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eBay-Kaufvertrag – Höchstgebot bei Einsatz eines automatischen Bietsystems

KG Berlin – Az.: 18 U 19/19 – Beschluss vom 14.04.2020

In dem Rechtsstreit … beabsichtigt der Senat – unter dem Vorbehalt des Nachweises der Vollmacht des Klägervertreters (§ 88 Abs. 1 ZPO) – die Berufung des Beklagten gegen das am 12. Februar 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin – 27 O 337/18 – bei einem Streitwert von 7.000 Euro – durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf Kosten des Berufungsklägers zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen.

Gründe

Die nach § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Senat hat diese Begründung zur Kenntnis genommen und die gegen die landgerichtliche Entscheidung angeführten Argumente beraten. Im Ergebnis dieser Beratung beabsichtigt der Senat, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie -wie er einstimmig meint – keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache zugleich keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – die mit weiteren Kosten verbunden wäre – nicht geboten ist.

Die Berufung kann nach § 513 Abs. 1 ZPO ausschließlich darauf gestützt werden, dass das angegriffene Urteil auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO durch das Berufungsgericht zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung als die erstinstanzlich getroffene rechtfertigen. Danach hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs Audi 6 Avant 3.0 TDI Quattro Tiptronic DPF, Farbe Schwarz, 232 PS, Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 5.650,00 EUR zu.

1.1. Zwischen den Parteien ist im Rahmen der mit einem automatischen Bietsystem abgewickelten eBay-Auktion über den Pkw des Beklagten Audi 6 Avant 3.0.TDI Quattro Tiptronic DPF ein Kaufvertrag zu einem Kaufpreis in entsprechender Höhe zustande gekommen. Zwar hat die fragliche Auktion am 24. März 2018 mit einem Höchstgebot der Klägerin in Höhe von 9.455,00 EUR geendet. Die durch das automatische Bietsystem vorgenommene Erhöhung des klägerischen Gebots auf diesen Betrag erfolgte allerdings einzig aufgrund der von dem Beklagten selbst über ein zweites und drittes Mitgliedskonto auf sein eigenes Angebot abgegebenen Gebote, so dass sie entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Reihe der abgegebenen Angebote unberücksichtigt bleiben und von der Klägerin als regulärer Bieterin auch nicht übertroffen werden mussten, um Meistbietende zu werden oder zu bleiben (BGH, Urt. v. 24. August 2016 – VIII ZR 100/15 – Rn. 24, juris).

1.1.1. Das Landgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei den von den in der Bieterliste (Anlage K 6) anonymisiert dargestellten Nutzerkonten *000* (richtig: 0…0) und e…r abgegebenen Gebote um – nach § 3 Nr. 3 der allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Dienste unzulässige – Eigengebote des Beklagten handelte, die als Scheingebote bei der Ermittlung des abgegebenen Höchstgebots außer Betracht zu bleiben haben. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des von Klägerseite benannten Zeugen …, einem Mitarbeiter von eBay, bedurfte es dafür nicht. Zwar hat der Beklagte erstinstanzlich bestritten, dass er die eBay-Konten mit den Nutzernamen 0…0 und e…r führte und auch bei früheren Aktionen von diesen Konten aus Scheinangebote abgegeben hatte, bei denen die ersteigerten Artikel anschließend wieder von ihm bei eBay angeboten wurden, ohne dass dem irgendwelche Schwierigkeiten bei der Abwicklung der Verträge mit den entsprechenden Bietern vorausgegangen wären. Unbestritten geblieben ist aber nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils, die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, der Vortrag der Klägerin, dass die Zugriffe auf die entsprechenden Nutzerkonten von derselben IP-Adresse wie auf das vom Beklagten geführte Konto „x“ erfolgten.

Das hat das Landgericht zutreffend daraus geschlossen, dass der Beklagte sich auf diesen Vortrag der Klägerin auch auf ausdrücklichen Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2019, in der der Beklagte persönlich anwesend war, nicht erklärt hat. Sein Einwand auf Seite 2 seines Schriftsatzes vom 20. Dezember 2018 (Bl. 40 d.A.), die diesbezüglich vorgetragenen Behauptungen der Klägerin seien offenbar ins Blaue hinein erfolgt, ist dafür nicht ausreichend. Seine Ausführungen dazu, die Behauptungen der Klägerin zum Verlauf der Auktion seien aus dem Verlauf der Gebote nicht zu entnehmen gewesen, insbesondere Informationen zu IP-Adressen und über frühere oder später von ihm betriebene Auktionen seien daraus für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen, verhalten sich lediglich zu der Frage, auf welchem Wege die Klägerin an diese Informationen gekommen sein mag, nicht indes dazu, ob diese Behauptungen – mögen sie auch ins Blaue hinein erfolgt sein – zutreffend sind. Entsprechender Vortrag war dem Beklagten nach den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast kraft seines eigenen Wissens – jedenfalls soweit es sein eigenes Verhalten und Umfeld angeht – zumutbar. Dass sein bis dahin gehaltener schriftsätzlicher Vortrag dafür nicht ausreichte, muss auch dem Beklagten klar gewesen sein, nachdem das Gericht ihm die Behauptung der Klägerin, die Zugriffe auf die Nutzerkonten mit den höheren Geboten seien von derselben IP-Adresse aus erfolgt wie der Zugriff auf das Konto des Beklagten, im Termin vom 12. Februar 2019 noch einmal ausdrücklich vorgehalten hat.

eBay-Kaufvertrag - Höchstgebot bei Einsatz eines automatischen Bietsystems
(Symbolfoto: Ascannio/Shutterstock.com)

Sein diesbezügliches erstmaliges Bestreiten in der Berufungsinstanz ist als verspätet zurückzuweisen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 531 Abs. 2 ZPO). Soweit der Beklagte sein fehlendes Bestreiten in der ersten Instanz damit erklärt, er habe mangels Recherchemöglichkeiten keine Nachforschungen anstellen und keine Behauptung ins Blaue hinein aufstellen können, ohne sich der Möglichkeit einer Falschaussage auszusetzen, entlastet ihn das nicht. Tatsächlich ist es angesichts des unendlich erscheinenden Pools an dynamisch zu vergebenden IP-Adressen – heutzutage gibt es zwei Versionen des Internet Protocols – Ipv4 mit etwa 4 Milliarden Adressen und PPv6 mit so vielen Adressen, ‚dass es jedes Sandkorn auf der Erde adressieren könnte‘ (vgl. dazu den im Internet über Google zugänglichen Artikel – „Die IP-Adresse, Einfach und verständlich erklärt“) – äußerst unwahrscheinlich, dass eine dem Anschluss des Beklagten (zeitweise) zugeordnete IP-Adresse während der Dauer der Auktion auch einem der anderen Bieteranschlüsse zugeordnet war. Es hätte genügt, zu bestreiten, dass entsprechende Gebote mit seinem Wissen von seinem Internetanschluss aus erfolgt sind. Im Übrigen hatte der Beklagte ausreichend Zeit, hinsichtlich etwaiger Missbrauchsmöglichkeiten eigene Recherchen anzustellen. Der entsprechende Vortrag der Klägerin war bereits in deren Schriftsatz vom 9. November 2018 enthalten, der dem Beklagten ausweislich des in den Akten befindlichen Abvermerks am 14. November 2018 übersandt worden war und auf den er – nach gewährter Fristverlängerung – mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018, also mehr als sechs Wochen vor dem Termin am 12. Februar 2019 erwidert hat. Er hatte demnach ausreichend Zeit, sich mit diesem Vortrag auseinanderzusetzen, und – soweit es ihm geboten erschien – entsprechende Recherchen anzustellen und deren Ergebnis zeitnah bzw. spätestens im Termin vom 12. Februar 2019 mitzuteilen.

Dass IP-Adressen – wie vom Beklagten in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 27. Mai und 21. November 2019 vorgetragen – vom Internetprovider jedenfalls bei Privatnutzern in der Regel dynamisch vergeben werden, sobald sich der Router mit dem Internet verbindet, und regelmäßig wechseln, weil die Internetverbindungen spätestens nach 24 bzw. 48 Stunden vom Provider getrennt werden und der Router automatisch eine neue IP-Adresse bekommt, steht den Feststellungen des Landgerichts nicht entgegen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Aus der von der Klägerin eingereichten Gebotsübersicht ergibt sich zwar, dass die Auktion über den fraglichen Pkw über sieben Tage lief und die Gebote der Nutzer e…r und 0…0 an verschiedenen Tagen abgegeben wurden, das schließt indes nicht aus, dass sie (jeweils) von einer dem Anschluss des Beklagten zugeordneten IP-Adresse aus erfolgten, zumal sämtliche von diesen Nutzerkonten aus abgegebenen Gebote innerhalb von 48 Stunden erfolgten. So ist jedenfalls beim Hinzuspeichern von „eindeutig“ personenbezogenen Daten (Name, E-Mail-Adresse mit Namensbestandteilen) auch die dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum i.S.d. § 3 Abs. 1 BDSG, bei der der Bezug zu den hinzugespeicherten Daten im Übrigen über – in der Regel einfache und wenig aufwändige – Zwischenschritte hergestellt werden kann wie etwa das Verbinden einer Bestelldatenbank mit Log-Files des Servers (vgl. LG Berlin, Urt. v. 31. Januar 2013 – 57 S 87/08 –, juris; Kremer/Kamm, jurisPR-ITR 22/2013 Anm. 5).

Auch der weitere Schluss des Landgerichts, dass es ausgehend von dem Sach- und Streitstand am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2019 nur der Beklagte selbst gewesen sein kann, der von seinem Internetanschluss aus Zugriff auf die Nutzerkonten genommen hat, von denen die fraglichen Gebote ausgingen, ist nicht zu beanstanden. Es kann insoweit entsprechend den Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Darlegungslast des Inhabers eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wurde. Danach spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung bzw. hier als Bieter in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 37). Vorliegend fehlt es dazu an Vortrag des Beklagten. Einen solchen hat er auch in der Berufungsinstanz nicht geliefert. Sein pauschaler Hinweis auf allgemeine Missbrauchs- und Zugriffsmöglichkeiten auf fremde IP-Adressen und Internetanschlüsse ist dafür jedenfalls nicht ausreichend, zumal der Beklagte ausreichend Zeit hatte, entsprechende Recherchen anzustellen.

1.1.2. Zum Zustandekommen des Vertragsschlusses bei eBay-Auktionen nicht nach § 156 BGB (Versteigerung), sondern gemäß den §§ 145 ff. BGB und der Unbeachtlichkeit der Eigengebote des Beklagten gemäß dem Bietsystem sowie der Bedeutung der Maximalgebotsfunktion und der automatischen schrittweisen Erhöhung durch das Bietsystem nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug und macht sich diese zu Eigen. Sie stehen im Einklang mit § 6 Nr. 2 und 5 der von der Klägerin eingereichten, seit Mai 2015 geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Dienste (Anlage K 1) sowie den Ausführungen unter den dort weiter führenden links zum Thema Bieten (Anlage K 2) und zur Berechnung der Erhöhungsschritte (Anlage K 3), denen sich beide Parteien bei Abschluss ihres Vertrages mit eBay unterworfen haben.

Danach stellen Maximalgebote noch keine unbedingten, betragsmäßig bezifferten Annahmeerklärungen dar. Mit ihnen wird lediglich erklärt, dass im Vergleich zum Mindestbetrag oder bereits bestehenden Geboten jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um dadurch den Mindestbetrag zu erreichen oder bereits bestehende Gebote zu übertreffen (BGH, Urt. v. 24. August 2016 – VIII ZR 100/15, juris, Rn. 27 f.). Da wie vorstehend ausgeführt, die von den Nutzerkonten 0…0 und e…r abgegebenen Gebote von vornherein keine geeigneten Gebote eines Dritten waren, die die Klägerin hätte überbieten müssen und wollen, konnten die aufgrund dieser Gebote vom Bietsystem vorgenommenen Erhöhungen des klägerischen Gebots nach dem Erklärungsinhalt der von der Klägerin abgegebenen Annahmeerklärung keine Rechtswirkung entfalten.

Deshalb ist das letzte echte Gebot eines Dritten, das die Klägerin überboten hat, zur Kaufpreisbestimmung heranzuziehen, mithin das Gebot des unbekannten Bieters mit dem anonymisierten Nutzernamen t…o vom 21. März 2018 um 22.31 Uhr MEZ in Höhe von 5.600,00 EUR. Dies hat die Klägerin nach den unstreitigen Auktionsbedingungen und den dort vereinbarten Erhöhungsschritten (Anlage K 3) mit einem Betrag von 50,00 EUR überboten. Der bei Auktionsende maßgebliche vereinbarte Kaufpreis belief sich damit auf 5.650,00 EUR.

1.2. Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert der Vertragsschluss mit der Klägerin als Höchstbietender nicht daran, dass er den Kauf abgebrochen hat.

Gemäß § 6 Nr. 6 der eBay-Bedingungen kommt bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Verkäufer zwischen diesem und dem Höchstbietenden ein Vertrag nur dann nicht zustande, wenn der Verkäufer berechtigt war, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen. Für das Verständnis der vorgenannten Bestimmung sind hier insbesondere die im Internetauftritt der Auktionsplattform eBay enthaltenen und frei zugänglichen Hinweise zu berücksichtigen, die die Nutzer unter anderem über die Voraussetzungen für eine Berechtigung zur vorzeitigen Beendigung eines Angebotes informieren und daher für den Erklärungsinhalt des Vorbehalts einer berechtigten Angebotsrücknahme, unter dem jedes Verkaufsangebot im Hinblick auf § 6 Nr. 6 der eBay-AGB steht, maßgebend sind (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23. September 2015 – VII ZR 284/14 -, Rn. 20, juris).

Der Beklagte lässt es an jeglichem Vortrag dazu fehlen, auf welche Hinweise im Internetauftritt von eBay er sich beim Abbruch seines Verkaufsangebots stützen will. Auch zu etwaigen gesetzlichen Rücktritts- oder Abbruchsgründen wie sie sich etwa aus §§ 119 ff. oder 275 ff. BGB ergeben könnten, hat er nichts vorgetragen. Die dem Senat und der Allgemeinheit zugänglichen Hinweise im Internetauftritt von eBay bestätigen vielmehr die Bindung des Beklagten an den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag. Zu der Thematik der Beendigung eines Angebots finden sich dort folgende Hinweise:

“Wann kann ich ein Angebot abbrechen?

Angebote bei eBay sind verbindlich. Bei vorzeitigem Beenden des Angebots mithilfe des Formulars für das vorzeitige Beenden von Angeboten durch Sie als Verkäufer kommt zwischen Ihnen und dem Höchstbietenden grundsätzlich ein Vertrag zustande. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn ein berechtigter Grund dafür vorliegt, das Angebot zu beenden und die vorliegenden Gebote zu streichen.

Beim Abbrechen eines Angebots besteht stets das Risiko, dass potenzielle Käufer enttäuscht werden. Generell empfehlen wir daher dringend, Angebote nicht abzubrechen. Uns ist dabei bewusst, dass ein Abbruch manchmal notwendig ist. Dafür kann es zum Beispiel folgende Gründe geben:

Es ist Ihnen unverschuldet unmöglich, den Artikel dem Käufer zu übereignen.

Beispiele:

Der Artikel steht nicht mehr zum Verkauf.

Das Angebot enthält einen Fehler.

Der Startpreis oder Mindestpreis ist falsch.

Der Artikel ist beschädigt oder verloren gegangen.

Nicht berechtigt sind Sie zum Beispiel in den folgenden Fällen:

Sie möchten den Artikel anderweitig verkaufen, verschenken oder sonst weitergeben oder haben dies bereits getan.

Sie haben sich zwischenzeitlich gegen einen Verkauf entschieden. […]”

Ein ohne Verschulden des Beklagten begründeter Abbruch- oder Rücktrittsgrund ist daraus nicht ersichtlich.

1.3. Auch mit dem Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin (§ 242 BGB) dringt der Beklagte nicht durch.

Die vermeintliche ‘Strohfraueigenschaft’ der Klägerin reicht dafür nicht aus. Selbst wenn sich ein Dritter bei der Verkaufsauktion der Klägerin als Strohfrau bedient haben sollte, ändert das nichts an der Wirksamkeit des zwischen der Klägerin und dem Beklagten zustande gekommenen Kaufvertrages. Ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten, dass sein Verkaufsangebot nur von ganz bestimmten Personen angenommen werden darf, ist nicht ersichtlich. Das folgt bereits aus der Natur einer solchen Auktion mit unbestimmten Teilnehmerkreis, bei der das Verkaufsangebot an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtet ist und das Zustandekommen eines Kaufvertrages ganz bestimmten, von Ebay festgesetzten und vom Verkäufer nicht beeinflussbaren Regeln folgt.

Auch die der Klägerin bzw. dem vermeintlich hinter ihr stehenden … vorgeworfene Betätigung als sog. ‚Abbruchjäger‘ und die diesbezüglich in der Berufungsinstanz ergänzten Ausführungen des Beklagten zu dessen Betätigung als Jäger von ‚Pushern‘ und ‚Mindestpreisbietern‘ können den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB vorliegend nicht begründen.

Der klageweise Geltendmachung eines Anspruchs vermag der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen zu stehen, wenn sich feststellen lässt, dass es dem Teilnehmer an der Auktion nicht um den erfolgreichen Abschluss eines Kaufgeschäftes, sondern um die „Generierung“ von Schadensersatzansprüchen geht. Solches kann der Fall sein, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles – insbesondere durch die in einer unbekannten Vielzahl von Fällen geübte Rechtsverfolgung gegenüber „eBay-Anbietern“ nach einem Auktionsabbruch – der Eindruck aufdrängt, dass es an einem ehrlichen Kaufinteresse mangelt und stattdessen systematisch nach Fehlern und Irrtümern von Anbietern gesucht wird, um deren Verhalten in der Absicht der Gewinnerzielung auszunutzen (OLG Rostock, Urt. v. 11. Juni 2014 – 1 U 90/13 -, Rn. 89 und 143, juris). Bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat, als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, können abstrakte, verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als „Abbruchjäger“ zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen Schluss tragen (BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 –, Rn. 22, juris). Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Bieter in einer Internetauktion als Schnäppchenjäger betätigt, der gezielt auf Waren bietet, die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden. Dasselbe gilt, wenn ein solcher Bieter sein Höchstgebot auf einen deutlich unter dem Marktwert der Ware liegenden Betrag begrenzt. (BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 –, Rn.23, juris; KG, Urt. v. 26. Juli 2018 – 4 U 31/16 -, Rn. 21, juris). Allerdings ist das Verhalten eines Bieters dann rechtsmissbräuchlich, wenn seine Absicht von vornherein nicht auf den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 182/17 –, juris, Rn. 24).

Gemessen an diesen Kriterien, handelt es sich vorliegend nicht um einen solchen Fall treuwidrigen Verhaltens eines Abbruchjägers oder diesen verwandte Ausprägungen. Zum einen fehlt es bereits an der für diese Fallkonstellationen typischen Ausgangslage eines auffälligen Missverhältnisses zwischen dem in der eBay-Auktion erzielten Kaufpreis und dem um ein Vielfaches höher liegenden (Markt)Wert des ersteigerten Gegenstandes. Insoweit hat der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 27. Mai 2019 selbst eingeräumt, dass der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Streitwert von 10.000 EUR für das Fahrzeug bei einer zugrundliegenden Laufleistung von 190.000 km weit überhöht sei und der Wert des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Ersteigerung allenfalls 7.000 EUR betragen habe. Ein nach dem Ausgang der Auktion von der Klägerin zu zahlender Kaufpreis von 5.650,00 EUR mag nicht den Preisvorstellungen des Beklagten entsprechen, von einem auffälligen Missverhältnis zu dem von dem Beklagten selbst mit 7.000 EUR angegebenen Wert des Fahrzeugs ist dieser Betrag indes weit entfernt. Zudem hat die Klägerin gerade nicht auf Schadenersatz, sondern auf Erfüllung des Kaufvertrages geklagt. Dafür, dass es ihr in Wirklichkeit nicht um das Fahrzeug, sondern um die Erlangung eines Schadensersatzanspruches in Geld geht, ist nichts ersichtlich.

1.4. Etwas anderes folgt hier auch nicht aus den verfahrensrechtlichen Einwänden des Beklagten. Der Vorwurf, der in Klageantrag und Urteilstenor unter Ziffer 1. Formulierte Herausgabeanspruch sei zu unbestimmt, ein Fahrzeug Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro Tiptronic DPF, Farbe Schwarz, Scheckheft gepflegt, 232 PS, HU 2/2019 mit einer Laufleistung von 109.000 km habe sich nie in seinem Besitz befunden, greift nicht durch. Bei der Angabe der Laufleistung von 109.000 km – statt in Wirklichkeit 190.000 km – handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, das die eindeutige Identifizierung des Fahrzeugs aufgrund der im Übrigen sehr exakten Bezeichnung und Beschreibung indes nicht hindert. Insbesondere hat der Beklagte nicht vorgetragen, dass sich ein weiteres Fahrzeug gleicher Bauart und Ausstattung in seinem Besitz befindet, das mit dem im Klageantrag und Urteilstenor beschriebenen Fahrzeug verwechselt werden könnte.

Soweit der Beklagte die Verletzung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf seinen Antrag auf Schriftsatznachlass (§ 283 ZPO) im Termin vom 12. Februar 2019 rügt, führt dies nicht zu einer anderen Entscheidung. Zutreffend ist, dass eine Bescheidung des Antrags im Anschluss an den Termin oder eine Auseinandersetzung damit in den Urteilsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung opportun gewesen wäre. Im Ergebnis ist dieses Versäumnis aber unschädlich, weil der Antrag vorliegend zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 283, Rn. 4a). Ein Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Klägerin vom 31. Januar 2019 setzt voraus, dass in diesem neue – entscheidungserhebliche – Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne des § 282 Abs. 2 ZPO enthalten waren, zu denen der Beklagte bis dahin keine ausreichende Gelegenheit hatte, Stellung zu beziehen (Zöller/Greger, a.a.O., § 283 Rn. 2a). Das ist hier nicht der Fall. Der Schriftsatz der Klägerin vom 31. Januar 2019 erschöpft sich in der Wiederholung bekannten Sachvortrags und dem Vortrag von Rechtsausführungen, die per se einen Anspruch auf Schriftsatznachlass gemäß § 283 ZPO nicht begründen können. Insbesondere der Vortrag zu den identischen IP-Adressen des Nutzerkontos des Beklagten und der konkurrierenden Bieter war – wie oben ausgeführt – bereits ausführlich Gegenstand des Schriftsatzes vom 9. November 2018, auf den der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 erwidert hatte, ohne dies zum Anlass zu nehmen, eine entsprechende Fristverlängerung für seinerseits anstehende Recherchen zu beantragen, zu denen er sodann bis zum Temin am 12. Februar 2019, also mehr als sechs Wochen, Zeit gehabt hätte.

1.5. Schließlich hindert auch die von dem Beklagten inzwischen vorgenommene Weiterveräußerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs an einen Dritten den Übereignungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin nicht. Eine unter § 275 Abs. 1 BGB fallende rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn sich die geschuldete Sache im Eigentum und/oder Besitz eines nicht herausgabebereiten Dritten befindet. Allein die Tatsache, dass der Schuldner nicht (mehr) Eigentümer und Besitzer der geschuldeten Sache ist und auch keinen Anspruch auf ihre Übereignung hat, reicht allerdings nicht zur Feststellung der Unmöglichkeit aus. Diese liegt erst dann vor, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs auch nicht auf die Sache einwirken kann (BGH, Urt. v. 16. März 2005 – IV ZR 246/03 – Rn. 11, juris; BGH, Urt. v. 26. März 1999 – V ZR 368/97 -, Rn. 11, juris; OLG Oldenburg, Urt. v. 14. Januar 1998 – 2 U 259//97, Rn. 10, juris; Seichter in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 275 (Stand 20.02.2020), Rn. 26).

2. Der Feststellungsantrag und der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten sind begründet. Gegen sie wurden keine eigenständigen Einwände in der Berufungsbegründungsschrift erhoben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Bei der Festsetzung des Wertes für das Berufungsverfahren folgt der Senat den Ausführungen des Beklagten zum Wert des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs.

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