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Fahrzeugbeschädigung durch Dachlawine – Mitverschulden

AG Köln – Az.: 130 C 65/11 – Urteil vom 25.08.2011

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.595,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 1.586,62 € seit dem 17.02.2011 und von 9,00 € seit dem 21.04.2011 zu zahlen.

Sie werden weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,55 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung von 120 % des nach dem Urteil für die Beklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des PKW Toyota Aygo mit dem amtlichen Kennzeichen ME- … , Baujahr 2005.

Die Beklagten sind Eigentümer des 5-stöckigen Hauses G. Straße 26 in Köln, welches nach Angaben der Beklagten folgende Dachneigungen aufweist: Zur G. Straße 49,15°, zur Ecke 43,81° und zum Gürtel 46,29°. Das Dach hat keine Gauben.

Mit der Klage macht die Klägerin gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen einer vom Haus abgegangenen Dachlawine geltend, und zwar

Reparaturkosten gemäß Voranschlag M. vom 29.01.2011 netto 3.103,23 €

Kosten für den Voranschlag mit 45,01 €

Kosten für einen Grundbuchauszug 18,00 €

Kostenpauschale 25,00 €

3.191,24 €

Die rechtschutzversicherte Klägerin ließ die Beklagten mit Schreiben vom 03.02.2011 unter Fristsetzung bis 17.02.2011 von ihrer Anwältin zum Ersatz des Schadens in Höhe von 3.173,24 € auffordern. Die Rechtschutzversicherung ist damit einverstanden, dass die für das Schreiben gezahlten Gebühren von der Klägerin gerichtlich geltend gemacht werden.

Mit der Klage begehrt die Klägerin Ersatz des Schadens und der vorprozessualen Anwaltskosten.

Die Klägerin trägt vor, sie habe am Nachmittag des 21. Dezember 2010 ihr Fahrzeug ordnungsgemäß vor dem Haus Nr. 26 in der G. Straße in Köln geparkt, als sich eine Dachlawine löste und das Auto der Klägerin beschädigte. Die Beklagten seien durch Anwohner mehrfach vorher auf herabfallende Lawinen hingewiesen worden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 3.191,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 3.173,24 € seit dem 17.02.2011 und aus 18,00 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 359,50 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass die Klägerin ordnungsgemäß vor dem Haus geparkt hatte. Das Fahrzeug habe teilweise im nicht markierten Bereich gestanden. Sie bestreiten weiter, dass sich eine Dachlawine löste und das Fahrzeug der Klägerin beschädigte. Sie stellen in Abrede, dass die im Voranschlag in Ansatz gebrachten Kosten erforderlich, angemessen und üblich waren und dass die vorgerichtlichen Kosten gezahlt wurden. Ebenso sei der Grundbuchauszug nicht erforderlich und die Kostenpauschale auf 15,00 € zu reduzieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen, insbesondere auf die zu den Akten gereichten Fotos.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 07.07.2011, auf den Bezug genommen wird durch Vernehmung der Zeugen G. und T. – Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.08.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.595,62 € aus §§ 823, 249 ff, 254 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens.

Fahrzeugbeschädigung durch Dachlawine - Mitverschulden
Symbolfoto: Von Pramuan Poonsang/Shutterstock.com

Dabei ist das Gericht zunächst davon überzeugt, dass am 21.12.2010 das Auto der Klägerin durch eine Dachlawine, die sich vom Haus der Beklagten in der G. Straße 26 in Köln gelöst hat, beschädigt wurde. Dies ergibt die Aussage des Zeugen G. , der den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin bestätigt hat. Das Gericht hat keine Veranlassung, dem Zeugen nicht zu glauben, da er als Polizist keine Veranlassung hat, zugunsten der einen oder anderen Partei auszusagen. Der Zeuge hatte zwar bei seiner Vernehmung keine konkreten Erinnerungen an den Vorfall, wusste aber aufgrund der Einsicht in die Polizeiunterlagen zu berichten, dass es sich um ein Mettmanner Fahrzeug mit dem im Beweisbeschluss angegebenen Kennzeichen handelte, und dass durch heruntergekommene Schnee- und Eisschollen u. a. dieses Auto beschädigt wurde.

Die Beklagten haben ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann und dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, im praktischen Leben nicht erreichbar ist. Eine Gefahr wird vielmehr erst dann haftungsbegründend, wenn sich für den Betroffenen die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, Rdnr. 45 ff zu § 823 BGB m.w.N.).

Dabei kommt es für Art und Umfang der Verkehrssicherungspflicht auf die Umstände des Einzelfalls an. Derartige Umstände sind in den konkreten Witterungsverhältnissen, in der Beschaffenheit des Gebäudes, insbesondere der Dachneigung, Art und Dichte des Verkehrs und den örtlichen Verhältnissen zu sehen.

Zwar ist es in der Stadt Köln, welche (noch) als schneearme Stadt eingestuft werden kann, derzeit nicht üblich und zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht auch nicht erforderlich, Schneefanggitter anzubringen. Dies fordert auch die Kölner Straßenordnung nicht.

Andererseits muss der Eigentümer eines Hauses bei dem am 21.12.2010 herrschenden Witterungsverhältnissen Vorkehrungen treffen, die Schäden von geparkten Autos und Passanten abwendet. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagten das Dach von den Schnee- und – wie der Zeuge G. bekundet hat – Eismassen hätte räumen müssen, wofür im Hinblick auf den für Köln ungewöhnlichen Schneefall seit Anfang Dezember 2010 Einiges spricht. Jedenfalls hätten die Beklagten Warnhinweise aufstellen können und müssen (das Gericht folgt dem OLG Köln VersR 1980, 878, das eine solche Pflicht verneint hat, nicht).

Dazu waren die Beklagten umso mehr gehalten, als das Dach mit einer Dachneigung von fast 50° als steil zu bezeichnen ist, das Dach – wie die Fotos zeigen – eine glatte und von keiner Gaube unterbrochene Fläche aufwies, und das Haus an der Einmündung vom stark befahrenen Ehrenfeldgürtel liegt, wo gerichtsbekanntermaßen ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und eine gesteigerte Nachfrage an Parkplätzen herrscht. Hinzu kommt, dass hier auch Parkplätze auf dem Bürgersteig und der Straße markiert sind.

Bei einer solchen Lage handeln die Beklagten auch fahrlässig, wenn sie keine Warnhinweise anbringen bzw. anbringen lassen, denn sie wissen, dass das Haus kein Schneefanggitter hat, dass es nicht geräumt ist und dass es ungewöhnlich starke Schneefälle gegeben hat,. Die Beklagten können sich dabei nicht erfolgreich darauf berufen, dass sie nicht in Köln wohnen. Die Witterungsverhältnisse waren in Funk, Fernsehen und Presse hinlänglich bekannt gemacht.

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Die Schadensersatzpflicht der Beklagten war jedoch gem. § 254 BGB um die Hälfte gemindert, da die Klägerin ein nicht unerhebliches Mitverschulden trifft (zum hälftigen Mitverschulden vgl. Urteil des Amtsgerichts Köln v. 12.08.2011, 123 C 82/11, Urteil des Landgerichts Magdeburg v. 10.11.2010, 5 O 833/10, Urteil des Amtsgerichts Bruchsal v. 23.11.2010, 3 C 81/10 und Urteil des Amtsgerichts Lemgo v. 08.07.2010, 16 C 12/10; andere Ansicht: ohne Mitverschulden: Thüringisches Oberlandesgericht NJW-RR 2009, 168 und mit einem 100 %igen Mitverschulden z. B. Amtsgericht Aachen, Urteil v. 08.12.2010, 111 C 362/10 und Urteil des Amtsgerichts Halle-Saale v. 25.11.2010, 93 C 1526/10, denen das Gericht nicht folgt).

Auch die Klägerin kannte die Wetterlage und musste mit einer Dachlawine rechnen. Das Gericht wertet die Verschuldensbeiträge der Parteien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als gleichwertig.

Sowohl die Klägerin, als auch die Beklagten hätten durch umsichtiges Handeln den Schaden vermeiden können. Die Beklagten durch einen Warnhinweis, die Klägerin durch ein erhöhtes Maß an Umsicht und Achtsamkeit, welches ihr trotz ihrer Ortsfremdheit und der eingezeichneten Parkplätze zugemutet werden konnte.

Eine Verschiebung der Mitverschuldensquote zulasten der Beklagten kam nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass die Beklagten ausdrücklich vorher auf die Lawinengefahr hingewiesen wurden. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugin T. – Q. hat ihre Aussage dahin gemacht, dass sie nichts bemerkt und deshalb auch keine Veranlassung gehabt habe, die Beklagten zu benachrichtigen.

Eine Verschiebung der Mitverschuldensquote zulasten der Klägerin kommt ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt, das Auto sei teilweise im nicht markierten Parkbereich geparkt gewesen, nicht in Betracht. Es ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Lawine das Auto nicht getroffen hätte, wenn es vollständig auf dem eingezeichneten Parkplatz gestanden hätte.

Der Schaden beläuft sich auf 3.191,24 €. Soweit die Beklagten der Schadenshöhe entgegentreten, war dies unspezifiziert. Im Hinblick auf den detaillierten Voranschlag und die zu den Akten gereichten Fotos, die die Schäden am PKW dokumentieren, hätten die Beklagten konkret angeben müssen, welche Position sie in Zweifel ziehen. Das haben sie nicht getan.

Für die Entscheidung ist davon auszugehen, dass die Klägerin die 45,01 € für den Kostenvoranschlag gezahlt hat. Die Beklagten sind dem detaillierten Vortrag der Klägerin zur Zahlung des Betrages durch Girocard am 31.01.2011 um 15.52 Uhr nicht mehr entgegengetreten.

Der Grundbuchauszug war zur sicheren Ermittlung der Eigentümer des Hauses F.Straße 26 in Köln erforderlich. Die Kostenpauschale von 25,00 € ist angemessen.

Von dem Gesamtschaden von 3.191,24 € haben die Beklagten ½ = 1.595,62 € zu ersetzen.

Zinsanspruch: §§ 286, 288 BGB.

Die Beklagten haben weiterhin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 229,55 € aus § 823 BGB an die Klägerin zu zahlen.

Der eingeklagte Betrag war nach einem Streitwert von 1.595,62 € neu zu berechnen. Die Klägerin ist von der Rechtschutzversicherung zur Geltendmachung des durch sie gezahlten Betrages ermächtigt worden.

Nebenentscheidungen: §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 3.191,24 €

 

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