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Widerruf eines SCHUFA-Eintrags

OLG Karlsruhe – Az.: 14 U 3/19 – Urteil vom 23.02.2021

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.11.2018 (C 6 O 52/18) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 12.610,14 € festgesetzt.

Gründe

A

Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche geltend, die auf einer Meldung der Beklagten zu 1 an die Beklagte zu 2 wegen Auffälligkeiten bei einem gestellten Kreditantrag beruhen. Die Beklagte zu 1 sollte die Meldung widerrufen, die Beklagte zu 2 den Eintrag im „SCHUFA– FraudPool“ löschen. Als Gesamtschuldner wurden die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch genommen sowie die Feststellung beantragt, dass durch die Beklagten zukünftige, wegen der Meldung entstandene Schäden zu ersetzen seien.

Wegen der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt zur Begründung aus, dem Kläger stehe gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch auf Löschung des streitgegenständlichen Eintrags im SCHUFA-FraudPool zu. Ein Löschungsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 d DSGVO bestehe nicht, da die über den Kläger erhobenen Daten nicht unrechtmäßig verarbeitet worden seien. Die Rechtsmäßigkeit folge aus Art. 6 Abs.1 f DSGVO. Die danach vorzunehmende Interessensabwägung führe zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten sowie Dritter in Form anderer Finanzinstitute. Bei der Abwägung seien auf Seiten des Klägers dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) zu berücksichtigen. Mit der Information, dass er potentieller Täter sei und auffällige Dokumente von ihm vorgelegt worden seien, werde er mit einem negativ bewerteten Geschehen in Verbindung gebracht. Die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) gelte zwar unmittelbar nur für den Strafrichter, strahle jedoch auch auf andere Bereiche aus. Auf Seiten der Beklagten und anderer Kreditinstitute sei das Interesse zu berücksichtigen, das Risiko zu prüfen, bei Transaktionen mit strafbaren Handlungen konfrontiert zu werden und diesen vorzubeugen. Zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber bestehe ein Informationsungleichgewicht, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Kreditinstitute regelmäßig in Vorleistung gingen. Durch die Datenverarbeitung werde die Stabilität und Integrität des Finanzplatzes Deutschland geschützt. Es sei die gesetzgeberische Wertentscheidung gemäß § 25 h Abs. 3 Satz 4 KWG i.V.m. § 47 GWG zu berücksichtigen. Der zugrundeliegende Sachverhalt – das Vorlegen von Kopien von Gehaltsabrechnungen, die die Überweisung des Gehalts auf ein Konto der belegen, während sich aus der von der Staatsanwaltschaft bei der Arbeitgeberin des Klägers eingeholten Lohnbescheinigung eine Überweisung auf die -bank ergibt – enthalte Ungewöhnlichkeiten und Auffälligkeiten, die auf eine Straftat hindeuteten. Der Verdacht einer Urkundenfälschung und eines Kreditbetrugs habe nahegelegen. Es sei nicht notwendig, dass die strafbare Handlung zu einer Vermögensgefährdung auf Seiten des Instituts führen könne; dies sei indessen der Fall, da die Angabe des falschen Kontos dazu führen könne, dass im Falle der Vollstreckung ein Zugriff auf das angegebene Konto nicht möglich wäre, während das Auffinden des im Ausland befindlichen Kontos mit Aufwand verbunden wäre und die Vollstreckung erschweren würde. Auch die Beibehaltung der Speicherung und Weiterleitung an Kreditinstitute mit berechtigtem Interesse innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Eintragung sei rechtmäßig. Der Verdacht einer Straftat sei im weiteren Verlauf nicht gänzlich ausgeräumt worden, so habe der Kläger durch seinen Verteidiger eingeräumt, dass er das Konto bei der in die Entgeltabrechnung eingefügt habe. Die Staatsanwaltschaft habe zwar keinen Kreditbetrug, aber eine Urkundenfälschung angeklagt. Das Verfahren sei nicht gemäß § 170 Abs. 2 StPO, sondern nach einer Geldzahlung gemäß § 153 a StPO eingestellt worden, was einen hinreichenden Tatverdacht voraussetze. Ein Löschungsanspruch gegen die Beklagte zu 2 sei auch nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 c DSGVO gegeben. Der Widerspruch gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO, der mit der Replik erklärt worden sei, führe nicht zum Löschungsanspruch, da die Interessen des Klägers die der Beklagten an der weiteren Verarbeitung nicht überwiegen würden. Die erhobenen Daten seien außerdem im Sinne von Art. 17 Abs. 1 a DSGVO für die Zwecke, für die sie erhoben worden seien, notwendig.

Ein Widerrufsanspruch gegen die Beklagte zu 1 gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB sei nicht gegeben, da die Übermittlung der Daten rechtmäßig erfolgt sei. Daraus folge außerdem, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zustehe.

Mit der Berufung hat der Kläger zunächst gegen beide Beklagte die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt. Zur Begründung führt er aus, das Landgericht habe verkannt, dass die Verarbeitung der Daten gegen Art. 10 DSGVO verstoßen habe. Es könne insbesondere nicht richtig sein, dass der Kläger im Hinblick auf Art. 10 DSGVO besser stünde, wenn es zu einer Verurteilung gekommen wäre. Bei der Prüfung des Art. 6 Abs. 1 f DSGVO habe das Landgericht die Interessen der Parteien fehlerhaft abgewogen. § 25 Abs. 3 Satz 4 KWG dürfe nicht angewendet werden, da Art. 6 Abs. 1 f DSGVO keine Öffnungsklausel enthalte, die die Einbeziehung erlaube. Bei der Interessenerwägung sei zu berücksichtigen, dass die Interessen des Betroffenen umso stärker zu schützen seien, wenn lediglich ein Verdacht und keine strafrechtliche Verurteilung vorliege. Es sei mit der Unschuldsvermutung nicht zu vereinbaren, den Kläger als potentiellen Täter zu stigmatisieren. Durch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO werde das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt; damit müsse erst Recht ein öffentliches Interesse an einer Datenübermittlung an unbeteiligte Dritte beseitigt sein.

Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass eine weiterführende Speicherung noch notwendig sei. Das Landgericht habe verkannt, dass aufgrund der überwiegenden Interessen des Klägers auch ein Widerrufsanspruch gegen die Beklagte zu 1 gegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 10.09.2020 (As. II, 285) hat der Kläger im Hinblick auf die zwischenzeitliche fristbedingte Löschung des Eintrags die Anträge Ziffer 1 und 2 für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagten haben bezüglich der sie betreffenden Anträge jeweils die Zustimmung zur Erledigung erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr, das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.11.2018 (C 6 O 52/18) abzuändern und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger den verbleibenden Rest der entstandenen außergerichtlichen Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 Nr. 2300 VV-RVG in Höhe von 787,42 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die durch die Eintragung entstandenen Schäden in Höhe von 2.110,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen sowie

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner zum Ausgleich aller durch die FraudPool-Meldung entstandenen und daraus noch entstehenden Schäden verpflichtet sind.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze in beiden Instanzen verwiesen.

B

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Dem Kläger stehen keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu. Auch insoweit, als die Parteien übereinstimmend die Hauptsache gemäß § 91 a ZPO für erledigt erklärt haben, waren die gegen die Beklagten erhobenen Ansprüche ursprünglich nicht begründet.

I. Dem Kläger standen wegen der Meldung vom 09.08.2017 keine Ansprüche gegen die Beklagte Ziffer 1 zu.

1. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Meldung, deren Widerruf der Kläger begehrt, rechtmäßig erfolgte. Da die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nach Art. 99 Abs. 2 DSGVO erst seit dem 25. Mai 2018 gilt, war die Rechtmäßigkeit der Meldung am 09.08.2017 noch auf der Grundlage des § 25 h Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 47 Abs. 5 GwG zu beurteilen. § 25 h KWG verpflichtet Kreditinstitute zur Durchführung bestimmter interner Sicherungsmaßnahmen. Gemäß § 25 h Abs. 3 Satz 4 KWG ist § 47 Abs. 5 des Geldwäschegesetzes (GwG) für Informationen über konkrete Sachverhalte, die Auffälligkeiten oder Ungewöhnlichkeiten enthalten, die auf andere strafbare Handlungen als die im GwG genannten hindeuten, entsprechend anzuwenden. Dabei lässt § 47 Abs. 5 Satz 2 GwG auch einen Informationsaustausch über Datenbanken zu (vgl. Herzog, Geldwäschegesetz, § 47 Rn. 34; Herzog, Geldwäschegesetz, § 25 h KWG Rn. 22). Die Beklagte Ziffer 1 durfte im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GwG davon ausgehen, dass andere Kreditinstitute die übermittelte Information für die Risikobeurteilung bei einer Darlehensvergabe – also einer entsprechenden Transaktion – benötigen würden.

Widerruf eines SCHUFA-Eintrags
(Symbolfoto: T. Schneider/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind. Das Darlehen ist als Rechtsgeschäft durch die Vorleistungspflicht des Darlehensgebers und die Unsicherheit, dass die Rückzahlung erfolgt, geprägt; das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien des Darlehensvertrags ist daher von besonderer Bedeutung (vgl. Berger in Münchener Kommentar zum BGB, Vor § 488 Rn 7f). Für die Vergabe eines Darlehens durch ein Kreditinstitut sowie die dabei gewährten Konditionen kommt es wesentlich darauf an, welche Sicherheiten der Kunde bieten kann. Das Geschäft ist dadurch charakterisiert, dass es dem Kreditnehmer auf die Auszahlung des Kapitals ankommt, während der Kreditgeber vor allem sicherstellen will, dass der Kredit in der vereinbarten Weise zurückgezahlt wird. Das Kreditinstitut hat daher – was dem Kreditnehmer bewusst ist – sowohl im Hinblick auf die regelmäßige Rückzahlung vereinbarter Raten, als auch im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer möglicherweise notwendigen Zwangsvollstreckung ein besonderes Interesse an korrekten Informationen, die sich auf das einzugehende Risiko beziehen. Aus dem unstreitigen Sachverhalt, insbesondere der Einlassung durch den Verteidiger des Klägers gegenüber der Staatsanwaltschaft vom 04.10.2017 (Anl. K 5) ergibt sich, dass der Kläger falsche Angaben zu dem Konto gemacht hat, auf das sein Einkommen durch den Arbeitgeber überwiesen wird, und dies der Beklagten Ziffer 1 bekannt wurde. Der Umstand, dass erst später, durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, bekannt wurde, dass sein Einkommen auf ein Konto der -bank überwiesen wurde und er vorsätzlich auf der vorgelegten Gehaltsmitteilung die Angabe des Gehaltskontos verändert hatte, ist ebensowenig von Bedeutung wie die Frage, ob das Gehalt von dem Konto bei der -bank auf das Konto der Ehefrau des Klägers weitergeleitet wurde. Nach Prüfung des Kreditantrags durch die Beklagte Ziffer 1 waren bereits aufgrund der genannten, vorsätzlich falschen Angaben Auffälligkeiten im Sinne von §§ 25 h Abs. 3 Satz 4 KWG, 47 Abs. 5 GwG gegeben. Auf die Frage, ob in einem späteren Verfahren aufgrund der Strafanzeige eine Verurteilung des Kunden wegen einer Straftat erfolgt ist, kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Meldung nicht an. Mangels Rechtswidrigkeit der Meldung kommt ein Widerruf in entsprechender Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB nicht in Betracht.

2. Aus diesen Gründen hat das Landgericht auch zu Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte Ziffer 1 abgelehnt, da es bereits an der Rechtswidrigkeit fehlt.

II. Dem Kläger standen auch gegen die Beklagte Ziffer 2 aufgrund der Verarbeitung und weiteren Speicherung der Meldung der Beklagten Ziffer 1 keine Ansprüche zu.

1. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Löschung des Eintrags im SCHUFA-FraudPool.

a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass Art. 10 DSGVO auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist. Der Senat folgt der Auffassung des Klägers, wonach Art. 10 DSGVO erst Recht auf Tatsachen anzuwenden sei, die einen Verdacht begründeten, ohne zur Verurteilung zu führen, ausdrücklich nicht. Strafrechtliche Verurteilungen und Sicherungsmaßregeln liegen nicht vor. Es handelt sich aber auch nicht um Straftaten iSd Art. 10 DSGVO. Nach zutreffender Auffassung ist Grund für die Anwendbarkeit des Art. 10 DSGVO der besondere Schutzbedarf, der sich aus der hoheitlichen Feststellung ergibt, dass jemand durch eine bestimmte Handlung eine Straftat begangen hat. Eine zu weite Auslegung würde die Vorschrift uferlos machen. Angaben über Handlungen, die einen Verdacht begründen, sind daher im Rahmen der allgemeinen Vorschriften zu beurteilen (Plath, DSGVO/BDSG 3. Aufl. Art 10 Rdn. 5f; Gierschmann/Schlender/Stentzel/Veil, DSGVO 2018 Art. 10 Rdn. 23; Auerhammer, DSGVO. 6. Aufl. 2018 Art. 10 Rdn. 4f; Wybitul, Handbuch EU DatenschutzGrundVO Teil 1 Rdn 304 ff.; Bäcker in BeckOK Datenschutzrecht, § 10 DSGVO Stand 1.8.2020 Rn. 2ff., 4).

b) Das Landgericht hat zu Recht die Frage der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung anhand Art. 6 Abs. 1 f DSGVO beurteilt. Nach dieser Vorschrift erfordert die Verarbeitung personenbezogener Daten sowohl, dass ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten vorliegt, als auch, dass die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen erforderlich ist und die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, diese berechtigten Interessen nicht überwiegen (vgl. Heberlein in Ehmann/Selmayr, Datenschutzgrundverordnung, § 6 Rn. 25).

Das Landgericht hat zutreffend die abzuwägenden Interessen erkannt und ist zu einem zu billigenden Abwägungsergebnis gelangt.

Auf Seiten der Kreditinstitute, die auf die Daten der Beklagten Ziffer 2 zurückgreifen, ist die Prüfbarkeit des Risikos einer Geschäftsbeziehung, insbesondere die Prävention gegen Betrug, ein berechtigtes Interesse. Die Möglichkeit, dass ein Kreditinteressent, dessen Antrag auf Grund von Auffälligkeiten bei der Bonitätsprüfung – wozu die Angabe einer falschen Kontoverbindung gehört – abgelehnt wird, einen weiteren Darlehensantrag bei anderen Kreditinstituten stellt, liegt auf der Hand. Die Verarbeitung der Daten – in Form der Meldung von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit einem Kreditantrag – dient daher zur Wahrung der berechtigten Interessen anderer Kreditinstitute; diese sind insofern hinreichend konkretisiert, um mit den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten des Klägers abgewogen zu werden (vgl. Heberlein, a.a.O.).

Das Landgericht hat zutreffend die auf Seiten des Klägers zu berücksichtigenden Gesichtspunkte dargestellt; insofern wird auf die Ausführungen des Landgerichts unter Ziffer I. 1. a) cc) ddd (1), die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht, verwiesen.

Das Landgericht ist bei der Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass das Interesse der Beklagten das des Klägers überwiegt. Die Berufung wirft dem Landgericht zu Unrecht vor, die Interessen auf Seiten des Klägers falsch erfasst zu haben. Hingegen wendet die Beklagte Ziffer 2 mit der Berufungserwiderung zu Recht ein, dass der Kläger wenig konkreten Vortrag zu seinen Interessen im gegebenen Fall geleistet hat. Bei der Frage, welche Interessen auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen sind, ist auf die vernünftigen Erwartungen des Betroffenen abzustellen (vgl. Heberlein, a.a.O., Rn. 28 f. unter Verweis auf Erwägungsgrund Nr. 47 der DSGVO). Es war insofern auf Seiten des Klägers zu sehen, dass er gegenüber der Beklagten Ziffer 1 einen Antrag auf Auszahlung einer hohen Kreditsumme stellte und dabei vorsätzlich Unterlagen einreichte, die bzgl. des erkennbar wichtigen Punkt des Gehaltskontos gefälscht waren. Aus der Sicht des Klägers konnte nicht erwartet werden, dass die Beklagte Ziffer 1 – die gegenüber dem Kläger kein besonderes Vertrauensverhältnis wie ein Arzt oder Anwalt in Anspruch nimmt – diesen Vorgang vertraulich behandeln würde. Des Weiteren ist zu sehen, dass die Meldung der Beklagten Ziffer 1 an die Beklagte Ziffer 2 nicht öffentlich zugänglich ist, also insbesondere das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht durch das Publizieren einer seinem Ansehen abträglichen Tatsache gefährdet war. Die allgemeinen Ausführungen des Klägers zu Identitätsdiebstahl, finanziellem Verlust oder Rufschädigung können unter diesem Gesichtspunkt nicht überzeugen. Das Landgericht hat insofern zutreffend ausgeführt, dass die Informationen nicht jedem Dritten zugänglich gemacht werden, sondern nur Kreditinstituten, die ein berechtigtes Interesse an der Datenübermittlung haben.

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c) Dem Landgericht ist auch insofern zu folgen, als sich aus dem Ergebnis des Strafprozesses beim Amtsgericht Stockach nicht der Schluss ergibt, dass das berechtigte Interesse auf Seiten der Beklagten entfiel. Das Landgericht verweist zu Recht darauf, dass die Einstellung gemäß § 153 a StPO einen hinreichenden Tatverdacht voraussetzt. Aus der fortbestehenden Unschuldsvermutung (vgl. Peters in Münchener Kommentar zu StPO, § 153 a Rn. 22) ergibt sich für das Verhältnis zwischen den Beklagten und dem Kläger nicht, dass bei der Prüfung von Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 f DSGVO die auf eine Straftat hindeutenden Tatsachen nicht mehr verwertbar sind, zumal diese Tatsachen unstreitig sind, insbesondere im Strafverfahren eingeräumt wurden.

Die Auffassung des Klägers, dass mit der Beseitigung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung gemäß § 153a StPO auch die im Sinne von Art. 6 Abs. 1 f DSGVO zu berücksichtigenden Interessen der Kreditinstitute nicht mehr bei der Abwägung ins Gewicht fallen dürften, geht fehl. Diese Kriterien entsprechen einander nicht, sondern betreffen ganz unterschiedliche Zwecke.

2. Die Beklagte Ziffer 2 war auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 21 Abs. 1 DSGVO an der weiteren Speicherung und Verarbeitung der Daten gehindert. Der während des erstinstanzlichen Verfahrens erhobene Widerspruch führte nicht zur Unzulässigkeit der Datenverarbeitung, da die Beklagte Ziffer 2 im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO nachgewiesen hat, dass auf ihrer Seite zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung überwiegen. Während im Fall der Abwägung gemäß Art. 6 Abs. 1 f DSGVO bereits eine Gleichwertigkeit der Gründe die Zulässigkeit der Verarbeitung der Daten begründet, erfordert Art. 21 Abs. 1 DSGVO, dass die Gründe auf Seiten der Datenverarbeitenden überwiegen, wobei diese die Beweislast trifft. Die oben ausgeführten Erwägungen begründen indessen jedoch nicht nur eine Gleichwertigkeit der Interessen, sondern, auch unter dem Gesichtspunkt der Einstellung des Strafverfahrens, ein deutliches Überwiegen der zwingenden schutzwürdigen Gründe auf Seiten der Beklagten Ziffer 2. Dabei ist eine inhaltliche Beschränkung auf bestimmte qualitativ höherwertige Rechtfertigungsgründe nicht bezweckt (vgl. Kamann/Braun in Ehmann/Selmayr, Datenschutzgrundverordnung, Art. 21 Rn. 23). Insbesondere die Betrugsbekämpfung kann ein solcher, überwiegend schutzwürdiger Grund sein (vgl. Kamann/Braun, a.a.O. unter Bezug auf Erwägungsgrund 47 Satz 6). Auch insofern ist entscheidend darauf abzustellen, dass durch das unstreitige Verhalten des Klägers ein Betrugsverdacht begründet wurde, der nicht nur bei der Beklagten Ziffer 1 bestand, sondern zur Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft und zur Zulassung der Anklage wegen Urkundenfälschung durch das Amtsgericht führte. Wie bereits ausgeführt, ist aufgrund der Einstellung gemäß § 153 a StPO zwar die Unschuldsvermutung weiter gegeben, andererseits aber vom Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts auszugehen. Schutzwürdige Interessen auf Seiten des Klägers wie etwa die Gefahr, dass durch die weitere, auf Mitteilungen an andere Kreditinstitute bei konkreten Anfragen beschränkte Auskünfte seitens der Beklagten Ziffer 2 zum Beispiel der Arbeitgeber des Klägers von dessen Verhalten in Kenntnis gesetzt würde oder gar eine öffentliche Berichterstattung erfolgen würde, liegen nicht vor. Das Interesse des Klägers beschränkt sich darauf, dass er bei Transaktionen während der 3-jährigen Frist, in der die Meldung gespeichert bleibt, damit rechnen musste, dass Kreditinstitute, bei denen er ein Darlehen beantragt, von den Vorgängen Kenntnis erhalten. Dies kann einerseits zu Problemen bei der Darlehensgewährung bzw. zu schlechteren Konditionen führen; andererseits beruht dies auf einem schuldhaften, vorsätzlichen Verhalten, das gegen die Interessen eines Kreditinstituts gerichtet war. Unter Berücksichtigung dieser Umstände überwiegen nicht die Interessen des Klägers, sondern die der Beklagten Ziffer 2.

3. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte Ziffer 2 nicht gegeben.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 91 a, 708 Nr. 8, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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