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Eheähnliche Lebensgemeinschaft – Besitzrechts an der Wohnung des Lebenspartners

Gericht bestätigt Mitbesitz bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft – verbotene Eigenmacht verurteilt

In einem Urteil des AG Köln (Az.: 129 C 65/15) wurde entschieden, dass einem 78-jährigen Mann, der seit 1983 in eheähnlicher Gemeinschaft lebte, nach einem Streit und darauffolgenden Austausch der Schlösser durch den Sohn seiner Lebensgefährtin, das Besitzrecht an der gemeinsam bewohnten Wohnung sowie seinen persönlichen Gegenständen wieder eingeräumt werden muss. Das Gericht bestätigte eine einstweilige Verfügung, die den Sohn verpflichtet, den Besitz an der Wohnung und den persönlichen Gegenständen des Klägers wieder einzuräumen und künftige Beeinträchtigungen zu unterlassen, da der Kläger als Mitbesitzer der Wohnung anzusehen ist und ihm die Wohnung durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 129 C 65/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Nichteheliche Lebensgemeinschaften genießen ähnliche Besitzrechte an der gemeinsamen Wohnung wie Ehegatten.
  • Die einstweilige Verfügung wurde bestätigt, sodass der Kläger Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes und Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen hat.
  • Der Verfügungsbeklagte hatte die Schlösser ohne Rechtsgrundlage ausgetauscht und dadurch den Kläger eigenmächtig aus der Wohnung ausgeschlossen.
  • Mitbesitz an der Wohnung wurde auch für Lebenspartner in einer dauerhaften nichtehelichen Lebensgemeinschaft anerkannt.
  • Verbotene Eigenmacht wurde festgestellt, da der Kläger unrechtmäßig am Betreten der Wohnung gehindert wurde.
  • Selbst bei Beendigung der Lebensgemeinschaft ändert sich nichts an der eingeräumten tatsächlichen Sachherrschaft ohne ausdrücklichen Besitzaufgabewillen.
  • Der Verfügungskläger hat auch Anspruch auf Zugang zu seinen persönlichen Gegenständen in der Wohnung.
  • Die Entscheidung basiert auf §§ 861, 858, 862 BGB sowie §§ 823, 1004 BGB, die den Besitzschutz regeln.
  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Mietrecht und Besitzschutz für nichteheliche Lebensgemeinschaften

In einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft stellen sich viele rechtliche Fragen, insbesondere im Hinblick auf den Besitzschutz und die Wohnrechte der Lebenspartner. Auch wenn die Partner nicht verheiratet sind, kann über eine längere Zeit eine gemeinschaftliche Haushaltführung entstehen, die den Partnern gewisse Besitzrechte an der gemeinsam genutzten Wohnung einräumt.

Es ist bedeutsam, dass auch in einer nichtehelichen Lebenspartnerschaft ein Besitzrecht an der Wohnung und den persönlichen Sachen der Partner anerkannt wird. Dieses Recht schützt vor einer eigenmächtigen Besitzentziehung und regelt die Nutzungsrechte der Wohnung im Falle einer Trennung oder Konfliktsituation.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um Wohnungsbesitz in eheähnlicher Gemeinschaft

Im Zentrum dieses Falles steht der Streit um das Besitzrecht an einer Wohnung zwischen einem 78-jährigen Mann und dem Sohn seiner Lebensgefährtin.

Besitzrecht Wohnung
Besitzrecht Wohnung: Urteil für Partner in eheähnlicher Lebensgemeinschaft (Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Seit 1983 lebte der Kläger in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Frau M. P. in einem Haus in Köln, dessen Eigentümer der Beklagte ist. Nachdem die Lebensgefährtin des Klägers, die an Demenz leidet, eine General- und Vorsorgevollmacht an ihren Sohn, den Beklagten, erteilt hatte, ließ dieser nach einem Streit die Schlösser der Wohnung austauschen und verwehrte dem Kläger den Zugang. Der Kläger, der behauptet, der Lebensgemeinschaft habe weiterhin Bestand, forderte mittels einer einstweiligen Verfügung die Wiedereinräumung seines Besitzes sowie seiner persönlichen Gegenstände und die Unterlassung weiterer Besitzstörungen.

Gericht bestätigt einstweilige Verfügung und klärt Besitzanspruch

Das Amtsgericht Köln gab dem Kläger Recht und bestätigte die einstweilige Verfügung, die den Beklagten verpflichtet, den Kläger wieder in die Wohnung zu lassen und ihm seine persönlichen Gegenstände zurückzugeben. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger Mitbesitz an der Wohnung hatte, entgegen der Behauptung des Beklagten, der Kläger sei lediglich ein Besitzdiener gewesen. Es wurde betont, dass, analog zur Rechtsauffassung bei Ehegatten, auch in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft beide Partner als gleichberechtigte Mitbesitzer der gemeinsam bewohnten Wohnung anzusehen sind.

Bedeutung von Mitbesitz und verbotener Eigenmacht

Das Gericht wies darauf hin, dass die vom Beklagten vorgebrachten Gründe für den Ausschluss des Klägers, wie dessen angebliche Trunkenheit und die Beendigung der Lebensgemeinschaft, keine Rechtfertigung für die eigenmächtige Besitzentziehung darstellen. Die Schlüsselaspekte des Urteils umfassen die Anerkennung des Mitbesitzes in einer dauerhaften nichtehelichen Lebensgemeinschaft und die Verurteilung von verbotener Eigenmacht durch den unrechtmäßigen Ausschluss des Klägers aus der Wohnung.

Rechtliche Grundlagen und Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung basierte auf den §§ 861, 858, 862 BGB sowie §§ 823, 1004 BGB, die den Schutz des Besitzes regeln und Maßnahmen gegen verbotene Eigenmacht vorsehen. Das Urteil verdeutlicht, dass die Wiedereinräumung des Besitzes verlangt werden kann, wenn dieser durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde, und dass die Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen gefordert werden kann. Zudem müssen die Kosten des Verfahrens vom Verfügungsbeklagten getragen werden.

Relevanz für ähnliche Fälle und rechtlicher Kontext

Diese Entscheidung ist insbesondere relevant für die rechtliche Behandlung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften und deren Besitzansprüchen an gemeinsam genutztem Wohnraum. Sie unterstreicht, dass auch ohne formale Eheverträge die Wohnrechte beider Partner anerkannt und geschützt werden, und dass eigenmächtige Handlungen eines Partners oder Dritter, die diese Rechte verletzen, rechtswidrig sind.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft?

Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft, auch bekannt als nichteheliche Lebensgemeinschaft, bezeichnet das Zusammenleben von zwei Personen ohne formale Eheschließung, das jedoch in vielen Aspekten einer Ehe ähnelt. Diese Form des Zusammenlebens ist durch eine enge persönliche Bindung, gemeinsames Wohnen und Wirtschaften sowie eine auf Dauer angelegte Beziehung gekennzeichnet. Die Partner übernehmen gegenseitig Verantwortung und stehen füreinander in den Not- und Wechselfällen des Lebens ein.

Im deutschen Recht gibt es für eheähnliche Gemeinschaften nur wenige gesetzliche Regelungen, was bedeutet, dass sie in rechtlicher Hinsicht nicht vollständig mit der Ehe gleichgestellt sind. Trotzdem werden solche Gemeinschaften in bestimmten rechtlichen Kontexten anerkannt, beispielsweise im Sozialrecht, wo das Einkommen und Vermögen des Partners bei der Bedürftigkeitsprüfung für Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II berücksichtigt wird.

Es gibt keine gesetzliche Unterhaltspflicht innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, jedoch können im Einzelfall Unterhaltsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Schenkungsrecht bestehen. Bei einer Trennung stehen den Partnern im Allgemeinen Ausgleichsansprüche allgemeiner Natur zu, beispielsweise aus BGB-Gesellschaft, Störung der Geschäftsgrundlage oder ungerechtfertigter Bereicherung.

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist auch von der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu unterscheiden, die bis zur Einführung der Ehe für alle gleichgeschlechtlichen Paaren offenstand und formell beim Standesamt eingetragen wurde.

Welche Rechte haben Partner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft bezüglich des gemeinsamen Wohnraums?

In einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft hängen die Rechte bezüglich des gemeinsamen Wohnraums stark von der Art des Mietverhältnisses und der Eigentumsverhältnisse ab. Hier sind einige wichtige Punkte:

  • Gemeinsamer Mietvertrag: Sind beide Partner gemeinsam Mieter der Wohnung, sichert dies jedem Partner das Recht auf Mitbenutzung der Wohnung. Im Falle einer Trennung oder des Todes eines Partners kann der verbleibende Partner das Mietverhältnis allein fortsetzen.
  • Ein Partner als Mieter: Ist nur einer der Partner im Mietvertrag eingetragen, hat der andere Partner ohne Untermietverhältnis kein eigenständiges Recht zum Besitz an der Wohnung. Bei einer Trennung hat der nicht im Mietvertrag stehende Partner kein Recht, in der Wohnung zu bleiben, es sei denn, es wurde ein Untermietverhältnis begründet.
  • Eigentum: Beim Erwerb von Eigentum, wie einem Haus, ohne klare vertragliche Regelungen, kann es bei einer Trennung zu Komplikationen kommen. Wenn beide Partner zum Kaufpreis beitragen, aber nur einer im Grundbuch eingetragen ist, gewährt die Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen einen Ausgleichsanspruch aus Gesellschaftsrecht, der erst ab einer gewissen Wertgrenze (ca. 20.000 Euro) in Betracht kommt.
  • Leistungen von Dritten: Wenn Leistungen, beispielsweise von den Eltern eines Partners (oft als „Schwiegereltern“ bezeichnet), erbracht wurden, kann diesen bei einer Trennung ein Ausgleichsanspruch gegen den Eigentümer des Hausgrundstücks zustehen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die rechtliche Situation in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oft weniger klar geregelt ist als in einer Ehe. Daher kann es sinnvoll sein, durch einen Partnerschaftsvertrag klare Vereinbarungen zu treffen, um mögliche Konflikte im Voraus zu vermeiden.

Wie wird Mitbesitz in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft definiert?

Mitbesitz in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft bezieht sich auf die gemeinsame Sachherrschaft über Gegenstände, die von den Partnern gemeinsam genutzt werden. Im Gegensatz zur ehelichen Lebensgemeinschaft, bei der die Ehegatten an den zum Hausrat gehörenden Gegenständen Mitbesitz haben, begründet die nichteheliche Lebensgemeinschaft kein gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis. Das bedeutet, dass ohne ausdrückliche Vereinbarung oder entsprechende Indizien, die auf einen gemeinsamen Erwerb oder eine gemeinsame Nutzung hinweisen, nicht automatisch von einem Mitbesitz ausgegangen werden kann.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei einer Trennung oder bei Streitigkeiten über den Besitz von Gegenständen, die während der Lebensgemeinschaft angeschafft wurden, die Eigentums- und Besitzverhältnisse individuell geklärt werden müssen. Es kann vorkommen, dass bei gemeinsamen Anschaffungen, bei denen nicht klar ist, wer sich mit welchem Anteil beteiligt hat, im Trennungsfall Streitigkeiten entstehen.

Um solche Konflikte zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, einen Partnerschaftsvertrag abzuschließen, in dem die Besitzverhältnisse und die Regelungen für den Fall einer Trennung festgehalten werden.

Was ist verbotene Eigenmacht und wie wird sie rechtlich gehandhabt?

Verbotene Eigenmacht ist nach § 858 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert als die widerrechtliche Entziehung oder Störung des unmittelbaren Besitzes einer Sache ohne den Willen des Besitzers. Das bedeutet, dass jemand, der ohne rechtliche Erlaubnis in die tatsächliche Sachherrschaft eines anderen eingreift, verbotene Eigenmacht ausübt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn jemand einem anderen die Sache wegnimmt oder den Gebrauch der Sache stört. Die rechtliche Handhabung von verbotener Eigenmacht sieht vor, dass der Besitzer, dessen Besitz widerrechtlich entzogen oder gestört wurde, bestimmte Ansprüche geltend machen kann:

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  • Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung: Nach § 862 Absatz 1 Satz 1 BGB kann der gestörte Besitzer vom Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
  • Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes: Wurde der Besitz entzogen, kann der Besitzer gemäß § 861 Absatz 1 BGB die Wiedereinräumung des Besitzes fordern.
  • Selbsthilferecht: In bestimmten Fällen ist es dem Besitzer erlaubt, sich selbst zu helfen und den Besitz wiederzuerlangen, insbesondere wenn der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde. Dies ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen und innerhalb eines kurzen Zeitraums nach der Besitzentziehung zulässig (§ 859 Absatz 2 und 3 BGB).

Die Ansprüche aus verbotener Eigenmacht erlöschen allerdings bereits ein Jahr nach Begehung der Handlung, weshalb schnelles Handeln erforderlich ist. Darüber hinaus kann der Besitzer, wenn ihm durch die verbotene Eigenmacht ein Schaden entstanden ist, unter Umständen auch Schadensersatzansprüche geltend machen.

Welche Rolle spielt eine einstweilige Verfügung im Kontext von Besitzstreitigkeiten?

Eine einstweilige Verfügung spielt im Kontext von Besitzstreitigkeiten eine wichtige Rolle, da sie ein schnelles rechtliches Instrument bietet, um vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen und weitere Schäden oder Beeinträchtigungen zu verhindern. Sie kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine dringende Gefahr besteht, dass durch Verzögerungen ein erheblicher Nachteil entstehen könnte oder der Zustand verändert wird, sodass eine spätere Durchsetzung des Rechts erschwert oder unmöglich gemacht wird.

Warum eine einstweilige Verfügung?

  • Schnelligkeit: Im Gegensatz zu einem Hauptverfahren, das sich über Monate oder sogar Jahre erstrecken kann, ermöglicht das Verfahren der einstweiligen Verfügung eine schnelle Entscheidung, oft innerhalb weniger Tage oder Wochen.
  • Vorläufiger Rechtsschutz: Sie dient dem vorläufigen Schutz des Besitzrechts, bis eine endgültige gerichtliche Klärung im Hauptverfahren erfolgt.
  • Verhinderung von Fakten-Schaffung: Durch eine einstweilige Verfügung kann verhindert werden, dass durch die verbotene Eigenmacht vollendete Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen sind.

Anwendungsbereiche

  • Besitzstörungen und -entziehungen: Bei Streitigkeiten, in denen es um die widerrechtliche Entziehung oder Störung des Besitzes geht, kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, um den status quo zu erhalten oder den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.
  • Dringende Fälle: In Situationen, in denen ein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, um irreparable Schäden oder erhebliche Nachteile zu vermeiden, ist die einstweilige Verfügung ein geeignetes Mittel.

Verfahren

Das Verfahren zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung beginnt mit dem Antrag bei Gericht. Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ein Verfügungsanspruch (das Recht, das geschützt werden soll) und ein Verfügungsgrund (die Dringlichkeit) bestehen. Das Gericht prüft die Sachlage und kann dann eine einstweilige Verfügung erlassen, die sofort wirksam wird und von den Parteien befolgt werden muss, bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist. Zusammenfassend ist die einstweilige Verfügung ein entscheidendes rechtliches Mittel, um in Besitzstreitigkeiten schnell und effektiv vorläufigen Rechtsschutz zu gewährleisten und die Rechte der Beteiligten zu schützen, bis eine endgültige gerichtliche Klärung erfolgt.

Wie werden die Kosten in Rechtsstreitigkeiten um Wohnungsbesitz geregelt?

In Rechtsstreitigkeiten um Wohnungsbesitz, wie in allen zivilrechtlichen Verfahren, richtet sich die Kostenverteilung grundsätzlich nach dem Ausgang des Verfahrens. Das bedeutet, dass die Partei, die das Verfahren verliert, die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten beider Parteien.

Die Gerichtskosten werden nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) berechnet und sind vom Streitwert des Verfahrens abhängig. Anwaltskosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und variieren ebenfalls je nach Streitwert. Es ist wichtig zu beachten, dass auf Gerichtskosten keine Mehrwertsteuer erhoben wird, während Anwaltskosten zusätzlich mit Mehrwertsteuer belastet sind.

Das Prozessrisiko, also das finanzielle Risiko, das mit der Führung eines Rechtsstreits verbunden ist, setzt sich zusammen aus den Gerichtskosten, den Kosten des eigenen Anwalts sowie den Kosten des gegnerischen Anwalts, falls der Prozess verloren wird. Daher ist es ratsam, vor Einleitung eines Rechtsstreits eine sorgfältige Abwägung des Prozessrisikos vorzunehmen.

In bestimmten Fällen kann das Gericht jedoch eine abweichende Kostenverteilung anordnen, beispielsweise wenn eine Partei teilweise obsiegt und teilweise unterliegt. In solchen Fällen kann das Gericht eine quotale Kostenverteilung vornehmen, bei der jede Partei einen entsprechenden Anteil der Kosten trägt.

Es ist auch möglich, dass außergerichtliche Einigungen oder Vergleiche zu einer anderen Kostenverteilung führen, die von den Parteien selbst festgelegt wird. In jedem Fall ist es empfehlenswert, sich vor und während eines Rechtsstreits von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, um die eigenen Rechte und Pflichten sowie das Prozessrisiko genau zu verstehen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 861 BGB – Besitzwehr: Erläutert das Recht des Besitzers, die Wiedereinräumung des ihm durch verbotene Eigenmacht entzogenen Besitzes zu verlangen. Im Kontext dieses Falls bedeutet dies, dass der Kläger Anspruch auf Rückgabe der Wohnung hat, da ihm der Besitz unrechtmäßig entzogen wurde.
  • § 858 BGB – Verbotene Eigenmacht: Besagt, dass die eigenmächtige Entziehung oder Störung des Besitzes eines anderen ohne dessen Willen rechtswidrig ist. Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger durch das Auswechseln der Schlösser der Zugang zur Wohnung verwehrt, was als verbotene Eigenmacht gilt.
  • § 862 BGB – Besitzschutz bei verbotener Eigenmacht: Bietet dem durch verbotene Eigenmacht in seinem Besitz Gestörten einen Anspruch auf Beseitigung der Störung sowie auf Unterlassung. Dies unterstreicht den Anspruch des Klägers auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen durch den Beklagten.
  • §§ 823, 1004 BGB – Deliktische Ansprüche und Eigentumsschutz: Grundlagen für Ansprüche wegen der Verletzung des Eigentums oder Besitzes, die dem Kläger neben den besitzrechtlichen Ansprüchen zustehen können, insbesondere wenn ihm persönliche Sachen vorenthalten werden.
  • § 935 ZPO – Einstweilige Verfügung bei Besitzschutzansprüchen: Regelt die Möglichkeit, im Wege der einstweiligen Verfügung raschen Rechtsschutz zu erlangen, um eine Übergriffigkeit oder einen unrechtmäßigen Zustand vorläufig zu regeln. Im vorliegenden Fall wurde eine solche Verfügung zur Wiederherstellung des Besitzes des Klägers genutzt.
  • § 91 ZPO – Kostenentscheidung: Legt fest, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dies erklärt, warum der Verfügungsbeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, nachdem die einstweilige Verfügung bestätigt wurde.


Das vorliegende Urteil

AG Köln – Az.: 129 C 65/15 – Urteil vom 09.04.2015

Die einstweilige Verfügung vom 5.3.2015 wird bestätigt.

Der Verfügungsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der heute 78jährige Verfügungskläger lebte seit 1983 mit der Mutter des Verfügungsbeklagten, Frau M. P., geb. am 1929, in eheähnlicher Lebensgemeinschaft im Haus … in Köln zusammen. Eigentümer des Hauses ist seit dem 15.12.1983 der Beklagte. Frau P. ist dement; mit Urkunde des Notars T. vom 18.1.2010 hat sie dem Beklagten Generalvollmacht und Vorsorgevollmacht erteilt.

Am 13.2.2015 ließ der Verfügungsbeklagte nach einem Streit mit dem Kläger die Schlösser der Wohnung austauschen. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nimmt der Verfügungskläger ihn auf Wiedereinräumung des Besitzes an der Wohnung und seinen persönlichen Gegenständen sowie auf Unterlassung künftiger Beeinträchtigung in Anspruch. Er hat nach seinem Vorbringen keinen Anlass zu diesen Eingriffen gegeben. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft bestehe noch. Er – der Kläger – sei allein aus Angst zwei Tage zuvor der Wohnung ferngeblieben.

Der Verfügungskläger hat beantragt, den Verfügungsbeklagten zu verurteilen,

1. ihm unverzüglich den Besitz an der mit Frau M. P. gemeinsam bewohnten und von Verfügungsbeklagten geräumten Wohnung …, wieder zu übergeben und dem Kläger hierzu alle Schlüssel zu übergeben,

2. dem Kläger den unmittelbaren Besitz an allen seine persönlichen beweglichen Sachen sofort wieder einzuräumen,

3. es künftig zu unterlassen, Sachen des Klägers eigenmächtig in Besitz zu nehmen und ihm den Besitz an seinen Sachen vorzuenthalten,

4. es künftig zu unterlassen, dem Kläger den Besitz an der mit Frau M. P. gemeinsam bewohnten Wohnung …, …, irgendwann zu entziehen oder den Kläger in diesem Besitz zu stören.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 5.3.2015 die einstweilig Verfügung antragsgemäß erlassen.

Hiergegen hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung die Klage abzuweisen.

Er trägt vor: Der Kläger habe keinen Besitz an der Wohnung gehabt. Richtigerweise sei dieser in der Vergangenheit lediglich Besitzdiener gewesen. Zudem habe die nichteheliche Lebensgemeinschaft schon vorher geendet. Außerdem habe der Kläger die Wohnung aus freien Stücken verlassen. Schließlich sei ein weiterer Aufenthalt des Verfügungsklägers insbesondere wegen dessen ständiger Trunkenheit für alle Beteiligten unzumutbar gewesen. Die Schlösser habe er – der Beklagte – auswechseln lassen, nachdem im Haus mehrere Paar wertvolle Sportschuhe gestohlen worden seien, ohne dass Einbruchsspuren hätten festgestellt werden können.

Der Verfügungskläger beantragt, die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung ist zu Recht ergangen und war deswegen zu bestätigen (§§ 925, 936 ZPO). Grundlage für die geltend gemachte Verfügungsansprüche sind, soweit es die Anträge zu 1 und 2 betrifft, die §§ 861, 858 BGB und im Übrigen § 862 BGB sowie §§ 823, 1004 BGB.

1. Nach § 861 BGB kann der Besitzer die Wiedereinräumung des ihm durch verbotene Eigenmacht entzogenen Besitzes von demjenigen verlangen, der ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor; der Beklagte ist passiv legitimiert.

a) Der Verfügungskläger war entgegen der Auffassung des Beklagten nicht lediglich Besitzdiener, er hatte vielmehr an der streitigen Wohnung Mitbesitz. Es entspricht heute allgemeiner Meinung, dass Ehegatten gleichberechtigte Mitbesitzer der ehelichen Wohnung sind, unabhängig davon, wer den Mietvertrag mit dem Eigentümer unterzeichnet hat (vgl. nur BGH NJW 2004, 3041; 2008, 1959). Im Grundsatz nichts anderes kann für eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft gelten (AG Waldshut-Tiengen NJW-RR 1994, 712 m.w.N.). Auch in diesem Falle würde es regelmäßig der beiderseits gewollten gleichwertigen Stellung der Lebenspartner widersprechen, einen von beiden nur als Besitzdiener des anderen anzusehen. Beweiskräftiges Indiz für Mitbesitz ist insbesondere, dass der Vermieter von der Aufnahme des Lebensgefährten unterrichtet wird oder dass der neue Partner sich nach den öffentlich-rechtlichen Meldegesetzen unter dieser Adresse anmeldet (BGH NJW 2008, 1959, 1960). So verhält es sich in beiden Punkten hier.

Seinen somit von Anfang an begründeten Mitbesitz hat der Verfügungskläger weder durch die vom Beklagten behauptete Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt – noch durch ein vorübergehendes Verlassen der Wohnung noch vor dem Schlösseraustausch verloren. Ein etwaiges Ende der Partnerschaft vermag für sich nichts an der vorher eingeräumten tatsächlichen Sachherrschaft zu ändern. An einen dann notwendigen Willen des Besitzers zur Besitzaufgabe (§ 856 Abs. 1 BGB) sind strenge Anforderungen zu stellen. Hierzu hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige (vgl. OLG Düsseldorf NZM 2002, 192) Beklagte nichts schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht. Dem steht schon entgegen, dass der Verfügungskläger seine persönlichen Gegenstände in der Wohnung gelassen hatte. Eine vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsächlichen Gewalt schadet gemäß § 856 Abs. 2 BGB ohnehin nicht.

b) Dass der Verfügungsbeklagte ohne den Willen des Klägers die Schlösser auswechseln ließ und ihm dadurch das Betreten der Wohnung unmöglich machte, war verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB). Ein Selbsthilferecht gemäß § 229 BGB oder eine andere Befugnis zu solch eigenmächtigem Vorgehen stand dem Beklagten nicht zu. Die geltend gemachten Unzuträglichkeiten, vor allem die behauptete Trunksucht des Verfügungsklägers, oder ein mangelndes Besitzrecht des Klägers wegen Endes der Lebensgemeinschaft hätten im Wege gerichtlicher Kontrolle, etwa durch eine Räumungsklage, geklärt werden können und müssen. Den hier in Rede stehenden Besitzschutzansprüchen, die gerade unberechtigter Selbsthilfe entgegenwirken sollen, können sie nach der Regelung des § 863 BGB nicht entgegengehalten werden. Der Einwendungsausschluss gilt grundsätzlich auch für die Berufung auf unzulässige Rechtsausübung (OLG Saarbrücken MDR 2007, 510). Für einen Ausnahmetatbestand, etwa eine konkrete Gefahr für Leib und Leben des Beklagten oder seiner Mutter, ist außer einem Hinweis auf abstrakte Brandgefahren beim Einschlafen des Klägers mit einem brennenden Zigarillo nichts dargetan. Der tatsächlich eingetretene Brandschaden im Jahr 2006 hatte nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers eine andere Ursache.

c) Der spätestens durch das Auswechseln der Schlösser seitens des Beklagten erlangte unmittelbare Besitz an den Wohnräumen ist gegenüber dem Kläger fehlerhaft. Bereits seine alleinige Verfügungsmacht über die neuen Schlüssel lässt den Schluss zu, dass der Beklagte nunmehr Alleinbesitz oder zumindest neben seiner Mutter unmittelbaren Mitbesitz erlangt hat (vgl. BGH NJW 1979, 714, 715). Es kommt hinzu, dass Frau P. unstreitig dement und somit nicht mehr oder nicht mehr voll geschäfts- und handlungsfähig ist und der Beklagte für diesen Fall über umfassende Vollmachten verfügt, von denen er auch dem Kläger gegenüber Gebrauch gemacht hat. Bei einer derartigen Sachlage tritt der Betreuer, ähnlich einem gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen (dazu Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 854 Rn. 9), wenn nicht in die volle Sachherrschaft des Betreuungsbedürftigen, so doch wenigstens in den zur Ausübung seiner Verwaltung notwendigen Teil, hier Mitbesitz, ein.

d) Gegenüber einem Mitbesitzer findet nach § 866 BGB Besitzschutz nur insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des dem Einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt. Im vorliegenden Fall geht es hingegen um eine vollständige Besitzentziehung.

e) Der Beklagte ist zugleich verpflichtet, dem Verfügungskläger Zugang zu dessen in der Wohnung befindlichen persönlichen Gegenständen zu gestatten. Auf die angebotene Abholung braucht sich der Kläger nicht verweisen zu fassen.

2. Soweit es um die mit den Anträgen außerdem begehrte Unterlassung geht, ergeben sich die Ansprüche der Verfügungsklägers aus den §§ 862, 823 und 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch deliktisch ist der Mitbesitz geschützt (Palandt/Sprau, § 823 Rn. 13). Wiederholungsgefahr folgt bereits aus der begangenen Rechtsverletzung, ganz abgesehen davon, dass der Verfügungsbeklagte sich weiterhin eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Rechts zur Selbsthilfe berühmt.

3. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zugleich der für Eilverfahren grundsätzlich weiter erforderliche Verfügungsgrund (§ 935 ZPO), soweit es bei Besitzschutzansprüchen überhaupt eines solchen zusätzlichen Rechtsschutzinteresses bedarf (verneinend OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 1516; OLG Düsseldorf NZM 2002, 192; abweichend, in der Sache jedoch übereinstimmend OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 1717).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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