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Friseurbesuch – Schädigung der Kopfhaut bei fehlerhafter Anwendung einer Blondierungscreme

Besuch beim Friseur endet mit Schädigung der Kopfhaut – OLG Köln erhöht Schmerzensgeld auf 5.000 Euro

Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 19.06.2020 (Az.: 20 U 287/19) das Schmerzensgeld für eine Kundin deutlich erhöht, deren Kopfhaut bei einem Friseurbesuch geschädigt wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 U 287/19 >>>

Hintergrund und Sachverhalt

Die Klägerin hatte sich in einem Friseursalon blondieren lassen. Dabei kam es aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der Blondierungscreme zu einer Schädigung der Kopfhaut. In der Folge litt die Klägerin unter starken Schmerzen, einer Infektion und musste über Wochen Schmerzmittel, Antibiotika und Kortikoide einnehmen. Zudem blieb eine etwa 3×5 cm große Stelle am Hinterkopf zurück, an der die Haare nicht mehr nachwachsen.

Das Landgericht Köln hatte der Klägerin zunächst ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro zugesprochen. Die Klägerin legte gegen die ihrer Ansicht nach zu niedrige Entschädigung Berufung ein.

Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln gab der Berufung teilweise statt und erhöhte das Schmerzensgeld auf 5.000 Euro.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Klägerin in der Akutphase nach dem Friseurbesuch unter erheblichen Beeinträchtigungen wie Schmerzen, Infektionen und der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten gelitten habe. Zudem sei ein dauerhafter Schaden in Form des Haarverlusts auf einer etwa handflächengroßen Stelle am Hinterkopf zurückgeblieben. Dieser könne operativ nur unter Aufwand und Risiken behoben werden. Auch wenn die Stelle mit einer geeigneten Frisur verdeckt werden könne, schränke sie die Klägerin doch dauerhaft in ihrer Frisurwahl ein.

Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgelds orientierte sich das Gericht an vergleichbaren Fällen und sah einen Betrag von 5.000 Euro als angemessen an. Auch der Umstand, dass der Friseur versichert war, rechtfertigte keine weitere Erhöhung.

Fazit

Das Urteil zeigt, dass Fehler von Friseuren zu erheblichen Schäden führen können, die entsprechend entschädigt werden müssen. Kunden sollten ihre Rechte kennen und Ansprüche konsequent geltend machen. Für Friseure bedeutet das Urteil, dass sie bei Behandlungen mit der nötigen Sorgfalt vorgehen müssen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: 20 U 287/19 – Urteil vom 19.06.2020

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11. Oktober 2019 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 7 O 216/17 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Februar 2017 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen an die Klägerin in Höhe von 150,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Februar 2017 und an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die A-Service GmbH, B 21, C, in Höhe von 500,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Februar 2017.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen zukünftigen materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden, die aus der Verletzung vom 9. Dezember 2016 resultieren, freizustellen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache hat sie lediglich teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Schmerzensgeld:

Friseurbesuch: Kopfhautschäden durch falsche Blondiercreme
Friseurfehler verursachen erhebliche Schäden: OLG Köln erhöht Kunden-Schmerzensgeld auf 5.000 Euro nach fälschlicher Anwendung einer Blondierungscreme, die zu dauerhaftem Haarverlust führte. (Symbolfoto: Basyn /Shutterstock.com)

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von insgesamt 5.000,00 Euro verlangen.

Dem Grunde nach steht der Klägerin gegen den Beklagten aus den zutreffenden Gründen von S. 8 – 11 der angefochtenen Entscheidung ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 253 Abs. 2, § 278 BGB zu. Der Höhe nach hält der Senat ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro als Ausgleich für die immateriellen Schäden der Klägerin aus der Pflichtverletzung bei dem Friseurbesuch am 9. Dezember 2016 für angemessen, aber auch ausreichend.

Bei dieser Beurteilung berücksichtigt der Senat – wie das Landgericht – zum einen, dass die Akutphase nach dem umstrittenen Friseurbesuch für die Klägerin mit zahlreichen Arztbesuchen und erheblichen Beeinträchtigungen verbunden war, insbesondere mit Schmerzen, mit einer bakteriellen Infektion und mit einer mehrwöchigen regelmäßigen Einnahme von Schmerzmitteln, Antibiotika und Kortikoiden, sowie zum anderen, dass die Klägerin an der Kopfhaut im Bereich ihres Hinterkopfes einen Dauerschaden erlitten hat, weil dort eine in etwa rechteckige Fläche mit einem Ausmaß von ca. 3 cm x 5 cm verblieben ist, in der Haar nicht mehr wächst. Der Haarverlust an der betroffenen Stelle ist bei natürlichem Heilungsverlauf irreversibel und könnte allenfalls durch recht aufwändige dermatologisch-operative Eingriffe revidiert werden, durch die zunächst zwecks Ausdehnung der Kopfhaut in dem fraglichen Bereich ein Silikonkissen eingesetzt und wiederholt neu aufgespritzt würde und durch die nach ausreichender Dehnung der Kopfhaut das Silikonkissen wieder entfernt, der betroffene haarlose Bereich der Kopfhaut herausgeschnitten und alsdann die umliegende Kopfhaut zusammengenäht würde. Dabei ist es zwar möglich, aber nicht sicher, dass durch diese dermatologischen Maßnahmen die haarlose Stelle am Hinterkopf der Klägerin vollständig beseitigt werden kann. Jedenfalls aber wären die entsprechenden Eingriffe mit Schmerzen und sonstigen Beeinträchtigungen und auch Risiken verbunden. Sollte die Klägerin sich gegen eine solche dermatologische Intervention entscheiden, verbliebe die kahle Stelle in ihrer gesamten Fläche von ca. 3 cm x 5 cm dauerhaft. Zwar kann die kahle Stelle mit einer geeigneten Frisur – etwa mit dem Zusammenbinden der Haare zu einen Pferdeschwanz – durch das umliegende und von Natur aus dicke und jedenfalls zum Zeitpunkt des Friseurbesuchs lange Haar der Klägerin überdeckt werden; gleichwohl verbleibt die Einschränkung in der Wahl der Frisur, weil die Klägerin aus ästhetischen Gründen zum einen eine Kurzhaarfrisur wohl kaum tragen und sich zum anderen auch mit offenen Haaren nicht ungehindert bewegen kann, weil durch bestimmte Bewegungen des Kopfes die in der Umgebung der kahlen Stelle liegenden Haare zur Seite fallen und die Stelle freigeben. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass die vorstehend aufgeführten Umstände für die Klägerin in der Akutphase nach dem umstrittenen Friseurbesuch und auch in der Folgezeit erhebliche psychische Beeinträchtigungen mit sich gebracht haben, wobei sich bei ihr allerdings eine nachhaltig behandlungsbedürftige Beeinträchtigung etwa im Sinne einer Anpassungsstörung nicht entwickelt hat.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldbetrages, den der Beklagte zum Ausgleich der vorgenannten immateriellen Schäden der Klägerin zu zahlen hat, geht der Senat von seiner Erfahrung mit der Höhe von Schmerzensgeldbeträgen aus und orientiert sich darüber hinaus auch an Entscheidungen anderer Gerichte zu Verletzungen in dem Bereich von Kopfhaut und Haaren und insoweit insbesondere an den Entscheidung des AG Erkelenz vom 5. Januar 1994 [6 C 509/93, veröffentlicht in juris] und des LG Coburg vom 22. Januar 2010 [21 O 205/09; nicht veröffentlicht; dargestellt in Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 10. Aufl., 2020, S. 728, Rn. E 678, und in Slizyk, Schmerzensgeld 2020 Handbuch und Tabellen, 16. Aufl., 2020, S. 243/244 zu Nr. 4403] sowie auch an der Entscheidung des OLG Bremen vom 11. Juli 2011 [3 U 69/10, NJW-RR 2012, 92], auf die sich das Landgericht in dem angefochtenen Urteil bezogen hat. Das AG Erkelenz hatte im Jahre 1994 zu einem mit dem hier vorliegenden Streitfall in den wesentlichen Punkten nahezu identischen Sachverhalt ein Schmerzensgeld in Höhe von [6000 DM; umgerechnet der Größenordnung nach:] 3.000 Euro zuerkannt, dem heute unter Berücksichtigung der Inflation der Größenordnung nach ein Betrag von 4.400 Euro entspräche. Das zitierte Urteil des LG Coburg betrifft einen ebenfalls gut vergleichbaren Streitfall, der sich von dem hier vorliegenden im Wesentlichen nur dadurch unterscheidet, dass die bei der dortigen Klägerin von dauerhaftem Haarverlust betroffene Stelle einerseits mit einer Größe von 5 cm x 5 cm größer ist als die entsprechende Stelle der hier betroffenen Klägerin, andererseits aber – anders als bei der Klägerin des hier vorliegenden Rechtsstreits – nur sichtbar wird, wenn die Haare mit der Hand angehoben werden, und dementsprechend die dortige Klägerin nicht entstellt und bei der Gestaltung ihrer Frisur nicht beeinträchtigt; in diesem Streitfall hat das LG Coburg im Jahre 2010 ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro zuerkannt, das heute unter Berücksichtigung der Inflation der Größenordnung nach einem Betrag von 5.700 Euro entspräche. Der Sachverhalt, über den das OLG Bremen zu entscheiden hatte, unterscheidet sich demgegenüber von dem hier vorliegenden Streitfall deutlich und insbesondere dadurch, dass die Klägerin in dem Verfahren vor dem OLG Bremen keine Dauerschäden erlitten hat; allerdings war in dem Streitfall vor dem OLG Bremen die Akutphase mit wesentlich gravierenderen Beeinträchtigungen verbunden als bei der Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits; insbesondere war es bei der Klägerin des Verfahrens vor dem OLG Bremen nach dem dortigen Friseurbesuch zur Behandlung der eingetretenen gesundheitlichen Schäden erforderlich, die gesamten Haupthaare zu entfernen mit der Folge, dass die dortige Klägerin mehrere Monate lang eine Perücke tragen musste. Der vom OLG Bremen im Jahre 2011 zuerkannte Schmerzensgeldbetrag von 4.000 Euro entspräche heute unter Berücksichtigung der Inflation der Größenordnung nach einem Betrag von 4.500 Euro.

Im Lichte der zitierten Entscheidungen anderer Gerichte und in einer Gesamtschau der oben angesprochenen, diversen Beeinträchtigungen, unter denen die Klägerin zu leiden hatte und unter denen sie auf Dauer zu leiden haben wird bzw. die sie einschließlich des Behandlungsrisikos in Kauf nehmen müsste, wenn sie sich für eine dermatologische Behandlung der oben beschriebenen Art zum Zwecke der Beseitigung oder zumindest Verkleinerung der kahlen Stelle an ihrem Hinterkopf entscheiden sollte, erachtet der Senat einen Schmerzensgeldbetrag von 5000 Euro als angemessen und ausreichend.

Zur Begründung ihrer weitergehenden Forderung beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf die Entscheidung des OLG Koblenz vom 22. Juli 2013 [Urteil vom 22. Juli 2013, 12 U 71/13, NJW-RR 2013, 1433]. Denn der dortige Schadensfall ist in seiner Gravität mit dem hier vorliegenden Streitfall nicht zu vergleichen. Bei der Klägerin des Verfahrens vor dem OLG Koblenz sind anders als bei der hier betroffenen Klägerin mehrere Bereiche des Kopfes betroffen, die zudem auch nicht durch umliegendes Haar verdeckt werden können; somit ist die dortige Klägerin in erheblichem Umfange entstellt und täglich mit diesem Umstand konfrontiert; da die dortige Klägerin wegen einer Latexallergie keine Perücke tragen kann, ist sie gezwungen, nahezu ständig eine Kopfbedeckung zu tragen, um die kahlen Stellen zu verbergen; die Behandlung der dortigen Klägerin erforderte zudem – anders als bei der Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits – mehrere Krankenhausaufenthalte, die wegen ihrer Dauer dazu führten, dass sich die Schulzeit der dortigen Klägerin um ein Jahr verlängerte und dass sie ein Praktikum nicht absolvieren konnte; aufgrund der erheblichen Schädigung hat sich bei der dortigen Klägerin eine behandlungsbedürftige Anpassungsstörung entwickelt, die nachhaltig mit erheblichen Beeinträchtigungen ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Lebensführung einhergeht [vgl. zu Vorstehendem etwa: OLG Koblenz, a. a. O., Juris-Rn. 1 sowie 17 – 19].

Auch die sonstigen Päjudizien betreffen entweder weitaus gravierendere Schadensfälle [so ging es in einem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Streitfall etwa um eine irreversible vollständige Kahlköpfigkeit des dort betroffenen Klägers; hierzu hat das OLG Karlsruhe im Jahre 1995 ein Schmerzensgeld von 20.000 DM (umgerechnet der Größenordnung nach 10.000 Euro) zuerkannt, das heute unter Berücksichtigung der Inflation der Größenordnung nach einem Betrag von 14.000 Euro entspräche (OLG Karlsruhe, Urteil vom 23. November 1995, 19 U 6/95, nicht veröffentlicht, dargestellt bei: Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2020, 38. Aufl., 2020, S. 373, lfd. Nr. 1400); deutlich gravierender auch: OLG Köln (Urteil vom 21. März 2016, 5 U 76/14, veröffentlicht in Juris) in einem Streitfall mit dauerhaftem vollständigen Haarverlust infolge einer Chemotherapie] oder sind zu Streitfällen mit deutlich weniger einschneidenden Schäden ergangen [so hat etwa das OLG Hamburg in einem Streitfall um eine Narbe am Kopf, die zwar ca. 27 cm lang, aber durch die umliegenden Haare verdeckt war, im Jahre 2016 unter zusätzlicher Berücksichtigung der schadensverursachenden Umstände ein Schmerzensgeld von 3.000 Euro zuerkannt (OLG Hamburg, Urteil vom 1. Juni 2016, 1 U 141/15, nicht veröffentlicht, dargestellt bei: Hacks/Wellner/Häcker, a. a. O., lfd. Nr. 1399); deutlich weniger gravierend und ohne Dauerschäden auch der Streitfall zu OLG Köln, Urteil vom 7. Januar 2000, 19 U 62/99, veröffentlicht in Juris; ähnlich gelagert wie der Streitfall zu der oben zitierten Entscheidung des OLG Bremen, allerdings mit etwas weniger einschneidender Akutphase auch der Streitfall zu LG Arnsberg, Urteil vom 26. Oktober 2010, 3 S 111/10, veröffentlicht in Juris].

Entgegen der offenbar bei der Klägerin bestehenden Vorstellung rechtfertigt auch der von ihr vorgetragene Umstand, dass der Beklagte eine Haftpflichtversicherung [der Senat geht davon aus, dass die Klägerin in dem letzten Absatz auf S. 3 ihrer Berufungsbegründung nicht – wie geschrieben – „Rechtsschutzversicherung“, sondern „Haftpflichtversicherung“ gemeint hat] unterhält, die für den hier in Rede stehenden Schaden eintritt, eine Anhebung des Schmerzensgeldbetrages nicht. Denn das Bestehen einer Haftpflichtversicherung führt lediglich dazu, dass es für die Frage der Leistungsfähigkeit, die bei der Schmerzensgeldzumessung zugunsten des Schädigers berücksichtigt werden kann, nicht mehr auf die Vermögensverhältnisse des Schädigers ankommt, erhöht aber die Haftung des Schädigers nicht [statt vieler etwa: OLG Koblenz, Urteil vom 6. Januar 2016, 5 U 1148/15, VersR 2017, 110, Juris-Rn. 17 m. w. N.]

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2. Feststellungsantrag zu den immateriellen Zukunftsschäden:

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden.

Zwar gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruches aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen; Letzteres allerdings nur, soweit diese künftige Entwicklung absehbar ist; [vgl. hierzu etwa: BGH, Urteil vom 20. Januar 2015, VI ZR 27/14, Juris-Rn. 8 m. v. w. N.] Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mit dem zuerkannten Schmerzensgeld dann, wenn es unbeschränkt bzw. neben der Ersatzpflicht für zukünftige immaterielle Schäden verlangt wird, nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes lediglich alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte. Das sind hier neben sämtlichen bereits eingetretenen immateriellen Beeinträchtigungen die immateriellen Beeinträchtigungen wegen einer möglicherweise dauerhaft bestehenden kahlen Stelle am Hinterkopf in der derzeitigen Größe und die immateriellen Beeinträchtigungen, die mit dermatologischen Eingriffen zum Zwecke der Beseitigung bzw. Verkleinerung dieser Stelle verbunden sind. Nicht erfasst werden demgegenüber solche Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. in dem Zeitpunkt, der dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entspricht, noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, d. h. mit deren Eintritt nicht oder nicht ernstlich zu rechnen war und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben mussten; Spätfolgen in diesem zuletzt genannten Sinne, d. h. nicht vorhersehbare immaterielle Schäden können Grundlage eines weiteren Schmerzensgeldes und Gegenstand eines Feststellungsantrages sein [vgl. zu den im Vorstehenden wiedergegebenen allgemeinen Grundsätzen etwa: BGH, Urteil vom 10. Juli 2018, VI ZR 259/15, Juris-Rn. 6 m. v. w. N.; BGH, Urteil vom 20. Januar 2015, VI ZR 27/14, Juris-Rn. 8 m. v. w. N. – st. Rpsr.]. Bei einem trotz des Vorstehenden uneingeschränkt formulierten Antrag auf Feststellung immaterieller Zukunftsschäden kann entweder im Wege der Auslegung von einem Feststellungsantrag ausgegangen werden, der lediglich die nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden betrifft, oder es ist bei Zweifeln insoweit anzunehmen, dass der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Schadensersatzpflichtigen für die nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden als Minus in dem uneingeschränkt geltend gemachten Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Schäden enthalten ist; hiervon ist auch in dem vorliegenden Streitfall auszugehen.

3. Anspruch auf Rückzahlung des Werklohnes:

Die Rückzahlung des vereinbarungsgemäß gezahlten Werklohnes in Höhe von 150 Euro kann die Klägerin von dem Beklagten nicht verlangen.

Dieser Anspruch ergibt sich aus den zutreffenden Gründen von Seite 12 der angefochtenen Entscheidung nicht aus § 280 Abs. 1 bzw. aus § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB.

Auf §§ 323 ff., i. V. m. 346 ff. BGB kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch schon deshalb nicht stützen, weil sie den hierfür in jedem Falle erforderlichen Rücktritt weder ausdrücklich noch konkludent erklärt hat.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Minderung des Werklohns auf null gemäß § 634 Nr. 3, §§ 638 i. V. m. 346 ff. BGB zu. Gegenstand des Werkvertrages war die Blondierung der Haare. Dass insoweit – isoliert betrachtet – die Leistung fehlerhaft war, ist nicht dargetan. Dass es während der Behandlung aufgrund fehlerhafter Anwendung der Blondierungscreme zu einer Schädigung der Kopfhaut gekommen ist, macht die erbrachte Leistung für sich genommen nicht wertlos; die von der Klägerin als Nebenfolge der Behandlung erlittenen Schäden sind mit der Zuerkennung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen abgegolten. Bei dieser Sachlage verhält sich der Beklagte auch nicht treuwidrig, wenn er eine Rückerstattung des gezahlten Werklohns verweigert.

4. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten:

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro verlangen.

Denn der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch umfasst nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dem Grunde nach alle diejenigen durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten, die aus dessen Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren [vgl. hierzu etwa: BGH, Urteil vom 9. April 2019, VI ZR 89/18, NJW-RR 2019, 1187, Juris-Rn. 26 m. v. w. N.; BGH, Urteil vom 8. November 1994, VI ZR 3/94, Juris-Rn. 7 ff. (insb.: Rn. 7 und 9) m. w. N. – st. Rspr.]. Und das Einschalten eines Rechtsanwaltes im Rahmen der vorgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Beklagten war aus Sicht der Klägerin jedenfalls deshalb zweckmäßig und geboten, weil seitens des Beklagten bei dem ersten Gespräch über den Schaden einige Tage nach dem Vorfall jegliche Einstandspflicht verneint, der Umfang des Schadens heruntergespielt und lediglich unter Hinweis auf Kulanz ein Friseurgutschein in Höhe von 100 Euro angeboten wurde. Der Höhe nach ist die von der Klägerin insoweit geltend gemachte Forderung allerdings dem zu Recht geforderten Betrag anzupassen. Auf der Basis eines Gegenstandswertes von [5000 Euro (Schmerzensgeld) + 2.000 Euro (Feststellung) =] 7.000 Euro ergeben sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von [526,50 Euro (1,3 Geschäftsgebühr bei 7.000 Euro) + 20 Euro = 546,50 Euro + 19 % USt. =] 650,34 Euro.

5. Zinsen:

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

6. Prozessuales:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Berufungsstreitwert: 6.350,00 Euro:

[   6.000,00 Euro  weiteres Schmerzensgeld; 10.000 Euro – 4.000 Euro

+  150,00 Euro  Rückzahlung der Kosten für den Friseurbesuch

+  200,00 Euro  Feststellungsantrag zu immat. Zukunftsschäden

2.000 Euro – 1.800 Euro (Feststellung zu den materiellen

Zukunftsschäden)

+  0,00 Euro  vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (außer Ansatz)

6.350,00 Euro  ]


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Schadensersatzrecht – Das Urteil behandelt hauptsächlich Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Friseur aufgrund einer fehlerhaften Behandlung. Relevant sind insbesondere die Vorschriften zu Vertragshaftung und Delikthaftung in §§ 280 ff. BGB sowie Schmerzensgeldansprüche nach § 253 BGB.

Das Gericht prüft die Haftung des Friseurs für die bei der Behandlung entstandenen Gesundheitsschäden und die Pflicht, der Klägerin Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz zu leisten. Zentral ist die Frage, ob der Friseur seine vertraglichen Pflichten und seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

  1. Vertragsrecht – Die Behandlung beruhte auf einem Dienstvertrag zwischen Friseur und Kundin. Für solche Verträge gelten die besonderen Vorschriften des Werkvertragsrechts in §§ 631 ff. BGB.

Relevant sind etwa die Bestimmungen zur mangelfreien Leistung und Haftung für Schäden in § 634 BGB. Auch die Ansprüche auf Rückzahlung des Werklohns nach §§ 634, 638 BGB spielen eine Rolle.

  1. Deliktsrecht – Neben der vertraglichen Haftung prüft das Gericht auch eine mögliche deliktische Haftung des Friseurs aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB.
  2. Beweisrecht – Für die Feststellung des haftungsbegründenden Kausalzusammenhangs zwischen Behandlung und Schäden sind die allgemeinen Beweislastregeln der §§ 286 ff. BGB relevant.
  3. Prozessrecht – Hinsichtlich der prozessualen Aspekte wie Kosten, Instanzenzug und Zulassung der Revision sind die einschlägigen Vorschriften der ZPO anzuwenden.
  4. Sozialversicherungsrecht – Das Urteil behandelt auch mögliche Ansprüche von Sozialversicherungsträgern, die aus Gesundheitsschäden resultieren können. Hier sind die Bestimmungen des SGB VII zu berücksichtigen.

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