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Finanzierter Fahrzeugkaufvertrag

Treuwidrige Berufung auf verbraucherschützende Vorschriften

OLG Frankfurt – Az.: 24 U 129/20 – Urteil vom 17.09.2020

In dem Rechtsstreit … wird die Klägerin darauf hingewiesen, daß der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluß nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Die zulässige Berufung bietet nach derzeitigem Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen, die sich der Senat zu eigen macht.

Die hiergegen geltenden gemachten Einwände greifen nicht durch:

Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe den Darlehensvertrag als Verbraucher abschließen wollen, kann dies dahinstehen. Denn entscheidend ist nicht das subjektive Vorstellungs- und Willensbild des Darlehensnehmers, sondern „eine objektive Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der Erklärungen der Parteien und der sonstigen Umstände bei Vertragsschluß. (…) Maßgebend ist bei dieser objektiven Betrachtungsweise, ob und inwieweit sich für den Verkäufer aus den Umständen und Erklärungen des Käufers bei Vertragsschluß ergab, dass dieser einerseits als Verbraucher oder andererseits als Unternehmer auftreten wollte.“, (OLG Karlsruhe, 9 U 88/11).

Auf subjektive Vorstellungen der Klägerin kommt es damit nicht an.

Gleichfalls unbedeutend ist die nach Vertragsschluß erfolgte tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges: „Entscheidend ist die Frage, wie er bei Abschluß des Vertrages gegenüber der Beklagten aufgetreten ist (…) und nicht die Frage, ob er das Fahrzeug später tatsächlich für seine Tätigkeit als Handelsvertreter oder ausschließlich für private Zwecke genutzt hat.“ (OLG Karlsruhe, aaO.).

Auf Bedenken wegen einer möglicherweise bestehenden Verbrauchereigenschaft der Klägerin kann sich die Klägerin nicht berufen: „Bleiben Zweifel, sind die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts nicht anzuwenden“, (Palandt, 79. A., Rn 2 zu § 13 BGB).

Beweisbelastet für den Abschluß des Vertrages als Verbraucher ist die Klägerin, da es sich um eine für sie günstige anspruchsbegründende Tatsache handelt:

Finanzierter Fahrzeugkaufvertrag
(Symbolfoto: Von Friends Stock/Shutterstock.com)

„Nach allgemeinen Grundsätzen trägt im Streitfall derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich auf den Tatbestand einer ihm günstigen Rechtsnorm beruft. Deshalb muss nach ganz herrschender Auffassung grundsätzlich der Verbraucher darlegen und beweisen, daß die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 474 ff. BGB in seinem Fall eingreifen. (…) Sie muss deshalb darlegen und beweisen, dass sie bei dem Abschluss des Kaufvertrags als Verbraucherin, mithin nicht in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat.“ (BGH VIII ZR110/06).

Gegen die Annahme, die Klägerin habe bei Vertragsschluß als Verbraucher gehandelt sprechen indes die von ihr unterschriebenen Schriftstücke. So enthält bereits ihre Selbstauskunft (81 R) einen Bezug auf ihre „Firma“. Dementsprechend firmiert sie auch in ihrem Darlehensantrag (80) als „Firma“ und wird die Annahme dieses Antrages seitens der Beklagten an die beklagte „Firma“ gesendet (79). Auch das seinerzeitige Beratungsprotokoll (85) bezieht sich auf die „Firma“ der Klägerin. Schließlich war es die Klägerin, die der Beklagten anläßlich der Kreditverhandlungen ihre Gewerbeanmeldung vorgelegt hat, die als Einkommensnachweis für eine Privatperson ohnehin untauglich gewesen wäre.

Damit durfte die Beklagte nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont die Erklärungen der Klägerin so verstehen, daß diese als Gewerbetreibende und nicht als Verbraucherin auftrat.

Nach alledem ist es der Klägerin verwehrt, sich nunmehr auf verbraucherschützende Vorschriften zu berufen: „Es unterliegt aber keinem vernünftigen Zweifel, daß auch nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie demjenigen die spätere Berufung auf die Schutzvorschriften für den Verbrauchsgüterkauf verwehrt ist, der seinem Vertragspartner bei Abschluß des Vertrages einen beruflichen oder gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht, um den Vertrag mit ihm zustande zu bringen. Für dieses Ergebnis kommt es (…) nicht darauf an, ob er -begrifflich – zwar als Verbraucher eingeordnet, ihm aber die Berufung auf seine Verbrauchereigenschaft nach Treu und Glauben verwehrt wird.“ (BGH VIII ZR 91/04).

So liegt der Fall hier, denn immerhin tragen die bereits in Bezug genommenen Schriftstücke die Unterschrift der Klägerin, die im Beratungsprotokoll „die Richtigkeit und Vollständigkeit der aus dem Beratungsprotokoll ersichtlichen Angaben“ – mithin auch ihre Vertragsstellung als „Firma“ – ausdrücklich bestätigt.

Die Klägerin kann nicht damit gehört werden, sie habe Schriftstücke vor der Unterschriftsleistung nicht gelesen, denn in allen in Betracht kommenden Schriftstücken befindet sich der Begriff der „Firma“ an prominenter Stelle direkt vor dem Namen der Klägerin. Aus diesem Grunde wäre – die Richtigkeit der klägerischen Aussage unterstellt – ihr ein derart grober Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht in eigenen Angelegenheiten vorzuwerfen, daß ihr Verhalten jedenfalls unentschuldbar wäre.

Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf eine Falschausfüllung der Schriftstücke seitens des Mitarbeiters des Autohauses beruft, fällt dieser Vorwurf auf sie zurück, denn dieser ist als ihr Erklärungsbote gegenüber der Beklagten aufgetreten.

Für die Richtigkeit des derart gefundenen Ergebnisses spricht schließlich, daß die Klägerin als Privatperson auch noch eine Bürgschaft für das in Anspruch genommene Darlehen übernahm, was schlechthin unverständlich wäre, wenn die Klägerin das Darlehen selbst aufgenommen hätte. Spätestens bei Übernahme der Bürgschaftserklärung (83) hätte der Klägerin daher auffallen müssen, daß das Darlehen für ihre Firma abgeschlossen wurde, zumal in der Bürgschaftserklärung insgesamt sechsmal auf den „Hauptschuldner“ – der logischerweise mit dem Bürgen nicht identisch sein kann – Bezug genommen wird.

Daß die Klägerin das Fahrzeug darüber hinaus – soweit ersichtlich – nicht vorbehaltlos zur Rückgabe angeboten hat, ist damit nicht mehr entscheidungserheblich.

Soweit die Klägerin schließlich rügt, bei der landgerichtlichen Entscheidung habe es sich um ein Überraschungsurteil gehandelt, kann auch dieser Einwand auf sich beruhen, da das Urteil nach dem oben Gesagten darauf nicht beruht und es weitergehender Beweisaufnahme nach dem oben Gesagten bereits nach Aktenlage nicht bedurfte.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14. Oktober 2020.

Die Klägerin möge in dieser Frist auch eine Berufungsrücknahme aus Kostengründen in Erwägung ziehen.

 

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