Gebrauchtwagenkauf: Wann Gutglauben nicht ausreicht
In dem Fall vor dem LG Köln mit dem Aktenzeichen 22 O 312/12 ging es um den Streit zwischen zwei Parteien über das Eigentum an einem Pkw, der als gestohlen gemeldet wurde. Der Kläger, der das Fahrzeug kaufte, ohne dessen Herkunft gründlich zu prüfen, konnte keinen Anspruch auf das Eigentum erheben, da das Fahrzeug dem rechtmäßigen Besitzer abhanden gekommen war und der Kläger beim Kauf grob fahrlässig handelte.
Übersicht:
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Der Kläger erwarb einen Pkw, der zuvor als gestohlen gemeldet und zur Fahndung ausgeschrieben war, und konnte dadurch keinen Eigentumsanspruch geltend machen.
- Der Pkw war offiziell im Besitz der Q-Bank, und der Verkäufer hatte keine Verfügungsberechtigung über das Fahrzeug, da er nicht der rechtmäßige Eigentümer war.
- Das Gericht entschied, dass § 935 BGB einen Eigentumserwerb des Klägers verhindert, da das Fahrzeug abhanden gekommen war.
- Der Kläger handelte grob fahrlässig, indem er es versäumte, die Herkunft des Fahrzeugs angemessen zu überprüfen, insbesondere weil die Zulassungsbescheinigung eine andere Person als Eigentümer auswies.
- Das Gericht wies die Klage ab und entschied, dass der Kläger die Prozesskosten zu tragen hat.
- Der Fall unterstreicht die Bedeutung der Sorgfaltspflicht beim Kauf von Gebrauchtwagen und die rechtlichen Risiken beim Erwerb von Fahrzeugen aus zweifelhaften Quellen.
Der Gutglaubige Erwerb – Wichtiger Bestandteil des BGB
Der gutgläubige Erwerb ist ein wichtiges Prinzip im deutschen Zivilrecht. § 932 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) regelt die Voraussetzungen für den Erwerb des Eigentums an einer beweglichen Sache von einem Nichtberechtigten. Dabei muss der Erwerber gutgläubig sein, also keine Kenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers haben.
Bei Kraftfahrzeugen ist die Regelung von besonderer Bedeutung. Für den gutgläubigen Fahrzeugerwerb gelten spezielle Sorgfaltsanforderungen. Käufer müssen sicherstellen, dass der Verkäufer tatsächlich verfügungsberechtigt ist, um den Erwerb zu schützen. Andernfalls droht der Verlust des Eigentums, wenn der ursprüngliche Eigentümer die Herausgabe verlangt.
➜ Der Fall im Detail
Streit um Eigentum eines als gestohlen gemeldeten PKWs
Das Landgericht Köln entschied am 07. Januar 2014 im Fall mit dem Aktenzeichen 22 O 312/12 über den Eigentumsanspruch eines PKWs, der unter verdächtigen Umständen erworben wurde. Der Kläger hatte versucht, das Fahrzeug zuzulassen, nur um festzustellen, dass es als gestohlen gemeldet war. Dies führte zu einer komplexen rechtlichen Auseinandersetzung, die die Frage aufwarf, ob ein gutgläubiger Erwerb nach § 932 Abs. 2 BGB möglich war.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Die rechtliche Kontroverse begann, als der Kläger den PKW Q-A3 erwerben wollte. Bei der Zulassung stellte sich heraus, dass das Fahrzeug gestohlen und zur Fahndung ausgeschrieben war.
Der Verkäufer, Herr L, hatte dem Kläger das Auto unter Vorlage der vollständigen Fahrzeugpapiere verkauft. Nach dem Kauf stellte der Kläger fest, dass der Vorbesitzer des Wagens nicht Herr L, sondern eine andere Person war, und dass der Wagen nur kurz zuvor von einem Herrn I zu einem erheblich niedrigeren Preis gekauft worden war.
Kernpunkte der gerichtlichen Entscheidung
Das Gericht wies die Klage des Käufers ab, mit der Begründung, dass kein gültiger Eigentumsübergang stattgefunden habe, da das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits als gestohlen gemeldet war. Es stellte sich heraus, dass der Verkäufer, Herr L, nicht der rechtmäßige Eigentümer des Fahrzeugs war und somit nicht berechtigt war, das Eigentum zu übertragen. Die Vermutung nach § 1006 BGB, die dem Besitzer einer beweglichen Sache das Eigentum vermuten lässt, galt in diesem Fall nicht, da das Fahrzeug gestohlen war.
Bedeutung der Nachforschungspflicht im Fahrzeugkauf
Der Kläger wurde der groben Fahrlässigkeit beschuldigt, weil er es unterlassen hatte, die Eigentumsverhältnisse und die Verfügungsberechtigung des Verkäufers ausreichend zu prüfen. Der Bundesgerichtshof hat klare Richtlinien vorgegeben, die beim Kauf gebrauchter Fahrzeuge eine Überprüfung der Papiere und der Berechtigung des Verkäufers verlangen. Im vorliegenden Fall waren mehrere Warnsignale vorhanden, wie etwa die kurzfristige Änderung des Übergabeorts und die Diskrepanzen in den Fahrzeugpapieren.
Rechtliche Folgen des Urteils
Das Urteil unterstreicht die Risiken, die mit dem Erwerb von Gebrauchtwagen von privaten Verkäufern verbunden sein können, insbesondere wenn der rechtliche Status des Fahrzeugs nicht eindeutig geklärt ist. Es zeigt auch die Bedeutung einer sorgfältigen Überprüfung durch den Käufer auf, um nicht Opfer von Betrug oder Diebstahl zu werden. Der Kläger trug nicht nur die Last des Verlusts des Fahrzeugs, sondern auch die gerichtlichen Kosten, was die potenziell hohen Kosten solcher Transaktionen verdeutlicht.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was ist gutgläubiger Erwerb gemäß § 932 Abs. 2 BGB?
Der gutgläubige Erwerb gemäß § 932 Abs. 2 BGB ermöglicht es, Eigentum an einer beweglichen Sache von einem Nichtberechtigten zu erwerben, wenn der Erwerber in gutem Glauben ist. Gutgläubig ist der Erwerber, wenn er weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon hat, dass der Veräußerer nicht Eigentümer der Sache ist.
Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb ist zunächst, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Eigentumsübertragung nach §§ 929 ff. BGB vorliegen, also eine wirksame dingliche Einigung und Übergabe der Sache. Hinzu kommt, dass ein Rechtsscheintatbestand gegeben sein muss, der den guten Glauben des Erwerbers rechtfertigt. Dieser ist in der Regel der Besitz des Veräußerers an der Sache gemäß § 1006 BGB.
Ausgeschlossen ist der gutgläubige Erwerb, wenn die Sache dem Eigentümer abhandengekommen ist, also wenn er den unmittelbaren Besitz unfreiwillig verloren hat, beispielsweise durch Diebstahl oder Verlust. Eine Ausnahme gilt nur für Geld, Inhaberpapiere und öffentlich versteigerte Sachen.
Der gutgläubige Erwerb dient dem Schutz des redlichen Rechtsverkehrs. Er ermöglicht einen sicheren Erwerb, wenn der Erwerber auf den Rechtsschein des Besitzes vertraut und keine Anhaltspunkte für die fehlende Berechtigung des Veräußerers hat. Gleichzeitig wird das Interesse des wahren Eigentümers durch den Ausschluss bei Abhandenkommen geschützt.
In der Praxis spielt der gutgläubige Erwerb insbesondere beim Kauf gebrauchter Fahrzeuge eine wichtige Rolle. Hier muss der Käufer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten lassen und beispielsweise die Fahrzeugpapiere sorgfältig prüfen, um gutgläubig zu sein.
Welche Voraussetzungen müssen für einen gutgläubigen Erwerb erfüllt sein?
Damit ein gutgläubiger Erwerb nach § 932 Abs. 2 BGB möglich ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss ein Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts vorliegen, das auf die Übertragung des Eigentums gerichtet ist, wie z.B. ein Kaufvertrag.
- Der Veräußerer darf nicht Eigentümer der Sache sein, d.h. er muss Nichtberechtigter sein.
- Es muss ein Rechtsscheintatbestand gegeben sein, der den guten Glauben des Erwerbers rechtfertigt. Dies ist in der Regel der Besitz des Veräußerers an der Sache gemäß § 1006 BGB. Der Erwerber muss den Besitz also vom Veräußerer erlangt haben.
- Der Erwerber muss gutgläubig sein, d.h. er darf weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis davon haben, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist. Dabei wird der gute Glaube vermutet, der Erwerber muss ihn nicht beweisen.
- Die Sache darf dem Eigentümer nicht abhandengekommen sein, also nicht durch Diebstahl, Verlust etc. unfreiwillig aus seinem Besitz gelangt sein. Ausnahmen gelten nur für Geld, Inhaberpapiere und öffentlich versteigerte Sachen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erwirbt der gutgläubige Käufer trotz fehlender Berechtigung des Verkäufers das Eigentum. Der bisherige Eigentümer verliert sein Eigentum und kann nur unter engen Voraussetzungen Ausgleichsansprüche geltend machen.
Der gutgläubige Erwerb dient dem Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs. Er ermöglicht einen sicheren Erwerb, wenn sich der Käufer auf den Rechtsschein des Besitzes verlässt. Gleichzeitig wird der Eigentümer durch den Ausschluss bei Abhandenkommen geschützt.
Wie wirkt sich das Vorliegen von gestohlenen Gütern auf den gutgläubigen Erwerb aus?
Gemäß § 935 Abs. 1 BGB ist ein gutgläubiger Erwerb grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist. In diesen Fällen kann der Erwerber selbst bei Gutgläubigkeit kein Eigentum an der Sache erlangen.
Der Gesetzgeber bewertet hier das Interesse des unfreiwillig den Besitz verlierenden Eigentümers höher als das des gutgläubigen Erwerbers. Dahinter steht der Gedanke, dass der Eigentümer in diesen Fällen den Besitz nicht willentlich aufgegeben hat und daher schutzwürdiger ist.
Praktisch bedeutet dies, dass weder der Dieb selbst noch spätere Erwerber, die die Sache vom Dieb oder weiteren Zwischenpersonen erlangt haben, Eigentum erwerben können. Der ursprüngliche Eigentümer kann die Sache vielmehr von jedem Besitzer herausverlangen, ohne dass er diesem den Kaufpreis erstatten müsste.
Eine Ausnahme gilt gemäß § 935 Abs. 2 BGB nur für Geld, Inhaberpapiere und im Wege öffentlicher Versteigerung erworbene Sachen. Hier ist ein gutgläubiger Erwerb auch dann möglich, wenn die Sachen zuvor gestohlen wurden. Dies dient dem Schutz des Rechtsverkehrs mit diesen Gegenständen.
Für den Käufer einer gestohlenen Sache besteht neben dem Verlust der Sache und des gezahlten Kaufpreises zudem die Gefahr einer Strafbarkeit wegen Hehlerei gemäß § 259 StGB, wenn er zumindest billigend in Kauf nimmt, eine durch Diebstahl erlangte Sache zu erwerben. Um sich davor zu schützen, sollte man gerade bei „Schnäppchen“ genau hinsehen und im Zweifel vom Kauf absehen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 932 Abs. 2 BGB
Dieser Paragraph regelt den gutgläubigen Erwerb von beweglichen Sachen. Im Kontext des Falls spielt er eine zentrale Rolle, da er bestimmt, unter welchen Umständen eine Person das Eigentum an einer Sache erwerben kann, selbst wenn der Verkäufer nicht der rechtmäßige Eigentümer ist. Der Kläger konnte jedoch nicht gutgläubig erwerben, da das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war. - § 935 Abs. 1 BGB
Dieser Paragraph schließt den gutgläubigen Erwerb aus, wenn die bewegliche Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist. Da das Fahrzeug der Q-Bank abhanden gekommen war, war ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich, was ein entscheidender Punkt im Urteil war. - § 1006 BGB
Regelt die Vermutung des Eigentums anhand des Besitzes. Absatz 1 des Paragraphen besagt, dass der Besitzer einer beweglichen Sache vermutlich auch der Eigentümer ist, was im Fall des Klägers zunächst relevant schien. Absatz 2 hebt diese Vermutung jedoch auf, wenn klar ist, dass die Sache gestohlen wurde oder abhanden gekommen ist. - § 929 S. 1 BGB
Bestimmt die Erfordernisse für den Eigentumserwerb durch Übergabe und Einigung. Der Kläger konnte nicht Eigentümer werden, da Herr L nicht der rechtmäßige Eigentümer war und somit die Anforderungen dieses Paragraphen nicht erfüllt waren. - § 256 ZPO
Bestimmt die Voraussetzungen, unter denen ein Feststellungsantrag zulässig ist. Im vorliegenden Fall war der Antrag des Klägers, festzustellen, dass er Eigentümer des Fahrzeugs ist, unbegründet, da er nicht die rechtlichen Anforderungen des Eigentumserwerbs erfüllt hatte. - § 91 Abs. 1 ZPO
Regelt die Kostenpflicht im Falle des Unterliegens im Prozess. Da der Kläger den Rechtsstreit verlor, musste er die Kosten des Verfahrens tragen. Dieser Paragraph ist relevant für das Verständnis der finanziellen Konsequenzen einer Niederlage vor Gericht.
Das vorliegende Urteil
LG Köln – Urteil 07.01.2014 – Aktenzeichen: 22 O 312/12
Ansprüche bzgl. des Eigentums an einem PKW
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche bezüglich des Eigentums an einem Pkw.
Am 06.02.2012 wollte der Kläger einen Pkw Q-A3 beim Straßenverkehrsamt Düsseldorf zulassen. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass das Fahrzeug als gestohlen gemeldet und zur Fahndung ausgeschrieben sei. Der Kläger wandte sich hierauf umgehend an die Polizei und erfuhr, dass das Fahrzeug von der Beklagten als gestohlen gemeldet sei. Der Pkw, die Schlüssel des Fahrzeugs sowie die Papiere wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf beschlagnahmt und dem Kläger später herausgegeben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt gegen den Kläger wegen des Verdachts der Hehlerei bzw. des Diebstahls (Az 100 Js 3912/12-746/23). Sie hat dem Kläger aufgegeben, das Fahrzeug an die Beklagte herauszugeben. Dem Kläger wurde vom Amtsgericht Düsseldorf aufgegeben, den Zivilrechtsweg zu beschreiten und die von ihm behaupteten Ansprüche bezüglich des Fahrzeugs gerichtlich geltend zu machen.
Der Kläger behauptet, er habe das Fahrzeug am 02.02.2012 im Internet entdeckt. Es sei von einem Herrn L angeboten worden. Nachdem er zunächst mit dessen Sohn telefoniert und einen Treffpunkt in Bremen vereinbart habe, habe er mit Herr L selbst gesprochen, der ihm einen abweichenden Übergabeort mitgeteilt habe. Herr L und der Kläger hätten sich am 03.02.2012 in Bremen getroffen und einen handschriftlichen Kaufvertrag aufgesetzt. Herr L habe ihm mitgeteilt, dass es sich um ein Firmenfahrzeug handele, das er ursprünglich für seinen Sohn erworben habe. Er habe sich jedoch entschieden, das Fahrzeug weiter zu veräußern. Herr L habe ihm die Zulassungsbescheinigungen Teil I und II im Original, die Fahrzeugschlüssel sowie das Scheckheft des Fahrzeugs übergeben. In der Zulassungsbescheinigung Teil II sei die Beklagte eingetragen gewesen. Erst nachdem Herr L den Treffpunkt verlassen habe, habe er im Fahrzeug einen auf den 24.01.2012 datierten Kaufvertrag gefunden, wonach Herr L das Fahrzeug von einem Herrn I zum Preis von 8.500 EUR erworben habe.
Der Kläger bestreitet das ursprüngliche Eigentum der Beklagten mit Nichtwissen. Weiterhin bestreitet er deren Vortrag zum Abhandenkommen. Vielmehr sei das Fahrzeug ausweislich der durch Herrn L übergebenen Fahrzeugpapiere bereits am 09.01.2012 offiziell stillgelegt worden.
Der Kläger beantragt festzustellen, dass der Kläger Eigentümer des PKW Q-A 3, schwarz, Fahrzeug-Identifizierungsnummer ######### mit dem amtlichen Kennzeichen ###### ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, der Pkw sei gestohlen worden. Sie habe den Pkw im Jahr 2009 bei der Firma G in Köln erworben und über die Q-Bank finanziert. Das Fahrzeug sei von der Beklagten über die W Allgemeine Versicherung AG haftpflichtversichert worden. Die Zulassungsbescheinigung II sei aufgrund der Finanzierung zunächst von der Q-Bank einbehalten worden. Ende September 2011 seien gegen die Verantwortlichen der Beklagten durch die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts der Steuerverkürzung durchgeführt worden. Sämtliche Geschäftsunterlagen der Beklagten seien beschlagnahmt worden. Der Geschäftsbetrieb der Beklagten sei zum Erliegen gekommen. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten sich in der Folge darum bemüht, die noch im Umlauf befindlichen Fahrzeuge der Beklagten zusammenzuziehen und die laufenden Leasing- bzw. Darlehensverträge abzuwickeln. Die Fahrzeuge seien auf einem Parkplatz in Bergisch Gladbach gesammelt worden, darunter auch das streitgegenständliche. Die Zulassungsbescheinigung Teil I habe sich in dem Fahrzeug befunden. Der Schlüssel habe sich im Besitz des Herrn Z befunden, der sich um die Fahrzeuge gekümmert habe. Der streitgegenständliche Pkw sei – anders als die anderen Fahrzeuge – nicht abgemeldet gewesen, da er weiterhin genutzt werden sollte. Der Bruder der Freundin des Herrn Z, F, habe mehrere Fahrzeugschlüssel bei Herrn Z entwendet.
Am 23.01.2012 habe die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten, Frau H, festgestellt, dass sich u.a. das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mehr auf dem Parkplatz befunden habe. Noch am selben Abend sei der Diebstahl beim Kriminalkommissariat in Bergisch Gladbach zur Anzeige gebracht worden. In der Folgezeit seien mehrere der Fahrzeuge in Bremen aufgefunden worden.
Noch im Februar 2012 habe die Q-Bank mit der Beklagten Korrespondenz hinsichtlich der rückständigen Darlehensraten geführt. Erst im Zuge der vollständigen Zahlung des Darlehens habe die Q-Bank die als Anlage B1 beigefügte Zulassungsbescheinigung Teil II an die Beklagte ausgehändigt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.11.2013 (Bl. 146 ff. d.A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist, § 256 ZPO. Er ist nicht Eigentümer des Fahrzeugs geworden.
Der Kläger konnte nicht gem. § 929 S. 1 BGB Eigentümer werden, da der Veräußerer, Herr L, nicht Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs war.
Zwar greift zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB ein. Allerdings gilt dies gem. § 1006 Abs. 1 S. 2 BGB nicht, wenn die Sache gestohlen worden ist.
Für die Beklagte greift die Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB, wonach vermutet wird, dass die Sache während ihrer Besitzzeit in ihrem Eigentum stand. Dass die Beklagte insofern selbst keinen Kaufvertrag vorgelegt hat, ist folglich irrelevant.
Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Eigentümerin im Zeitpunkt des von der Beklagtenseite behaupteten Diebstahls die Q-Bank war. Damit ist das Fahrzeug der Q-Bank als mittelbarer Besitzerin abhanden gekommen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte das Nichteigentum des Veräußerers (hier des Herrn L) beweisen muss. § 1006 Abs. 2 BGB gilt nur für die Zeit ihres Besitzes. Dass der Tilgungsplan der Q-Bank keinen Hinweis auf das streitgegenständliche Fahrzeug enthält und sich aus der von der Beklagten vorgelegten Zulassungsbescheinigung ergibt, dass das Fahrzeug bereits im Jahr 2008 auf die Beklagte zugelassen war, obwohl die Beklagte vorgetragen hat, sie habe im Jahr 2009 das Eigentum von der Firma G erworben, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
Dem Eigentumserwerb gem. § 932 BGB steht damit § 935 Abs. 1 BGB entgegen, wonach ein Eigentumserwerb gem. § 932 BGB ausgeschlossen ist, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, wenn der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug der Q-Bank abhanden gekommen ist. Konkrete Anhaltpunkte für eine willentliche Veräußerung durch die Beklagte bestehen nicht.
Darüber hinaus wäre auch ein gutgläubiger Erwerb gem. § 932 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Kläger handelte beim Kauf grob fahrlässig. Unter grober Fahrlässigkeit ist ein Handeln zu verstehen, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (ständige Rechtsprechung, BGH NJW 2005, 1365). Beim Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs besteht keine allgemeine Nachforschungspflicht. Die Übergabe und Prüfung des Kfz-Briefs bzw. der Zulassungsbescheinigung Teil II sind aber die Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb von Kraftfahrzeugen.
Vorliegend war – anders als im vom Kläger angeführten Fall (OLG Braunschweig, Urt. v. 01.09.2011, Az 8 U 170/10) – gerade nicht der Veräußerer L als Halter eingetragen.
Grobe Fahrlässigkeit ist beim Erwerb vom Nichtberechtigten nur dann anzunehmen, wenn der Erwerber trotz Vorliegens von Verdachtsgründen, die Zweifel an der Berechtigung des Veräußerers wecken müssen, sachdienliche Nachforschungen nicht unternimmt. Wann eine solche Nachforschungspflicht, die nicht allgemein als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb bejaht werden kann, besteht, ist eine Frage des Einzelfalles. Für den Gebrauchtwagenhandel hat der BGH wegen der dort nicht selten vorkommenden Unregelmäßigkeiten in ständiger Rechtsprechung bei der Bewertung der Umstände, die für den Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs eine Nachforschungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers begründen, einen strengen Maßstab angelegt (BGH NJW-RR 1987, 1456, 1457; OLG Braunschweig a.a.O.).
Im vorliegenden Einzelfall lagen die Umstände so, dass der Kläger vor dem Erwerb weitere Nachforschungen hätte anstellen müssen. Zunächst wurde ihm unmittelbar vor dem Vertragsabschluss eine andere Anschrift genannt, an der das Treffen mit dem Veräußerer stattfinden sollte. Zudem war in der Zulassungsbescheinigung Teil II die Beklagte eingetragen. Bei Gebrauchtwagen ist Bösgläubigkeit gegeben, wenn der Erwerber sich nicht aufgrund der Eintragung in der Zulassungsbescheinigung II davon überzeugt, dass der Veräußerer verfügungsbefugt ist (Palandt/Bassenge, 73. Aufl. 2014, § 932 Rn. 13). Ist eine juristische Person – wie vorliegend – eingetragen, so erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Vertretungsmacht des Handelnden. Beim Erwerb vom Veräußerer, der die Bescheinigung besitzt, ohne selbst eingetragen zu sein, sind weitere Nachforschungen jedenfalls dann geboten, wenn die Umstände der Veräußerung zweifelhaft sind (Palandt/Bassenge a.a.O.).
Auch wenn grundsätzlich keine umfassende Prüfpflicht dahingehend besteht, dass die Nummer der Zulassungsbescheinigung II mit der Nummer des Fahrzeugscheins übereinstimmt (eine Übereinstimmung liegt im vorliegenden Fall gerade nicht vor, vgl. Anlage K 4), spricht auch dies im Rahmen der Gesamtumstände für eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers.
Eine plausible Erklärung, weshalb Herr L zur Veräußerung des Fahrzeugs berechtigt gewesen sein soll, hat sich der Kläger nicht geben lassen.
II. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 711 S. 2 ZPO i.V.m. § 709 S. 2 ZPO analog.
Streitwert: 6.500 EUR