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Modifizierung des Zugewinnausgleichs im Ehevertrag – Wirksamkeit


Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen

Az: 5 UF 110/13

Beschluss vom 08.05.2014


Tenor

1. Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 07.11.2013, Az. 65 F 3205/11, dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, an den Antragsteller € 154.682,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. April 2014 zu zahlen. Im Übrigen werden die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegnerin wird die Aufrechnung mit dem in ihrem Schriftsatz vom 13.08.2007 geltend gemachten Anspruch in Höhe von € 94.509,63 wegen der behaupteten Tilgung eines Darlehens gegenüber der B.-Bank i.H. von € 82.181,97 und der Rückzahlung dieses Darlehens i.H. von € 12.327,66 durch 27 monatliche Raten á € 456,58 ab November 2003 vorbehalten. Das Verfahren wird insoweit an das Amtsgericht Bremen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Verfahrens – einschließlich der Kosten der Nebenintervention – zurückverwiesen.


Gründe

Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin aus einem Ehevertrag vom 08.06.1983 auf Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück in Anspruch genommen. Nach dessen Veräußerung verlangt er nunmehr stattdessen den Veräußerungserlös.

Die Beteiligten heirateten am 28.11.1967. Seit dem 23.09.2008 sind sie rechtskräftig geschieden.

Der Antragsteller wurde 1977 Gesellschafter der G. GmbH & Co. KG. Diese bestand aus vier Gesellschaftern und hatte in der Folgezeit ihren Geschäftsbetrieb auf dem Grundstück B.-Straße. Eigentümer dieses Grundstücks waren zu je ¼ die jeweiligen Ehefrauen/Verwandten der vier Gesellschafter. Diese erwarben das Grundstück gemeinsam zu einem Preis von insgesamt 120.000 DM, wobei jeder Gesellschafter seiner Ehefrau/Verwandten 30.000 DM hierfür zur Verfügung stellte. Die Ehefrauen/Verwandten vermieteten das Grundstück an die G. GmbH & Co. KG. Die Kosten für die Errichtung des Firmengebäudes wurden mit einem Darlehen finanziert, das mit zwei Grundschulden über insgesamt 990.000 DM auf dem Grundstück abgesichert wurde.

Die Verfahrensbeteiligten lebten im gesetzlichen Güterstand. Am 08.06.1983 schlossen sie vor dem Notar [dem Nebenintervenienten], einen Ehevertrag, mit dem sie den gesetzlichen Güterstand modifizierten. Dieser enthielt folgende Regelungen:

„1.) Der Zugewinnausgleich wird dahingehend beschränkt, dass im Falle des Zugewinnausgleichs das Betriebsvermögen des (Antragstellers) rechnerisch nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird. Firmenwert und stille Reserven bleiben daher unberücksichtigt.

2.) Hinsichtlich des ¼ Miteigentumsanteils der Ehefrau an dem im Gewerbebetrieb N.-Straße an der B.-Straße gelegenen Grundstück, eingetragen im Grundbuch von B. (…) sind wir uns einig, dass im Rahmen des Zugewinnausgleichs das Eigentum an diesem Grundstücksteil insoweit ohne rechnerische Berücksichtigung vorab auf den (Antragsteller) von der (Antragsgegnerin) übertragen werden soll. Die Übertragung erfolgt jedoch entgeltlich in der Höhe, in der zum Trennungszeitpunkt noch Belastungen auf dem Privatgrundstück lasten, die auf den Erwerb dieses ¼ Miteigentumsanteil zurückgehen.

3) Für den Fall der Durchführung des Zugewinnausgleiches nach den vorstehenden Bestimmungen erklärt sich die (Antragsgegnerin) bereit, ihr zustehende Ausgleichszahlungen als Darlehen für den Betrieb des (Antragstellers) gegen angemessene Verzinsung zu belassen. Dies gilt jedoch nur, soweit die wirtschaftliche Situation der (Antragsgegnerin) es zulässt.“

Wegen des Zugewinnausgleichs ist noch ein Verfahren vor dem Familiengericht Bremen (Gesch.-Nr. 65 F 1090/06) anhängig.

Im Jahre 1986 schied die Miteigentümerin S. aus der Miteigentümergemeinschaft aus. Die verbliebenen drei Miteigentümer – darunter auch die Antragsgegnerin – erwarben deren ¼ Miteigentumsanteil gegen Übernahme der noch vorhandenen Verbindlichkeiten und Zahlung vom insgesamt 36.000 DM. Der Miteigentumsanteil der verbliebenen Miteigentümer erhöhte sich hierdurch auf jeweils 1/3.

Im Jahre 1989 schied der Antragsteller aus der G. GmbH & Co. KG aus. Die Antragsgegnerin blieb Miteigentümerin des von der GmbH weiterhin genutzten Grundstücks. Die von der GmbH gezahlte Miete reichte aus, um die Kosten des Grundstücks und die Darlehensannuitäten zu begleichen. Nach etwa zehn Jahren erzielten die Grundstückseigentümer Erträge aus der Vermietung. Seit der Trennung der Verfahrensbeteiligten vereinnahmte die Antragsgegnerin die ihr anteilig zufließende Miete.

Daneben waren die Beteiligten zunächst zu je ½ Eigentümer des Grundstücks E.-Straße 44 in B.. Dieser Grundbesitz diente als Sicherheit für einen 1990 aufgenommenen Kredit, den der Antragsteller für die Gründung einer neuen Firma benötigte. Zugunsten der X.-Bank, welche zunächst Kreditgeberin war, wurde auf dem Gesamtgrundstück eine Grundschuld in Höhe von 209.000 DM eingetragen. Am 24.04.1997 übertrug der Antragsteller der Antragsgegnerin durch notariellen Vertrag seinen hälftigen Miteigentumsanteil, wobei die Antragsgegnerin die im Grundbuch bestehenden dinglichen Belastungen übernahm. Eine persönliche Haftung der Antragsgegnerin sollte nach dem notariellen Vertrag aber nicht bestehen.

Im Jahre 1999 kündigte die X.Bank die Geschäftsverbindung. Die noch bestehende Valuta löste der Antragsteller mit einem Darlehen der Volksbank in Höhe von 175.000 DM ab. Die Antragsgegnerin erklärte sich bereit, nun das Volksbankdarlehen mit dem Grundstück E.-Straße abzusichern. Nach der Trennung veräußerte die Antragsgegnerin im Jahre 2006 das Grundstück E.-Straße zu einem Preis von 185.000 €.

Weiterhin hatten die Beteiligten eine Eigentumswohnung in der F.-Straße, zunächst ebenfalls zu hälftigem Miteigentum. Im Jahr 1997 übertrug der Antragsteller seinen Anteil ohne Gegenleistung an die Antragsgegnerin. Diese verkaufte die Wohnung zum Preis von 67.500 €. Aus dem Erlös der Veräußerungen der Grundstücke E.-Straße und F.-Straße wurden verschiedene Bankverbindlichkeiten zurückgeführt, wobei die Einzelheiten zwischen den Beteiligten im Einzelnen streitig sind. Unter Hinweis auf hierauf gestützte Gegenforderungen lehnt die Antragsgegnerin die Erfüllung der Forderung des Antragstellers ab.

Der Antragsteller durchlief des Weiteren ein Insolvenzverfahren.

Der Antragsteller hat in erster Instanz geltend gemacht, Sinn und Zweck des Ehevertrages sei es gewesen, dass der Grundstücksanteil an dem Grundstück B.-Straße in dem Umfang, wie er der Antragsgegnerin bei Ende der Ehe gehören würde, auf ihn zu übertragen sei. Soweit noch Darlehensverbindlichkeiten auf dem Grundstück lasten sollten, sei er bereit gewesen, diese Darlehen zu übernehmen. Hilfsweise hat er seinerseits die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 110.000 € aus der Übertragung der hälftigen Grundstücksanteile E.-Straße und F.-Straße erklärt.

In erster Instanz hat der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin aufzugeben, ihren Miteigentumsanteil von 1/3 an dem Grundstück B.-Straße in B., eingetragen im Grundbuch […] an den Antragsteller aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass der Ehevertrag unwirksam gewesen sei, da er unausgewogen und unter Ausnutzung einer Zwangslage zustande gekommen sei. Sie habe den Vertrag nur geschlossen, da der Antragsteller sie im Zeitraum von 1978 bis 1983 diesbezüglich unter Druck gesetzt und sie daher um den Bestand der Ehe gefürchtet habe. Auch sei der beurkundende Notar […] nicht neutral gewesen. Dieser habe die Notwendigkeit des Vertragsabschlusses mit unternehmerischen Belangen begründet. Ein neutraler Notar hätte hingegen darauf geachtet, dass ihr ein Ausgleich für die Übertragung des Grundstücks zugebilligt worden wäre. Durch den Ehevertrag werde sie von allem in der Ehe Erwirtschafteten ohne jede Gegenleistung ausgeschlossen. Der Vertrag sei daher nichtig, jedenfalls müsse er angepasst werden.

Auch könne der Antragsteller keinen Anspruch auf Rückübertragung von 1/3 des Eigentums am Grundstück geltend machen, weil der Ehevertrag nur vom ¼-Miteigentumsanteil spreche. Eine Anpassungsklausel liege nicht vor. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht. Der Zweck des Vertrages sei mit dem Ausscheiden des Antragstellers als Gesellschafter bei der G. GmbH & Co. KG ohnehin entfallen. Die Verfahrensbeteiligten hätten nach dem Ausscheiden des Antragstellers aus der GmbH entschieden, dass die Antragsgegnerin den Grundstücksanteil behalten und dieser der Alterssicherung beider Verfahrensbeteiligten habe dienen solle. Der Ehevertrag habe somit auch Auswirkungen auf die Altersvorsorge und greife daher in den Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ein.

Überdies stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu, da noch Kreditverpflichtungen aus der Anschaffung des Grundstücks bestünden. Daneben habe sie einen Anspruch gegen den Antragsteller auf Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB) in Höhe von insgesamt 94.509,63 € aus Zahlungen, die sie an die B.-Bank erbracht habe, da diese Verbindlichkeiten im Innenverhältnis vom Antragsteller allein zu tragen gewesen seien. Auch diesbezüglich stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Das Amtsgericht Bremen hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 07.11.2013, zugestellt an die Verfahrensbeteiligten am 13.11.2013, aufgegeben, die Hälfte ihres Miteigentumsanteils von 1/3 an dem Grundstück B.-Straße in Bremen, eingetragen im Grundbuch […] an den Antragsteller aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen Zug um Zug gegen Freistellung von 50 % der noch auf dem zu übertragenden Grundstücksanteil lastenden Verbindlichkeiten durch den Antragsteller. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen.

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung auf eine Anpassung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Ehevertrags aus dem Jahre 1983 gestützt. Eine Anpassung habe zu erfolgen, da sich die dem Vertrag zugrunde liegenden Verhältnisse grundlegend geändert hätten. Einerseits sei der Antragsteller nicht mehr Mitgesellschafter der G. GmbH & Co. KG, andererseits sei die Antragsgegnerin nicht mehr Miteigentümerin des Grundstücks zu ¼-Miteigentumsanteil.

Nach Auffassung des Amtsgerichts habe die Regelung im Ehevertrag vom 08.06.1983 ursprünglich dem Erhalt des Gesellschaftsanteils gedient. Der Antragsteller hätte nicht gezwungen sein sollen, den ihm gehörenden Gesellschaftsanteil im Falle der Durchführung eines Zugewinnausgleichs zu veräußern. Sinn sei es daher gewesen, den aus steuerlichen Gründen aus der Gesellschaft ausgelagerten Vermögenswert – Grundstücksanteil – für den Antragsteller „einzufangen“. Zur Umsetzung dessen habe das Eigentum an dem Grundstücksteil insoweit ohne rechnerische Berücksichtigung vorab auf den Antragsteller von der Antragsgegnerin übertragen werden sollen, Firmenwert und stille Reserven hätten ebenfalls vom Ausgleich ausgenommen sein sollen. Andererseits habe die Antragsgegnerin auch nicht über den Zugewinnausgleich von der Wertentwicklung des Unternehmens profitieren sollen. Nach der Vereinbarung habe der an den Antragsteller übertragene Grundstücksanteil mit „0“ im Endvermögen bewertet werden sollen. Das von ihm erwirtschaftete Vermögen, wie es sich in dem Geschäftsanteil und dem Grundstücksanteil manifestiert habe, habe allein und ohne Zugriffsmöglichkeit der Ehefrau ihm erhalten bleiben sollen.

Das Amtsgericht ist im Rahmen seiner Auslegung des Ehevertrages davon ausgegangen, dass die Beteiligten den Grundstücksanteil behalten hätten, weil sich hieraus Einkünfte hätten erwirtschaften lassen. Wären die Beteiligten verheiratet geblieben, so hätten sie durch den Genuss der Mieterträge ihre Altersvorsorge im Grundsatz gesichert. Altersvorsorgevermögen, soweit während der Ehe erwirtschaftet, sei nach den gesetzlichen Regeln immer hälftig zu teilen. Zu beachten sei aufgrund der Trennung der Verfahrensbeteiligten allerdings nun, dass der Antragsteller nach seinem Ausscheiden aus der G. GmbH & Co. KG nicht mehr durch seine Tätigkeit in dieser maßgeblich dazu beigetragen habe, dass die Mieten gezahlt und so letztlich Erträge erzielt worden seien. Vielmehr sei der Vermögenserwerb durch Leistungen Dritter in der Hand der Antragsgegnerin erfolgt. Der Antragsteller sei somit in Bezug auf das Grundstück B.-Straße an der Wertschöpfung gerade nicht mehr überwiegend beteiligt gewesen. Die Beteiligten wären bei einer hypothetischen Anpassung der Vereinbarung nicht mehr zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Antragsteller hier das Alleineigentum an dem Grundstücksanteil zustehen sollte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätten die Beteiligten hinsichtlich des Grundstücksanteils B.-Straße wie bei den anderen Objekten gehandelt und wären jeweils hälftig Eigentümer geworden.

Die Übertragung habe jedoch nur Zug um Zug gegen Übernahme der noch verbliebenen anteiligen Verbindlichkeiten erfolgen können, weil die Antragsgegnerin insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könne. Ein weiteres Zurückbehaltungsrecht wegen der Forderung, die die Antragsgegnerin wegen der Zurückzahlung des Kredites bei der Volksbank geltend macht, stehe dieser allerdings nicht zu, da die Forderungen nicht aus demselben Rechtsverhältnis i. S. des § 273 BGB resultierten.

Am 09.12.2013 hat der Antragsteller gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12.02.2014 begründet. Am 13.12.2013 hat auch die Antragsgegnerin Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13.02.2014 begründet.

Der Antragsteller nimmt Bezug auf sein bisheriges Vorbringen. Er ist weiterhin der Auffassung, dass zum einen kein Raum für eine Anpassung des Ehevertrages bestehe. Eine wirksam zustande gekommene Vereinbarung, die nicht den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts betreffe, dürfe nicht nachträglich ausgehebelt werden. Außerdem gehe die vorliegende Anpassung auch einseitig zu seinen Lasten. Insbesondere werde auch außer Acht gelassen, dass die Antragsgegnerin bereits seit Mitte 2005 die Miete in voller Höhe einbehalten habe. Hinsichtlich der Freistellung von den noch auf dem zu übertragenden Grundstücksanteil lastenden Verbindlichkeiten könne eine Zug-um-Zug-Verpflichtung nicht richtig sein, da er nicht einmal wisse, ob nach der Trennung womöglich neue Verbindlichkeiten hinzugekommen seien bzw. um welche Beträge es sich überhaupt handele. Weiterhin wendet er sich gegen die von der Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellten Forderungen und rechnet seinerseits mit eigenen Ansprüchen wegen der seitens der Antragsgegnerin seines Erachtens zu Unrecht gezogenen Mieten ab dem Zeitpunkt der Trennung der Verfahrensbeteiligten und insbesondere nach deren rechtskräftiger Scheidung auf.

Der Antragsteller hat zunächst beantragt,

unter Abänderung des am 07.11.2013 verkündeten Beschlusses des Amtsgerichts Bremen – Familiengericht – zur Geschäfts-Nr. 65 F 3205/11 der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin aufzugeben, ihren Miteigentumsanteil von 1/3 an dem Grundstück B.-Straße in Bremen, eingetragen im Grundbuch […] an den Antragsteller und Beschwerdeführer aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.02.2014 mitgeteilt hat, dass das Grundstück von der Eigentümergemeinschaft bereits am 15.08.2013 mit notariellem Vertrag verkauft und die Eigentumsänderung am 27.01.2014 im Grundbuch eingetragen worden sei und sie in der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2014 den Kaufvertrag vorgelegt hat, ausweislich dessen ein Gesamtkaufpreis in Höhe von € 620.000 für das Grundstück B.-Straße erzielt worden ist, abzüglich von jedem Miteigentümer getragener Kosten für den Notar F. in Höhe von € 203,49 für die Einholung der Löschungsbewilligung der Stadtgemeinde B., für die Löschung selbst in Höhe von € 211,67 und € 8,33, beantragt der Antragsteller nunmehr,

1. die Antragsgegnerin zur Zahlung von € 206.666,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2014 zu verpflichten,
2. hilfsweise wegen der wechselseitig zur Aufrechnung gestellten Forderungen das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Antragsgegnerin hat zunächst beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 07.11.2013 zum Aktenzeichen 65 F 3205/11 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Nach Umstellung des Antrags des Antragstellers beantragt die Antragsgegnerin nunmehr,

1. den Antrag zurückzuweisen,
2. ebenfalls hilfsweise wegen der wechselseitig zur Aufrechnung gestellten Forderungen das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Auch die Antragsgegnerin nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Insbesondere vertritt sie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auffassung, dass ein Zurückbehaltungsrecht nicht wegen mangelnder Konnexität der Forderungen durch das Amtsgericht hätte unberücksichtigt bleiben dürfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die zulässigen Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin haben in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Herausgabe des durch die Veräußerung des Grundstücks B.-Straße erzielten Erlöses, jedoch nur i.H. von ¼ des erzielten Betrages.

1. Die Antragsumstellung des Antragstellers ist zunächst verfahrensrechtlich zulässig. Dies ergibt sich aus § 265 Abs. 2 ZPO. Hiernach hat die Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss.

§ 265 Abs. 2 ZPO ist im vorliegenden Verfahren gem. §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG anwendbar, da es sich hier um eine güterrechtliche Angelegenheit i.S. des § 261 FamFG handelt. Gem. § 112 Nr. 2 FamFG sind güterrechtliche Angelegenheiten i.S. des § 261 FamFG wiederum Familienstreitsachen. In Familienstreitsachen gelten gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die allgemeinen Vorschriften der ZPO und die Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend, soweit das FamFG keine diesbezügliche Sonderregelung enthält. Dies ist indes für den Fall der Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache nicht der Fall.

Erfolgt, wie hier durch die Antragsgegnerin, eine rechtsgeschäftliche Übertragung eines Rechts, hier ihres Miteigentumsanteils, so liegt eine Veräußerung i.S. des § 265 Abs 2 ZPO vor (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 265 Rn. 7). Der Miteigentumsanteil ist streitbefangen, da die Sachlegitimation der Antragsgegnerin auf ihrer rechtlichen Beziehung zu der Sache beruht (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 265 Rn. 3). Als Rechtsfolge führt § 265 Abs. 2 ZPO dazu, dass das Verfahren zwischen den Beteiligten unverändert fortgeführt wird. Der Rechtsvorgänger führt es im eigenen Namen in gesetzlicher Prozessstandschaft weiter (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 265 Rn. 12). Bei der Rechtnachfolge auf Seiten des Antragsgegners kann der Antragsteller seinen Antrag gem. § 264 Nr. 3 ZPO umstellen (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 265 Rn. 14 und 20).

2. Die Beschwerde des Antragstellers hat jedoch nur insoweit Erfolg, als der Antragsgegnerin aufgegeben wird, an den Antragsteller eine Zahlung in Höhe von € 154.682,39 zu leisten, d. h. in Höhe von ¼ des nach Abzug der Kosten für die Löschungsbewilligung und Löschung erzielten Veräußerungserlöses und nicht, wie beantragt, von 1/3. Denn nur in Höhe von ¼ ergibt sich ein Anspruch des Antragstellers aus dem Ehevertrag der Beteiligten vom 08.06.1983. Aufgrund dieser Regelung zwischen den Beteiligten aus dem Jahre 1983 sollte der ¼-Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin an dem Grundstück B.-Straße an den Antragsteller übertragen werden. Eine Auslegung dahingehend, dass mit dem Anwachsen des Miteigentumsanteils auf Seiten der Antragsgegnerin nach Erwerb eines weiteren Anteils von 1/3 von ¼ = 1/3 von 3/12 = 1/12 auch gleichermaßen der Übertragungsanspruch des Antragstellers wachsen sollte, kommt nach Auffassung des Senates nicht in Betracht. Insbesondere ist aus der notariellen Urkunde kein dahingehender Wille der Beteiligten ersichtlich. Auch im weiteren Verlauf haben die Verfahrensbeteiligten es nicht für notwendig erachtet, die bisherige notarielle Regelung im Zeitpunkt des Hinzuerwerbs der Antragsgegnerin oder auch danach dahingehend anzupassen, dass nunmehr der volle 1/3-Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin von der Übertragungspflicht im Ehevertrag erfasst sein sollte. Der Wortlaut des notariellen Ehevertrags ist somit die maßgebliche Grundlage zur Bemessung der Höhe des sich nunmehr als Zahlungsanspruch darstellenden Anspruchs des Antragstellers. Für eine ergänzende Vertragsauslegung ist mangels Regelungslücke kein Raum.

3. Der Ehevertrag ist auch nicht unter Zugrundelegung der allgemeinen Nichtigkeitsgründe nichtig. Eine Nichtigkeit des Ehevertrages lässt sich insbesondere nicht damit begründen, dass er damals – wie von der Antragsgegnerin behauptet – unter Ausnutzung einer Zwangslage zustande gekommen ist. Diesbezüglich ist der Vortrag der Antragsgegnerin schon nicht hinreichend substantiiert. Eine etwaige Befangenheit des Notars stellt allein keinen Nichtigkeitsgrund dar, sondern allenfalls in Verbindung mit anderen Wirksamkeitshindernissen. Solche liegen nicht vor.

4. Der Ehevertrag ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prüfung der Wirksamkeit von Eheverträgen nicht unwirksam oder einer Anpassung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage zugänglich.

a. Soweit die Antragsgegnerin die Regelungen des Ehevertrages für unangemessen erachtet, kann sie hiermit nicht durchdringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung, ob eine Vereinbarung, in welcher die Ehegatten ihre Scheidungsfolgen abweichend vom gesetzlichen Leitbild regeln, unwirksam (§ 138 BGB) oder die Berufung auf sie unzulässig ist (§ 242 BGB), eine Gesamtwürdigung der getroffenen Regelung, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens vorzunehmen (BGH, FamRZ 2004, 601, 604; Hahne, in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl. 2013, VI Rn. 544). Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Regelungen über Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich grundsätzlich der Privatautonomie der Ehegatten unterliegen (BGH, FamRZ 2004, 601, 604; Hahne, a.a.O., Rn. 545). Die Disponibilität darf hingegen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch den geschlossenen Vertrag beliebig unterlaufen werden kann. Maßgeblich hierfür ist wiederum, dass die Toleranzschwelle je eher überschritten ist, je stärker die vertragliche Regelung in den sog. Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift (BGH, FamRZ 2004, 601, 605; Hahne, a.a.O., Rn. 545). Zu letzterem zählen der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der Krankheits- und Altersunterhalt (§§ 1572, 1571 BGB) sowie der Versorgungsausgleich, der als vorweggenommener Altersunterhalt zu werten ist (BGH, FamRZ 2004, 601, 605; Hahne, a.a.O. Rn. 546). Vertragliche Regelungen über den Zugewinnausgleich sind hingegen im weiten Maße zulässig (BGH, FamRZ 2004, 601, 605).

Bei der Prüfung der Wirksamkeit eines Ehevertrages ist auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages abzustellen. Zu prüfen ist hier im Wege einer Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss (z.B. Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie geplante Ausgestaltung der Ehe), ob der Vertrag in diesem Zeitpunkt offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihm wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung zu versagen ist (BGH, FamRZ 2004, 601, 606; Hahne, a.a.O., Rn. 548). Auch sind die mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (BGH, FamRZ 2005, 185, 186, Hahne, a.a.O., Rn. 548).

Eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1983 offenkundig zu Lasten der Antragsgegnerin gehende derartige einseitige Lastenverteilung liegt nach Auffassung des Senats nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Sittenwidrigkeit nur dann in Betracht, wenn durch die Vereinbarungen Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ganz oder zu erheblichen Teilen ohne Kompensation abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige wichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt werden (BGH, FamRZ 2004, 601, 606). Ein solcher Eingriff liegt bei der getroffenen Regelung im Ehevertrag vom 08.06.1983 jedoch nicht vor. Durch die Regelungen des Ehevertrages wird der Zugewinnausgleich zwischen den Beteiligten lediglich modifiziert. Ziff. 1 bestimmt dabei, dass das Betriebsvermögen des Antragstellers rechnerisch nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten berücksichtigt wird, wobei Firmenwert und stille Reserven unberücksichtigt bleiben. Dies ist nicht zu beanstanden, da grundsätzlich sogar das gesamte Betriebsvermögen vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden kann (BGH, NJW 1997, 2239; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1034; s. auch Brambring, in: Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 3. Aufl. 2010, § 23 Rn. 60).

Des Weiteren betrifft Ziff. 2 des Ehevertrages eine Regelung, welche die Bewertung des streitgegenständlichen Miteigentumsanteils an dem Grundstück B.-Straße betrifft. Dieses soll zwar mit dem Wert „0“ bewertet werden. Allerdings führt auch dies im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht dazu, den Ehevertrag insgesamt oder die fragliche Klausel allein als sittenwidrig anzusehen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fordert regelmäßig stärkere Eingriffe in das Scheidungsfolgenrecht, um eine Sittenwidrigkeit zu begründen; so etwa den kumulativen Verzicht auf Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und Aufstockungsunterhalt (BGH, FamRZ 2008, 2011), den Verzicht auf Versorgungsausgleich bei Vereinbarung von Gütertrennung und Verzicht auf weitergehenden Unterhalt (BGH, FamRZ 2009, 1091) oder die Vereinbarung von Gütertrennung, Ausschluss des Versorgungsausgleichs sowie Vereinbarung eines geringfügigen Unterhalt der Ehefrau bei gleichzeitiger entschädigungsloser Übertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils an der Ehewohnung (vgl. BGH, FamRZ 2005, 26; siehe insgesamt auch Hahne, a.a.O., Rn. 549 f.). Eine solche Kumulation von Regelungen zu Lasten der Antragsgegnerin liegt hier nicht vor. Weder wird durch die Regelung der Zugewinnausgleich insgesamt ausgeschlossen, noch eine sonstige gesetzliche Scheidungsfolge (wie z.B. der Versorgungsausgleich) insgesamt abbedungen. Der Senat sieht auch sonst keine gewichtigen Gründe, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit abzuweichen. Vor allem führt die getroffene Regelung auch zunächst einmal dazu, dass die Antragsgegnerin, in deren Zugewinn das fragliche Grundstück fiel, von Ausgleichsansprüchen des Antragstellers freigestellt wurde. Lediglich wegen der (nur u. U.) entschädigungslosen Übertragung der anderen Hälfte liegt überhaupt eine Begünstigung des Antragstellers vor.

b. Des Weiteren ist es dem Antragsteller im Rahmen der Ausübungskontrolle gem. § 242 BGB auch nicht verwehrt, sich auf die Regelungen des Ehevertrages zu berufen. Im Rahmen der Ausübungskontrolle ist zu prüfen, ob sich bezogen auf den Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft aus dem früher vereinbarten Ausschluss von Scheidungsfolgen eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, deren Hinnahme für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen und seines Vertrauens auf den Bestand der getroffenen Abrede unzumutbar ist (BGH, FamRZ 2004, 601, 606; Hahne, a.a.O., Rn. 553).

Eine solche einseitige Lastenverteilung zu Lasten der Antragsgegnerin im Falle der Übertragung des Grundstücks B.-Straße auf den Antragsteller lässt sich für den Senat jedoch nicht feststellen, da die Antragsgegnerin ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Verfahren nicht dargelegt hat. Gleiches gilt für den nunmehr vom Antragsteller als Surrogat geltend gemachten Zahlungsanspruch.

c. Jedoch kann der Antragsteller, wie bereits oben unter Punkt II. 2. dargelegt, nicht den auf den zuletzt bestehenden 1/3 Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin entfallenden Kaufpreis in Höhe von € 206.666,67 verlangen, sondern lediglich eine Zahlung in Höhe von € 154.682,39.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

5. Hinsichtlich des im Verfahren seitens der Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellten Anspruchs war dieser die Aufrechnung vorzubehalten. Die Voraussetzungen der §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 302 Abs. 1 ZPO sind gegeben. Gem. § 302 Abs. 1 ZPO kann, wenn der Antragsgegner die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht hat und nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen. Dies ist hier der Fall, da die Entscheidung über die von der Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht zur Entscheidung reif ist. Zwar hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2014 Zahlungsübersichten, Kontoauszüge und den Darlehensvertrag vorgelegt (Bl. 435 ff. d. A.). Nach Auffassung des Senats lässt sich diesen Unterlagen aber nicht ohne Weiteres entnehmen, wie diese Zahlungen einzuordnen sind, insbesondere deswegen, da der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2014 ausgeführt hat, dass seinerzeit mit den Banken eine Art Gesamtfinanzierung unter Einschluss diverser Immobilien und Kredite vereinbart worden sei. Darüber hinaus bedarf es auch hinsichtlich der vom Antragsteller zur Aufrechnung gestellten, seitens der Antragsgegnerin seiner Auffassung nach zu Unrecht gezogenen Mieten noch weiterer Sachaufklärung, da insbesondere nicht bekannt ist, wie hoch die Mieteinnahmen der Antragsgegnerin während des betreffenden Zeitraums waren, bzw. wie der Verteilungsschlüssel unter den damaligen Miteigentümern ausgestaltet war.

Das Verfahren war insoweit unter entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO an das Amtsgericht Bremen zurückzuverweisen (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1973, 856; LAG Düsseldorf, DB 1975, 2040; BGH, NJW-RR 1988, 61; Ball, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 538 Rn. 32.). Diese Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn nicht die Hauptforderung, sondern die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nach Grund und Höhe streitig ist. Die Antragsgegnerin ist auch nicht gem. § 533 ZPO gehindert, die Aufrechnungsforderung erst in der Beschwerdeinstanz geltend zu machen, denn das Amtsgericht hat das zunächst geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht, an dessen Stelle die Aufrechnung nunmehr tritt, zu Unrecht abgelehnt. Richtig ist zwar, dass bei der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts der Anspruch des Gläubigers und der Gegenanspruch des Schuldners auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen, also in einem inneren natürlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen müssen (s. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 273 Rn. 10). Diese Voraussetzung ist hier jedoch gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts erforderliche Konnexität gegeben, wenn beide Ansprüche wie hier aus der von den Verfahrensbeteiligten durch die Ehe begründeten und durch ihr Scheitern beendeten Lebensgemeinschaft herrühren (s. nur BGH, NJW 2000, 948, 950). Die vom Amtsgericht abgelehnte Berücksichtigung der Gegenforderung der Antragsgegnerin erstmalig durch das Beschwerdegericht würde den Verfahrensbeteiligten eine Instanz entziehen. Dass die Antragsgegnerin erst in der Beschwerdeinstanz die Veräußerung des Grundstücks mitgeteilt hat, ist zwar prozessual nicht korrekt, steht der Aufrechnung aber nunmehr auch nicht entgegen.

Rein vorsorglich weist der Senat aus gegebenem Anlass darauf hin, dass – unabhängig der von beiden Seiten bislang nicht erhobenen Einrede – eine etwaige Verjährung von Ansprüchen der jeweils von den beiden Verfahrensbeteiligten geltend gemachten Aufrechnung wegen § 215 BGB nicht entgegensteht. Zwar kann die Antragsgegnerin erst jetzt die Aufrechnung erklären, nachdem sich nach Veräußerung des Grundstücksanteils der gegen sie gerichtete vertragliche Übertragungsanspruch in einen Zahlungsanspruch verwandelt hat (Gleichartigkeit der Forderungen). Zuvor stand ihr allerdings das vom Amtsgericht zu Unrecht (s. o.) abgelehnte Zurückbehaltungsrecht zu, für das § 215 BGB entsprechend gilt. Verwandelt sich der Hauptanspruch auf Übertragung eines Grundstückmiteigentumsanteils durch Veräußerung des Grundstücks seitens der Antragsgegnerin in einen gegen sie gerichteten Zahlungsanspruch, so verwandelt sich das Gegenrecht des Antragstellers von einem Zurückbehaltungsrecht in eine Aufrechnungsmöglichkeit, wobei sich auch an dieser die rechtserhaltende Funktion des § 215 BGB fortsetzt.


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