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Ehescheidung – Prozesskostenhilfe: Berücksichtigung von Belastungen Immobilie/Fahrzeug

OLG Schleswig

Az: 8 WF 261/04

Beschluss vom 12.01.2005


In der Familiensache hat der 1. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 12. Januar 2005 beschlossen:
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners wird der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Plön vom 30. November 2004, soweit er den Streitwert für die Ehesache betrifft, dahin abgeändert, dass der Streitwert auf 4728,00 Euro festgesetzt wird.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

1. Das Familiengericht hat beiden Parteien für das Scheidungsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und den Streitwert für die Ehesache auf den Mindestwert von 2000 Euro festgesetzt mit der Begründung, durch die ratenfreie PKH-Bewilligung würden die Parteien so behandelt, als seien sie sozialhilfebedürftig, so dass es nicht angängig sei, sie im Rahmen der Streitwertbemessung als vermögend zu behandeln. Der Antragsgegner erzielte ein Einkommen von 1560 Euro netto, trug Hauslasten von 945 Euro monatlich und zahlte für die in den Jahren 1998 und 2001 geborenen Kinder Unterhalt. Die Antragstellerin bewohnte mit den beiden Kindern die im Miteigentum stehende Immobilie und verdiente monatlich 400 Euro.

Mit der Beschwerde erstrebt der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners die Bemessung des Streitwerts nach dem Dreifachen des gemeinsamen Einkommens der Parteien.

2. Die Beschwerde ist begründet.
Ratenfreie Prozesskostenhilfe wird nicht nur solchen Parteien gewährt, die aus spärlich zufließenden Einkünften keine Mittel mehr für die Prozessführung ohne eigene Existenzgefährdung abzweigen können, sondern auch solchen Parteien, die zwar ein höheres Einkommen erzielen, über dieses aber wegen bestehender Verbindlichkeiten nicht vollen Umfangs frei verfügen können und – etwa bei Krediten zur Finanzierung eines Hauses oder eines Fahrzeugs – allenfalls die Möglichkeit hätten, sich durch unwirtschaftliches Umdisponieren von diesen Verbindlichkeiten zu lösen. Soweit derartige Belastungen nach § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ZPO das einzusetzende Einkommen schmälern und zur ratenfreien Prozesskostenhilfe führen, wird diese mithin nicht wegen der ärmlichen Verhältnisse, sondern wegen einer auf billigenswerte Weise eingeschränkten freien Verfügbarkeit der zufließenden Mittel gewährt. Um gleichen Zugang zur Rechtsgewährung zu ermöglichen, werden damit Parteien im Hinblick auf die (ratenfreie) PKH-Bewilligung gleichgestellt, die im Zuschnitt ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht den gleichen Status haben: Eine Partei, die 2000 Euro monatlich verdient und davon 500 Euro auf ein Bauspardarlehen und 200 Euro für einen selbstgenutzten Pkw zahlt, ist in ihrem wirtschaftlichen Gewicht nicht einer Partei gleichzustellen, die derartige Verbindlichkeiten nicht bedient, aber monatlich auch nur ein Einkommen von 1300 Euro erzielt. Wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der Prozesskostenhilfe einerseits – nämlich der Unterstützung solcher Parteien, die ihre verfügbaren Mittel nicht oder nur durch unwirtschaftliche und damit unzumutbare Umschichtungen aufstocken können – und der Streitwertbemessung nach § 12 Abs. 2 GKG a. F. andererseits – nämlich der Abstufung der Gebühren entsprechend den Einkommens- und Vermögensverhältnissen – kann es deshalb durchaus zur Anhebung des Streitwerts über den Mindestbedarf bei gleichzeitiger ratenfreier Prozesskostenhilfebewilligung kommen. Ein Gleichklang zwischen ratenfreier Prozesskostenhilfe und der Festsetzung des Streitwertes auf den Mindestbetrag mag dem Regelfall entsprechen, eine sachlogische Abhängigkeit zwischen beiden besteht indes nicht (gegen OLG Hamm, FamRZ 2004, 1297). Der Streitwert ist vielmehr im Einzelfall unabhängig von einer Ratenfreiheit nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu bestimmen, wobei von wesentlicher Bedeutung ist, ob den im Rahmen des § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigenden Belastungen ein wirtschaftlicher Gegenwert korrespondiert – etwa in Gestalt der wachsenden Lastenfreiheit einer Immobilie oder dem Nutzungswert eines finanzierten Fahrzeugs – oder ob dies nicht der Fall ist, z. B. dann, wenn nach Veräußerung oder Versteigerung der Immobilie weiterhin auf eine verbleibende Restschuld gezahlt wird.

Auf den Streitfall angewandt bedeutet dies, dass die monatlichen Hauslasten, die der Antragsgegner mit 945 Euro trägt, nicht abzusetzen sind, sondern nur die Unterhaltszahlbeträge für die beiden gemeinsamen Kinder von je 192 Euro. Der Streitwert, der hier nur durch die Einkünfte der Parteien und nicht durch nennenswerte Vermögensgegenstände bestimmt wird, beträgt danach 3 x (1560 Euro + 400 Euro – 192 Euro – 192 Euro) = 4728 Euro. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners war daher der angefochtene Beschluss entsprechend zu ändern.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

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