zur Zielerreichung ergriffenen Maßnahmen jedenfalls teilweise nur mittelbare Wirkung auf das Infektionsgeschehen zeigen.

Zur Erreichung der infektionsschutzrechtlich legitimen Ziele ist die in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 angeordnete Schließung von Möbel- und Einrichtungshäusern für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² unter zwei Aspekten geeignet.

Zum einen wird durch die Flächenbeschränkung auch die Größe der Ansammlung von Personen in der Verkaufsstelle selbst reduziert. Denn aufgrund der ergänzend in § 8 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung getroffenen Regelung dürfen sich „nur so viele Kundinnen und Kunden in den Verkaufsräumen befinden, dass durchschnittlich 10 Quadratmeter Verkaufsfläche je anwesende Person gewährleistet sind“. Im Zusammenhang mit dieser Regelung folgt aus der Flächenbeschränkung in § 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der Verordnung eine Reduzierung der Zahl der in der Verkaufsstelle gleichzeitig anwesenden Personen auf 80. Aufgrund der so reduzierten Verkaufsfläche und der Zahl gleichzeitig in der Verkaufsstelle anwesender Kunden ist besser gewährleistet, dass der Inhaber der Verkaufsstelle und das von diesem eingesetzte Personal die Beachtung des Abstandsgebots durch die Kunden überwachen und die Hygieneregeln einhalten können.

Zum anderen bewirkt die Beschränkung der tatsächlichen Verkaufsfläche, auch verstanden als die Fläche, auf der Waren dem Kunden unmittelbar zum Erwerb präsentiert werden dürfen, eine Reduzierung des Warenangebots. Hiermit verbunden ist nach Auffassung des Senats nahezu zwangsläufig auch eine Reduzierung der Attraktivität des Warenangebots und damit auch der besonderen Anziehungskraft großflächiger Einzelhandelsgeschäfte für eine Vielzahl von Kunden aus einem großen Einzugsbereich und deren Ansammlung in der Verkaufsstelle selbst und auch in deren unmittelbarem Umfeld. Großflächige Einzelhandelsgeschäfte verfügen regelmäßig entweder über ein Sortiment aus vielen verschiedenen Warengruppen (so etwa Kaufhäuser) oder ein breiteres Sortiment einer bestimmten Warengruppe (so etwa Technikmärkte oder Einrichtungshäuser). Soweit die Antragsteller die hiermit verbundene besondere und auch überregionale Anziehungskraft großflächiger Einzelhandelsgeschäfte in Zweifel zu ziehen versuchen (vgl. dahin auch VG Hamburg, Beschl. v. 21.4.2020 – 3 E 1675/20 -, V.n.b. Umdruck S. 7), folgt dem der Senat nicht (so auch OVG Bremen, Beschl. v. 23.4.2020 – 1 B 107/20 -, Umdruck S. 7). Ungeachtet der Frage, ob dieser Umstand als allgemein bekannt angesehen werden kann, hat er jedenfalls eine normative Niederlegung in der Regelvermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO gefunden, wonach anzunehmen ist, dass großflächige Einzelhandelsbetriebe auch Auswirkungen auf den Verkehr und auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.12.2006 – 5 S 2617/05 -, juris Rn. 50; Bayerischer VGH, Urt. v. 3.5.1999 – 1 N 98.1021 -, juris Rn. 38). Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die Verkaufsfläche zudem als ein geeignetes Maß, um die Attraktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit eines Betriebes typisierend zu erfassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.11.2016 – BVerwG 4 C 1.16 -, juris 12; Urt. v. 24.11.2005 – BVerwG 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364, 367 – juris Rn. 14).

Die in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 angeordnete Schließung von Möbel- und Einrichtungshäusern für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² ist zur Erreichung der infektionsschutzrechtlichen Ziele auch erforderlich. In ihrer Eingriffsintensität mildere, zur Zielerreichung gleich geeignete Maßnahmen ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Antragsteller noch sind sie sonst für den Senat bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung verlässlich festzustellen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass gerade in den Einrichtungshäusern der Antragsteller mit Verkaufsflächen zwischen 25.000 und 60.000 m² den Kunden die Einhaltung des Abstandsgebots ermöglicht werden könnte. Dies ist aber, wie ausgeführt, nicht das alleinige Ziel der verordneten Flächenbeschränkung. Zur Erreichung der darüber hinaus erstrebten Reduzierung der Anziehungskraft des großflächigen Einzelhandels und der damit verbundenen Ansammlung von Personen auch im Umfeld der Verkaufsstelle sowie der besseren Gewährleistung, dass der Inhaber der Verkaufsstelle und das von diesem eingesetzte Personal die Beachtung des Abstandsgebots durch die Kunden auch überwachen und die Hygieneregeln einhalten können, bleibt die Flächenbeschränkung hingegen erforderlich. Auch eine schlichte absolute Begrenzung der Zahl gleichzeitig anwesender Kunden in der Verkaufsstelle erscheint nicht gleich geeignet, da diese auf die Ansammlungen im Umfeld der Verkaufsstelle kaum Wirkungen entfalten, diese vielmehr aus infektionsschutzrechtlicher Sicht eher negativ beeinflussen dürfte (vgl. zu diesen Aspekten: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 – OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 31).

Die in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der (4.) Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus vom 17. April 2020 angeordnete Schließung von Möbel- und Einrichtungshäusern für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von mehr als 800 m² führt auch nicht zu einer unangemessenen Belastung der Antragsteller.

Der mit der Beschränkung fraglos verbundene Eingriff in die Grundrechte der Antragsteller aus Art. 12 Abs. 1 und 19 Abs. 3 GG manifestiert sich voraussichtlich in Umsatzeinbußen während der befristeten Geltungsdauer der Verordnung und damit verbundenen, durchaus erheblichen finanziellen Nachteilen. Diesem Eingriff stehen aber überwiegende öffentliche Interessen gegenüber. Denn die den Eingriff bewirkende Maßnahme ist angesichts der immer noch hohen Gefahr der Verbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 zur Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 – 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 – juris Rn. 119 m.w.N.), auch derzeit weiter notwendig.

(c) Die von den Antragstellern darüber hinaus geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vermag der Senat nicht festzustellen.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 – 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240, 252 – juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 – 1 BvR 1554/89 u.a. -, BVerfGE 98, 365, 385 – juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 – 1 BvL 16/11 -, BVerfGE 132, 179, 188 – juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, 69 – juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 u.a. -, BVerfGE 126, 400, 416 – juris Rn. 79).

Hiernach sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde, die mit der Differenzierung zwischen Verkaufsstellen für solche Güter, deren Verfügbarkeit sie für die tägliche Versorgung der Bevölkerung als erforderlich ansieht, und denen, hinsichtlich derer ein erschwerter Zugang vorübergehend im Interesse einer möglichst weitgehenden Verringerung der Infektionsgefahr hingenommen werden kann, bei Regelungen eines dynamischen Infektionsgeschehens weniger streng (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 – OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann auch die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.3.2020 – 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2020 – 13 MN 63/20 -, juris Rn. 62).

Dies zugrunde gelegt, dürfte in der Systematik aus Regelversagung bzw. -beschränkung in §§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 3 Nr. 7 Halbsatz 1 der Verordnung und Ausnahmegestattung in § 3 Nr. 7 Halbsatz 2 Buchst. a bis t der Verordnung aus den vom Antragsgegner im Normenkontrolleilverfahren geschilderten Gründen derzeit noch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gesehen werden können.

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ist auch nicht darin zu sehen, dass andere Länder von den niedersächsischen Anordnungen abweichende Schutzmaßnahmen getroffen haben. Voraussetzung für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist, dass die Vergleichsfälle der gleichen Stelle zuzurechnen sind. Daran fehlt es, wenn die beiden Sachverhalte von zwei verschiedenen Trägern öffentlicher Gewalt gestaltet werden; der Gleichheitssatz bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 -, BVerfGE 76, 1, 73 – juris Rn. 151 m.w.N.). Ein Land verletzt daher den Gleichheitssatz nicht deshalb, weil ein anderes Land den gleichen Sachverhalt anders behandelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.5.2008 – 1 BvR 645/08 -, juris Rn. 22 m.w.N.).

b. Schließlich überwiegen auch die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe nicht.

Dabei erlangen die erörterten Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten oder zu stellenden Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Normenkontrolleilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die angegriffene Norm erhebliche Grundrechtseingriffe bewirkt, sodass sich das Normenkontrolleilverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweist (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 – 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31).

Danach wiegt das Interesse der Antragsteller an einer einstweiligen Außervollzugsetzung der Verordnung für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens nicht schwer. Dieses Gewicht signifikant erhöhende wesentliche oder schwerwiegende Nachteile, etwa eine konkrete Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz, durch den weiteren Normvollzug haben die Antragsteller nicht nachvollziehbar dargetan, auch wenn der Senat nicht in Abrede stellt, dass die Antragsteller durch die verordneten Beschränkungen erhebliche Umsatzeinbußen bereits erlitten haben und im weiteren Geltungszeitraum der Verordnung noch erleiden werden. Es ist indes nicht ausgeschlossen, dass hierdurch eintretende finanzielle Nachteile durch staatliche Leistungen (vgl. hierzu etwa www.mw.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/coronavirus_informationen_fur_unternehmen/informationen-zu-den-auswirkungen-des-coronavirus-185950.html und www.niedersachsen.de/Coronavirus/hinweise-fur-berufstatige-185673.html, jeweils Stand: 26.4.2020) und auch durch Nachholeffekte nach Aufhebung der verordneten Beschränkungen gemildert werden.

Demgegenüber wiegt das öffentliche Interesse an einem ununterbrochenen weiteren Vollzug der Verordnung für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens schwer. Denn ohne diesen würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach derzeitigen Erkenntnissen erheblich erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v. 7.4.2020 – 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs.1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren und sodann gemäß § 39 Abs. 1 GKG für jeden Antragsteller in Ansatz zu bringen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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