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Getrenntleben – Gesamtschuldnerausgleich für Kosten der allg. Lebensführung

OBERLANDESGERICHT OLDENBURG
Az.: 12 UF 22/05
Urteil vom 28.06.2005

Vorinstanz: AG Oldenburg – Az.: 5 F 1183/04


In der Familiensache hat der 12. Zivilsenat — 4. Senat für Familiensachen — des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2005 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Januar 2005 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Oldenburg geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.146,05 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. April 2004 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 17/20 und der Beklagten zu 3/20 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Parteien sind verheiratet und leben seit Ende 2003 getrennt. Dieses Getrenntleben vollzog sich während des Jahres 2003 in den Räumen des gemeinsam angemieteten Hauses NStraße in O. Der aus der Ehe hervorgegangene Sohn D. lebt beim Vater.
Der Kläger nimmt die Beklagte in Höhe von 1.146 EUR auf Ausgleich einer von ihm abgelösten Darlehensverpflichtung der Beklagten sowie im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs auf Erstattung der hälftigen nach seiner Behauptung für Energieversorgung, Öleinkauf, Telefonkosten und Miete gezahlten Beträge in Anspruch.
Durch Urteil vom 26. Januar 2005 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Oldenburg der auf Zahlung von insgesamt 7.550,84 EUR gerichteten Klage nach Beweisaufnahme in Höhe eines Betrages von 3.516,70 EUR stattgegeben.
Gegen dieses Urteil wendet sich beide Parteien mit ihrer jeweils fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung.
Die Beklagte beantragt das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Oldenburg vom 26. Januar 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen,

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, auf seine Anschlussberufung das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Oldenburg vom 26. Januar 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.050,36 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 6.815,35 EUR seit dem 13. April 2004 und auf 7.050,36 EUR seit Einlegung der Berufung (28. Februar 2005) zu zahlen. Ergänzend macht er geltend, dass auf die Beklagte zusätzlich die Hälfte der von ihm 2003 in Höhe von insgesamt 1.941,01 EUR geleisteten Versicherungsbeiträge entfiele.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Weitere tatsächliche Feststellung hat der Senat nicht getroffen.

II.
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über die Rechtsmittel beider Parteien folgt aus § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine Familiensache handelt.

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg, während das Rechtsmittel des Klägers unbegründet ist.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte nur insofern ein Ausgleichsanspruch zu, als er unstreitig einen auf ihrem Konto bestehenden Schuldsaldo in Höhe von 1.146,05 EUR abgelöst und damit eine nicht ihn treffende Verbindlichkeit erfüllt hat (§§ 670, 683 BGB). Soweit die Beklagte die Erfüllung dieses von ihr dem Grunde nach nicht angezweifelten Anspruchs durch Aufrechnung geltend macht, fehlt es an der substantiierten Darlegung eines zur Aufrechnung geeigneten Gegenanspruchs. Die Angaben zu dem Verkauf eines Wochenendhauses durch den Kläger sind vage. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, wie sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien gestalteten und aus welchen Gründen sich noch ein Anspruch auf Auskehrung eines der Höhe nach nicht dargelegten Erlöses ergeben soll. Die Tatsache, dass der Anschaffungspreis seinerzeit aus einem von der Beklagten erzielten Lottogewinn bezahlt worden sein soll, genügt dafür nicht. Damit erweist sich die Klageforderung insoweit als berechtigt.
Für alle weiteren von ihm erbrachten Zahlungen kann der Kläger jedoch keinen Ausgleich beanspruchen.
Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass nach einem Scheitern der Ehe Zahlungen auf gemeinsame Verbindlichkeiten zu einem Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB führen können. Voraussetzung hierfür ist aber, dass es sich tatsächlich um gemeinsame Verbindlichkeiten handelt. Daran fehlt es für alle sonstigen vom Kläger angeführten Leistungen. Diese Zahlungen wurden unverändert durch das in der Trennungszeit trotz Scheiterns der Ehe fortbestehende Unterhaltsverhältnis überlagert.
Eine Trennung der beiderseitigen Lebensverhältnisse hat es nur insoweit gegeben, als die Parteien in dem Haus getrennte Lebensbereiche eingerichtet hatten. Soweit der Kläger laufende Energiekosten an die EWE, den Einkauf von Öl, Telefonkosten und die Miete gezahlt hat, handelt es sich um Aufwendungen der allgemeinen Lebenshaltung. Gleiches gilt für die im Berufungsverfahren zusätzlich geltend gemachten Versicherungsbeiträge. Hierdurch wurde ein Teil des laufenden Lebensbedarfs beider Parteien sowie des gemeinsamen Kindes gedeckt. Es handelt sich folglich durchweg um Unterhaltsleistungen. Der Begriff des Unterhalts beschränkt sich dabei nicht auf Ausgaben des täglichen Bedarfs, sondern umfasst nach Sinn und Zweck der Vorschrift alle Leistungen, die einen Bezug zum Familienunterhalt haben. Ebenso ist es unerheblich, ob es sich um einmalige oder laufende Zahlungen handelt und welcher der Ehegatten im Außenverhältnis zur Leistung verpflichtet wäre. Bei solchen Zahlungen besteht die gesetzliche Vermutung, dass Ehegatten im Zweifel auch dann keinen Ausgleich beanspruchen wollen, wenn die Leistung eines Ehegatten seinen ihm nach dem Gesetz obliegenden Beitrag übersteigt (§ 1360b BGB). Die Vorschrift gilt in der Trennungszeit ebenfalls uneingeschränkt (§ 1361 Abs. 4 S. 4 BGB), so dass der Kläger über die Tatsache der erbrachten Zahlungen hinaus weitere Umstände hätte anführen müssen, weshalb er bereits zum Zeitpunkt seiner Leistung den Willen der Rückforderung hatte und dies für die Beklagte auch erkennbar war (OLG Karlsruhe FamRZ 1990, 744; AnwKomm/KathZurhorst § 1360b Rn. 13). Insofern besteht ein enger Zusammenhang mit dem allgemeinen Grundsatz aus § 1613 BGB, das Unterhalt für die Vergangenheit regelmäßig nur im Fall des Verzuges beansprucht werden kann, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die verfügbaren Mittel für den allgemeinen Lebensbedarf verbraucht worden sind und die nachträgliche Geltendmachung von Ansprüchen schnell zu einer den Verpflichteten überfordernden Höhe führen müsste.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vor dem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. März 2004 der Beklagten gegenüber zu erkennen gegeben hat, von ihr einen Ausgleich für die von ihm erbrachten Zahlungen beanspruchen zu wollen. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ohne Substanz, da er nicht ausführt, zu welchem Zeitpunkt er entsprechende Aufforderungen an die Beklagte gerichtet haben will und auf welche der einzelnen Zahlungen sich diese bezogen haben sollen. Auch aus den sonstigen Umständen ergeben sich keine geeigneten Anknüpfungspunkte. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien können nur als undurchsichtig bezeichnet werden. Zudem hatte der Kläger in das angemietete Haus noch Untermieter aufgenommen, die nach den Bekundungen des Zeugen Schommer statt Zahlung eines Mietzinses den Kläger und seinen Sohn mit Lebensmitteln versorgt hatten. Auch die Beklagte hätte nach der Aussage des Zeugen auf diese Lebensmittel zurückgreifen können. Insgesamt erwecken die von dem Zeugen geschilderten Umstände den Eindruck, dass sich alle Beteiligten im Jahr 2003 letztlich mit den tatsächlichen Verhältnissen behalfen, ohne während dieser Zeit einen finanziellen Ausgleich hinsichtlich der von ihnen erbrachten Zahlungen zu suchen. Ansonsten hätte nichts näher gelegen, als der Beklagten gegenüber Unterhaltsansprüche geltend zu machen oder eine Aufteilung der Kostenlast zu vereinbaren. Wenn dies unterblieben ist, lässt sich ein Ausgleich bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten auch nicht mehr nachträglich über das Institut des Gesamtschuldnerausgleichs erreichen.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 07. Juli 2004 weitere 745,49 EUR geltend gemacht hatte, sind diese nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da der Kläger aufgrund der von der Beklagten auf die Rechnung der E. erbrachten Zahlungen insoweit keinen Ausgleich mehr beansprucht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es bestehen keine Gründe, die Revision zuzulassen.

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