OLG München, Az.: 25 U 2103/95, Urteil vom 30.05.1995
Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen des Verlusts von Speditionsgut.
Am 15.6.1993 wurde festgestellt, daß von den Camcordern, welche die Beklagte für die Firma A. im Jahre 1991 übernommen und eingelagert hatte, 12 Stück fehlten. Der Schaden i.H.v. 10 644 DM ist i.H.v. 90 DM (5 DM/kg) ersetzt worden. Den offenen Rest nebst Zinsen macht die Klägerin geltend. Sie beruft sich auf grobes Verschulden der Beklagten.
Entscheidungsgründe

Zu Recht hat das LG angenommen, daß der Klageforderung die zugunsten der Beklagten bestehende Haftungsbeschränkung nach §§ 51 Buchst. b S. 1, 54 Buchst. a Nr. 1 ADSp entgegensteht. Diese Haftungsbeschränkung würde nicht gelten, wenn der Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Spediteurs oder seiner leitenden Angestellten verursacht worden wäre (§ 51 Buchst. b S. 2 ADSp). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LG zu Recht verneint. Der Senat folgt dem LG in der Beurteilung, daß die Camcorder in dem im Kellergeschoß eingerichteten, verschlossenen Sicherheitsverschlag, zu dem nur 3 langjährige Mitarbeiter Schlüssel besaßen, ausreichend sicher verwahrt waren.
Zu Unrecht verlangt die Klägerin von der Beklagten die Darstellung des gesamten Güterumschlagbetriebes einschließlich der Ein- und Ausgangskontrollen. Zwar ist der Spediteur nach Treu und Glauben gehalten, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen aus seinem Betriebsbereich eingehend vorzutragen, insbesondere substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er aufgewendet hat (BGH VersR 1995, 604, 606 = NJW 1995, 1490, 1492). Das setzt aber voraus, daß der Schaden durch eine ordnungsgemäße Organisation des Lagers voraussichtlich verhindert worden wäre (vgl. § 51 Buchst. b S. 2 ADSp). Das ist hier jedoch nicht anzunehmen. Anders als im Fall des BGH (a.a.O.), wo eine Simultandolmetscheranlage (5 Kartons, 118 kg) verlorengegangen war, und anders als in einem vom OLG München (TranspR 1991, 248) entschiedenen Fall, in dem eine Palette mit 600 Flaschen Gin (100 Kartons, 740 kg) abhandengekommen war, handelt es sich hier um kleine und leichte Gegenstände, die ohne Verpackung und möglicherweise einzeln aus einem Sicherheitsverschlag entwendet worden sind. Eine organisatorische Sicherung gegen einen solchen Schaden ist mit zumutbaren Mitteln nicht möglich. Erfolgversprechend wären letztlich nur allgemeine Leibesvisitationen bei jedem Verlassen des Betriebs, die jedoch weder als zumutbar noch als rechtlich zulässig angesehen werden können. Das Unterlassen regelmäßiger oder unregelmäßiger Kontrollen des Lagerbestands oder des Personals würde den Vorwurf groben Verschuldens nicht rechtfertigen, weil nach den Aussagen der Zeugen A. und B. in den letzten Jahren nichts entwendet wurde, so daß die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen als ausreichend gelten konnten.
Eine weitergehende Ersatzpflicht der Beklagten ist auch nicht nach § 54 Buchst. a Nr. 3 ADSp begründet, weil der Schaden nicht auf Unterschlagung oder Veruntreuung durch einen Arbeitnehmer des Spediteurs beruht. Hier kommt nur ein Diebstahl in Betracht, da die im Lager Beschäftigten nicht alleinige Inhaber des Gewahrsams waren. Für Diebstähle von Arbeitnehmern gilt die erweiterte Haftung jedoch nicht (vgl. Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 54 ADSp Rn. 6).