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Haftung für Bergschäden – Berggefahr

LG Dortmund – Az.: 6 O 25/18 – Urteil vom 23.03.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen einer Bergschadensgefahr geltend. Sie begehrt von der Beklagten als Bergwerkseigentümerin Ersatz bereits angefallener Kosten für die Sicherung und Baureifmachung von Grundstücken sowie die Feststellung, dass eine entsprechende Verpflichtung auch für noch nicht baureife Grundstücke bestehe.

Der Werksstandort der Klägerin befindet sich derzeit auf einem Gelände südlich der O-Straße in E.

Die Klägerin plant auf einem Gelände nördlich der O-Straße den sog. X-Campus, d.h. insbesondere die Errichtung einer neuen und modernen Fabrik, weiterer Gebäude für Verwaltung und Forschung, Sozialflächen, ein Costumer Interface sowie ein Museum. Am Ende der Bauarbeiten möchte die Klägerin ihren jetzigen Betrieb an den Nordrand des neuen X-Campus verlegen.

Das Gelände des geplanten X-Campus besteht aus einer Reihe von Grundstücken. Insoweit wird Bezug genommen auf die Auflistung in der Klageschrift vom 18.08.2017 (Blatt 4 f. d.A.). Einige der Grundstücke hat die Klägerin bereits zu Eigentum erworben. Hinsichtlich anderer Grundstücke soll der Eigentumserwerb demnächst erfolgen.

Unterhalb der streitgegenständlichen Grundstücke befinden sich Stollen, die auf in der Vergangenheit dort betriebenen Bergbau zurückzuführen sind. Die Beklagte ist Bergwerkseigentümerin der unterhalb der Grundstücke der O-Straße liegenden Bergwerksfelder bzw. Eigentümerin der Bergbauberechtigungen auf den streitgegenständlichen Grundstücken.

Die Klägerin beauftragte das J, Beratender Ingenieur M (J) mit der Klärung der bergbaulichen Entwicklung im streitgegenständlichen Bereich. Das J erstellte daraufhin den Bericht vom 21.09.2015 (Anlage K5, Blatt 33 d.A.).

In der Zeit vom 21.09.2015 bis zum 30.09.2016 ließ die Klägerin Baugrunduntersuchungen durchführen. Das J erstellte für die Klägerin insoweit den Kurzbericht vom 31.03.2017 (Anlage K2, Blatt 18 d.A.).

Darüber hinaus ließ die Klägerin auf einem Teil der Flächen Sicherungsmaßnahmen ausführen.

Zudem fragten die klägerischen Prozessbevollmächtigten bei der Bezirksregierung Arnsberg hinsichtlich der bergbaulichen Verhältnisse an. Die Bezirksregierung Arnsberg teilte der Klägerseite daraufhin mit Schreiben vom 08.12.2016 (Anlage K17) mit, dass Eigentümerin der Bergbauberechtigungen auf den angefragten Grundstücken die Beklagte sei.

Für die erbrachten Leistungen wurden der Klägerin von dem J, M mit Rechnung vom 26.09.2016 (Anlage K6, Blatt 35 d.A.) Kosten i.H.v. 238.113,11 € in Rechnung gestellt.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.2016 (Anlage K9, Blatt 44 d.A.) zur Zahlung bereits angefallener Sicherungskosten sowie zur Erklärung der Bereitschaft auf, für weitere Sicherungsmaßnahmen auf den Flächen aufzukommen. Dies wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 12.01.2017 abgelehnt.

Die Klägerin meint, gegenüber der Beklagten einen Anspruch aus § 148 ABG zu haben, der auch die Kosten für Sicherungsmaßnahmen erfasse. Denn ein solcher Anspruch setze keinen bereits eingetretenen Bergschaden voraus, sondern ein Schaden im Sinne des ABG könne auch in der bloßen Gefahr der körperlichen Einwirkung auf ein Grundstück bestehen.

Soweit es den Zeitpunkt der Abbauhandlungen betrifft, behauptet die Klägerin, dass ausweislich des Berichtes des J vom 21.09.2015 (Anlage K5, Blatt 33 d.A.) Abbauhandlungen unterhalb der Grundstücke bis in die Jahre 1906/1907, im Fall des Bergwerks H noch bis ins Jahr 1926, stattgefunden hätten.

Die Klägerin behauptet, dass das streitgegenständliche Gelände bereits bis zum Jahr 1926 Baulandqualität aufgewiesen habe. So habe sich insbesondere bereits in der Zeit bis 1850 an einer zentralen Stelle des Geländes eine Kapelle befunden, unweit westlich davon derzeit bereits die Siedlung C und südlich davon die nördlichen Ausläufer der Gemeinde I. Die bauliche Nutzung der Umgebung habe sich beständig verdichtet. Es liege ein voranschreitendes Baugeschehen vor, in dessen Zuge ehemals im Außenbereich gelegene Grundstücke zu Bauland geworden seien. Außerdem sei der Siedlungswille im dortigen Bereich an der mittlerweile flächendeckenden Verabschiedung von Bebauungsplänen deutlich erkennbar.

Haftung für Bergschäden -  Berggefahr
(Symbolfoto: Von Pedal to the Stock/Shutterstock.com)

Weiterhin behauptet die Klägerin, dass das Projekt des neuen X-Campus ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen nicht verwirklicht werden könne. Die unterirdischen Stollen müssten aufgefüllt werden, um einen tragfähigen Untergrund zu schaffen.

Bislang seien bei der Klägerin Kosten i.H.v. insgesamt 1.361.493,29 € netto für auf den streitgegenständlichen Flächen durchgeführte Sicherungsmaßnahmen angefallen, die nebst einem Betrag i.H.v. gerundet 249.000,00 € für die ihr angefallenen Gutachterkosten mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemacht würden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, insbesondere der einzelnen Kostenpositionen, wird Bezug genommen auf die Ausführungen in der Klageschrift (Blatt 7 d.A.) sowie auf die von der Klägerin vorgelegte Rechnungsprüfung des J vom 13.10.2016 (Anlage K3, Blatt 25 d.A.).

Nach der Kostenschätzung des J im 19. Bericht vom 04.04.2017 (Anlage K8, Blatt 38, 43R d.A.) sei insgesamt mit Sanierungskosten von 5.503.146,98 € zu rechnen. Das bedeute, dass nach Abzug der mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachten, bereits entstandenen Kosten für die noch nicht gesicherten Grundstücke mit weiteren Sicherungskosten i.H.v. 3.892.653,69 € zu rechnen sei, die aber noch nicht sicher abgeschätzt werden könnten und auf die sich daher der Feststellungsantrag zu Ziff. 2 beziehe.

Soweit Kaufverträge, die die Klägerin über die streitgegenständlichen Grundstücke geschlossen habe, noch nicht vollzogen seien, die Klägerin also noch nicht Eigentümerin sei, gebe es Vorabsprachen bzw. vertragliche Vereinbarungen, zu denen auch die Abtretung von Bergschadensersatzansprüchen gehöre.

Die Klägerin mache mit der Klage nur den Teil der Sicherungskosten geltend, der sich auf die Abbaufelder aus der Bergbauberechtigung der Beklagten beziehe; die Kosten für den erheblichen „wilden Bergbau“, den „Uraltbergbau“ vor 1865 sowie die Sicherung des oberflächennahen Bergbaus trage die Klägerin selbst.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Ansprüche gegenüber der Beklagten nicht verjährt seien.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.610.493,29 € nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2017 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Kosten für eventuell erforderliche Sicherungsmaßnahmen auf den nachfolgend genannten Flächen zu ersetzen:

  • O-Straße 63
  • Flurstücke #66 und #32, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###99
  • O-Straße 59
  • Flurstücke ##67 und ##68, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###68
  • O-Straße 57
  • Flurstück #63, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###88
  • Flurstücke #90 und #52, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###46
  • O-Straße 55
  • Flurstück #50, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###51
  • Flurstücke #48, #49, #51 und #85, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###04
  • Flurstücke #54, #52, #93, #92, #90, #91, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ###33
  • O-Straße 55 (Parkplatz)
  • Flurstück #93, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ##70 (lfd. Nr. 1 – der Grundbuchauszug enthält auch Flurstücke des Grundstückes O-Straße 100 bis 102)
  • O-Straße 100 bis 102
  • Flurstücke #69, #71, #51, #52, #50, #78 und #47, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ##22
  • Flurstücke #78 und #80, eingetragen im Grundbuch von E, Blatt ##70 (lfd. Nr. 2 und 3)

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, nicht passivlegitimiert zu sein, weil ein einwirkungsrelevanter Abbau in dem J-Bericht vom 31.03.2017 (Anlage K2, Blatt 18 d.A.) nur im Flöz T festgestellt worden sei, der nach den Darlegungen des J in den Jahren 1906 bis 1907 geführt worden sei und gut mit dem Grubenbild der G bzw. Zeche D übereinstimme. Die Beklagte sei indessen nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der Zeche D. Denn die Zechen G / D seien, wie sich aus dem Bericht des J vom 21.09.2015 (Anlage K5, Blatt 33 d.A.) ergebe, 1908 in Konkurs gegangen und durch die Zeche H im Wege der Versteigerung erworben worden. Insofern liege kein derivativer Erwerb der Beklagten, sondern eine Unterbrechung der Rechtsnachfolge im Bergwerkseigentum vor.

Die Beklagte behauptet, dass es an einem Schaden in Gestalt einer Berggefahr fehle. Von einem Schaden in Gestalt einer Berggefahr könne nämlich nur dann ausgegangen werden, wenn sich das Grundstück zum Zeitpunkt des Entstehens der Hohlräume bereits als Bauplatz geeignet habe oder in absehbarer Zeit erkennbar als Bauplatz in Frage gekommen sei. Nur dann liege ein Schaden in Gestalt des Verlustes der Baulandeigenschaft vor. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil die Grundstücke O-Straße im Zeitpunkt des von der Klägerin zugrunde gelegten Abbaus in den Jahren 1906/1907 und bis 1926 weder eine Bauplatzeigenschaft aufgewiesen hätten noch damit zu rechnen gewesen sei, dass die Grundstücke diese Eigenschaft in absehbarer Zeit erlangen würden.

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Außerdem ist die Beklagte der Auffassung, dass die Kausalität eines der Beklagten zuzurechnenden Abbaus für die von der Klägerin behauptete Bergschadensgefahr von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden sei.

Ferner meint die Beklagte, dass etwaige Ansprüche der Klägerin verjährt seien und erhebt die Einrede der Verjährung.

Die von der Klägerin behauptet Schadenshöhe bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.03.2018.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

1. Ein Anspruch auf Erstattung von Sicherungs- und Gutachterkosten i.H.v. insgesamt 1.610.493,29 € steht der Klägerin gegenüber der Beklagten nicht zu. Ein solcher Anspruch ergibt insbesondere nicht aus § 148 des Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten vom 24.06.1865 als der einzigen, hier ernstlich in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.

a) Anzuwenden ist vorliegend das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24.06.1865 (ABG) und nicht das Bundesberggesetz (BBergG).

Denn gemäß § 170 BBergG findet auf Bergschäden im Sinne von § 114 BBergG, die ausschließlich vor Inkrafttreten des Bundesberggesetzes am 01.01.1982 verursacht worden sind, altes Bergrecht, d.h. das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten Anwendung.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, weil ein Abbau in den nach Klägervorbringen einwirkungsrelevanten Bergwerken, für die nunmehr die Beklagte die Bergbauberechtigung innehat, nach eigenem Vorbringen der Klägerin, dem die Beklagte nicht (ernstlich) entgegengetreten ist, nur bis in die Jahre 1906/1907 bzw. bis ins Jahr 1926 stattgefunden hat. Danach wurde der Betrieb eingestellt und es fanden keine maßgeblichen Betriebshandlungen mehr statt.

b) Ein Anspruch der Klägerin aus § 148 ABG, sei es aus eigenem Recht als Grundstückseigentümerin, sei es aus abgetretenem Recht, scheitert vorliegend jedenfalls daran, dass die Kammer einen ersatzfähigen Schaden nicht festzustellen vermag.

Insofern kann es auch dahinstehen, ob es der Beklagten mangels eines derivativen Rechtserwerbs aufgrund des Konkurses der Zechen G und D an der Passivlegitimation fehlt – wie von der Beklagten behauptet – oder ob etwaige Ansprüche der Klägerin bereits verjährt sind.

aa) Nach § 148 ABG ist der Bergwerksbesitzer verpflichtet, für allen Schaden, welcher dem Grundeigentum oder dessen Zubehörungen durch den unterirdisch oder mittels Tagesbaues geführten Betrieb des Bergwerks zugefügt wird, vollständige Entschädigung zu leisten, ohne Unterschied, ob der Betrieb unter dem beschädigten Grundstück stattgefunden hat oder nicht, ob die Beschädigung von dem Bergwerksbesitzer verschuldet ist oder ob sie vorausgesehen werden konnte oder nicht.

Die Schaden stiftende Einwirkung eines Bergwerksbetriebes auf Grundstücke kann sich dabei entweder in einer körperlichen Einwirkung vollziehen oder als Gefahr einer solchen Einwirkung darstellen, die bereits im Voraus, d. h. vor der Verwirklichung der drohenden Einwirkung, eine Wertminderung des Grundstücks eintreten lässt; auf ein Verschulden des Bergwerksbesitzers kommt es dabei nicht an, sondern es handelt sich um einen Fall der Gefährdungshaftung (OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2009, Az. 17 U 47/08 m.w.N.).

bb) Die Klägerin macht vorliegend unstreitig keinen Schaden in Gestalt einer körperlichen Einwirkung auf die streitgegenständlichen Grundstücke gelten. So trägt die Klägerin selbst vor, dass es bisher nicht zu Rissen, Senkungen o.ä. gekommen sei. Stattdessen begründet die Klägerin ihre Ansprüche mit einer sog. Berggefahr, also der drohenden Gefahr bergbaulicher Einwirkungen.

Eine solche drohende Gefahr bergbaulicher Einwirkungen stellt selbst schon einen Bergschaden i.S.d. § 148 ABG dar, wenn sie die Bewertung fremder Grundstücke ungünstig beeinflusst (OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.). Die Ersatzpflicht des § 148 ABG erstreckt sich auf jeden Schaden, der über das Grundeigentum dem Vermögen eines anderen zugefügt wird; eine solche Schadenszufügung findet nicht nur dann statt, wenn auf ein fremdes Grundstück körperlich eingewirkt wird, sondern auch dann, wenn der Bergwerksbetrieb die Ursache für eine Befürchtung solcher Einwirkungen wird, und diese Befürchtung eine Wertminderung fremder Grundstücke verursacht (OLG Hamm, a.a.O.).

Auch ohne körperliche Beschädigung kann allein durch die Berggefahr die Nutzbarkeit eines Grundstücks beeinträchtigt werden, weil durch das Vorhandensein unterirdischer Hohlräume die objektive Besorgnis entsteht, demnächst könnten sich – insbesondere im Falle einer Belastung der Erdoberfläche durch Bauwerke – reale Schäden an der Erdoberfläche ergeben (OLG Hamm, a.a.O.).

Die diese Besorgnis begründende Gefahrenlage entsteht objektiv in dem Augenblick, in dem der Bergbau unterirdische Hohlräume in gefährdender Nähe des betroffenen Grundstücks schafft. Damit ist zugleich auch die Einwirkung des Bergbaues, soweit diese in den Auswirkungen der Berggefahr besteht und sich darin erschöpft, abgeschlossen. Mit der Schaffung dieser Gefahr ist zugleich die Einwirkung auf das Grundstück beendet; von diesem Zeitpunkt an steht objektiv fest, dass die Nutzbarkeit des Grundstücks nachteilig verändert ist, weil fortan eine Bebauung nur unter Einhaltung geeigneter Sicherungsmaßnahmen zur Abwehr der Gefahr möglich ist. Damit ist zugleich die mit der Berggefahr verbundene Beschädigung des Grundstücks gegeben. Das bedeutet aber, dass der Eigentümer des beschädigten Grundstücks Schadensersatz wegen der Beeinträchtigung der Bebauungsmöglichkeit nur verlangen kann, wenn das Grundstück schon in dem genannten Zeitpunkt „Bauplatzeigenschaft“ besaß, oder wenn wenigstens schon damals damit zu rechnen war, dass das Grundstück ohne die schädigende Wirkung des Bergbaus in absehbarer Zeit diese Eigenschaft erlangt haben würde. Hatte hingegen das Grundstück zum Zeitpunkt der Beschädigung noch keine Bauplatzqualität und bestanden auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es in absehbarer Zeit diese Eigenschaft erlangen werde, so konnte und kann nach Preußischem Allgemeinen Bergrecht der Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger wegen der Beeinträchtigung der Bebaubarkeit des Grundstücks auch dann keinen Schadensersatz beanspruchen, wenn aus späterer Sicht feststeht, dass das Grundstück ohne die Einwirkung des Bergbaus später bebaut worden wäre (OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.).

Dass die streitgegenständlichen Grundstücke im Zeitpunkt der Beschädigung, also im Zeitpunkt der Schaffung der unterirdischen Hohlräume, Bauplatzqualität aufwiesen, lässt sich nicht feststellen. Ebenso wenig kann nach Auffassung der Kammer davon ausgegangen werden, dass in dem vorgenannten Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass diese Grundstücke die Eigenschaft in absehbarer Zeit erlangen würden.

Davon, dass im Zeitpunkt des nach Klägervortrag einwirkungsrelevanten Abbaus in den Jahren 1906/1907 bzw. bis 1926 die Baulandqualität bereits zu bejahen oder zumindest damit zu rechnen gewesen wäre, dass die streitgegenständlichen Grundstücke diese Eigenschaft in absehbarer Zeit erlangen würden, kann schon nach dem eigenen Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht ausgegangen werden.

Alleine der Umstand einer bergbaulichen Nutzung des Geländes und das Vorhandensein einer mit dieser Nutzung einhergehenden Infrastruktur, vermag eine Baulandeigenschaft bezogen auf eine sonstige Nutzung nicht zu begründen.

Der Umstand, dass – nach klägerischem Vortrag und ausgehend von den von der Klägerin vorgelegten Plänen bzw. Uraufnahmen des Gebietes – in der Zeit bis 1850 eine Kapelle auf dem Gelände vorhanden war, vermag eine Baulandqualität ebenfalls nicht zu begründen. Dabei kann es dahinstehen, ob alleine die Existenz einer einzelnen Kapelle ausreicht, um eine Bauplatzqualität für das gesamte Gelände zu bejahen. Denn jedenfalls war diese Kapelle im Zeitraum von 1900 bis 1956 und damit gerade im Zeitpunkt des einwirkungsrelevanten Abbaus in den Jahren 1906/1907 sowie bis 1926 schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht mehr vorhanden. Dies lässt sich den von der Klägerin vorgelegten Plänen betreffend die Jahre 1900 und 1956 (siehe die Anlage K14 zum Schriftsatz vom 15.03.2018) entnehmen. Erst dem Plan für das Jahr 1996, und damit wesentlich später, lässt sich wieder eine Bebauung auf dem streitgegenständlichen Gelände feststellen. Die Skizzen bzw. Pläne der Anlage K14 sind mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden. Ein Widerspruch hinsichtlich der Richtigkeit des von der Kammer den Plänen entnommenen Inhalts erfolgte dabei nicht.

Der Hinweis der Klägerin, dass jedermann damit rechnen müsse, dass ehemals im Außenbereich gelegene Grundstücke Bauland werden, bzw. der Hinweis der Klägerin auf eine sich in dem Gebiet im Laufe der Zeit verdichtende und damit an die streitgegenständlichen Flächen heranrückende Bebauung, reicht ebenso wenig zur Begründung der Bauplatzqualität aus. Denn hieraus lässt sich gerade nicht mit hinreichender Sicherheit schließen, dass schon in den Jahren 1906/1907 bzw. bis zum Jahr 1926 konkrete Anhaltspunkte für die Erlangung der Baulandqualität in absehbarer Zeit vorlagen. Dass aus späterer Sicht feststeht, dass das Grundstück ohne die Einwirkung des Bergbaus später bebaut worden wäre, vermag einen Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung der Bebaubarkeit des Grundstücks – wie bereits ausgeführt – nicht zu begründen.

Kann nach alledem nicht davon ausgegangen werden, dass die streitgegenständlichen Grundstücke im Zeitpunkt des Abbaus Bauplatzeigenschaft besaßen, war die Einwirkung des Bergbaus auf die Grundstücke mit Einstellung der Betriebstätigkeit bereits beendet und die Beschädigung abgeschlossen. Die Klägerin konnte bzw. kann das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken daher von vornherein nur mit der bereits abgeschlossenen Schädigung erwerben. Eine nach Abbau eingetretene Vertiefung oder Ausweitung der Schäden ist nicht ersichtlich.

2. Mangels Hauptforderung besteht ebenfalls kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen.

II.

Aus vorgenannten Gründen ist auch der Feststellungsantrag zu Ziff. 2 letztlich unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.

IV.

Der Streitwert des Rechtsstreits wird festgesetzt auf insgesamt 5.503.146,80 €,

und zwar 1.610.493,29 € für den Antrag zu Ziff. 1 sowie

3.892.653,69 € für den Antrag zu Ziff. 2 auf der Grundlage der Kostenschätzung der Klägerseite zur Höhe der noch zu erwartenden weiteren Sicherungskosten.

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