AG Frankfurt, Az.: 30 C 3491/13 (25), Urteil vom 10.04.2014
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit dem 04.01.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da gegen das Urteil ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht gegeben ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main ist als Ankunftsort des gegenständlichen Flugs örtlich zuständig gemäß § 29 ZPO.
II.
Die Klage ist begründet.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsleistung in Höhe von EUR 400,00 gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c) in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Satz 1 lit. b), Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 (VO (EG) Nr. 261/2004).
Hiernach steht dem Passagier auch bei einer großen Verspätung, welche bei einem Erreichen des Endziels später als 3 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit – wie vorliegend – vorliegt, ein Ausgleichsanspruch zu (vgl. BGH Urteil vom 18.02.2010, Aktenzeichen Xa ZR 95/06 sowie EuGH Urteile vom 19.11.2009, Aktenzeichen C-402/07, und 23.10.2012, Aktenzeichen: C-581/10 und C-629/10, jeweils zu finden in Juris), welcher im vorliegenden Fall aufgrund der gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 261/2004 zu berechnenden Entfernung EUR 400,00 beträgt.
2.
Die Beklagte ist von ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen auch nicht nach Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 freigeworden. Die Verspätung ging hier nicht auf „außergewöhnliche Umstände“ zurück. Dies wäre nur der Fall, wenn sie auf Vorkommnisse zurückging, die aufgrund der Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind (EuGH, Urt. v. 22.12.2008 – Rs. C-549/07 –, juris, Abs.-Nr. 26). Ziel des strengen Art. 5 EGV 261/2004 ist, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen Rechnung zu tragen, da die Annullierung – und entsprechend die gravierende Verspätung – von Flügen für die Fluggäste ein Ärgernis ist und ihnen große Unannehmlichkeiten verursacht (EuGH, Urt. v. 22.12.2008 – Rs. C-549/07 –, juris, Abs.-Nr. 18 ff.). Gemessen an diesen strengen Anforderungen liegt bei der Beschädigung des Flugzeugrumpfes durch eine Fluggasttreppe kein Fall vor, den die Verordnung überhaupt mit der Beschreibung eines „außergewöhnlichen“ Umstands erfassen wollte.
Gerade die Nutzung einer Fahrgasttreppe für den Zu- und Aussteigvorgang der Fluggäste ist jedoch Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens und von ihm zu beherrschen. Beim Auftreten einer Beschädigung des Fluggeräts, hervorgerufen durch ein Treppenfahrzeug, verwirklicht sich ein typisches, der Sphäre des Flugunternehmens zuzurechnendes Unternehmerrisiko, für die Bereitstellung eines einsatzfähigen Fluggeräts verantwortlich zu sein. Das Luftfahrtunternehmen muss sich dabei das Verhalten des Führers des Treppenfahrzeuges gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, weil der Einsatz des Treppenfahrzeuges der (dem Passagier geschuldeten) Abfertigung des Flugzeuges dient. Eine fehlerhafte Ausführung durch den Flughafenbetreiber oder dessen Personal muss daher der betrieblichen Sphäre und damit dem Einfluss- und Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft zugerechnet werden.
Darüber hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie sämtliche zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Verspätung getroffen hat, an deren Darlegung durch das Luftfahrtunternehmens hohe Anforderungen zu stellen sind (BGH, Urteil vom 14.10.2010 – Xa ZR 15/10, BeckRS 2010, 28523 Rn. 29). Ausführungen, welche Maßnahmen zur Vermeidung der Flugverspätung nach Kenntnis von der Beschädigung des für den Vorumlaufflug DE 7480 sowie auch für den hiesigen Flug vorgesehenen Fluggeräts getroffen worden sind oder aus welchem Grunde solche nicht möglich waren, erfolgten seitens der Beklagten nur unzureichend. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, warum es ihr nicht möglich war, etwa ein Ersatzflugzeug einzusetzen oder die Passagiere auf einen anderen Flug umzubuchen.
3.
Die zugesprochenen Zinsen stehen der Klägerin als Prozesszinsen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708Nr. 11, 711,713 ZPO.
Die Berufung war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.