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Genehmigung für einen Grundstückskaufvertrag über landwirtschaftliche Nutzflächen

OLG Dresden – Az.: W XV 0011/11 – Beschluss vom 20.05.2011

1. Die sofortige Beschwerde des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sowie die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oschatz vom 23. Dezember 2010, Az.: XV 13/10, werden zurückgewiesen.

2. Das S… hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegner (Beteiligte zu 1 und 2) in 2. Instanz zu erstatten. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 685.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Das S… wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Oschatz, durch den der Bescheid des Landkreises … vom 24. August 2010 aufgehoben und der Kaufvertragsentwurf zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) genehmigt worden ist.

Die … -Agrar eG, die Beteiligte zu 1), beabsichtigt, an Herrn J. H., den Beteiligten zu 2), landwirtschaftliche Flächen in einer Gesamtgröße von 101,3041 ha zu einem Kaufpreis von 685.000,00 EUR (§ 4 des Vertragsentwurfs) zu veräußern. Den Entwurf eines entsprechenden notariellen Grundstückskaufvertrages, welchen Herr Notar C. S. mit Amtssitz in … erstellt hatte (vgl. Anlagen AST 1 und AST 12), ließen die Beteiligten zu 1) und 2) am 28. Juni 2010 durch ihre Prozessbevollmächtigte, die … … Rechtsanwalts GmbH, bei dem Landkreis … zur Genehmigung vorlegen. § 8.4 des Vertragsentwurfs sieht vor, dass der Erwerber die Flächen für die Dauer von mindestens 20 Jahren an die Veräußerin zu einem wertgesicherten Jahrespachtzins von 29.900,00 EUR verpachtet. Weiterhin soll die Beteiligte zu 1) ein nicht übertragbares, subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht für alle zukünftigen Verkaufsfälle einräumt erhalten (vgl. § 3.5 des Vertragsentwurfs).

Der Kaufvertrag ordnet sich in ein Sanierungskonzept der Beteiligten zu 1) ein, welches nach den Festlegungen vom 5. Oktober 2009 (vgl. Anlage AST 14) den Verkauf von Anlagevermögen unter gleichzeitigem Erhalt der Bewirtschaftungsmöglichkeiten vorsieht. Bei der … -Agrar eG L. handelt es sich um einen Mischbetrieb mit Pflanzenproduktion und Tierhaltung, welcher 1.107 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet (1.009 ha Ackerland und 98 ha Grünland). Das Unternehmen, welches über 400 ha Eigentumsflächen verfügt, beschäftigt zur Zeit 23 Mitarbeiter und 9 Auszubildende in 5 Ausbildungseinrichtungen. Zu der schlechten Ertragslage des Unternehmens war es durch die Übernahme von Verlusten des Tochterunternehmens „… Agrar-Service GmbH“ in S./A. sowie durch die negative Entwicklung bei den Marktpreisen für Milch, Getreide und Raps im Geschäftsjahr 2009 gekommen (vgl. den Prüfungsbericht des … Genossenschaftsverbandes e.V., Anlage AST 13).

Der Erwerber, Herr J. H., ist von Beruf Diplom-Wirtschaftsingenieur und hat seinen Hauptwohnsitz in … . Zur behaupteten Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes pachtete er am 15. Juni 2010 von der …-Agrar eG L. eine auf dem Flurstück … der Gemarkung Q. (0,4103 ha) gelegene Hofanlage (vgl. AST 4) auf unbestimmte Dauer. Zeitgleich schloss er mit der Genossenschaft einen bis zum 31. Dezember 2013 befristeten Pachtvertrag über das als Ackerland genutzte Flurstück … der Gemarkung Q. in einer Größe von 14,6291 ha (vgl. AST 5), erwarb entsprechende Zahlungsansprüche (vgl. AST 9) und betraute die Verpächterin mit der Bewirtschaftung der Pachtflächen (vgl. Anlage AST 6). Am 17. Juni 2010 meldete er bei der Gemeinde W. einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb an (vgl. Anlage AST 7) und erhielt am 25. Juni 2010 von dem S… eine EG-Förder- und Betriebsnummer zugeteilt (vgl. Anlage AST 8). Seit 2010 ist er Genossenschaftsmitglied der Beteiligten zu 1).

Nach Eingang des notariellen Kaufvertragsentwurfs am 2. Juli 2010 erließ der Landkreis … am 9. Juli 2010 einen Zwischenbescheid, mit dem er die Frist zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag um einen Monat bis zum 2. September 2010 verlängerte. Zudem wies die Behörde öffentlich auf die zu verkaufenden Grundstücke hin, worauf verschiedene landwirtschaftliche Unternehmen ihr Kaufinteresse bekundeten. Zu seinen Erwerbsabsichten angehört, teilte Herr H. unter Vorlage eines Betriebskonzeptes am 28. Juli 2010 gegenüber der Genehmigungsbehörde mit, dass er die landwirtschaftlichen Nutzflächen zum Aufbau eines leistungsfähigen Marktfruchtbetriebes benötige. Seine Ausbildung als Wirtschaftsingenieur befähige ihn zur Leitung eines landwirtschaftlichen Unternehmens. Im übrigen habe er sich in landwirtschaftlichen Fragen der Unterstützung eines Diplom-Agraringenieurs versichert, mit dem ein Beratungsvertrag abgeschlossen worden sei.

Mit Bescheid vom 24. August 2010 (vgl. AST 2), welcher an den Beteiligten zu 2) am 28. August 2010 sowie an die Beteiligte zu 1) und die … … Rechtsanwalts GmbH am 31. August 2010 zugestellt worden ist, versagte der Landkreis … die Genehmigung des notariellen Kaufvertragsentwurfs nach § 9 Abs. 1 GrdstVG. Der beabsichtigte Verkauf von 101,3041 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche an den Beteiligten zu 2) führe zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden. Der Beteiligte zu 2) sei weder Landwirt noch leistungsfähiger Nebenerwerbslandwirt, da die Bewirtschaftung einer Pachtfläche in einer Größe von lediglich 14,6291 ha keine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung darstelle. Es sei auch nicht geplant, die von der … -Agrar eG L. zu erwerbenden Flächen in absehbarer Zeit in eigene Bewirtschaftung zu nehmen, da mit dem notariellen Kaufvertrag eine Verpflichtung zur langfristigen Verpachtung der Verkaufsflächen an die Veräußerin verbunden sei. Eine derartige Verpachtung an ein landwirtschaftliches Unternehmen könne den Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden nicht ausräumen.

Nach Erhalt des Versagungsbescheides vom 24. August 2010 haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 10. September 2010 beim Amtsgericht Oschatz einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der Bescheid des Landkreises … vom 24. August 2010 sei formell rechtswidrig, da er sich mit wesentlichen Argumenten der Antragsteller nicht auseinandersetze. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, dass der Kaufvertrag zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) der Sanierung des landwirtschaftlichen Unternehmens der Beteiligten zu 1) diene. Die landwirtschaftlichen Grundstücke sollten nur deshalb an den Beteiligten zu 2) veräußert werden, weil der Beteiligte zu 2) als Mitglied der Genossenschaft dazu verpflichtet sei, die gekauften landwirtschaftlichen Nutzflächen der Beteiligten zu 1) zur Pacht anzudienen. Dementsprechend habe der Beteiligte zu 2) sich im Vertragsentwurf dazu verpflichtet, die von ihm zu erwerbenden landwirtschaftlichen Nutzflächen an die Genossenschaft zu verpachten und ihr eine Vorkaufsrecht einzuräumen. Entgegen der Auffassung der Genehmigungsbehörde handele es sich bei dem Beteiligten zu 2) um einen Landwirt im Nebenerwerb, da er über eine Hofstelle, über angepachtete landwirtschaftliche Nutzflächen sowie über Zahlungsansprüche für die von ihm bewirtschafteten Flächen verfüge. Die Eigenschaft als Nebenerwerbslandwirt werde überdies durch die Anmeldung eines landwirtschaftlichen Betriebs bei der Gemeinde W. und die Mitgliedschaft bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft … belegt. Die berufliche Qualifikation als Diplom-Wirtschaftsingenieur befähige den Beteiligten zu 2), ein landwirtschaftliches Unternehmen zu leiten. Bei der Leitung dieses Unternehmens werde der Beteiligte zu 2) von seinem Bruder, einem Diplom-Agraringenieur, unterstützt. Der Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden sei daher nicht gegeben.

Mit Beschluss vom 23. Dezember 2010 hat das Amtsgericht Oschatz den Bescheid des Landkreises … vom 24. August 2010 aufgehoben und den Kaufvertragsentwurf zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2) genehmigt. Unabhängig davon, ob der Beteiligte Landwirt im Nebenerwerb sei, führt der beabsichtigte Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen nach Auffassung des Landwirtschaftsgerichts vorliegend nicht zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden. Durch die Vertragsgestaltung sei nämlich gewährleistet, dass die vertragsgegenständlichen Flurstücke dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung erhalten blieben. Der Absicherung einer landwirtschaftlichen Nutzung diene sowohl das eingeräumte dingliche Vorkaufsrecht als auch die Verpflichtung des Beteiligten zu 2), die zu erwerbenden landwirtschaftlichen Nutzflächen langfristig an die … -Agrar eG L. zu verpachten.

Gegen den am 3. Januar 2011 (ohne Rechtsmittelbelehrung) zugestellten Beschluss wenden sich sowohl das S. mit ihrer am 6. Januar 2011 beim Landwirtschaftsgericht Oschatz und beim Oberlandesgericht Dresden eingelegten sofortigen Beschwerde als auch die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer Anschlussbeschwerde vom 20. Januar 2011. Das S… ist der Auffassung, dass das Landwirtschaftsgericht Oschatz mit seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden abweiche. Denn das Landwirtschaftsgericht habe es zugelassen, dass landwirtschaftliche Nutzflächen an einen Nichtlandwirt veräußert werden könnten. Dass es sich bei dem Beteiligten zu 2) um einen Nichtlandwirt handele, ergebe sich daraus, dass er aus seiner angeblichen landwirtschaftlichen Tätigkeit kein relevantes Einkommen erziele, seine Arbeitszeit nicht der Bewirtschaftung der angepachteten Flächen widme, er über kein schlüssiges Betriebskonzept verfüge und keine landwirtschaftliche Ausbildung vorweisen könne. Die Größe der angepachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen erlaube es nicht, einen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb aufzubauen. Auch der Umstand, dass der Erwerber Genossenschaftsmitglied der Veräußerin sei, führe nicht zu einer Genehmigungsfähigkeit des Vertragsentwurfs. Durch die beabsichtigte langfristige Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an die Veräußerin werde der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden nicht ausgeräumt. Denn es bleibe dabei, dass durch den beabsichtigten Verkauf landwirtschaftliche Nutzflächen in die Hand eines Nichtlandwirtes gelangten. Für die hier verfahrensgegenständlichen Flurstücke stünden insgesamt 9 Kaufinteressenten zur Verfügung. Vier dieser Interessenten seien bereit, die gesamten Flurstücke zu demselben oder einem höheren als von dem Beteiligten zu 2) angebotenen Preis anzukaufen und dabei die Verpachtungsauflage zu übernehmen. Der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Oschatz sei auch deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil das Landwirtschaftsgericht seiner Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen nicht ausreichend nachgekommen sei. Denn das Landwirtschaftsgericht habe die Verfahrensakte des Landkreises … erst nach der mündlichen Verhandlung am 25. November 2010 bei der Genehmigungsbehörde angefordert.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Oschatz vom 23. Dezember 2010, Az.: XV 13/10, aufzuheben und den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) vom 10. September 2010 abzuweisen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen, die Beschwerde des Antragsgegners vom 17. Februar 2011 zurückzuweisen und dem S. als Obere Landwirtschaftsbehörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Im Rahmen der Anschlussbeschwerde beantragen die Antragsteller zu 1) und 2), dem Landkreis … die außergerichtlichen Kosten erster Instanz aufzuerlegen.

Die Beschwerdeführerin beantragt hierzu, die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) zurückzuweisen.

Nach Auffassung der Beschwerdegegner und Anschluss-beschwerdeführer standen erstinstanzlich keine erwerbsbereiten und -willigen, aufstockungsbedürftigen landwirtschaftlichen Betriebe zur Verfügung, welche zum Erwerb der verfahrensgegenständlichen Flurstücke zu den Bedingungen des notariellen Vertragsentwurfs bereit gewesen seien. Denn es sei ihnen unbekannt gewesen, dass in dem Vertragsentwurf eine Verpachtungsverpflichtung über die Dauer von 20 Jahren enthalten sei. Die Beschwerdeführerin berücksichtige auch nicht den Gesamtzusammenhang des Vertrages, welchen die Beteiligten zu 1) und 2) zu schließen beabsichtigen. Wie bereits erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, diene der Vertrag der Rettung des veräußernden Unternehmens, welches sich in einer finanziellen Notlage befinde. Der Verkauf widerspreche auch nicht agrarstrukturellen Belangen, da er letztlich dazu diene, der Veräußerin landwirtschaftliche Flächen langfristig zu erhalten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen. Der Senat hat die Verfahrensakte des S… (Reg.-Nr. …… ) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die nach den §§ 1 Nr. 2, 9, 32 Abs. 2 S. 2 LwVG in Verbindung mit den §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 3, 63 Abs. 2 Nr. 2, 64 Abs. 1 und 68 Abs. 1 S. 1 FamFG statthafte und zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Oschatz vom 23. Dezember 2010 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 11. Januar 2011 hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht Oschatz den Kaufvertragsentwurf zwischen der … -Agrar eG L. und Herrn J. H. genehmigt (A.). Genauso wie der Beschwerde der Genehmigungsbehörde bleibt auch der Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) der Erfolg versagt. Die Kostenentscheidung des Landwirtschaftsgerichts Oschatz ist nicht zu beanstanden (B.).

A. Beschwerde

Das Landwirtschaftsgericht Oschatz hat den Entwurf eines notariellen Kaufvertragsentwurfs zwischen den Beteiligten zu 1) und 2), welcher von dem Notar C. S. mit Amtssitz in … erstellt und am 2. Juli 2010 dem Landkreis … vorgelegt worden ist (Stand: 28. Juli 2010), im Ergebnis zu Recht nach den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 1 und 2, 22 GrdstVG genehmigt.

1. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts Oschatz bedarf der Entwurf des Grundstückskaufvertrages (Stand: 28. Juli 2010, Anlage AST 1 sowie AST 12) der Genehmigung nach den §§ 1, 2 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 des Sächsischen Agrar-Aufgabenübertragungsgesetzes vom 29. Januar 2008 (GVBl. 2008, S. 138 ff., 193). Denn Gegenstand des notariellen Vertrages bilden landwirtschaftliche Grundstücke in einer Größe von insgesamt 101,3041 ha.

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2. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung gilt nicht bereits nach § 6 Abs. 2 GrdstVG wegen Fristablaufs als erteilt. Denn der Landkreis … hat innerhalb der nach § 6 Abs. 1 S. 2 GrdstVG bis zum 2. September 2010 verlängerten Frist über den Genehmigungsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) entschieden. Die Versagung der Genehmigung datiert vom 24. August 2010 und ist dem Beteiligten zu 2) am 28. August 2010 sowie der Beteiligten zu 1) und der … Rechtsanwalts GmbH am 31. August 2010 zugestellt worden.

3. Der Senat stimmt sowohl mit der Genehmigungsbehörde als auch mit dem Beschwerdeführer darin überein, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG grundsätzlich erfüllt sind und der beabsichtigte Verkauf der hier verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Grundstücke an den Beteiligten zu 2) zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führen würde.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 1990 – BLw 8/88, BGHZ 112, S. 86 ff, 94; BGH, Beschluss vom 19. November 1996 – BLw 10/96, BGHZ 134, S. 166 ff; BGH, Beschluss vom 26. April 2002 – BLw 2/02, RdL 2002, S. 242; OLG Dresden, Beschluss vom 26. Mai 2010 – W XV 998/09, RdL 2010, S. 246 ff) liegt eine – den Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur nach § 9 Abs. 2 GrdstVG widersprechende – Veräußerung regelmäßig vor, wenn ein landwirtschaftliches Grundstück an einen Nichtlandwirt oder einen nicht leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt veräußert werden soll, während ein aufstockungsbedürftiger Voll- oder Nebenerwerbslandwirt zum Erwerb zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen bereit und in der Lage ist. Unter diesen Voraussetzungen wäre der Vertragsentwurf mit Stand vom 28. Juli 2010 nicht zu genehmigen.

aa) Nach den Angaben des Beschwerdeführers besteht an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken ein Erwerbsinteresse von vier erwerbsbereiten und -fähigen Vollerwerbslandwirten, die aufgrund ihrer geringen Ausstattung mit Eigentumsflächen und wegen des drohenden Verlustes derartigen Flächen dringend aufstockungsbedürftig und -würdig sind (vgl. Bl. 297 der beigezogenen Verfahrensakte). Die Interessenten sind bereit, die Verpflichtung zur langfristigen Verpachtung einzugehen, welche in den Entwurf des notariellen Kaufvertrages zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2) vorgesehen ist.

bb) Ein Erwerb der verfahrensgegenständlichen Flurstücke durch den Beteiligten zu 2) würde dieser Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur widersprechen. Denn der Beteiligte zu 2) unterhält keinen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb und wird – nach den vorgelegten Unterlagen zu urteilen – auch in absehbarer Zeit keinen derartigen Betrieb aufbauen. Er hat zwar eine Hofstelle angepachtet, ist Mitglied der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft … geworden, hat seinen Betrieb bei der Gemeinde W. angezeigt und hat sich eine Förder- und Betriebsnummer zuteilen lassen. Diese Maßnahmen, welche unmittelbar vor Beantragung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz im Juni 2010 getroffen worden sind, machen den Beteiligten zu 1) aber weder derzeit noch in absehbarer Zukunft zu einem leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt. Gegen die Eigenschaft des Beteiligten zu 2) als Nebenerwerbslandwirt spricht bereits der Umstand, dass er über keine landwirtschaftliche Ausbildung verfügt und sich in landwirtschaftlichen Fragen durch Dritte beraten lässt. Die ihm zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzflächen haben nur eine geringe Größe (14,6291 ha), sind nur bis zum 31. Dezember 2013 angepachtet und werden – mangels eigenen landwirtschaftlichen Geräts – durch die Beteiligte zu 1) bearbeitet und bestellt. Der Sachvortrag des Beteiligten zu 2) bietet ferner keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der landwirtschaftliche Betrieb, dessen Einrichtung er anstrebt, auch leistungsfähig sein, d.h. für ihn und seine Familienangehörigen eine zumindest zusätzliche nachhaltige Einnahmequelle erschließen wird. Vielmehr weist das von ihm im Laufe des Genehmigungsverfahrens vorgelegte Betriebskonzept aus, dass er in den folgenden Jahren lediglich vernachlässigenswerte Gewinne erwartet. Schließlich werden die landwirtschaftlichen Nutzflächen, die den Gegenstand des zu genehmigenden Vertragsentwurfs bilden, langfristig nicht zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit seines landwirtschaftlichen Unternehmens beitragen können. Nach dem Vertragsentwurf sollen diese Flächen nämlich zumindest für 20 Jahre der Beteiligten zu 1) verpachtet werden, so dass sie für die Frage, ob der Beteiligte zu 2) in absehbarer Zeit einen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb errichten wird, außer Betracht zu bleiben haben. Sie dienen dem Beteiligten zu 2) lediglich dazu, Einnahmen aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen zu verschaffen (vgl. insoweit auch die eigene Erklärung des Beteiligten zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 1. April 2011, S. 4).

cc) Der Entwurf des notariellen Kaufvertrages kann auch nicht gemäß § 10 GrdstVG unter einer Auflage genehmigt werden, da durch eine solche Auflage der Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden, welche durch die Veräußerung landwirtschaftlicher Nutzflächen an einen nicht leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt entstehen würde, nicht ausgeräumt werden kann.

b) Obwohl der Beteiligte zu 2) nicht Inhaber eines leistungsfähigen Landwirtschaftsbetriebes im Nebenerwerb ist, war die Genehmigung des Grundstücksverkehrsgeschäftes gleichwohl zu erteilen. Denn eine Versagung der Genehmigung würde eine unzumutbare Härte für den Veräußerer, die Beteiligte zu 1), bedeuten, § 9 Abs. 7 GrdstVG (vgl. auch Joachim Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, 5. Aufl. 2010, § 9 Abs. 7 GrdstVG Anm. 4.14.1, S. 573 unter Hinweis auf OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3. April 1973 – 13 W 161/72).

aa) Wie die Beteiligte zu 1) im Einzelnen dargestellt und durch den Prüfbericht des … Genossenschaftsverbandes e.V. (vgl. Anlage AST 13) belegt hat, dient die Veräußerung der landwirtschaftlichen Grundstücke in einer Größe von über 100 ha dazu, dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beteiligten zu 1) kurzfristig Liquidität zuzuführen, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und eine Insolvenz des Unternehmens abzuwenden. Dass die Verschaffung von Liquidität im Vordergrund des beabsichtigten Landverkaufs steht, zeigt sich bereits an dem Umstand, dass die zu verkaufenden Flurstücke keine zusammenhängenden Flächen bilden und nicht für sich allein bewirtschaftet werden können. Vielmehr sind sie, wie die Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 1. April 2011 erläutert haben, im Nachhinein zusammengestellt worden, um den von dem Beteiligten zu 2) in Aussicht gestellten Betrag von 685.000,00 EUR zu unterlegen.

bb) Der Beteiligten zu 1) wäre es unzumutbar, die hier verfahrensgegenständlichen Flächen an ein Konkurrenzunternehmen zu veräußern, das lediglich eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt und mangels persönlicher Verbundenheit keine Rücksicht auf die Belange der Beteiligten zu 1) nehmen wird. Wie die Gestaltung des zur Genehmigung vorgelegten Entwurfs eines notariellen Kaufvertrages sowie die weiteren Vorkehrungen der Beteiligten zu 1) und 2) erkennen lassen, sollen die Flächen der Genossenschaft langfristig erhalten bleiben und bei wirtschaftlicher Genesung des Unternehmens ggf. von ihr wieder zurückerworben werden. Diesem Zweck dient die Verpflichtung des Erwerbers zur langfristigen Verpachtung der Flächen an die Veräußerin (vgl. § 8.4 des Vertragsentwurfs), das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 1) (vgl. § 3.5 des Vertragsentwurfs) sowie die Aufnahme des Beteiligten zu 2) in die Genossenschaft. Denn nach § 12 der Genossenschaftssatzung unterliegt der Beteiligte als Genossenschaftsmitglied der Pflicht, seine landwirtschaftlichen Nutzflächen dem Unternehmen anzudienen. Der Zweckrichtung des angestrebten notariellen Grundstückskaufvertrages, der Beteiligten zu 1) einerseits Liquidität zu verschaffen und andererseits die zu verkaufenden Flächen dauerhaft dem Unternehmen zur Bewirtschaftung zu erhalten, würde es widersprechen, wenn ein Dritter als Erwerber der Flächen aufträte. Denn das Interesse des Dritten wären nicht auf den Fortbestand und die Gesundung der Beteiligten zu 1) gerichtet, sondern gingen zwangsläufig dahin, die gekauften Flächen möglichst zeitnah für sich selbst beanspruchen zu können.

cc) Die Bejahung einer unzumutbaren Härte für den Veräußerer nach § 9 Abs. 7 GrdstVG führt entgegen den Befürchtungen des Beschwerdeführers nicht dazu, das gesamte Genehmigungssystem des Grundstücksverkehrsgesetzes in Frage zu stellen. Als eng auszulegende Ausnahmevorschrift greift § 9 Abs. 7 GrdstVG in Fällen der hier vorliegenden Art nur dann ein, wenn die Veräußerung landwirtschaftlicher Nutzflächen an ein Genossenschaftsmitglied der Rettung und Konsolidierung eines in seinem Bestand und in seiner Zahlungsfähigkeit bedrohten landwirtschaftlichen Unternehmens dient. Ein Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen durch den Beteiligten zu 2) unterliegt überdies wiederum dem Grundstücksverkehrsgesetz und kann daher erneut auf seine Vereinbarkeit mit einer gesunden Verteilung von Grund und Boden überprüft werden.

B. Anschlussbeschwerde

Die nach den §§ 1 Nr. 2, 9 LwVG in Verbindung mit § 66 S. 1 FamFG zulässige Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist unbegründet. Denn zu Lasten der Genehmigungsbehörde konnte erstinstanzlich keine Kostenerstattung angeordnet werden, da sie weder formell noch materiell Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens ist (vgl. Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl. 2005, § 45 LwVG Rn. 21, S. 733 sowie OLG Dresden, Beschluss vom 5. Oktober 2000 – WLw 1476/99, nicht veröffentlicht). Sie hat weder einen Antrag gestellt noch ist sie durch die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts in eigenen Rechten und Pflichten betroffen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12. Oktober 1981 – 7 WLw 46/81, Nds. Rechtspflege 1981, S. 275/76).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 1 Nr. 3, 34 Abs. 1, 41 S. 2, 42 Abs. 2, 44, 45 LwVG. Der Beschwerdewert wird gemäß den §§ 1 Nr. 3, 33, 34 Abs. 2, 37, 36 Abs. 1 S. 1 LwVG in Verbindung mit den §§ 18, 20 KostO festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Rechtssache im Hinblick auf die Konkretisierung von § 9 Abs. 7 GrdstVG grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. § 70 Abs. 2 FamFG).

 

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