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Therapie zur Gewichtsabnahme als Dienst höherer Art


Landgericht Wuppertal

Az: 9 S 21/13

Urteil vom 05.12.2013


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, 99 C 180/12, vom 09.01.2013  teilweise abgeändert und – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 315 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2012 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 84 % dem Kläger und im Übrigen der Beklagten auferlegt.Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.


Gründe

I.

Der Kläger vereinbarte mit der Beklagten eine Therapie zur Gewichtsabnahme, wofür eine Vergütung von 1.990 EUR vereinbart wurde. Hierauf zahlte der Kläger insgesamt 1.170 EUR an. Die Behandlung, die u.a. in der Verabreichung subkutaner Injektionen bestand, wurde aufgenommen. Auf ärztliches Anraten brach der Kläger die Behandlung ab, erklärte die fristlose Kündigung und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung seiner Anzahlung verlangt, während die Beklagte widerklagend die restlichen 820 EUR aus der Vereinbarung geltend macht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Der Dienstvertrag der Parteien sei weder durch die erklärte Kündigung beendet, noch durch die Anfechtung aufgehoben worden. Der Vortrag des Klägers zur angeblichen Gesundheitsgefahr sei unsubstantiiert. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit lägen ebenfalls nicht vor. Umgekehrt könne die Beklagte die restliche Vergütung verlangen, weil § 615 BGB abbedungen worden sei. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Die vertraglichen Leistungen der Beklagten seien in der Vereinbarung der Parteien in keinster Weise definiert worden. Die vom Amtsgericht vorgenommene Einstufung der Vereinbarung als Dienstvertrag sei nicht nachvollziehbar. Die Vereinbarung sei zweifellos wegen Wuchers gemäß § 138 BGB nichtig, zumal die Injektionen nicht geeignet seien, eine Gewichtsabnahme zu erzielen. Sein, des Klägers, Arzt habe nicht nur davon abgeraten, sich weitere Injektionen setzen zu lassen, sondern auch davon, Tropfen einzunehmen. Eine Fortsetzung der Therapie sei aus gesundheitlichen Gründen wegen der Wirkungen der Injektionen mit dem Kläger bis heute nicht bekannt gegebener Inhaltsstoffe nicht zumutbar gewesen. Die Beklagte müsse sich auf jeden Fall den Wert der ersparten Leistungen anrechnen lassen. Im Übrigen wird von der Darstellung eines Tatbestandes gemäß §§ 540 II, 313a ZPO, 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache nur zum geringeren Teil Erfolg. Der Beklagten steht ein offener Zahlungsanspruch gegen den Kläger im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus § 628 I BGB zu. Umgekehrt kann der Kläger dagegen nicht die Rückzahlung seiner Anzahlung verlangen.Bei der Vereinbarung der Parteien handelt es sich um einen Dienstvertrag im Sinne von § 611 BGB und nicht um einen Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB. Abgesehen davon, dass eine bestimmte Gewichtsabnahme als Erfolg nicht vereinbart worden ist, hängt eine Gewichtsabnahme auch in jedem Falle entscheidend von der Mitwirkung des Therapieteilnehmers ab, weshalb die Beklagte nur die Erbringung von Diensten, nicht aber bestimmte Ergebnisse schuldete.

Entgegen der nicht an irgendeine Normen geknüpften Auffassung des Klägers ist die Vereinbarung auch nicht unwirksam, weil die vertraglichen Leistungen der Beklagten in der schriftlichen Vereinbarung der Parteien in keinster Weise definiert worden seien.

Es trifft schon nicht zu, dass die schriftliche Vereinbarung der Parteien keine Angaben enthält. Vielmehr ist dort davon die Rede, dass eine Behandlung einer Original Easylife Therapie erfolgen solle, der Teilnehmer sich verpflichte, die dazugehörigen Maßnahmen strikt einzuhalten und dafür Sorge zu tragen, dass die subkutanen Injektionen regelmäßig entgegengenommen würden. Davon abgesehen ist der schriftsätzliche Vortrag des anwaltlich vertretenen Klägers mit der Pflicht aus § 138 I ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben, nicht zu vereinbaren. So hat der Kläger in seiner Klageschrift und in seinem Schriftsatz vom 27.9.2012 (dort Bl. 2 = Bl. 44 d.A.) behauptet, die Therapie habe darin bestehen sollen, dass (nur) regelmäßig Injektionen haben gesetzt werden sollen. Insbesondere im Rahmen seiner mündlichen Anhörung im Termin vom 12.12.2012 (Protokoll, Bl. 77f d.A.) hat der Kläger aber selbst bekundet, er sei zu Beginn untersucht worden, ein Zuckertest sei vorgenommen worden und man habe ihm Anweisungen zur Nahrungsaufnahme erteilt. Darüber hinaus ist für die Beklagte im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung und vom Kläger unbestritten behauptet worden, es handele sich um eine auf Ernährungsumstellung basierende Stoffwechseltherapie unter ärztlicher Aufsicht, wobei die entsprechenden Unterlagen bei der Beklagten zur jederzeitigen Abholung bereit liegen würden.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte den Inhalt und die Zusammensetzung der subkutanen Injektionen nicht mitgeteilt worden seien. Dies gilt schon deshalb, weil er selbst nicht behauptet, vor Abschluss der Vereinbarung danach gefragt zu haben. Mangels einer solchen Nachfrage, die darauf hindeutet, dass es dem Kläger hierauf im Einzelnen aber gar nicht ankam, und insbesondere weil die Therapie eben nicht nur in der Verabreichung der Injektionen bestand und ein bestimmter Erfolg nicht geschuldet wurde, bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit wegen Wuchers gemäß § 138 BGB.

Allerdings hat es sich bei der nach dem Vortrag der Beklagten unter ärztlicher Aufsicht stehenden Therapie, bei der die Infusionen von Krankenschwestern verabreicht worden sein sollen, um sogenannte Dienste höherer Art im Sinne von § 627 I BGB gehandelt. Dienste höherer Art sind nämlich Dienste, die überdurchschnittliche Kenntnisse oder Fertigkeiten verlangen oder den persönlichen Lebensbereich betreffen. Die freien Berufe gehören in der Regel dazu. Erforderlich ist zudem, dass die Dienste im Allgemeinen, ihrer Art nach üblicherweise aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, was auch bei juristischen Personen möglich ist. Das ist z.B. bei einer Partnerschaftsvermittlung und bei einem Seminar mit therapeutischen Übungen oder Meditation der Fall (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 627, Rn. 2) und deshalb auch hier.

Daher konnte der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 26.02.2012 Bl. 6 d.A.) wirksam kündigen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieses Kündigungsrecht nicht vertraglich ausgeschlossen worden. Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf folgenden Passus in der Vereinbarung der Parteien: Bei nicht in Anspruch genommene Leistungen aus dieser Vereinbarung erfolgt keine Rückvergütung. Zum einen ist ein Ausschluss und sogar nur eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ohnehin nicht möglich (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 627, Rn. 5 mit weiteren Nachweisen). Zum anderen verhält sich der zitierte Passus seinem Wortlaut nach nicht zur Frage einer Kündigung und den Rechtsfolgen derselben, weshalb gemäß § 305c II BGB davon auszugehen ist, dass § 627 BGB hiervon gar nicht berührt wird.

Gemäß § 628 I 1 BGB kann die Beklagte – nur – einen ihrer bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen.

Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kommt insoweit eine Berechnung pro rata temporis unter Berücksichtigung der anfangs angefallenen einmaligen Kosten in Betracht. Die Gesamtvergütung belief sich auf 1.990 EUR. Hiervon sind der Beklagten gemäß § 287 II ZPO vorab 100 EUR zuzubilligen für die Eingangsuntersuchung. Die restlichen 1.890 EUR sind auf die vereinbarten 56 Tage Therapie aufzuteilen, so dass sich pro Tag ein Betrag von 33,75 EUR ergibt. Da der Kläger per Telefax am 26.6.2012 gekündigt hat, verbleiben 44 vergütungspflichtige Tage, was 1.485 EUR ergibt. Unter Berücksichtigung der einmaligen Kosten hat die Beklagte damit 1.585 EUR verdient, so dass der Kläger nach Abzug seiner Anzahlung von 1.170 EUR noch 315 EUR an die Beklagte zahlen muss. Mithin hat die Klage keinen Erfolg, während der Widerklage teilweise stattzugeben ist.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 und 97 ZPO einerseits und §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO andererseits.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.990 EUR (§§ 43 I, 48 I GKG, 6 S. 1 ZPO).

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 11.11.2013 gab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 156, 296a ZPO).


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