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Entgeltliche Nebentätigkeit bei krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit eines Beamten

VG Berlin – Az.: 5 L 120.19 – Beschluss vom 29.05.2019

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die 1970 geborene Antragstellerin steht als Beamtin auf Lebenszeit im Amt einer O… (BesGr A 13) im Dienst der Antragsgegnerin. Sie ist seit 30. Juli 2018 dienstunfähig erkrankt.

Im Februar 2014 genehmigte der B… der Antragstellerin eine Nebentätigkeit als Yogatrainerin/Yogalehrerin, befristet bis zum 24. März 2019. Die Antragstellerin erzielte aus dieser Nebentätigkeit in den Jahren 2015 bis 2018 Einkünfte in Höhe von jeweils rund 10.000 Euro.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2019 beantragte die Antragstellerin die weitere Genehmigung dieser Nebentätigkeit über den 24. März 2019 hinaus. Diesem Antrag entsprach der B… nicht. Vielmehr kündigte er mit Schreiben vom 17. April 2019 die Versagung der Genehmigung an.

Die Antragstellerin hat am 23. April 2019 (Untätigkeits-)Klage erhoben (5 K 121.19) und darüber hinaus im vorliegenden Verfahren sinngemäß beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Durchführung von Yogakursen in einem Umfang von wöchentlich fünf Stunden als Nebentätigkeit zu genehmigen.

Dieser Antrag hat keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch (dazu 1.) noch einen Anordnungsgrund (dazu 2.) mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO).

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) bedürfen Beamtinnen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Die Genehmigung ist nach § 99 Abs. 2 Satz 1 BBG zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere in den in § 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 6 BBG aufgeführten Fällen vor.

Vorliegend greift der Versagungsgrund des § 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BBG ein. Danach ist die Genehmigung der beantragten Nebentätigkeit zu versagen, wenn die Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.

Angesichts der nunmehr seit zehn Monaten andauernden krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit der Antragstellerin bewirkt die Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Yogatrainerin bzw. Yogalehrerin eine Störung des Ansehens der Beamtenschaft.

Eine Beamtin, die aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch aber in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht, zeigt regelmäßig ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Der Dienstherr alimentiert Beamtinnen auch bei Dienstunfähigkeit und stellt so sicher, dass sich eine Beamtin schonen kann, um ihre Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Wenn eine Beamtin ohne zwingende Notwendigkeit einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt sie den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass sie zur Dienstleistung außerstande ist, dass sie also ihre Dienstbezüge erhält, ohne zugleich ihre Arbeitskraft ihrem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 1999 – 1 D 49.97 -, juris Rn. 58; OVG Münster, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – 6 B 1057.10 -, juris Rn. 11 ff; VG München, Urteil vom 27. September 2013 – M 21 K 11.4727 -, juris Rn. 26; Lemhöfer in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: März 2019, § 99 BBG Rn. 10).

Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass dies in ihrem Fall ausnahmsweise nicht so ist.

Ihr Einwand, es bestehe nicht die Gefahr der Ansehensschädigung, weil die Zahl der Kursteilnehmer zu klein und für die Teilnehmer keine Verbindung zu ihrer beruflichen Tätigkeit bzw. zu ihrer gegenwärtigen Dienstunfähigkeit erkennbar sei, greift nicht durch. Zum einen reicht die Zahl der Personen, die von ihrer Nebentätigkeit Kenntnis erlangt (hat), über die Kursteilnehmer hinaus. Denn die Antragstellerin hat nach eigenem Bekunden in der Vergangenheit „gelegentlich im näheren (Wohnort-)Umkreis“ Flyer verteilt, auf denen sie für ihre Nebentätigkeit wirbt; darüber hinaus betreibt sie für die Nebentätigkeit eine eigene Internetseite (y…). Zum anderen kann auch in dem zahlenmäßig begrenzten Kreis der Kursteilnehmer jemand sein, der Kenntnis vom beruflichen Umfeld der Antragstellerin und ihrer langdauernden krankheitsbedingten Abwesenheit hat.

Dass die Fortsetzung der Nebentätigkeit aus medizinischen Gründen erforderlich ist, ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Die Psychologische Psychotherapeutin P…hat unter den 27. Dezember 2018 erklärt, die Ausübung der Nebentätigkeit als Yogalehrerin schade der Erholung während des Zeitraums der Krankschreibung nicht; vielmehr bestärke die Antragstellerin diese Tätigkeit positiv, indem sie ihr helfe, ihre körperliche Anspannung zu reduzieren sowie sich positive Erlebnisse und sozialen Rückhalt zu verschaffen; deshalb fördere die Nebentätigkeit den Genesungsprozess. Unter dem 11. April 2019 führt Frau P… aus, sie halte nicht allein das Yoga in der Gruppe für wertvoll, sondern erachte gerade auch die Tätigkeit als Anleiterin für wichtig; diese Tätigkeit gebe der Antragstellerin Wertschätzung und soziale Anerkennung, welche für die weitere gesundheitliche Stabilisierung ausgesprochen hilfreich seien. Die Ärztin K… hat am 8. Januar 2019 erklärt, die Nebentätigkeit als Yogalehrerin schade dem Genesungsprozess der Antragstellerin nicht; Yoga zu unterrichten sei vielmehr insbesondere in dieser Krankheitszeit sehr gut geeignet, um zu gesunden; die Antragstellerin erfahre durch ihren Yogaunterricht unter anderem eine positive Bestärkung, die sie wesentlich darin unterstützte, sich psychisch und körperlich schneller zu stabilisieren, als es ohne ihren Yogaunterricht möglich wäre; aus medizinischer Sicht sei es deshalb sogar geboten, dass die Antragstellerin auch während ihrer Arbeitsunfähigkeit Yoga unterrichte.

Diese ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Stellungnahmen sind unsubstantiiert und zum Beleg der medizinischen Erforderlichkeit des Yogaunterrichts deshalb nicht geeignet. Sie enthalten nicht einmal die Angabe, ob und gegebenenfalls seit wann die Antragstellerin sich bei der Verfasserin jeweils in Behandlung befindet. Auch fehlt die Bezeichnung bzw. die Diagnose einer (nach Angaben der Antragstellerin: psychischen) Erkrankung. Die Förderlichkeit der Nebentätigkeit für den Genesungsprozess wird in den Bescheinigungen im Wesentlichen behauptet, aber nicht über allgemeine Erwägungen hinaus individuell nachvollziehbar abgeleitet. Dass die weitere Ausübung der Nebentätigkeit zur Genesung zwingend erforderlich wäre (vgl. dazu VG München, a.a.O. Rn. 29 m.w.N.), ist erst recht nicht glaubhaft gemacht. Hierfür wäre zumindest die fundierte Stellungnahme eines Facharztes der für die Erkrankung der Antragstellerin zuständigen Fachrichtung erforderlich.

2. Unabhängig davon hat die Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum es ihr nicht wenigstens vorübergehend zumutbar ist, auf die Nebentätigkeit zu verzichten.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin seit 15. April 2019 auf einen anderen Dienstposten umgesetzt wurde, so dass der Konflikt mit ihrer Vorgesetzten, der nach eigenen Angaben für ihre Erkrankung ursächlich ist, nicht mehr besteht. Es spricht deshalb vieles dafür, dass die Antragstellerin in absehbarer Zeit ihr Hauptamt wieder ausüben kann und der Versagungsgrund nach § 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BBG entfällt.

Die Befürchtung der Antragstellerin, bei einer weiteren Unterbrechung drohe ihr Kundenstamm und damit die wirtschaftliche Grundlage der Nebentätigkeit wegzubrechen, ist schon nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin verweist insoweit zu Recht darauf, dass es der Antragstellerin bereits kurz nach Beginn der Nebentätigkeit im Jahr 2014 gelungen war, nicht unerhebliche Einnahmen zu erzielen (2014: 2.208 Euro; 2015: 11.740 Euro). Deshalb liegt es nahe, dass der Wiedereinstieg auch nach einer längeren Unterbrechung der Nebentätigkeit erneut möglich ist. Jedenfalls wäre es der Antragstellerin zumutbar, wenn sie nach ihrer Genesung, der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit als Beamtin und der dann möglichen Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vorübergehend einen erhöhten Werbeaufwand hätte.

Schließlich steht es der Antragstellerin auch frei, selbst weiterhin Yoga auszuüben oder andere darin vorübergehend unentgeltlich zu unterrichten, wenn sie sich davon positive Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand verspricht. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass gerade die Bezahlung dieser Tätigkeit gesundheitsfördernde Auswirkungen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

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